EuZ – Zeitschrift für Europarecht – Ausgabe 04 / 2024

Über die EuZ

Die EuZ – Zeitschrift für Europarecht berichtet über die jüngsten Entwicklungen im Recht der EU sowie über die Beziehungen der Schweiz zur EU. Im Rahmen wissenschaftlicher Beiträge analysieren renommierte Experten aktuelle Rechtsfragen in allen wirtschaftsrelevanten Bereichen des EU-Rechts. Daneben informieren kurze Beiträge über neue Gesetzesvorhaben, sonstige Vorstösse der EU-Institutionen sowie Urteile des EuGH.
Die EuZ erscheint zehnmal jährlich als Open Access-eJournal. Die wissenschaftlichen Beiträge werden zudem am Ende jeden Jahres in Gestalt eines Jahrbuchs zusammengefasst und sind in dieser Form als eBook sowie als Print on demand-Publikation erhältlich. 

Leitartikel

Dorian Jano *

EU Accession Criteria and Procedures: Up for the Challenge?

The article comprehensively analyses the evolution and challenges surrounding the criteria and procedures for accession to the European Union (EU). It traces the historical trajectory of EU accession criteria and procedures from pre- to post-Copenhagen phase. The article scrutinizes the emergence and formalization of democratic principles in EU accession and the various ongoing adjustments made to adapt to the changing circumstances, highlighting the multistep accession procedures and the introduction of flexibility, reversibility, and uncertainty into the process. While navigating the complexities of the evolving accession criteria and procedures, we address the many criticisms and plausible future developments. The article underscores the need for a return to the core normative accession criteria on democracy and the rule of law principles as a way to restore credibility and consistency in the EU accession process.

* Assoc. Prof. Dr. Dorian Jano, PhD, is Jean Monnet Lecturer at the University of Amsterdam and Research Fellow of the ERC SolRoutes (101053836) project at the University of Genoa.

Aktuelle Entwicklungen im Europarecht

Allgemeines und Institutionelles

Transparenzregelungen für politische Werbung

Neue Regeln für Transparenz und das Targeting politischer Werbung sollen der Informationsmanipulation und der ausländischen Einflussnahme auf Wahlen entgegenwirken. Eine diesbezügliche EU-Verordnung über die Transparenz politischer Werbung ist am 9. April 2024 in Kraft getreten. Demnach muss politische Werbung klar als solche gekennzeichnet sein und unter anderem Informationen darüber enthalten, wer wie viel dafür bezahlt hat, an welche Wahlen, welches Referendum oder welchen Regulierungsprozess sie geknüpft ist und ob Techniken zur gezielten Werbung verwendet wurden. Die Bürgerinnen und Bürger sind so in der Lage, Botschaften zu erkennen, mit denen ihre politischen Ansichten und Entscheidungen beeinflusst werden sollen.

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Europäisches Netzwerk zur Beobachtung von Antisemitismus

Am 16. April 2024 wurde ein neues Europäisches Netzwerk zur Beobachtung von Antisemitismus in der Vertretung der EU-Kommission in Berlin ins Leben gerufen. Ziel ist es, vergleichbare Daten über antisemitische Vorfälle in ganz Europa bereitzustellen. Das Netzwerk wird von der Europäischen Union finanziert und von der Alfred Landecker Stiftung unterstützt. Es besteht aus jüdischen und nichtjüdischen Organisationen der Zivilgesellschaft aus verschiedenen europäischen Ländern und soll weiter wachsen. Die Mitgliedsorganisationen dokumentieren antisemitische Vorfälle anhand von Kategorien, die auf der Grundlage der IHRA-Arbeitsdefinition von Antisemitismus und Holocaust-Leugnung und -Verzerrung entwickelt wurden.

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Wiederaufbau der Ukraine

Die EU hat einen Investitionsrahmen für die Ukraine eingerichtet, mit dem Anreize für öffentliche und private Investitionen zur Erholung und zum Wiederaufbau der Ukraine geschaffen werden sollen. Der Investitionsrahmen ist mit einem Finanzpaket von insgesamt 9,3 Milliarden Euro ausgestattet. Diese Summe setzt sich zusammen aus 7,8 Milliarden Euro für Darlehensgarantien und 1,51 Milliarden Euro für Mischfinanzierungen. Es wird erwartet, dass der Investitionsrahmen für die Ukraine in den nächsten Jahren bis zu 40 Milliarden Euro an öffentlichen und privaten Investitionen mobilisieren wird. Der Investitionsrahmen ist ein finanzieller Arm und integraler Bestandteil der mit 50 Milliarden Euro ausgestatteten Ukraine-Fazilität.

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EuGH: Verlust der Staatsangehörigkeit

Mit Urteil vom 25. April 2024 hat der EuGH entschieden, dass das Unionsrecht grundsätzlich nicht dem automatischen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit im Fall der Wiedererlangung der türkischen Staatsangehörigkeit entgegensteht. Wenn dieser Verlust allerdings auch den Verlust der Unionsbürgerschaft mit sich bringt, muss eine Einzelfallprüfung der Folgen dieses Verlusts für die betreffende Person durchgeführt werden.

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Bildung und Forschung

Mehr Budget für Horizon

Die Europäische Kommission hat zuvor nicht zugewiesene Mittel für das EU-Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont Europa eingesetzt. Damit kann der Haushalt des Forschungsprogramms 2024 um fast 1,4 Milliarden Euro auf insgesamt 7,3 Milliarden Euro aufgestockt werden. Ermöglicht wurde dies durch eine Änderung des Arbeitsprogramms 2023–2024. Der Änderungsantrag umfasst eine Investition in Höhe von fast 650 Millionen Euro in die EU-Missionen. Sie sollen dazu beitragen, einige der Herausforderungen zu bewältigen, mit denen Europa konfrontiert ist, z. B. durch die Schaffung von mehr als 100 klimaneutralen Städten und experimentellen Massnahmen, die Forschungs- und Innovationsmöglichkeiten in der EU für mehr junge Forschende eröffnen.

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Energie

Energieeffizienz von Gebäuden

Die EU-Staaten haben endgültig grünes Licht für die überarbeitete Richtlinie zur Energieeffizienz von Gebäuden gegeben und die neuen Vorgaben formell beschlossen. Die neuen Rechtsvorschriften bilden den Rahmen für die Mitgliedstaaten zur Verringerung der Emissionen und des Energieverbrauchs von Gebäuden in der gesamten EU, von Wohnungen und Arbeitsplätzen bis hin zu Schulen, Krankenhäusern und anderen öffentlichen Gebäuden. Mit der überarbeiteten Richtlinie werden ehrgeizige Ziele zur Verringerung des Gesamtenergieverbrauchs von Gebäuden in der gesamten EU unter Berücksichtigung nationaler Besonderheiten festgelegt. Es überlässt den Mitgliedstaaten, welche Gebäude ins Visier genommen werden und welche Massnahmen zu ergreifen sind. Sie wird die Nachfrage nach sauberen Technologien in Europa ankurbeln und Arbeitsplätze, Investitionen und Wachstum schaffen.

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Gesundheit

Allianz für kritische Arzneimittel nimmt Arbeit auf

Die Europäischen Kommission und die belgische Ratspräsidentschaft haben eine Allianz für kritische Arzneimittel ins Leben gerufen. Sie bringt nationale Behörden, Industrie, Zivilgesellschaft, Kommission und EU-Agenturen an einen Tisch, um über die besten Massnahmen zur Bewältigung und Vermeidung von Engpässen bei kritischen Arzneimitteln zu beraten. Nach einem offenen Aufruf zur Interessenbekundung im Januar hat die Allianz nun rund 250 registrierte Mitglieder. Dazu gehören etwa Ministerien, Unternehmen und Organisationen als Vertreter der Industrie sowie Nichtregierungsorganisationen. Der Fokus der Allianz liegt auf mehr Versorgungssicherheit, besserer Verfügbarkeit von Arzneimitteln und weniger Abhängigkeiten der EU in der Lieferkette.

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Zugang zu sicheren Abtreibungen

Die Europäische Kommission hat beschlossen, die Europäische Bürgerinitiative mit dem Titel „My Voice, My Choice: Für einen Zugang zu sicheren Abtreibungen“ zu registrieren. Die Organisatorinnen und Organisatoren der Initiative fordern die Kommission auf, eine Massnahme zur finanziellen Unterstützung für die Mitgliedstaaten vorzuschlagen, um sichere Schwangerschaftsabbrüche für jede Person in Europa zu ermöglichen, die keinen Zugang zu sicheren und legalen Abtreibungen hat. Die Bürgerinitiative erfüllt die notwendigen Voraussetzungen und ist deshalb rechtlich zulässig. Eine inhaltliche Prüfung der Vorschläge hat die Kommission zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorgenommen. Die Organisatoren können nun beginnen, Unterschriften für ihre Initiative zu sammeln.

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Handel

Diskriminierung europäischer Unternehmen bei Auftragsvergabe in China

Im Rahmen des Instruments zum internationalen Beschaffungswesen (IPI) hat die Europäische Kommission erstmals eine Untersuchung eingeleitet. Es geht um Massnahmen und Praktiken auf dem chinesischen Markt für die Beschaffung von Medizinprodukten, die europäische Unternehmen und Produkte in unlauterer Weise diskriminieren. Das Instrument zum internationalen Beschaffungswesen ist am 29. August 2022 in Kraft getreten. Mit ihm soll das Gleichgewicht zwischen den Möglichkeiten für EU-Unternehmen, die ausserhalb der EU ausgeschrieben werden, wiederhergestellt und ein offener und fairer Zugang zu den öffentlichen Beschaffungsmärkten weltweit gefördert werden. Ihr Hauptziel besteht darin, die gegenseitige Öffnung der Märkte für öffentliche Aufträge für Wirtschaftsteilnehmer aus der EU zu fördern. Die Kommission wird die chinesischen Behörden nun auffordern, ihren Standpunkt darzulegen, sachdienliche Informationen vorzulegen und eine Konsultation einzuleiten, um die diskriminierenden Massnahmen zu beseitigen.

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Kommunikation und Medien

DSA: Zusatzpflichten für Online-Pornoanbieter

Ab Ende April 2024 müssen Pornhub, Stripchat und Xvideos die strengsten Verpflichtungen gemäss der Verordnung über digitale Dienste (DSA) erfüllen. Die Europäische Kommission hatte die drei Plattformen im Dezember als sehr grosse Online-Plattformen im Rahmen des DSA designiert, das heisst, sie haben jeweils mehr als 45 Millionen Nutzer in der EU. Zu den damit verbundenen Verpflichtungen gehört: Vorlage von Risikobewertungsberichten an die EU-Kommission, Einführung von Risikominderungsmassnahmen, um zusätzliche Transparenzverpflichtungen einzuhalten sowie Daten-Zugang für Forscher.

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Personenfreizügigkeit

Bulgarien und Rumänien treten Schengen-Raum bei

Bulgarien und Rumänien sind seit dem 31. März Schengen-Mitglieder. Damit gelten in beiden Mitgliedstaaten die Schengen-Vorschriften, auch für die Ausstellung von Schengen-Visa. Die Kontrollen an den Luft- und Seebinnengrenzen werden aufgehoben. Der Beitritt geht auf den Beschluss des Rates vom Dezember 2023 zurück.

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Zahl der AuslandschweizerInnen hat zugenommen

Ende 2023 lebten 813 400 Schweizer Staatsangehörige im Ausland. Ihre Zahl ist gegenüber 2022 gewachsen (+13 400 Personen bzw. +1,7%). Nahezu zwei Drittel der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer sind in Europa niedergelassen, über ein Viertel in Frankreich. Viele sind aber auch auf anderen Kontinenten wohnhaft. Gegenüber 2022 nahm die Zahl der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer auf den meisten Kontinenten zu, so in Asien (+3,1%), Europa (+1,9%), Ozeanien (+1,2%), Nordamerika (+1,0%) sowie Lateinamerika und Karibik (+0,4%). Nur in Afrika ist sie zurückgegangen (-0,2%). Diese Entwicklungen sind nur teilweise auf die Wanderungsbewegungen der Schweizerinnen und Schweizer zurückzuführen. Ebenfalls dazu beigetragen haben die Differenz zwischen der Anzahl Geburten und der Anzahl Todesfälle sowie die Einbürgerungen. Drei Viertel der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer haben mehrere Staatsangehörigkeiten.

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Sicherheit und Verteidigung

Grundsatzrede beim Ratsgipfel in Brüssel

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat in ihrer Grundsatzrede beim Europäischen Verteidigungs- und Sicherheitsgipfel in Brüssel dafür plädiert, dass Europa seine Kräfte im Bereich Verteidigung und Sicherheit besser bündelt und schnell und entschlossen an seiner Sicherheitsarchitektur arbeitet. Dabei sollte sich die Arbeit auf europäischer Ebene auf drei Kernprioritäten konzentrieren: Einsatzbereitschaft, Investitionen und industrielle Kapazitäten sowie die Partnerschaft mit der NATO und anderen Akteuren.

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Umwelt

Europäischer Klimabericht 2023

Am diesjährigen „Earth Day“ hat der Copernicus-Dienst der EU gemeinsam mit der Weltorganisation der Vereinten Nationen für Meteorologie (WMO) den jährlichen europäischen Klimasachstandsbericht veröffentlicht. Der Bericht zeigt anhand wissenschaftlicher Daten die anhaltend alarmierende Entwicklung steigender Temperaturen und weiterer Auswirkungen des Klimawandels in ganz Europa. Im Jahr 2023 hat Europa das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen erlebt, für die Bürgerinnen und Bürger ging das u.a. mit mehr extremen Hitzestress-Tagen einher. Durch die erhöhten Temperaturen wurden extreme Wetterereignisse wie Dürren, Überschwemmungen und Waldbrände häufiger und schwerer. Die Niederschläge lagen 2023 sieben Prozent über dem Durchschnitt, in vielen Gebieten Europas stieg das Hochwasserrisiko. Die durchschnittliche Meeresoberflächentemperatur in Europa war die höchste seit Beginn der Aufzeichnung.

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EU Programm LIFE für Umwelt und Klimaschutz

Ab sofort sammelt die Europäische Kommission wieder Projektvorschläge im Rahmen des EU Programms LIFE für Umwelt und Klimaschutz. Insgesamt stehen 571 Millionen Euro Förderung zur Verfügung. Vorschläge können unter anderem in folgenden Kategorien eingereicht werden: Natur und biologische Vielfalt, Kreislaufwirtschaft und Lebensqualität, Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel, Energiewende, Neues Europäisches Bauhaus und Umweltgovernance.

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