Risiko & Recht – Ausgabe 2 / 2024

Risiko & Recht

Risiko & Recht macht es sich zur Aufgabe, Rechtsfragen der modernen Risikogesellschaft zu analysieren. Berücksichtigung finden Entwicklungen in verschiedensten Gebieten, von denen Sicherheitsrisiken für Private, die öffentliche Ordnung, staatliche Einrichtungen und kritische Infrastrukturen ausgehen. Zu neuartigen Risiken führt zuvorderst der digitale Transformationsprozess und der damit verbundene Einsatz künstlicher Intelligenz; des Weiteren hat die Covid-Pandemie Risikopotentiale im Gesundheitssektor verdeutlicht und auch der Klimawandel zwingt zu umfassenderen Risikoüberlegungen; schliesslich geben gesellschaftliche Entwicklungen, u.a. Subkulturenbildung mit Gewaltpotential, Anlass zu rechtlichen Überlegungen. Risiko und Recht greift das breite und stets im Wandel befindliche Spektrum neuartiger Risikosituationen auf und beleuchtet mit Expertenbeiträgen die rechtlichen Herausforderungen unserer Zeit.

Editorial

Sehr geehrte Leserinnen und Leser

In der vorliegenden Ausgabe 2/2024 der Risiko & Recht befasst sich Prof. Dr. Dirk Baier mit der Bedeutung des Faktors Staatsangehörigkeit im Zusammenhang mit dem Anstieg der Kriminalität in der Schweiz. Aus Anlass der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik des Jahres 2023 und der Diskussion um den Kriminalitätsanstieg und die „Ausländerkriminalität“ werden in diesem Beitrag verschiedene differenzierende Auswertungen dieser Statistik vorgestellt. Zusätzlich werden die Konstruktionsbedingungen der Statistik beleuchtet, die zur Folge haben, dass die Kriminalität von Ausländerinnen und Ausländern überschätzt wird. Die Auswertungen zeigen, dass es in verschiedenen Kriminalitätsbereichen keinen Anstieg gegeben hat.

Des Weiteren thematisiert Dr. Elena Biaggini die automatisierte Informationsverarbeitung im Strafverfahren. Nach Auffassung der Autorin verlangt der zunehmende Einsatz entsprechender Informationsverarbeitungsmethoden zum Zwecke der Strafverfolgung nach hinreichend bestimmten rechtlichen Rahmenbedingungen, an welchen es de lege lata noch fehle. Vor dem Hintergrund der vielfältigen Nutzungs- und Kombinationsmöglichkeiten bilde eine hinreichende Zweckbestimmung sowie Zweckbindung dieser Informationen den Gradmesser der Verhältnissmässigkeit solcher Massnahmen.

Abschliessend berichten Rechtsanwalt Michael Pommerehne, MLaw Lisa Reggiani und BLaw Vivian Stein vom 14. Zürcher Präventionsforum, an welchem das Thema Sexuelle Belästigung im öffentlichen und virtuellen Raum aus kriminologischer und präventiver Perspektive aufgearbeitet wurde.

Wir wünschen Ihnen, geschätzte Leserinnen und Leser, eine anregende Lektüre und erlauben uns noch auf die Möglichkeit eines Print-Abonnements hinzuweisen.

Tilmann Altwicker
Dirk Baier
Goran Seferovic
Franziska Sprecher
Stefan Vogel
Sven Zimmerlin

POLIZEI & MILITÄR

Dirk Baier*

Anstieg der Kriminalität in der Schweiz: Zur Bedeutung des Faktors Staatsangehörigkeit

Aus Anlass der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik des Jahres 2023 und der Diskussion um den Kriminalitätsanstieg und die „Ausländerkriminalität“ werden in diesem Beitrag verschiedene differenzierende Auswertungen dieser Statistik vorgestellt. Zusätzlich werden die Konstruktionsbedingungen der Statistik beleuchtet, die zur Folge haben, dass die Kriminalität von Ausländerinnen und Ausländern überschätzt wird. Die Auswertungen zeigen, dass es in verschiedenen Kriminalitätsbereichen keinen Anstieg gegeben hat; Zahlen zu Beschuldigten mit ausländischer Herkunft nehmen vor allem im Diebstahlsbereich zu.

* Prof. Dr. Dirk Baier ist seit 2024 Professor für Kriminologie an der Universität Zürich und seit 2015 Leiter des Instituts für Delinquenz und Kriminalprävention an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Vorher war er wissenschaftlicher Mitarbeiter und stellvertretender Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen in Hannover/Deutschland.

TECHNIK & INFRASTRUKTUR

Elena Biaggini*

Automatisierte Informationsverarbeitung im Strafverfahren: Hinreichende Zweckbestimmung als Gradmesser der Verhältnismässigkeit

Der zunehmende Einsatz von automatisierten Informationsverarbeitungsmethoden zum Zwecke der Strafverfolgung verlangt nach hinreichend bestimmten rechtlichen Rahmenbedingungen, an welchen es de lege lata noch fehlt. Vor dem Hintergrund der mannigfachen Nutzungs- und Kombinationsmöglichkeiten bildet eine hinreichende Zweckbestimmung sowie Zweckbindung dieser Informationen den Gradmesser der Verhältnismässigkeit solcher Massnahmen. Eine Verhältnismässigkeitsprüfung im Einzelfall bleibt nach wie vor unentbehrlich.

* Dr. iur. Elena Biaggini LL.M., ist Substitutin bei Umbricht Rechtsanwälte AG (Zürich). Zuvor hat sie am Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität Zürich bei Prof. Dr. iur. Sarah Summers promoviert. Anm. der Herausgeberschaft: Die Dissertation der Autorin „Verwertbarkeit verdachtsbegründender Informationen aus Fernmeldeüberwachungen im Strafverfahren. Vorschlag eines Verwertbarkeitskonzepts für Informationen aus der präventiven und repressiven Überwachung des Fernmeldeverkehrs auf strafprozessualer und verfassungsrechtlicher Grundlage“ erschien im Jahre 2022; sie wurde mit dem Professor Walther Hug-Preis für Dissertationen ausgezeichnet.

WEITERBILDUNG

Patrice Martin Zumsteg*

CAS Polizeirecht – Recht im Einsatz

Die Polizeigesetzgebung verändert sich laufend, was ein Bedürfnis nach Weiterbildung schafft. An der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Winterthur wird deshalb ab dem Herbstsemester 2024 ein „CAS Polizeirecht“ angeboten. In diesem Studiengang vermitteln erfahrene Dozierende aus Praxis und Wissenschaft spezifisches juristisches Wissen für die rechtsstaatlich korrekte Anwendung des Polizeirechts im täglichen Einsatz.

* Dr. iur. Patrice Martin Zumsteg ist Studienleiter des „CAS Polizeirecht“ an der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Winterthur. Er leitet dort auch den Kompetenzbereich Sicherheits- und Innovationsrecht. Überdies ist er als Rechtsanwalt bei AAK Anwälte und Konsulenten AG, Zürich, tätig.

TAGUNGSBERICHT

Michael Pommerehne / Lisa Reggiani / Vivian Stein*

14. Zürcher Präventionsforum – Sexuelle Belästigung im öffentlichen und virtuellem Raum – Fokus der Kriminalprävention

Die #MeToo-Bewegung hat die Aufmerksamkeit von Gesellschaft und Politik auf das Thema sexuelle Belästigung gelenkt, was durch statistische Zunahmen in den letzten Jahren untermauert wird. Trotzdem bleibt die Anzeigebereitschaft niedrig und Experten vermuten ein noch grösseres Dunkelfeld. Die Digitalisierung hat neue Formen der Belästigung hervorgebracht, während sexuelle Übergriffe im öffentlichen Raum ebenfalls zugenommen haben. Das 14. Zürcher Präventionsforum, welches unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Schwarzenegger (Professor für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie an der Universität Zürich), Hauptmann Rolf Nägeli (Chef Kommissariat Prävention, Stadtpolizei Zürich) und Dr. iur. Aurelia Gurt (Rechtsanwältin bei Schellenberg Wittmer AG, Zürich) am 4. April 2024 stattfand, zielte darauf ab, diese Problematik aus kriminologischer und präventiver Perspektive zu beleuchten, indem es Experten aus verschiedenen Bereichen zusammenbrachte, um Ursachen zu diskutieren und wirksame Präventionsmassnahmen zu erörtern.

* RA MLaw Michael Pommerehne, ist wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl von Prof. Dr. iur. Gian Ege, Assistenzprofessor für Strafrecht und Strafprozessrecht, an der Universität Zürich. MLaw Lisa Reggiani ist Doktorandin und wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl von Prof. Dr. iur. Christian Schwarzenegger für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie. BLaw Vivian Stein ist wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl von Prof. Dr. iur. Christian Schwarzenegger für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie.