Über die EuZ
Leitartikel
Angela Müller*
Der Artificial Intelligence Act der EU: Ein risikobasierter Ansatz zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz – mit Auswirkungen auf die Schweiz
Systeme der algorithmischen Entscheidungsfindung – oft diskutiert unter dem Schlagwort „Künstliche Intelligenz“ (KI) – prägen heute Alltag und Gesellschaft. Vor dem Hintergrund der Risiken, die mit dem Einsatz der Systeme einhergehen, ist auch seine rechtliche Regulierung in den Vordergrund gerückt. Der Beitrag erläutert den Entwurf für eine KI-Verordnung („AI Act“) der Europäischen Kommission und bewertet diesen. Darauf basierend wird diskutiert, inwiefern die Verordnung für die Schweiz relevant würde und – darüber hinaus – welche Fragen sich für die Schweiz beim Umgang mit KI-Systemen stellen.
* Dr. iur. des. Angela Müller leitet das Policy & Advocacy Team bei AlgorithmWatch und ist Senior Policy & Advocacy Managerin bei AlgorithmWatch Schweiz. Sie hat ein Doktorat in Rechtswissenschaft und einen MA in Political and Economic Philosophy. Ihre Dissertation hat sie im Bereich des internationalen Menschenrechtsschutzes an der Universität Zürich verfasst, wo sie auch Mitglied der Digital Society Initiative ist. Sie war Visiting Researcher an der Columbia University, New York, und der Hebrew University, Jerusalem. Zuvor war Angela Müller bei einem Think Tank, einer universitären Innovationsplattform sowie beim Schweizerischen Aussendepartement EDA tätig. Sie engagiert sich zudem als Vize-Präsidentin der Gesellschaft Schweiz-UNO.
Rolf H. Weber*
Künstliche Intelligenz: Regulatorische Überlegungen zum „Wie“ und „Was“
Neue technologische Entwicklungen stellen das Recht regelmässig vor Herausforderungen; diese Einschätzung gilt auch für die Künstliche Intelligenz. Die EU hat mit einem sehr detaillierten risikoorientierten Regulierungsvorschlag reagiert. Ein solches Konzept dürfte für die Schweiz nicht zielführend sein. Erfolgversprechender ist die Ausarbeitung eines technologieneutralen Rahmengesetzes, unter dessen „Schirm“ die regulierungsbedürftigen Themen einer Normierung durch Anpassungen bestehender Gesetze zugeführt werden.
* Prof. Dr. iur. Rolf H. Weber ist Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Zürich, daselbst Co-Leiter des Universitären Forschungsschwerpunkts „Finanzmarktregulierung“ und Mitglied des Leitungsausschusses des „Center for Information Technology, Society, and Law“ sowie Rechtsanwalt in Zürich (Bratschi AG).
Aktuelle Entwicklungen im Europarecht
Allgemeines und Institutionelles
Prioritäten der EU für 2022
Am 16. Dezemeber 2021 haben der Präsident des Europäischen Parlaments David Sassoli, der slowenische Ministerpräsident Janez Janša im Namen des Ratsvorsitzes und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Gemeinsame Erklärung über die legislativen Prioritäten der EU für das Jahr 2022 unterzeichnet. In der Erklärung wird die gemeinsame Vision der Organe für ein gewandeltes, widerstandsfähigeres Europa dargelegt. Sie verpflichtet die drei Organe, einer Reihe von Initiativen höchste Priorität einzuräumen, die darauf abzielen, den europäischen Grünen Deal umzusetzen, ein Europa für das digitale Zeitalter zu schaffen, eine Wirtschaft im Dienste der Menschen zu schaffen, ein stärkeres Europa in der Welt voranzubringen, unsere europäische Lebensweise zu fördern, unsere Demokratie zu schützen und zu stärken und unsere gemeinsamen europäischen Werte zu verteidigen.
Neue Präsidentin des Europäischen Parlaments
Nachdem am 11. Januar 2022 der amtierende Präsident des Europäischen Parlaments David Sassoli gestorben war, wurde am 18. Januar 2022 Roberta Metsola (EVP, Malta) zur neuen Präsidentin des Europäischen Parlaments gewählt. Roberta Metsola gewann die Wahl im ersten Wahlgang, in dem sie unter drei Kandidaten eine absolute Mehrheit von 458 der 690 abgegebenen Stimmen erhielt. Sie wird das Parlament in der zweiten Hälfte der laufenden Legislaturperiode leiten, bis sich nach der Europawahl 2024 ein neues Parlament konstituiert.
EU-Eigenmittelsystem der nächsten Generation
Die Kommission hat am 22. Dezember 2021 die Einführung des EU-Eigenmittelsystems der nächsten Generation vorgeschlagen, in dem sie drei neue Einnahmequellen vorsieht. Die erste stützt sich auf Einnahmen aus dem Emissionshandel (EHS), die zweite auf die Ressourcen, die durch das vorgeschlagene CO2-Grenzausgleichssystem der EU generiert werden, und die dritte auf den Anteil der Residualgewinne multinationaler Unternehmen, die im Rahmen der jüngsten OECD/G20-Vereinbarung über eine Neuzuweisung von Besteuerungsrechten den EU-Mitgliedstaaten neu zugewiesen werden. Nach einer Anlaufphase dürften diese neuen Einnahmequellen dem EU-Haushalt in den Jahren 2026-2030 jährlich durchschnittlich bis zu 17 Mrd. EUR einbringen.
Beziehungen Schweiz - EU
Publikation von Gutachten über InstA-Alternativen
Im Vorfeld der Entscheidung des Bundesrates zum Institutionnellen Abkommen Schweiz-EU vom 26. Mai 2021 hatte das EDA u.a. zwei externe Gutachten über Alternativen im Verhandlungsprozess in Auftrag gegeben. Gemäss dem EDA hätten diese Gutachten die Überlegungen der Verwaltung zuhanden des Bundesrats ergänzt. Das Gutachten von Nicolas Levrat (Universität Genf) sowie das Gutachten von Michael Ambühl und Daniela Scherer (ETH Zürich) wurden in der dritten Dezember Woche den Mitgliedern der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates zur Verfügung gestellt und am 17. Dezember 2021 auf der Website des EDA aufgeschaltet.
Technische Handelshemmnisse Schweiz-EU: Sitzung des Gemischten Ausschusse
Am 1. Dezember 2021 hat die 16. Sitzung des Gemischten Ausschusses zum Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA) stattgefunden. Die Gespräche konzentrierten sich auf die Umsetzung des Kapitels über Medizinprodukte. In der Schweiz niedergelassene Anbieter von Medizinprodukten profitieren seit dem 26. Mai 2021 nicht mehr von den Erleichterungen des MRA. Zu diesem Zeitpunkt hätte eine Aktualisierung des MRA erfolgen müssen, um der vollständigen Anwendung der revidierten Gesetzgebung in der Schweiz und in der EU Rechnung zu tragen. Da die EU die Aktualisierung des Abkommens bisher ablehnt, fand auf Ersuchen der Schweiz eine Sitzung des Gemischten Ausschusses des MRA statt, um die aus dieser Situation resultierenden Meinungsverschiedenheiten über die Anwendung des Abkommens für Medizinprodukte zu erörtern – diese konnten jedoch nicht gelöst werden.
Bildung und Forschung
Neue Vorschläge zu lebenslangem Lernen und Beschäftigungsfähigkeit
Wie in der Mitteilung über den europäischen Bildungsraum von 2020 angekündigt, hat die Kommission am 10. Dezember 2021 Vorschläge für Empfehlungen des Rates zu individuellen Lernkonten und Microcredentials vorgelegt. Mit dem Vorschlag zu individuellen Lernkonten will die Kommission sicherstellen, dass alle Menschen jederzeit und lebenslang Zugang zu relevanten Weiterbildungsangeboten haben, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind, und zwar unabhängig davon, ob sie gerade einer Beschäftigung nachgehen oder arbeitslos sind. Mit dem Vorschlag zu Microcredentials, d.h. bescheinigten Lernergebnissen im Rahmen kleinerer Lernerfahrungen (Kurse, Schulungen etc.), will die Kommission deren institutions-, unternehmens- und grenzübergreifende Einsatzmöglichkeiten sicherstellen. Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass Microcredentials von hoher Qualität sind und auf transparente Weise ausgestellt werden, sodass man auf die bescheinigten Inhalte vertrauen kann.
Erasmus+ Bericht 2020
Aus dem am 16. Dezember 2021 vorgelegten Jahresbericht 2020 geht hervor, dass das Programm Erasmus+ trotz der Pandemie im vergangenen Jahr fast 640 000 Lernerfahrungen im Ausland unterstützt und 20 400 Projekte sowie 126 900 Organisationen finanziert hat. Die plötzliche Umstellung auf Online-Lernen habe gezeigt, wie wichtig digitale Lösungen für das Lehren und Lernen sind. Mit 200 Mio. Euro, die im vergangenen Jahr speziell für den digitalen Wandel bereitgestellt wurden, spielte Erasmus+ weiterhin eine wichtige Rolle bei der Betreuung von Einzelpersonen und Organisationen.
Energie
MoU zur Zusammenarbeit in der Stromversorgungskrise
Die Schweiz wirkt seit 10 Jahren als Beobachterin im Pentalateralen Energieforum aktiv mit. Das Penta-Forum ist eine Plattform der Penta-Länder (Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Österreich und Schweiz) für die freiwillige, länderübergreifende Zusammenarbeit und soll als Vorreiter für die Gestaltung des europäischen Energie- und Stromsystems dienen. Dies geschah bisher schwergewichtig für den Strombereich. Künftig soll sich das Penta-Forum vertieft mit der Transition des Energiesystems und insbesondere mit der Verbreitung von Wasserstoff im Markt befassen. Am 1. Dezember 2021 fand in Brüssel ein Ministertreffen dieses Forums statt, im Rahmen dessen die Penta-Länder gemeinsam ein Memorandum of Understanding Stromkrisenvorsorge unterzeichneten. Gestützt auf eine entsprechende EU-Verordnung aus dem Jahr 2019, soll es den Weg für die weitere Zusammenarbeit der Penta-Länder in der Stromkrisenvorsorge und für die Entwicklung von solidarischen Massnahmen ebnen, die im Falle einer Krise regional eingesetzt werden können. Botschafterin Rita Adam hat dieses MoU in Brüssel unterzeichnet.
Gesundheit
Digitales COVID-Zertifikat der EU: 9 Monate Gültigkeit
Die Kommission am 21. Dezember 2021 eine delegierte Verordnung über das digitale COVID-Zertifikat der EU angenommen, mit der für Reisen innerhalb der EU ein verbindlicher Anerkennungszeitraum von neun Monaten (genau 270 Tage) für Impfzertifikate festgelegt wird. Mit diesem Anerkennungszeitraum werden die Empfehlungen des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten berücksichtigt, denen zufolge Auffrischungsimpfungen spätestens sechs Monate nach Abschluss der ersten Impfserie erfolgen sollen. Das Zertifikat bleibt für einen weiteren Zeitraum von drei Monaten über diese sechs Monate hinaus gültig, damit sichergestellt ist, dass die nationalen Impfkampagnen angepasst werden können und die Bürgerinnen und Bürger Zugang zu Auffrischungsdosen haben.
Kapitalmarkt
Strategie zur Modernisierung der Finanzberichterstattung
Die Europäische Kommission hat am 15. Dezember 2021 eine neue Strategie zur Modernisierung der Finanzberichterstattung in der EU vorgelegt. Mit dieser Strategie will die Kommission erreichen, dass den Aufsichtsbehörden auf EU- und nationaler Ebene genaue, kohärente und zeitnahe Daten gemeldet werden. Gleichzeitig soll der Aufwand, den Finanzinstitute in die Finanzberichterstattung investieren, gesenkt werden. Die Strategie umfasst vier Säulen, nämlich i) die Gewährleistung kohärenter und genormter Daten, ii) die Erleichterung des Austauschs und der Weiterverwendunggemeldeter Daten zwischen den Aufsichtsbehörden, iii) eine bessere Ausgestaltung der Berichtspflichten durch die Entwicklung von Leitlinien und iv) die Einführung gemeinsamer Regeln mit dem Ziel einer besseren Koordinierung zwischen den verschiedenen Aufsichtsbehörden und anderen einschlägigen Interessenträgern.
Personenfreizügigkeit
EuGH: Staatsangehörigkeit von Kindern gleichgeschlechtlicher Paare
Eine Frau mit britischem und eine Frau mit bulgarischer Staatsangehörigkeit hatte im Vereinigten Königreich eine zivile Ehe geschlossen und anschliessend gemeinsam ein Kind bekommen, das in Spanien geboren wurde. Auf der spanischen Geburtsurkunde waren beide Mütter als Eltern eingetragen, es ging hingegen nicht hervor, ob eine der Frauen die biologische Mutter sei. Die bulgarischen Behörden verweigerten die Ausstellung der Geburtsurkunde des Kindes mit der Begründung, dass kein Nachweis über die Abstammung des Kindes von seiner biologischen Mutter erbracht worden sei und dass die Eintragung einer Geburtsurkunde mit zwei weiblichen Elternteilen gegen die öffentliche Ordnung verstosse, da gleichgeschlechtliche Ehen in Bulgarien nicht erlaubt seien. In seinem Urteil vom 14. Dezember 2021 stellte der EuGH klar, dass derjenige Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit ein Kind besitzt, verpflichtet ist, ihm einen Pass auszustellen, ohne die vorherige Ausstellung einer Geburtsukrunde durch seine nationalen Behörden zu verlangen. Des Weiteren sei er auch verpflichtet, das aus dem Aufnahmemitgliedstaat stammende Dokument anzuerkennen, das es dem Kind ermöglicht, mit jedem Elternteil sein Recht auszuüben, sich im Gebiet der EU frei zu bewegen und aufzuhalten.
Volle Personenfreizügigkeit für Kroatien seit 1. Januar 2022
Seit dem 1. Januar 2022 kommen kroatische Arbeitskräfte in den Genuss der vollen Personenfreizügigkeit und sind somit in der Schweiz den Staatsangehörigen der übrigen EU/EFTA-Mitgliedstaaten gleichgestellt. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 3. Dezember 2021 die entsprechende Teilrevision der Verordnung über den freien Personenverkehr (VFP) verabschiedet, welche die Einführung der vollen Freizügigkeit für Kroatien ermöglicht.
Aktualisierung der Vorschriften zur Governance des Schengen-Raums
Die Kommission hat am 14. Dezember 2021 eine Aktualisierung der Verordnung zur Governance des Schengen-Raums vorgeschlagen. Die Änderungen sollen für eine bessere Koordinierung auf EU-Ebene sorgen und die Mitgliedstaaten in die Lage versetzen, neue Herausforderungen beim Management der gemeinsamen EU-Aussengrenzen sowie der Binnengrenzen im Schengen-Raum besser zu bewältigen. Mit der Aktualisierung soll sichergestellt werden, dass die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen nur als letztes Mittel eingesetzt wird. Aufbauend auf den Lehren aus der COVID-19-Pandemie wird vor allem auf den Umgang mit Krisen im Bereich der öffentlichen Gesundheit eingegangen. Die Instrumentalisierung von Migranten ist ebenfalls ein Aspekt, der in den aktualisierten Schengen-Vorschriften sowie in einem parallelen Vorschlag für für eine Verordnung, die die Mitgliedstaaten in den Bereichen Asyl und Rückkehr in einer solchen Situation ergreifen können, behandelt wird.
Strafrecht
EuGH: Grundsatz ne bis in idem und Europäischer Haftbefehl
Im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens eines slowakischen Gerichts befasste sich der EuGH mit der Frage, ob der Grundsatz ne bis in idem dem Erlass eines Europäischen Haftbefehls entgegensteht, wenn vorgängig eine Amnestie gewährt wurde. In dem ihm vorgelegten Fall wurde dem Angeklagten vorgeworfen, im Jahr 1995 den Sohn des damaligen slowakischen Präsidenten entführt und in diesem Zusammenhang weitere Straftaten begangen zu haben. Im Jahr 1998 erliess der damalige slowakische Premierminister eine Amnestie, wodurch das eingeleitete Strafverfahren zunächst eingestellt wurde. Im Jahr 2017 wurde die Amnestie jedoch vom Slowakischen Nationalrat aufgehoben. Anlässlich der Prüfung der Erlassung eines Europäischen Haftbefehls stellte sich die Frage, ob ein solcher Haftbefehl mit dem unionsrechtlichen Verbot der Doppelverfolgung nach Art. 50 GRC (ne bis in idem) vereinbar ist. In seinem Urteil vom 16. Dezember 2021 stellte der EuGH fest, dass der Grundsatz ne bis in idem nur angewandt werden kann, wenn über die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten entschieden worden ist. Denn nur diese Auslegung stehe mit dem legitimen Ziel der Vermeidung der Straflosigkeit von Personen, die eine Straftat begangen haben, in Einklang.
Umwelt
Neue Leitlinien für Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen
Die Kommission hat am 21. Dezember 2021 neue Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen angenommen. Die Leitlinien sollen einen flexiblen und zweckmässigen Rahmen schaffen, der den Mitgliedstaaten die Möglichkeit bietet, die für die Erreichung der Ziele des europäischen Grünen Deals erforderlichen Fördermittel gezielt und kosteneffizient bereitzustellen. Entsprechende Fördermittel stehen allen Technologien offen, die einen Beitrag zum europäischen Grünen Deal leisten können, z. B. erneuerbare Energien, Energieeffizienzmaßnahmen, Beihilfen für saubere Mobilität, Infrastruktur, Kreislaufwirtschaft, Verringerung der Umweltverschmutzung, Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität sowie Massnahmen zur Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit. Die neuen Leitlinien gelten ab Januar 2022.
Verkehr
Neue Vorschläge zur Modernisierung des Verkehrssystems
Um den Übergang zu einer saubereren, umweltfreundlicheren und intelligenteren Mobilität im Einklang mit den Zielen des europäischen Grünen Deals zu unterstützen, hat die Kommission am 14. Dezember 2021 vier Vorschläge zur Modernisierung des Verkehrssystems der EU angenommen. Mit den Vorschlägen soll die Konnektivität verbessert, der Personen- und Güterverkehr auf Schiene und Binnenschifffahrt verlagert, die Einführung von Ladestationen, alternativen Betankungsinfrastrukturen und neuen digitalen Technologien gefördert, mehr Gewicht auf nachhaltige städtische Mobilität gelegt und die Wahl zwischen verschiedenen Verkehrsoptionen in einem effizienten multimodalen Verkehrssystem erleichtert werden. Diese Massnahmen sollen den Verkehrssektor auf den Weg hin zu einer Senkung seiner Emissionen um 90 % bringen.
Schweiz übernimmt neue EU-Luftfahrtbestimmungen
Der Gemischte Luftverkehrsausschuss Schweiz-EU hat am 8. Dezember 2021 beschlossen, dass die Schweiz verschiedene EU-Rechtsakte zu übernehmen. Im Rahmen der Teilnahme am einheitlichen, europäischen Luftraum übernimmt die Schweiz einen EU-Beschluss, welcher europaweit geltende Leistungsziele für das Luftverkehrsmanagementnetz festlegt. Gestützt darauf muss die Schweiz nationale Leistungspläne mit verbindlichen Vorgaben für die Bereiche Sicherheit, Umwelt, Kapazität und Kosteneffizienz für die Skyguide AG einreichen. Dies soll direktere Flugrouten ermöglichen und damit die Umwelt schonen, die Pünktlichkeit erhöhen und die Kosten von Flügen reduzieren. Der Bundesrat hatte die Übernahme dieser Bestimmungen bereits an seiner Sitzung vom 24. November 2021 genehmigt. Sie treten am 1. Februar 2022 in Kraft.
Wettbewerb
Digital Markets Act (DMA): Europäisches Parlament nimmt Text im Plenum an
Am 15. Dezember 2021 hat das Europäische Parlament eine Abänderung des Vorschlags der EU-Kommission für eine Verordnung über bestreitbare und faire Märkte im digitalen Sektor (Digital Markets Act, DMA) mit 642 zu 8 Stimmen bei 46 Enthaltungen angenommen. U.a. weitete das EU-Parlament den Anwendungsbereich des DMA aus, nahm Änderungen an den Schwellenwerten vor, passte Verbote an und nahm neue Bestimmungen an, z. B. für personalisierte Werbung und die Interoperabilität von Dienstleistungen. Auch nahm es Änderungen an der Regulierung sog. „Killer-Acquisitions“ sowie an verfahrensrechtlichen Aspekten auf Ebene der EU- und der nationalen Wettbewerbsbehörden vor. Die jeweils vom Rat und vom Europäischen Parlament angenommenen Texte bilden nun das Mandat für die anstehenden Trilog-Verhandlungen, welche im ersten Halbjahr 2022 beginnen werden. Über das Gesetz über digitale Dienste (DSA) – den parallel eingebrachten Vorschlag zur Regulierung von Online-Plattformen, der unter anderem Regeln für den Umgang mit illegalen Inhalten sowie für Algorithmen enthält – dürfte das Parlament im Januar abstimmen.
Wirtschafts- und Währungspolitik
Neues Design für Euro-Banknoten
Am 6. Dezember hat die Europäische Zentralbank mitgeteilt, dass sie voraussichtlich bis zum Jahr 2024 eine Design-Neugestaltung der der Euro-Banknoten plant. Dabei will sie auch die öffentliche Meinung einholen. In einem erstem Schritt wurden Fokusgruppen gebildet, welche die Aufgabe haben im gesamten Euroraum Meinungen zu möglichen Themen für die künftigen Euro-Bnknoten einzuholen. Eine Themenberatungsgruppe, bestehend aus Mitgliedern aus Fachbereichen wie Geschichte, Natur- und Sozialwissenschaften, bildende Kunst und Technologie, soll anschliessend eine Auswahl neuer Themen vorschlagen. Nachdem die Beratungsgruppe die Themenvorschläge eingereicht hat, wird die EZB die Öffentlichkeit um ihre Meinung zu den ausgewählten Themen bitten. Anschliessend wird ein Design-Wettbewerb zu den neuen Banknoten stattfinden, nach dem die EZB die Öffentlichkeit erneut konsultieren wird. Die endgültige Entscheidung wird der EZB-Rat treffen.
Strategie zur Modernisierung der Finanzberichterstattung
Die Europäische Kommission hat am 15. Dezember 2021 eine neue Strategie zur Modernisierung der Finanzberichterstattung in der EU vorgelegt. Mit dieser Strategie will die Kommission erreichen, dass den Aufsichtsbehörden auf EU- und nationaler Ebene genaue, kohärente und zeitnahe Daten gemeldet werden. Gleichzeitig soll der Aufwand, den Finanzinstitute in die Finanzberichterstattung investieren, gesenkt werden. Die Strategie umfasst vier Säulen, nämlich (1) die Gewährleistung kohärenter und genormter Daten, (2) die Erleichterung des Austauschs und der Weiterverwendunggemeldeter Daten zwischen den Aufsichtsbehörden , (3) eine Bessere Ausgestaltung der Berichtspflichten durch die Entwicklung von Leitlinien und (4) die Einführung gemeinsamer Regeln mit dem Ziel einer besseren Koordinierung zwischen den verschiedenen Aufsichtsbehörden und anderen einschlägigen Interessenträgern.