Inhalt
- Einleitung
- Historisch-sozialer Kontext
- Erektile Dysfunktion (ED) und deren Behandlung
- Äquivalenz- und Normalisierungsprinzip
- Einschränkungen
- Integrative Würdigung
- Literatur
I. Einleitung
Sexualmedizinische Fragen sind in der Gesellschaft ein gleichermassen komplexes und tabuisiertes Thema.[1]Earle/Blackburn, 546. Noch einmal akzentuierter gestaltet sich die Sachlage im Justizvollzug, wo ein grundrechtliches Spannungsfeld zwischen Autonomie des Einzelnen einerseits und Sicherheit der Anstalt sowie der Gesellschaft andererseits besteht. Mit Blick auf das wachsende Durchschnittsalter der inhaftierten Personen im Justizvollzug[2]SKJV, 1 ff.; SRF, <https://www.srf.ch/news/schweiz/verwahrte-rentner-wenn-erst-der-tod-die-freiheit-bringt>; Seward/Wangmo/Elger, 8. sind die Gesundheitsdienste immer wieder mit sexualmedizinischen Fragestellungen konfrontiert, wie z.B. die Indikation für die Abgabe von Phosphodiesterase-5-Hemmern (PDE-5-Hemmer). Zu dieser Substanzgruppe gehören neben dem Ende der 1990er Jahre als erstes zugelassenen Sildenafil (Viagra® u.a.) die Substanzen Tadalafil, Vardenafil und Avanafil, die sich teilweise in ihrer Wirkungsdauer und dem Wirkungseintritt unterscheiden. Diese Substanzgruppe kann sowohl bei allgemeinmedizinischen Fragen als auch bei sexualmedizinischen Indikationen wie der erektilen Dysfunktion (ED) eine Rolle spielen. Es wird beobachtet, dass in Justizvollzugsanstalten inhaftierte Personen vor der Benutzung von unbeaufsichtigten Besuchsräumen beim Gesundheitsdienst um die Abgabe von PDE-5-Hemmern bitten. Dies mit der Begründung, dass Leistungserwartung und -druck (von der Partnerin/dem Partner und sich selbst gegenüber) sehr hoch seien und zu kurzfristigen erektilen Funktionsstörungen führten oder diese auch situationsunabhängig bzw. überdauernd bestehen. Es wird also im Haftsetting nach PDE-5-Hemmern gefragt, um bei Nutzung unbeaufsichtigter Besuchsräume sexuell aktiv sein zu können.
Gleichzeitig ist es möglich, dass es unter Sicherheitsgesichtspunkten auf den ersten Blick nicht nachvollziehbar ist, wenn einem Inhaftierten, der gegen Gesetze verstossen hat (insbesondere bei Sexualdelikten), entsprechende Substanzen verabreicht werden. In einem rationalen Rechtssystem sollten indes nicht subjektive Risikowahrnehmungen oder Reputationsüberlegungen (siehe unten, Kap. II), sondern empirische Befunde die Grundlage eines evidenzbasierten Justizvollzugs bilden. Aus diesem Grund geht die vorliegende Untersuchung der Frage nach, ob die Gefängnismedizin im Justizvollzug der Schweiz verpflichtet ist, PDE-5-Hemmer für die Behandlung der erektilen Dysfunktion (ED) bei der Benutzung von unbeaufsichtigten Besuchsräumen für sexuelle Kontakte abzugeben.
Grundlage der Abhandlung bildet die Beschreibung des historisch-sozialen Kontexts, woraus sich unter anderem der Bedarf nach einer medizinisch-juristischen Klärung der Frage ergibt (siehe unten, Kap. II und III). Daran anknüpfend wird sich zeigen, dass je nach Indikation das Äquivalenzprinzip oder das Normalisierungsprinzip eine Abgabe nahelegen (siehe unten, Kap. IV). Die Analyse möglicher Risiken (bzw. deren Mangel) zeigt zudem, dass vorbehaltlich medizinischer Kontraindikationen keine vollzugsrechtlichen Gründe bestehen, um die Abgabe von PDE-5-Hemmern generell einzuschränken (siehe unten, Kap. V). Daraus folgt, dass PDE-5-Hemmer auch im Justizvollzug bei entsprechender Indikation abgegeben werden müssen (Kap. VI).
II. Historisch-sozialer Kontext
Die Abgabe von PDE-5-Hemmer im Justizvollzug stellt keine zeitliche Konstante dar. In der grössten geschlossenen Strafanstalt der Schweiz, der JVA Pöschwies im Kanton Zürich, wurde bis ins Jahr 2006 „unter ärztlicher Kontrolle“ Sildenafil an inhaftierte Personen abgegeben,[3]Kraushaar/Guanziroli, 8. sofern sie vor dem Treffen im unbeaufsichtigten Besuchsraum („Beziehungs- oder Familienzimmer“) Erektionsprobleme geltend machten.[4]Kraushaar/Guanziroli, 8. Diese Praxis erfuhr 2006 eine wesentliche Kursänderung, als ein wegen Sexualdelikten mehrfach vorbestrafter, seit 1995 verwahrter und mit einem triebdämpfenden Medikament behandelter Inhaftierter auf einem Hafturlaub straffällig wurde und gegen seine Auflagen verstiess. Dabei nutzte der krebserkrankte Inhaftierte das Zeitfenster für die unbegleitete Teilnahme an einer onkologischen Therapie ausserhalb der Gefängnismauern, um sich Sildenafil verschreiben zu lassen, konsumierte Alkohol und traf sich mit Prostituierten, die er sexuell nötigte.[5]ap/sda; vgl. auch Tag, 17, welche in diesem Zusammenhang Fahrlässigkeitsfragen diskutiert.
Der Rückfall löste ein grösseres mediales Echo aus. So war in der Boulevardpresse zu lesen, dass Sildenafil zusammen mit Alkohol „die chemische Kastration durch triebhemmende Medikamente, die einem Sexualstraftäter gewöhnlich vor einem Hafturlaub verabreicht werden, neutralisieren. Der 49-jährige 1,90 grosse Hüne versuchte jedenfalls 2005 sowie im Frühling 2006 während seines Freigangs mehrfach, Callgirls im Kanton St. Gallen brutal zu vergewaltigen“.[6]<https://www.20min.ch/story/verwahrter-triebtaeter-bekam-viagra-auf-rezept-273754140553>. Ähnliche Fälle sind auch im Ausland verzeichnet: … Continue reading Der Vorfall blieb für die zuständigen Fachpersonen nicht ohne politische und administrative Folgen: Die ehemalige Leiterin des Zürcher Amts für Justizvollzug erhielt vom damaligen Justizdirektor einen personalrechtlichen Verweis.[7]ap/sda. In der Justizvollzugsanstalt Pöschwies wurde die Abgabe von Sildenafil eingestellt.[8]Die Frage der Behandlung erektiler Dysfunktion bei Sexualstraftätern stellt sich auch in anderen Ländern (Phillips et al., 1592 ff.; … Continue reading Dies illustriert das ethisch-rechtliche Spannungsfeld, in dem sich die (sexual‑)medizinische Versorgung im Freiheitsentzug befindet.[9]Philipps et al., 1592; Thibaut et al., 475. Gleichwohl ist die beschriebene Ausgangslage in jüngerer Vergangenheit vermehrt hinterfragt worden.
Inhaftierte Personen haben gemäss Rechtsprechung keinen bundesrechtlichen Anspruch auf Besuch in Räumlichkeiten, der ihnen sexuellen Kontakt mit Partnerinnen oder Partnern ermöglicht. Strafanstalten, welche den Inhaftierten Möglichkeit zur Benutzung eines unbeaufsichtigten Besuchsraums ermöglichen, gehen somit über das verfassungs- und völkerrechtliche Minimum hinaus.[10]Urteil des Bundesgerichts 7B_471/2023 vom 3. Januar 2024 E. 3.2.2; Urteil des Bundesgerichts 6B_895/2014 vom 30. März 2015 E. 3.3; Urteil des EGMR, Epners-Gefners v. Lettland, no. 37862/02 … Continue reading Das Anbieten eines Beziehungs- bzw. Familienzimmers ist in mehrfacher Hinsicht sinnvoll: Neben dem individualrechtlichen Aspekt (Ausübung der Grundrechte) weisen empirische Untersuchungen darauf hin, dass Familienzimmer negativ mit der Inzidenz sexueller Übergriffe zwischen Insassen, der Inzidenz von Regelverstössen und der Bereitschaft zu aggressivem Verhalten korrelieren.[11]Svarstad Solberg et al., 48; Horley, 1372 ff.; D’Alessio/Flexon/Stolzenberg, 13 ff.; Struckman-Johnson et al., 67 ff.,[12]Vladu et al., 343 ff., Hensley, Rutland/Gray-Ray, 137 ff.; a.M. Hensley/Koscheski/Tewksbury, 52 ff.
Die JVA Pöschwies verfügt als eine von neun Institutionen schweizweit über einen unbeaufsichtigten Besuchsraum, der auch – aber bei weitem nicht nur – für Intimkontakte verwendet werden darf.[13]Brägger, 338. Im Kanton Zürich sind Familien- und Intimbesuche in § 117 Abs. 3 und 4 der Kantonalen Justizvollzugsverordnung (JVV) geregelt.[14]Justizvollzugsverordnung des Kantons Zürich (JVV/ZH) vom 6. Dezember 2006 (LS 331.1). Weitere, allerdings weniger spezifische Quellen für den Kontakt der Insassen zu ihrer Familie sind Art. 84 … Continue reading Danach können in der JVA Pöschwies Ehegattinnen, eingetragene Partner, Lebenspartnerinnen und -partner sowie Kinder für längere Besuche zugelassen werden, wenn (a) der verurteilten Person keine Urlaube gewährt werden können und (b) die erforderlichen personellen und räumlichen Voraussetzungen gegeben sind.
Die Verfügbarkeit eines Familienzimmers bringt es mit sich, dass manche inhaftierten Personen vor der Benutzung des Familienzimmers beim Gesundheitsdienst um die Abgabe eines PDE-5-Hemmers bitten. Dies oft mit der Begründung, dass Leistungserwartung und -druck (von der Partnerin/dem Partner und sich selbst gegenüber) sehr hoch seien und zu kurzfristigen Erektionsstörungen führten. Eine informierte Antwort auf die Frage der Abgabeindikation setzt sowohl medizinisches als auch vollzugsrechtliches Wissen voraus, welches nachfolgend zu erörtern ist.
III. Erektile Dysfunktion und deren Behandlung
Im Normallfall folgt bei Männern auf die sexuelle Stimulation eine Erektion des Penis, weil der Körper mit einer Steigerung des Blutflusses in den Schwellkörper reagiert. Eine erektile Dysfunktion (ED) liegt vor, wenn dieser biologische Prozess beeinträchtigt ist und sich der Penis bei entsprechender Stimulation nicht versteift.
Die ED ist weit verbreitet: Eine Erhebung in England konnte aufzeigen, dass über 40% der 12’000 befragten Männer im Alter von 18 bis 65 Jahren daran leiden.[15]Li et al. Ähnliche Prävalenzen werden für andere Länder gemeldet, darunter 49% in Italien, 45% in Frankreich, 45% in Deutschland, 44% in Spanien und 42% in den USA.[16]Goldstein et al., 48 ff. In einer jüngeren repräsentativen Untersuchung in Deutschland berichteten 22% der Männer im Alter von 18-75 Jahren über Erektionsprobleme irgendwann in ihrem Leben, und 14% während der letzten 12 Monate. Wenn man sich auf diejenigen Männer beschränkt, die dadurch stark beeinträchtigt waren, lag die Lebenszeit-Prävalenz bei 11% und die 12-Monats-Prävalenz bei 8%.[17]Briken et al., Tab. 1. Der Anteil betroffener Personen nimmt mit steigendem Alter zu.[18]Kessler et al., 587; Dean/Lue, 379 ff.; Kumar et al., 166; Briken et al., Tab. 2.
Über die Prävalenz der ED bei inhaftierten Personen in Schweizer Gefängnissen liegen keine empirischen Daten vor. Es ist aber bekannt, dass eine Reihe von Einflüssen, darunter psychische Belastungen wie Depressionen und Stress sowie somatische Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck, Arteriosklerose, neurologische Störungen und auch Nebenwirkungen der chronischen Einnahme verschiedener Medikamente sowie das Älterwerden zu sexuellen Dysfunktionen bei Männern beitragen.[19]Ghosh/Mallick; Paul et al., 1 ff. Sekundär – unabhängig von der primären Ursache – führt ein sich verstärkender Kreislauf von Dysfunktions-Erleben, Vermeidungsverhalten, Versagensängsten und Anspannung sowie erneutem Dysfunktions- bzw. Insuffizienzerleben zur Aufrechterhaltung der Erektionsstörung.[20]Fahrner/Kockott. Angesichts der immer älter werdenden Gruppe von inhaftierten Personen[21]Hostettler/Marti/Richter, 1 ff.; Urwyler/Noll, 202. sowie der Tatsache, dass viele der oben genannten somatischen und psychischen Störungen in Gefängnissen weltweit[22]Bedaso et al.; Fazel/Seewald, 364; Binswanger/Krueger/Steiner, 912 ff. wie auch in Schweizer Gefängnissen[23]Gerth et al.; Moschetti et al. überrepräsentiert sind, ist davon auszugehen, dass auch ein relevanter Teil der inhaftierten Personen von ED betroffen ist.
Neben etwaigen psychotherapeutischen Interventionen (z.B. Einzel- oder Paarberatung bzw. -Psychotherapie) sind PDE-5-Hemmer die Standardmedikation für erektile Dysfunktion, sowohl solchen mit primär somatischen, als auch solchen mit primär psychischen Ursachen.[24]Falk/Philip/Schwarz, 273 ff.; Madeira et al., 953. Der Wirkmechanismus von PDE-5-Hemmern besteht in der aktiven Hemmung des PDE-5-Enzyms und dem daraus resultierenden Anstieg des chemischen Botenstoffs zyklisches Guanosinmonophosphat (cGMP) und der Entspannung der glatten Muskulatur im Penis.[25]Rosen/McKenna, 38. Durch die Relaxation der glatten Schwellkörpermuskulatur und der penilen Arteriolen kommt es zu einer Steigerung des arteriellen Bluteinstroms um bis zu 700 Prozent verglichen mit der Ruheperfusion. Der erhöhte Bluteinstrom führt zu einer erheblichen Volumen- und Drucksteigerung der Schwellkörper, dadurch wird der venöse Abstrom deutlich reduziert.[26]Haen et al.
In der Schweiz sind folgende PDE-5-Hemmer zugelassen: Avanafil, Sildenafil, Tadalafil und Vardenafil.[27]Arzneimittelliste der Swissmedic vom 31.01.2024, <https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/services/listen_neu.html#-257211596>. Avanafil und Vardenafil sind nur für ED zugelassen. Es gibt aber auch Substanzen mit weiteren Zulassungen: Die Wirkstoffe Sildenafil und Tadalafil sind sowohl für die ED als auch für die Behandlung der pulmonalen arteriellen Hypertonie zugelassen. Tadalafil ist ausserdem für die Therapie der funktionellen Symptome einer benignen Prostatahyperplasie zugelassen.[28]Welches Arzneimittel für welche Indikation zugelassen ist, ist der genehmigten Fachinformation zum jeweiligen Arzneimittel zu entnehmen. Die Fachinformationen sind publiziert unter … Continue reading Darüber hinaus können PDE-5-Hemmer im Off-Label-Gebrauch[29]Der Off-Label-Gebrauch ist im Rahmen der Art. 3 und 26 des Heilmittelgesetzes bei Humanarzneimitteln grundsätzlich zulässig (BSK HMG-Schott/Albert, Art. 9 N 21; BGE 134 IV 175 E. 4.1). Unter … Continue reading bei verschiedenen anderen Störungsbildern eingesetzt werden,[30]Anderson, 2556; Gur et al., 5590 ff.; Ribaudo et al., 1239 ff. z.B. beim Raynaud-Syndrom.[31]Roustit et al., 1696 ff.; Brett/Rader/McGill, 1 ff.; Hachulla et al., 1009 ff.; Nawaz et al.; Fries et. al., 2980 ff. Nachfolgend wird aber nur auf die Indikation der ED eingegangen. Sofern PDE-5-Hemmer zur Behandlung anderer Beschwerdebilder indiziert sind, gilt das Äquivalenzprinzip (zu diesem Prinzip nachfolgend Kap. IV).
IV. Äquivalenz- und Normalisierungsprinzip
Nachfolgend wird aufgezeigt, dass die Zulassung von PDE-5-Hemmern im Justizvollzug aufgrund des Äquivalenzprinzips bzw. Normalisierungsprinzips grundsätzlich indiziert ist.
1. Äquivalenzprinzip
a) Grundlagen
Im Freiheitsentzug gilt für die medizinische Versorgung der Inhaftierten das verfassungs- und völkerrechtlich abgesicherte Äquivalenzprinzip.[32]Ausführlich zur Rechtsprechung und Lehre: Urwyler et al., Rz. 1 ff. sowie Künzli/Weber, 26 ff.; Soft Law: Nelson-Mandela-Rules, Regel 24 Abs. 1; Art. 12 UN-Pakt I; Europäische … Continue reading Nach diesem muss intramurale Gesundheitsversorgung mit derjenigen in Freiheit vergleichbar sein. Dies bedeutet, dass inhaftierte Personen Zugang zu gleichwertigen präventiven, diagnostischen, therapeutischen und pflegerischen Massnahmen und Einrichtungen haben müssen wie Personen bei einer Behandlung in der Freiheit.[33]Brägger, 262 f.; Urwyler et al., Rz. 3 – demnach handelt es sich beim Äquivalenzprinzip um eine Konkretisierung des Normalisierungsprinzips gemäss Art. 75 StGB.
Ausserhalb des Justizvollzugs sind Ärzte und Ärztinnen frei, einen Abklärungs- oder Behandlungsauftrag anzunehmen oder abzulehnen (Behandlungsfreiheit).[34]Art. 5 Standesordnung der FMH, Version vom 08.06.2023, <https://www.fmh.ch/files/pdf29/standesordnung—de—2023-11.pdf>; präzisierend Urwyler et al., Rz. 33:„Der Grundsatz der … Continue reading Vorbehalten bleiben der medizinische Beistand in dringenden Fällen und die Mitwirkung nach Massgabe der kantonalen Vorschriften in Notfalldiensten.[35]Art. 40 lit. g des Bundesgesetzes über die universitären Medizinalberufe (Medizinalberufegesetz, MedBG) vom 23. Juni 2006 (SR 811.11). Von der Behandlungsfreiheit ausgenommen sind indes gemäss Standesordnung des Berufsverbands der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH diejenigen Fälle, in denen der Arzt oder die Ärztin im Namen oder im Auftrag eines Dritten, „z.B. einer Heilanstalt oder einer Versicherung“, tätig ist (Art. 5).[36]Art. 40 lit. g MedBG Ärztliche Fachpersonen einer JVA sind im Namen einer Dritten, nämlich ihrer Arbeitgeberin, tätig und unterstehen dem kantonalen Personalgesetz. Beispielsweise haben gemäss § 49 des zürcherischen Personalgesetzes Angestellte, also auch die in einer JVA tätigen Ärzte und Ärztinnen, die ihnen übertragenen Aufgaben auszuführen, und zwar „persönlich, sorgfältig, gewissenhaft und wirtschaftlich“.[37]Personalgesetz des Kantons Zürich (PG/ZH) vom 27. September 1998 (LS 177.10); Mausbach, 105, sieht nicht das Anstellungsverhältnis der Anstaltsärztinnen als ausschlaggebend, sondern ihr … Continue reading Darüber hinaus sind ärztliche Fachpersonen aufgrund der verfassungs- und konventionsrechtlichen Fürsorgepflicht zu den gebotenen Untersuchungen oder Behandlungen bei den inhaftierten Personen verpflichtet: Ist medizinisch eine spezialärztliche Untersuchung oder Behandlung geboten, besteht bereits im Zweifelsfall eine entsprechende Pflicht.[38]BGE 102 Ia 302 E. 2c.
Ärzten und Ärztinnen steht es daher bei einer Tätigkeit im Freiheitsentzug nicht frei, die Behandlung einer bestimmten Person abzulehnen. Inhaftierte können – anders als in Freiheit – nicht aus einem grossen Angebot von Dienstleistern auswählen.[39]Der Beizug „eines Arztes freier Wahl kann zu den Beschränkungen gezählt werden, die im Interesse einer vernünftigen Ordnung und Organisation der Anstalt gerechtfertigt sind. Würde die … Continue reading Insofern darf die Therapiefreiheit,[40]Positionspapier der Kantonsapothekervereinigung, Version vom 01. Juni 2016, 3, … Continue reading also das geschützte Ermessen bei der Entscheidung über die Art der Therapie, bei der intramuralen Behandlung nicht so verstanden werden, dass es ihnen freistünde, über das medizinische Angebotsportfolio im Justizvollzug zu befinden. Vielmehr haben inhaftierte Personen bei entsprechender Indikation grundsätzlich einen Anspruch auf die (auch pharmakologische) Behandlung des betreffenden Krankheitszustands, solange keine medizinischen Kontraindikationen (dazu auch Kap. V.1) bestehen.[41]Urwyler et al., Rz. 26.
b) Umstrittener Krankheitswert der erektilen Dysfunktion
Für die Anwendbarkeit des Äquivalenzprinzips ist in einem ersten Schritt zu eruieren, ob eine spezifische Intervention überhaupt zum Kreis der medizinischen Gesundheitsfürsorge gezählt wird. Bejaht man diese Frage und zählt die fragliche Intervention zu den evidenzbasierten Behandlungsstrategien, bestünde seitens inhaftierter Personen ein entsprechender Anspruch auf die Abgabe der fraglichen Substanz. Die Suche nach einer Antwort gestaltet sich indes als komplex. Zurzeit werden PDE-5-Hemmer bundesgerichtlich in der Schweiz als „Lifestyle-Medikamente“ eingestuft und der Krankheitswert der ED in Abrede gestellt.[42]Vgl. auch BGE 129 V 32 E. 4.2.4 bezüglich der Abgrenzung von Heilmitteln und Lifestyle-Medikamenten. Das BAG führt damit verbunden PDE-5-Hemmer bei erektiler Dysfunktion nicht auf der Spezialitätenliste auf.[43]<https://www.xn--spezialittenliste-yqb.ch/>; vgl. zum Thema auch BGE 129 V 32 E. 4. Das heisst, sie werden von den Krankenkassen im Rahmen der Grundversicherung nicht abgedeckt. Sofern man diese Position akzeptiert, ergibt sich für Inhaftierte zumindest im Status Quo aus dem Äquivalenzprinzip kein Anspruch auf PDE-5-Hemmer.
Allerdings ist nach Sicht der Autoren die vorangehend erwähnte Position inhaltlich instabil. Die Einstufung als Lifestyle-Medikament wird in der sexualmedizinischen Literatur zurecht kritisch gewürdigt und die Behandlung der ED als Frage der sexualmedizinischen Gesundheitsversorgung eingestuft.[44]Goldstein, 191: „There is nothing scientific that links oral selective PDE5 inhibitors to ‚lifestyle‘, defined in the dictionary as a way of life. PDE5 inhibitors are ‚quality of life‘ … Continue reading Dies erscheint angesichts der aus einer ED resultierenden niedrigeren Lebensqualität und des teilweise hohen Leidensdrucks wie auch der Belastungen für die Partnerin bzw. den Partner in einer Intimbeziehung[45]Zum Beispiel Laumann/Paik/Rosen, 537 ff.; Blanker et al., 436 ff.; Braun et al., 305 ff.; Koskimäki et al., 367 ff. folgerichtig. Insofern ist ein Krankheitswert anzunehmen. Selbst wenn man jedoch hierzu eine andere Auffassung vertreten würde, zeigt sich, dass die Abgabe von PDE-5-Hemmern auch über das Normalisierungsprinzip begründet werden kann.
2. Normalisierungsprinzip
Das Leben im Freiheitsentzug sollte sich aufgrund des Normalisierungsprinzips so weit wie möglich an den allgemeinen Lebensverhältnissen in Freiheit orientieren.[46]Praxiskomm. StGB-Trechsel/Aebersold, Art. 75 Rz. 4; BSK StGB-Brägger, Art. 75 Rz. 6. Abgeleitet ist das Äquivalenzprinzip aus dem Gebot der Rechtsgleichheit (Art. 8 Abs. 1 BV), dem … Continue reading Für den vorliegenden Kontext ist insofern zu eruieren, wie Menschen in der Freiheit an die betreffenden Substanzen gelangen. PDE-5-Hemmer sind in der Allgemeinbevölkerung häufig eingenommene und gesellschaftlich akzeptierte Medikamente.[47]Beispielsweise in Amsterdam wurden im Jahr 2014 ca. 250’000 mg/Woche konsumiert (Venhuis et al.). Konkrete Zahlen zum Konsum in der Schweiz liegen nicht vor. Seit einigen Jahren ist etwa Sildenafil in Apotheken rezeptfrei erhältlich.[48]Anhang 2 zur Verordnung über die Arzneimittel (Arzneimittelverordnung, VAM) vom 21. September 2018 (812.212.21) sowie <Potenzmittel Viagra künftig in der Schweiz ohne Rezept erhältlich – … Continue reading Da sich die materiellen Haftbedingungen am Stand der Gesellschaft orientieren sollen, müssen sie grundsätzlich auch das Angebot von PDE-5-Hemmern zur Behandlung der ED umfassen. Zwar ist mit Blick auf die Finanzierung zu beachten, dass Krankenkassen die entstehenden Kosten nicht übernehmen. Insofern besteht seitens der Inhaftierten kein Anspruch auf Finanzierung der jeweiligen Substanz, da auch extramural keine Kostentragung durch die Krankenversicherungen erfolgt. Sofern eine inhaftierte Person aber bereit ist, die Kosten zu tragen, ist die Abgabe über das Normalisierungsprinzip grundsätzlich indiziert, solange keine Einschränkungen dagegensprechen. Ob solche vorliegen, ist nachfolgend zu untersuchen.
V. Einschränkungen
Die vorangehenden Ausführungen ergeben, dass der Zugang zu PDE-5-Hemmern zur Behandlung der ED im Rahmen des Normalisierungsprinzips – wie möglicherweise auch im Rahmen des Äquivalenzprinzips – indiziert ist. Nun stellt sich die Frage, ob sachliche Gründe bestehen, um die Verfügbarkeit im Freiheitsentzug einzuschränken. Dabei gilt es zu differenzieren, ob es sich um medizinische Kontraindikationen handelt (siehe unten, Kap. V.1) oder ob es vollzugsrechtliche Einschränkungen gibt, die einer Verhältnismässigkeitsprüfung standhalten (siehe unten, Kap. V.2).
1. Medizinische Dimension
Unter bestimmten Umständen muss aus medizinischen Gründen von der Verordnung von PDE-5-Hemmer abgesehen werden. Kontraindikationen und pharmakologische Interaktionen für die betreffenden Substanzen sind im Arzneimittelkompendium aufgeführt.[49]<https://compendium.ch/>. Es ist Teil der ärztlichen Sorgfaltspflicht, das Vorliegen etwaiger Kontraindikationen abzuklären, bevor ein neues Medikament verordnet wird.[50]Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts richten sich die Sorgfaltspflichten des Arztes im Allgemeinen nach den Umständen des Einzelfalles, namentlich nach der Art des Eingriffs oder der … Continue reading
An dieser Stelle sollen spezifische, für den Straf- und Massnahmenvollzug besonders relevante Themen illustrativ abgehandelt werden. Beispielsweise konnte entsprechend ihrer pharmakologischen Wirkung auf den Stickstoffmonoxid/cGMP-Stoffwechselweg gezeigt werden, dass PDE-5-Hemmer den blutdrucksenkenden Effekt von Nitraten potenzieren.[51]Webb et al., 21C ff.; Oliver/Kerr/Webb, 403 ff.; Kloner et al., 1855 ff. Daher ist die Verabreichung von PDE-5-Hemmern an Patienten, welche Stickstoffmonoxid-Donatoren (z.B. Molsidomin oder andere Koronarvasodilatatoren mit Nitroverbindungen bzw. Nitrat in jeglicher Form) anwenden, kontraindiziert.[52]Morrisette/Dunn, 555.
Zudem sind bei psychopharmakologischen Interventionen Wechselwirkungen zu bedenken. Die Prävalenz von psychischen Störungen im Justizvollzug ist hoch[53]Fazel/Seewald, 364., was wiederum mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von psychopharmakologischen Behandlungen einhergeht. Punktuelle Wechselwirkungen von PDE-5-Hemmern mit psychopharmakologischen Substanzen werden im Schweizerischen Arzneimittelkompendium aufgeführt.[54]<https://compendium.ch/>; <www.swissmedicinfo.ch>. So wird beispielsweise die gleichzeitige Anwendung von gewissen PDE-5-Hemmern mit Zytochrom-P-450-Inhibitoren oder -Induktoren – z.B. dem Stimmungsstabilisator Carbamazepin oder Barbituraten – nicht empfohlen.[55]<https://compendium.ch>; <www.swissmedicinfo.ch>. Dies gilt auch für Präparate, welche Johanniskraut, ein wirksames pflanzliches Antidepressivum, enthalten.[56]<https://compendium.ch>; <www.swissmedicinfo.ch>.
Vorsicht ist zudem geboten, wenn die Einnahme der Substanz aufgrund der Nebenwirkungen die Sicherheit im Rahmen der Arbeitstätigkeit tangieren könnte. Dazu gehört beispielsweise die Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit und auf das Bedienen von Maschinen. In klinischen Studien sind unter Sildenafil etwa Schwindel und Sehstörungen aufgetreten.[57]<https://ec.europa.eu/health/documents/community-register/2011/20110412101531/anx_101531_de.pdf>. Das heisst jedoch nicht, dass bei allen Personen diese Nebenwirkungen auftreten und von einer Abgabe prinzipiell abgesehen werden sollte. Vielmehr sollte bei Inhaftierten, die (z.B. in den JVA-internen Werkstätten) ein Fahrzeug lenken oder Maschinen bedienen, vor allem bei Erstbehandlungen geprüft werden, wie sie auf PDE-5-Hemmer reagieren. Solange unsicher ist, ob sie Nebenwirkungen aufweisen, die nicht mit ihrer Tätigkeit innerhalb der JVA vereinbar sind, sollte nach der Einnahme von PDE-5-Hemmern für die potenzielle Dauer der Nebenwirkungen von der entsprechenden Arbeit abgesehen bzw. eine alternative Tätigkeit angeboten werden, bei der die Sicherheitsrisiken vertretbar sind.
In diesem Zusammenhang muss das medizinische Monitoring eine ausreichende Dauer aufweisen. Die Eliminationshalbwertszeit[58]Als Halbwertszeit wird diejenige Zeitspanne bezeichnet, in welcher die Konzentration eines Arzneimittels im Organismus resp. im Blut auf ihren halben Wert (50%) absinkt. Die Wirkdauer lässt sich … Continue reading von Sildenafil beträgt drei bis fünf Stunden. Dies bedeutet, dass während bis zu 15 Stunden eine Wirkung erwartet werden kann, aber auch mit Nebenwirkungen gerechnet werden muss. Je nach Zeitpunkt der Einnahme und Dauer der Benutzung des Besuchsraums ist es also möglich, dass die Nebenwirkungen auch noch in der Zeit nach dem Besuch anhalten. Die am häufigsten beschriebenen unerwünschten Wirkungen bei den mit Sildenafil behandelten Patienten waren Kopfschmerzen, Flushing, Dyspepsie, verstopfte Nase und Schwindel.[59]<https://labeling.pfizer.com/ShowLabeling.aspx?id=2455>. Weitere Nebenwirkungen sind möglich und sollten vom verordnenden Arzt bzw. von der Ärztin mit dem Patienten besprochen werden.[60]In der Post-Marketing-Überwachung wurde unter Sildenafil-Behandlung beispielsweise von verlängerten Erektionen und Priapismus (Dauererektion) berichtet. Im Fall einer länger als 4 Stunden … Continue reading
2. Vollzugsrechtliche Dimension
In einem zweiten Schritt sind vollzugrechtliche Aspekte zu prüfen. Die Rechte der inhaftierten Person dürfen nur so weit beschränkt werden, als der Freiheitsentzug und das Zusammenleben in der Vollzugseinrichtung es erfordern (Art. 74 StGB). Dabei dürfen Einschränkungen nicht über das hinausgehen, was zur Gewährleistung des Haftzweckes und zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemässen Anstaltsbetriebes unerlässlich ist.[61]BGE 118 Ia 73; 113 Ia 328; 106 Ia 281. Mit anderen Worten sind Einschränkungen auf Basis einer entsprechenden Rechtsgrundlage dann denkbar, wenn sie geeignet sind, ein bestimmtes öffentliches Interesse zu realisieren, wenn sie das mildeste (noch geeignete) Mittel darstellen und sie sich im Rahmen der Interessenabwägung als zumutbar erweisen.[62]BSK StGB-Brägger, Art. 74 Rz. 9; Baechtold/Weber/Hostettler, II Ziff. 5 – In der vorliegenden Situation kämen im Kanton Zürich als gesetzliche Grundlage beispielsweise § 23a des Straf- und … Continue reading Im vorliegenden Kontext sind bei der Abgabe von PDE-5-Hemmern vor allem die Themen unerlaubter Handel (siehe unten, Kap. V.2.a)) und das Risiko erneuter Straftaten (siehe unten, Kap. V.2.b)) von Bedeutung. Nachfolgend sind beide Einschränkungsgründe zu prüfen.
Bei der Analyse von Einschränkungen ist stets zu bedenken, dass auch die Nichtabgabe von PDE-5-Hemmern mit negativen Folgen verbunden sein kann. Eine denkbare Folge der Nicht-Abgabe ist, dass die betreffenden Substanzen in die JVA geschmuggelt und unkontrolliert konsumiert werden (analog Betäubungsmitteln). Hinzu kommt, dass in solchen Fällen die korrekte Einnahme nicht sichergestellt ist. Dies ist problematisch: Beispielsweise ist Sildenafil, das ohne entsprechende ärztliche Verordnung konsumiert wird, selten echt.[63]Campbell et al., 2953 ff. Auch in der Schweiz zirkulieren Fälschungen. 2019 hat die Heilmittelbehörde Swissmedic 2851 Pakete mit Erektionsförderern sichergestellt, die illegal übers Internet bestellt wurden. Bei Tests über mehrere Wochen war beinahe die Hälfte der analysierten Erektionsförderer nutzlos oder gesundheitsschädlich. Einige Dosen waren mit anderen Wirkstoffen verunreinigt, andere so stark überdosiert, dass sie zu einem Herzinfarkt hätten führen können.[64]20 Minuten vom 14.01.2020: <https://www.20min.ch/story/erektionspillen-kosten-in-der-schweiz-viermal-so-viel-919142251486>.
Eine weitere Gefahr, die sich aus der Nicht-Abgabe von PDE-5-Hemmern an die inhaftierten Personen ergeben könnte, ist das fehlende Erkennen und Behandeln von potenziell schwerwiegenden Erkrankungen: Es gibt z.B. positive Korrelationen zwischen kardiovaskulärer Erkrankung, Diabetes, benigner Prostatahyperplasie sowie Demenz einerseits und erektiler Dysfunktion andererseits.[65]Li et al.; Kessler et al., 587; für weitere Komorbiditäten von erektiler Dysfunktion: Jackson/Gillies/Osterloh, 683. Diese Erkenntnis rechtfertigt insbesondere bei jüngeren Männern beim Vorliegen erektiler Dysfunktion weitere Aufmerksamkeit seitens des Gesundheitsversorgers und unterstreicht die Notwendigkeit einer adäquaten Erkennung und Behandlung der grundlegenden Ursachen von erektiler Dysfunktion.[66]Li et al. Bei Nichtabgabe von PDE-5-Hemmern steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Inhaftierte ihre erektile Dysfunktion den justizvollzugsinternen Gesundheitsdiensten nicht kommunizieren und damit auch andere kardiometabolische Erkrankungen unentdeckt bleiben.[67]Vgl. in anderem Kontext auch Goldstein, 192: „Ironically, to label this a ‚lifestyle‘ issue may also discourage patients from seeking medical care. The decision not to seek medical care is a … Continue reading Vor diesem Hintergrund bedarf es gewichtiger öffentlicher Interessen, um Einschränkungen überhaupt legitimieren zu können. Nachfolgend wird sich indes zeigen, dass solche nicht vorliegen.
a) Unerlaubter Handel
Die Abgabe von PDE-5-Hemmern könnte unter den inhaftierten Personen einen Handel mit der ärztlich abgegebenen Substanz entstehen lassen. Allerdings zeigen die Erfahrungen im Suchtkontext, dass diese Befürchtung empirisch nicht fundiert ist. Eine im Haftsetting angebotene Opioidagonistentherapie senkt den illegalen Konsum inkl. korrespondierendem Handel von Opioiden in der Haft.[68]Kinner et al., 460 ff.; Urwyler et al., Rz. 19. Populäre Substanzen können über Schmuggel bei einem allfälligen Verbot trotzdem (unerlaubt) den Weg in eine Justizvollzugsanstalt finden. Selbst bei adäquaten Kontrollen ist ein vollständiger Ausschluss solcher Substanzen unmöglich.[69]Meier/Bögelein, 236 ff.; Bögelein/Meier/Neubacher, 251 ff.; Köhne, 220 ff. Hinzu kommt, dass zurzeit keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass bei Inhaftierten eine starke Nachfrage nach diesen Substanzen besteht. Nach aktuellem Stand sind (anders als bei gewissen anderen Substanzen, wie z.B. Opioiden oder THC) zumindest in der JVA Pöschwies keine Funde von PDE-5-Hemmern bei Zellenkontrollen oder Leibesvisitationen bekannt.[70]Rückmeldungen von Yves Jeaunâtre, Leiter Betreuung und Sicherheit der JVA Pöschwies sowie von med. pract. Aldo Fischer, Leitender Arzt der JVA Pöschwies, vom 30. April 2024.
Bei einer ärztlich verordneten Abgabe von PDE-5-Hemmern ist vor diesem Hintergrund kein relevanter Handel mit diesen Präparaten zu erwarten. Deswegen fehlt es an einem hinreichend gewichtigen öffentlichen Interesse, um eine Einschränkung legitimieren zu können. Selbst wenn man hierzu eine andere Auffassung vertritt, muss hierbei berücksichtigt werden, dass ein Verbot nicht die mildeste rechtliche Intervention darstellt (Stichwort: Erforderlichkeit im Rahmen des Verhältnismässigkeitsprinzips). Vielmehr ist dann in diesen Situationen eine Abgabe unter Aufsicht des Gesundheitsdienstes denkbar.[71]Mit der entsprechenden Halbwertszeit kann berechnet werden, zu welchem Zeitpunkt die Einnahme im Gesundheitsdienst zu erfolgen hätte. Die maximale Plasmakonzentration von Sildenafil ist nach 30 bis … Continue reading
b) Risiko von (Sexual‑)Straftaten
Das Verhindern erneuter (Sexual‑)Straftaten (auch im Haftsetting)[72]Vgl. Noll, 1777. stellt einen zweiten möglichen Einschränkungsgrund dar. Die Prävalenz von sexuellem Missbrauch zwischen Inhaftierten ist aufgrund der Dunkelziffer unklar. Es ist aber davon auszugehen, dass er auch in Schweizer Gefängnissen vorkommt und im Rahmen des Fürsorge- und Sicherungsprinzips bestmöglich verhindert werden muss.[73]Noll, 1781. In diesem Zusammenhang steht das einleitend geschilderte Ereignis aus dem Jahr 2006 (siehe oben, Kap. II) exemplarisch für die Hypothese, dass die Einnahme von Sildenafil (oder anderen PDE-5-Hemmern) mit einer Umgehung der Wirkung eines triebdämpfenden, antiandrogenen (den Testosteronspiegel senkenden) Medikaments wie z.B. Androcur® (Cyproteronacetat) oder Salvacyl® (Triptorelin) sowie einer Erhöhung des Rückfallrisikos in Verbindung gebracht wird (und dies wiederum zu Restriktionen in der Abgabepraxis legitimiert).[74]Gratiszeitung 20minuten: <https://www.20min.ch/story/verwahrter-triebtaeter-bekam-viagra-auf-rezept-273754140553>.
Selbst wenn ein solcher Risikozusammenhang bestünde, bleibt ungeklärt, ob eine Einschränkung der Behandlung rechtmässig begründet werden kann. Wenn ein Kampfsportler immer wieder Gewalttaten begeht und vom exzessiv betriebenen Kampfsport Abnützungserscheinungen in den Schultern aufweist, würden wir dann aufhören, seine Schulterprobleme medizinisch zu behandeln?[75]Ähnlich Plaut, 1601. Ebenso wirkt sich eine gesunde Lebensweise (Sport, Essen etc.) positiv auf die erektile Funktion aus: Stünden Ärztinnen und Ärzte demnach in der Pflicht, keine diesbezügliche Aufklärung mehr vorzunehmen, wenn sie beim Gegenüber sexuell übergriffiges Verhalten befürchten?[76]Briken/Turner, 1065. In beiden Konstellationen dürfte die Antwort „Wohl kaum“ lauten. Dies illustriert, dass bereits grundsätzliche Zweifel an der Tragfähigkeit des Einschränkungsgrunds bestehen.
Ein Verbot der Behandlung von Sexualstraftätern mit PDE-5-Hemmern benötigt zudem einen nachgewiesenen empirischen Zusammenhang zwischen der Einnahme der Substanz und erneuten Straftaten.
Der sexualmedizinisch-forensische Forschungsstand lässt allerdings keine klaren Schlüsse hinsichtlich der Risikorelevanz von PDE-5-Hemmern zu. Zwar wird die Behandlung der erektilen Dysfunktion bei wegen Sexualdelikten verurteilten Personen als ethisch-rechtliches Spannungsfeld bezeichnet.[77]Philipps et al., 1592; Thibaut et al., 475. Es bestehen aber weder belastbare Befunde, dass die Behandlung der ED das Risiko erneuter (Sexual‑)Straftaten erhöht, noch, dass sie das Risiko senkt.[78]Ly/Federof/Briken, 121; Federoff, 1975, welcher davon ausgeht, dass die Behandlung bei vielen das Risiko senken könnte; Darjee/Quinn, 228: „Erectile dysfunction accompanied by normal sexual drive … Continue reading Damit verbunden wird das Vorenthalten einer Behandlung medizinethisch mehrheitlich als problematisch eingestuft.[79]Darjee/Quinn, 228; Plaut, 1601: „Until we know more, failure to treat may constitute discrimination rather than ethical behavior, and may not be in the best interests of these patients, their … Continue reading
Zudem muss beachtet werden, dass eine ED entgegen der intuitiven Vorstellung kein Hinderungsgrund ist, eine Sexualstraftat zu begehen.[80]Jones et al., 529; Briken/Turner, 1064. Erstens ist die Erektion keine zwingende Voraussetzung, dass es zur Penetration kommt.[81]Jones et al., 533: „In only 7 cases (18%) did the erectile impotence lead to failure to achieve vaginal penetration… However, these results demonstrate that impotence does not prevent an … Continue reading Zweitens ist zu beachten, dass eine ED zum Tatzeitpunkt ein Opfer nicht vor einem sexuellen Übergriff schützt: Die Befundlage spricht vielmehr dafür, dass es zu ähnlichen Verletzungen mit und ohne Erektion kommt[82]Philipps et al., 1594 f. oder dass Personen mit ED, die eine Straftat begehen, sogar zu heftigeren Zwangs- resp. Gewalthandlungen neigen als Personen ohne ED[83]Jones et al., 529..
Der ausbleibende empirische Zusammenhang lässt sich darüber hinaus pharmakologisch herleiten. Sildenafil hat primär keinen Einfluss auf das sexuelle Verlangen bzw. die Libido und ist kein Aphrodisiakum.[84]Lim/Moorthy/Benton, 386; Plötz, 212; <https://www.mdr.de/wissen/erektionskraft-gibt-aufschluss-ueber-herzgesundheit-eines-mannes-100.html>. Es wirkt nicht auf Ebene des zentralen Nervensystems, sondern primär lokal an den Blutgefässen im Penis. Daher wird Sildenafil in erster Linie bei erektiler Dysfunktion verabreicht, die durch vaskuläre oder psychische Störungen verursacht wird. Die Annahme, dass Sildenafil in der Lage ist, die mittels antiandrogener Medikamente gesenkte Libido wieder auf das Ausgangsniveau anzuheben, ist somit medizinisch wenig plausibel. Allerdings kann die Besserung einer Erektionsstörung dazu beitragen, dass das oben erwähnte Vermeidungsverhalten infolge einer ED abnimmt und wieder eher sexuelle Aktivität gesucht und praktiziert wird, ob allein (in Form von Selbstbefriedigung) oder mit einer Partnerin bzw. einem Partner.
In einer Gesamtbetrachtung ergibt sich aus den geschilderten Befunden keine hinreichende sexualmedizinische Grundlage, um die Abgabe von PDE-5-Hemmern mit Blick auf das Risiko erneuter Straftaten generell zu verweigern. Eine Ausnahme lässt sich im Einzelfall allenfalls dann diskutieren, wenn bei einer Person die Penetration einer anderen Person (ohne deren Einwilligung) mit dem erigierten Penis als tatmotivierendes Element fester Bestandteil der Delikthypothese ist (welche ihrerseits auf einem gesicherten Tatsachenfundament beruht) und früher bereits entsprechende Delikte verübt wurden. Denkbar sind zudem Konstellationen, bei denen durch die Verbesserung der Erektionsfähigkeit bei einem Sexualstraftäter das sexuelle Verlangen wieder steigt und dies dann zu einem höheren Risiko für einen sexuellen Übergriff beitragen könnte. In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, forensische Spezialexpertise einzubinden, um die erforderlichen Einzelfallabklärungen vorzunehmen.[85]Zur Relevanz des Einbindens spezifischer forensischer Expertise auch Philipps et al., 1598; Briken/Turner, 1065.
VI. Integrative Würdigung
Bei der erektilen Dysfunktion ist die Abgabe von PDE-5-Hemmern grundsätzlich indiziert. Zwar folgt dies vor dem Hintergrund der aktuellen (kritisierbaren; vgl. IV.1.b) Interpretation dieser Substanzen als „Lifestyle-Medikamente“ nicht aus dem Äquivalenzprinzip. Die Abgabe kann aber über das Normalisierungsprinzip gerechtfertigt werden, weil diese Substanzen legal (seit jüngerer Zeit rezeptfrei) gekauft werden können und auch und rege konsumiert werden (siehe oben, IV.1.b)).
Auf der Ebene der Einschränkungen sind in erster Linie medizinische Kontraindikationen zu bedenken. Im Rahmen der vollzugsrechtlich begründeten Einschränkungen zeigte sich, dass (a) ohne ärztliche Abgabe von PDE-5-Hemmer die Unterbindung eines unerlaubten Handelns mit Blick auf aktuelle Konsummuster nicht wahrscheinlich ist, (b) eine Abgabe unter Aufsicht das mildere Mittel zum Verbot darstellt und (c) das Handelsrisiko bei einer kontrollierten Abgabe durch den medizinischen Dienst wahrscheinlich niedriger ist als bei einem Verbot. Hinsichtlich eines allfälligen Rückfallrisikos zeigte sich, dass der Risikozusammenhang zwischen PDE-5-Hemmern und erneuten Straftaten empirisch nicht gesichert ist, was gegen die Legitimierbarkeit von generellen Einschränkungen spricht. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass je nach Delikthypothese Einschränkungen im Einzelfall zu prüfen sind, wobei hier spezifische forensische Expertise einzubeziehen ist.
Insofern kann die Ausgangshypothese nicht verworfen werden: Die Gefängnismedizin im Justizvollzug der Schweiz ist verpflichtet, Phosphodiesterase-5-Hemmer (PDE-5-Hemmer) für die Behandlung der erektilen Dysfunktion (ED) abzugeben. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass das sexualmedizinische Angebot im Straf- und Massnahmenvollzug jenem in Freiheit bestmöglich angeglichen werden kann.
Literatur
Aebi-Müller Regina E. et al., Arztrecht, Bern 2016.
Anderson Karl-Eric, PDE5 inhibitors – pharmacology and clinical applications 20 years after sildenafil discovery, British Journal of Pharmacology 2018, 2554 ff.
ap/sda, Zürich verschärft Urlaubspraxis für verwahrte Sexualstraftäter, NZZ Online vom 3. Oktober 2006.
Baechtold Andrea/Weber Jonas/Hostettler Ueli, Strafvollzug, Bern 2016.
Bedaso Asres et al., Global estimates of the prevalence of depression among prisoners: a systematic review and meta-analysis, Depression Research and Treatment 2020, <https://doi.org/10.1155/2020/3695209>.
Binswanger A./Krueger P. M./Steiner J., Prevalence of chronic medical conditions among jail and prison inmates in the USA compared with the general population, Journal of Epidemiology and Community Health Care Women 2009, 912 ff.
Blanker M. H. et al., Correlates for erectile and ejaculatory dysfunction in older Dutch men: A community-based study, Journal of American Geriatric Society 2001, 436 ff.
Bögelein Nicole/Meier Jana/Neubacher Frank, „Ist ja nur Cannabis?“ – Expertinnen und Experten über den Cannabishandel inner- und ausserhalb von Gefängnissen, Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform 2016, 251 ff.
Brägger Benjamin, Das schweizerische Vollzugslexikon, von der vorläufigen Festnahme zur bedingten Entlassung, 3. Auflage, Basel 2022.
Braun Moritz et al., Epidemiology of erectile dysfunction: Results of the „Cologne Male Survey“, International Journal of Impotence Research 2001, 305 ff.
Brett Kendra/Rader Tamara/McGill Sarah, Phosphodiesterase type 5 inhibitors for the treatment of secondary Raynaud phenomenon and digital ulcers, Canadian Journal of Health Technology 2021, 1 ff.
Briken Peer et al. Prävalenzschätzungen sexueller Dysfunktionen anhand der neuen ICD-11-Leitlinien. Ergebnisse der ersten repräsentativen Bevölke- rungsstudie zu Gesundheit und Sexualität in Deutschland – GeSiD, Deutsches Ärzteblatt International 2020, 653 ff.
Briken Peer/Turner Daniel, Erectile Functioning as a Risk Factor for Committing a Sexual Offense? Journal of Sexual Medicine 2022, 1064 ff.
Campbell Neil et al., Internet-Ordered Viagra (Sildenafil Citrate) is Rarely Genuine, The Journal of Sexual Medicine 2012, 2943 ff.
Council of Europe, Recommendation No. R (98) 7 of the Committee of Ministers to member States concerning the ethical and organisational aspects of health care in prison, 08.04.1998; nichtamtliche Übersetzung: Ethische und organisatorische Aspekte der gesundheitlichen Versorgung in Vollzugsanstalten, Empfehlung R (98) 7 des Ministerkomitees des Europarats, 8. April 1998.
D’Alessio Stewart/Flexon Jamie/Stolzenberg Lisa, The effect of conjugal visitation on sexual violence in prison, American Journal of Criminal Justice 2013, 13 ff.
Darjee Rajan/Quinn Alex, Pharmacological Treatment of Sexual Offenders, in: Craig Leam/Dixon Louise (Hrsg.), What Works in Offender Rehabilitation, New Jersey 2020, 217 ff.
Dean Robert/Lue Tom, Physiology of penile erection and pathophysiology of erectile dysfunction, Urologic Clinics of North America 2005, 379 ff.
Douglas Thomas, Refusing to Treat Sexual Dysfunction in Sex Offenders, Cambridge Quarterly of Healthc Ethics 2017, 143 ff.
Earle Sarah/Blackburn Maddie, Involving young people with life-limiting conditions in research on sex: the intersections of taboo and vulnerability, International Journal of Social Research Methodology 2021, 545 ff.
Eichenberger Thomas/Jaisli Urs/Richli (Hrsg.), Heilmittelgesetz, Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2022 (zit. BSK HMG-Schott/Albert, Art. 9).
Eichenberger Thomas/Jaisli Urs/Richli (Hrsg.), Heilmittelgesetz, Basler Kommentar, Basel 2022 (zit. BSK HMG-Jaisli/Schumacher-Bausch, Art. 3).
Europäische Strafvollzugsgrundsätze, Council of Europe, Recommendation Rec(2006)2 of the Committee of Ministers to member States on the European Prison Rules, 11.1.2006; deutsche Übersetzung: Bundesministerium der Justiz Berlin/Bundesministerium für Justiz Wien/Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Bern (Hrsg.), Europäische Strafvollzugsgrundsätze, Die Empfehlung des Europarates Rec(2006)2, Neufassung der Mindestgrundsätze für die Behandlung der Gefangenen, Mönchengladbach.
Falk Jeremy/Philip Kiran/Schwarz Ernst, The emergence of oral tadalafil as a once-daily treatment for pulmonary arterial hypertension. Vascular Health Risk Management 2010, 273 ff.
Fahrner Eva-Maria/Kockott Götz, Sexualtherapie, Ein Manual zur Behandlung sexueller Funktionsstörungen bei Männern, Göttingen 2003.
Fazel Seena/Seewald Katharina, Severe mental illness in 33 588 prisoners worldwide: systematic review and meta-regression analysis, British Journal of Psychiatry 2012, 364 ff.
Fellmann Walter, Arzt und Rechtsverhältnis zum Patienten, in: Kuhn Moritz/Poledna Tomas (Hrsg.), Arztrecht in der Praxis, 2. Aufl., Zürich 2007, 103 ff.
Frei Susanne/Vallini Maja, Sexualität in der forensischen Psychiatrie. Übersicht über psychologisch relevante Themen und Problemstellungen am Beispiel der Sexualität in der forensischen Psychiatrie im Kanton Zürich, Bachelorarbeit ZHAW, Zürich 2014.
Fries Roland et al., Sildenafil in the treatment of Raynaud’s phenomenon resistant to vasodilatory therapy, Circulation 2005, 2980 ff.
Gerth Juliane et al., Exploring the mental healthcare needs of Swiss pre-trial detainees: A pilot investigation of an on-site psychiatric day clinic. Frontiers in Psychiatry 2022, doi: 10.3389/fpsyt.2022.924861.
Ghosh Chaitali/Mallick Chhanda, Protective effect of ethanolic extract of Hygrophila auriculata seeds in cyproterone acetate-induced sexual dysfunction in male albino rats, Andrologia 2019, <https://onlinelibrary.wiley.com/doi.full/10.1111/and.13482>.
Goldstein Irwin et al., Epidemiology update of erectile dysfunction in eight countries with high burden, Sexual Medicine Reviews 2020, 48 ff.
Goldstein Irwin, Sexual Medicine Treatment: Lifestyle or Life Quality? The Import of Language, Journal of Sexual Medicine 2006, 191 ff.
Gur Serap et al., PDE5 inhibitor treatment options for urologic and non-urologic indications: 2012 update. Current Pharmaceutical Design 2012, 5590 ff.
Hachulla Eric et al., Efficacy of sildenafil on ischaemic digital ulcer healing in systemic sclerosis: The placebo-controlled SEDUCE study, Annals of Rheumatic Diseases 2016, 1009 ff.
Haen Ekkehard et al., Sexuelle Funktionsstörungen – Sildenafil (Viagra), Deutsches Ärzteblatt 2000, <https://www.aerzteblatt.de/archiv/21127>.
Hensley Christopher/Koscheski Mary/Tewksbury Richard, Does participation in conjugal visitations reduce prison violence in Mississippi? An exploratory study, Criminal Justice Review 2002, 52 ff.
Hensley Christopher/Rutland Sandra/Gray-Ray Phyllis, Inmate attitudes toward the conjugal visitation program in Mississippi prisons: An exploratory study, American Journal of Criminal Justice 2000, 137 ff.
Horley James, Sexuality and sexual health in prisons, Sexuality & Culture 2019, 1372 ff.
Hostettler Ueli/Marti Irene/Richter Marina, Lebensende im Justizvollzug, Bern 2016.
Jackson Graham/Gillies Hunter/Osterloh Ian, Past, present, and future: a 7-year update of Viagra (sildenafil citrate), International Journal of Clinical Practice 2005, 680 ff.
Jones Jeffrey et al., Assailants’ sexual dysfunction during rape: prevalence and relationship to genital trauma in female victims, The Journal of Emergency Medicine 2010, 529 ff.
Kessler Anna et al., The global prevalence of erectile dysfunction: a review, British Journal of Urology 2019, 587 ff.
Kinner Stuart et al., Opiate substitution treatment to reduce in-prison drug injection: a natural experiment, The International Journal on Drug Policy 2013, 460 ff.
Kloner Robert et al., Time course of the interaction between tadalafil and nitrates, Journal of the Americal College of Cordiology 2003, 1855 ff.
Köhne Michael, Drogenkonsum im Strafvollzug, Zeitschrift für Rechtspolitik 2010, 220 ff.
Koskimäki Juha et al., Effect of erectile dysfunction on frequency of intercourse: A population based prevalence study in Finland, Journal of Urology 2000, 367 ff.
Kraushaar Beat/Guanziroli Silvana, Gratis-Viagra im Knast, Blick vom 4. Oktober 2006, 8.
Kumar Shivendra et al., Contribution of phosphodiesterase-5 (PDE5) inhibitors in the various diseases, International Journal of Science and Healthcare Research 2022, 164 ff.
Künzli Jörg/Weber Florian, Gesundheit im Freiheitsentzug, Rechtsgutachten zur Gesundheitsversorgung von inhaftierten Personen ohne Krankenversicherung, Schweizerisches Kompetenzzentrum für Menschenrechte, 2018 <https://www.bag.admin.ch/dam/bag/de/dokumente/mt/p-und-p/gefaegnisse/rechtsgutachten-gesundheit-im-freiheitsentzug.pdf.download.pdf/rechtsgutachten-gesundheit-im-freiheitsentzug.pdf&usg=AOvVaw0u1LXe_tiwN4UErbyuiYtC&opi=89978449>.
Laumann Edward/Paik Anthony/Rosen Raymond, Sexual dysfunction in the United States: Prevalence, predictors, and outcomes, Journal of the American Medical Association 1999, 537 ff.
Ly Thanh/Fedoroff Paul/Briken Peer, A narrative review of research on clinical responses to the problem of sexual offenses in the last decade, Behavioral Science & the Law 2020, 117 ff.
Li Jim et al., Prevalence, Comorbidities, and Risk Factors of Erectile Dysfunction: Results from a Prospective Real-World Study in the United Kingdom, International Journal of Clinical Practice 2022, <https://doi.org/10.1155/2022/5229702>.
Lim Peter/Moorthy P./Benton Kenneth, The Clinical Safety of Viagra, Annals of the New York Academy of Sciences 2002, 378 ff.
Madeira Camilla et al., Efficacy and safety of oral phosphodiesterase 5 inhibitors for erectile dysfunction: a network meta‑analysis and multicriteria decision analysis, World Journal of Urology 2021, 953 ff.
Mausbach Julian, Die ärztliche Schweigepflicht des Vollzugsmediziners im schweizerischen Strafvollzug aus strafrechtlicher Sicht, Diss., Zürich 2010.
Meier Jana/Bögelein Nicole, Handelserfahrene und ExpertInnen über Konsum und Handel illegaler Drogen im Gefängnis – Ein empirischer Blick in den Haftalltag, Rausch – Wiener Zeitschrift für Suchttherapie 2017, 236 ff.
Morrisette Matthew /Dunn Steven, Phosphodiesterase type 5 inhibitors and oral nitrates in male patients with ischemic heart disease, Current Cardiology Reports 2023, 553 ff.
Moschetti Karine et al., Disease profiles of detainees in the Canton of Vaud in Switzerland: gender and age differences in substance abuse, mental health and chronic health conditions, BMC Public Health, 2015, <https://bmcpublichealth.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12889-015-2211-6>.
Nawaz Iqra et al., Raynaud’s phenomenon: reviewing the pathophysiology and management strategies, Cureus 2022, doi 10.7759/cureus.21681.
Nelson-Mandela-Rules, Mindestgrundsätze der Vereinten Nationen für die Behandlung der Gefangenen, UN-Generalversammlung 2015, <https://www.unodc.org/documents/justice-and-prison-reform/Nelson_Mandela_Rules-German.pdf>.
Niggli Marcel/Wiprächtiger Hans (Hrsg.), Schweizerisches Strafgesetzbuch, Basler Kommentar, 4. Aufl., Basel 2019 (zit. BSK StGB-Brägger, Art. 75).
Niggli Marcel/Wiprächtiger Hans (Hrsg.), Schweizerisches Strafgesetzbuch, Basler Kommentar, 4. Aufl., Basel 2019 (zit. BSK StGB-Brägger, Art. 74).
Noll Thomas, Sexualität zwischen männlichen Gefangenen, Aktuelle Juristische Praxis 2013, 1773 ff.
Oliver James/Kerr Debra/Webb David, Time-dependent interactions of the hypotensive effects of sildenafil citrate and sublingual glyceryl trinitrate, British Journal of Clinical Pharmacology 2009, 403 ff.
Paul D. et al., Duration dependent effect of hydro-ethanolic extract of leaf of S. hernandifolia and root of A. aspera on testicular androgenic and gametogenic activity: An approach for male herbal contraceptive development, International Journal of Applied Research in Natural Products 2010, 1 ff.
Phillips Elizabeth et al., Sex offenders seeking treatment for sexual dysfunction – ethics, medicine, and the law, The Journal of Sexual Medicine 2015, 1591 ff.
Plaut Michael, Commentary on: Sex Offenders Seeking Treatment for Sexual Dysfunction – Ethics, Medicine, and the Law, Journal of Sexual Medicine 2015, 1601.
Plötz Hermann, Kleine Arzneimittellehre für Fachberufe im Gesundheitswesen, 6. Aufl., Berlin 2013.
Ribaudo Giovanni et al., New therapeutic applications of phosphodiesterase 5 inhibitors (PDE5-Is), Current Medicinal Chemistry 2016, 1239 ff.
Rosen Raymond/McKenna Kevin, PDE-5 Inhibition and Sexual Response: Pharmacological Mechanisms and Clinical Outcomes, Annual Review of Sexual Research 2002, 136 ff.
Roustit Matthieu et al., Phosphodiesterase-5 inhibitors for the treatment of secondary Raynaud’s phenomenon: Systematic review and meta-analysis of randomised trials, Annals of Rheumatic Diseases 2013, 1696 ff.
Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW), Richtlinien „Ausübung der ärztlichen Tätigkeit bei inhaftierten Personen“, <https://www.samw.ch/dam/jcr:1ad584ee-ad5f-4aa1-9f8b-96335d329a3e/richtlinien_samw_inhaftierte.pdf>.
Seward Helene/Wangmo Tenzin/Elger Bernice, Inhaftierte Personen altern schneller und sterben früher, #prison-info 2024, 6 ff.
SKJV, Voraussichtliche Entwicklung der Gefangenenpopulation in der Alterskategorie 60plus, 2022, 1 ff.
Struckman-Johnson Cindy et al., Sexual coercion reported by men and women in prison, Journal of Sex Research 1996, 67 ff.
Svarstad Solberg Ada et al., Promoting and sustaining sexual health as a health resource in prisons – a scoping review, Bergen Journal of Criminal Law and Criminal Justice 2024, 32 ff.
Tag Brigitte, Intramurale Medizin in der Schweiz: Überblick über den rechtlichen Rahmen, in: Tag Brigitte (Hrsg.), Intramurale Medizin im internationalen Vergleich: Gesundheitsfürsorge zwischen Heilauftrag und Strafvollzug im Schweizerischen und internationalen Diskurs, Berlin 2008, 1 ff.
Thibaut Florence et al., The World Federation of Societies of Biological Psychiatry (WFSBP) 2020 guidelines for the pharmacological treatment of paraphilic disorders, The World Journal of Biological Psychiatry 2020, 412 ff.
Trechsel Stefan/Pieth Mark (Hrsg.), Praxiskommentar Schweizerisches Strafgesetzbuch, 4. Aufl., Basel 2021 (zit. Praxiskomm. StGB-Trechsel/Aebersold, Art. 75).
UN-Pakt I, Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 16. Dezember 1966 (SR 0.103.1).
Urwyler Thierry et al., Indikation der Opioidagonistentherapie (OAT) im Justizvollzug, Jusletter 24. Oktober 2022.
Urwyler Thierry/Noll Thomas, Assisted Suicide for Prisoners in Switzerland: Proposal for a Legal Model in the Swiss Correctional Context, Criminology – The Online Journal 2020, <https://www.kriminologie.de/index.php/krimoj/article/view/59>.
Venhuis Bastiaan et al., Success of Rogue Online Pharmacies: Sewage Study of Sildenafil in the Netherlands, British Medical Journal 2014, <https://doi.org/10.1136/bmj.g4317>.
Vladu Alexandra et al., Benefits and risks of conjugal visits in prison: A systematic literature review, Criminal Behavior and Mental Health 2021, 343 ff.
Webb David et al., Sildenafil citrate and blood-pressure-lowering drugs: results of drug interaction studies with an organic nitrate and a calcium antagonist, American Journal of Cardiology 1999, 21C ff.
Fussnoten[+]
↑1 | Earle/Blackburn, 546. |
---|---|
↑2 | SKJV, 1 ff.; SRF, <https://www.srf.ch/news/schweiz/verwahrte-rentner-wenn-erst-der-tod-die-freiheit-bringt>; Seward/Wangmo/Elger, 8. |
↑3 | Kraushaar/Guanziroli, 8. |
↑4 | Kraushaar/Guanziroli, 8. |
↑5 | ap/sda; vgl. auch Tag, 17, welche in diesem Zusammenhang Fahrlässigkeitsfragen diskutiert. |
↑6 | <https://www.20min.ch/story/verwahrter-triebtaeter-bekam-viagra-auf-rezept-273754140553>. Ähnliche Fälle sind auch im Ausland verzeichnet: <https://www.spiegel.de/panorama/justiz/rueckfall-gefaengnisarzt-verschreibt-kinderschaender-viagra-a-658421.html>. |
↑7 | ap/sda. |
↑8 | Die Frage der Behandlung erektiler Dysfunktion bei Sexualstraftätern stellt sich auch in anderen Ländern (Phillips et al., 1592 ff.; <https://www.nzz.ch/gefaengnisarzt_verschreibt_kinderschaender_viagra-ld.1235547>) sowie in anderen Settings (in forensischen Kliniken: Frei & Vallini, 1 ff.). |
↑9 | Philipps et al., 1592; Thibaut et al., 475. |
↑10 | Urteil des Bundesgerichts 7B_471/2023 vom 3. Januar 2024 E. 3.2.2; Urteil des Bundesgerichts 6B_895/2014 vom 30. März 2015 E. 3.3; Urteil des EGMR, Epners-Gefners v. Lettland, no. 37862/02 vom29. Mai 2012; Urteil des EGMR, Dickson v. UK, no. 44362/04 vom 4. Dezember 2007, § 81; Urteil des EGMR, Leslaw Wójcik v. Polen, no. 66424/09 vom 1. Juli 2021, §§ 113–114. |
↑11 | Svarstad Solberg et al., 48; Horley, 1372 ff.; D’Alessio/Flexon/Stolzenberg, 13 ff.; Struckman-Johnson et al., 67 ff. |
↑12 | Vladu et al., 343 ff., Hensley, Rutland/Gray-Ray, 137 ff.; a.M. Hensley/Koscheski/Tewksbury, 52 ff. |
↑13 | Brägger, 338. |
↑14 | Justizvollzugsverordnung des Kantons Zürich (JVV/ZH) vom 6. Dezember 2006 (LS 331.1). Weitere, allerdings weniger spezifische Quellen für den Kontakt der Insassen zu ihrer Familie sind Art. 84 StGB und Ziff. 24.1 der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze, Rec(2006)2. |
↑15 | Li et al. |
↑16 | Goldstein et al., 48 ff. |
↑17 | Briken et al., Tab. 1. |
↑18 | Kessler et al., 587; Dean/Lue, 379 ff.; Kumar et al., 166; Briken et al., Tab. 2. |
↑19 | Ghosh/Mallick; Paul et al., 1 ff. |
↑20 | Fahrner/Kockott. |
↑21 | Hostettler/Marti/Richter, 1 ff.; Urwyler/Noll, 202. |
↑22 | Bedaso et al.; Fazel/Seewald, 364; Binswanger/Krueger/Steiner, 912 ff. |
↑23 | Gerth et al.; Moschetti et al. |
↑24 | Falk/Philip/Schwarz, 273 ff.; Madeira et al., 953. |
↑25 | Rosen/McKenna, 38. |
↑26 | Haen et al. |
↑27 | Arzneimittelliste der Swissmedic vom 31.01.2024, <https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/services/listen_neu.html#-257211596>. |
↑28 | Welches Arzneimittel für welche Indikation zugelassen ist, ist der genehmigten Fachinformation zum jeweiligen Arzneimittel zu entnehmen. Die Fachinformationen sind publiziert unter <www.swissmedicinfo.ch>. |
↑29 | Der Off-Label-Gebrauch ist im Rahmen der Art. 3 und 26 des Heilmittelgesetzes bei Humanarzneimitteln grundsätzlich zulässig (BSK HMG-Schott/Albert, Art. 9 N 21; BGE 134 IV 175 E. 4.1). Unter Umständen ist der Off-Label-Gebrauch nicht nur zulässig, sondern zwingend erforderlich, wie das Oberlandesgericht Köln im sog. „Aciclovir-Urteil“ vom 30.5.1990 (OLG Köln 27 U 169/87) entschieden hat (BSK HMG-Jaisli/Schumacher-Bausch, Art. 3 Rz. 46). |
↑30 | Anderson, 2556; Gur et al., 5590 ff.; Ribaudo et al., 1239 ff. |
↑31 | Roustit et al., 1696 ff.; Brett/Rader/McGill, 1 ff.; Hachulla et al., 1009 ff.; Nawaz et al.; Fries et. al., 2980 ff. |
↑32 | Ausführlich zur Rechtsprechung und Lehre: Urwyler et al., Rz. 1 ff. sowie Künzli/Weber, 26 ff.; Soft Law: Nelson-Mandela-Rules, Regel 24 Abs. 1; Art. 12 UN-Pakt I; Europäische Strafvollzugsgrundsätze Ziff. 40.3, 40.5, 43.1; Empfehlungen R (98) 7 des Ministerkomitees des Europarats, Ziff. 10, 11, 16, 19; im medizinischen Kontext sodann die SAMW Richtlinien Ziff. 5. |
↑33 | Brägger, 262 f.; Urwyler et al., Rz. 3 – demnach handelt es sich beim Äquivalenzprinzip um eine Konkretisierung des Normalisierungsprinzips gemäss Art. 75 StGB. |
↑34 | Art. 5 Standesordnung der FMH, Version vom 08.06.2023, <https://www.fmh.ch/files/pdf29/standesordnung—de—2023-11.pdf>; präzisierend Urwyler et al., Rz. 33:„Der Grundsatz der Therapiefreiheit enthält keine Freiheit zur Willkür, sondern ist a) ein fremdnütziges Recht (Maximierung des Patient*innennutzens), das b) Ärzt*innen nur innerhalb des geltenden Fachstandards zusteht und c) durch Aufklärung und Einwilligung der Patient*innen eingeschränkt wird“. |
↑35 | Art. 40 lit. g des Bundesgesetzes über die universitären Medizinalberufe (Medizinalberufegesetz, MedBG) vom 23. Juni 2006 (SR 811.11). |
↑36 | Art. 40 lit. g MedBG |
↑37 | Personalgesetz des Kantons Zürich (PG/ZH) vom 27. September 1998 (LS 177.10); Mausbach, 105, sieht nicht das Anstellungsverhältnis der Anstaltsärztinnen als ausschlaggebend, sondern ihr Verhältnis zur inhaftierten Person: „Die Ärzte und Ärztinnen arbeiten intra muros damit unabhängig von der Art ihrer rechtlichen Anbindung an die jeweilige Vollzugsinstitution gegenüber dem Inhaftierten in einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis. Dies manifestiert sich nicht nur im Rechtsverhältnis zwischen den Parteien, sondern führt beispielsweise auch dazu, dass der Anstaltsarzt die Behandlung eines Patienten nicht ohne weiteres ablehnen kann“. |
↑38 | BGE 102 Ia 302 E. 2c. |
↑39 | Der Beizug „eines Arztes freier Wahl kann zu den Beschränkungen gezählt werden, die im Interesse einer vernünftigen Ordnung und Organisation der Anstalt gerechtfertigt sind. Würde die ärztliche Betreuung der Gefangenen anstaltsfremden Ärzten übertragen, so müsste diesen der Zutritt zur Anstalt in einem mit der Anstaltsordnung kaum zu vereinbarenden Masse möglich sein“ (BGE 102 Ia 302 E. 2c). |
↑40 | Positionspapier der Kantonsapothekervereinigung, Version vom 01. Juni 2016, 3, <https://www.kantonsapotheker.ch/fileadmin/docs/public/kav/2_Leitlinien___Positionspapiere/0007_anforderungen_an_den_off-label-use.pdf>. |
↑41 | Urwyler et al., Rz. 26. |
↑42 | Vgl. auch BGE 129 V 32 E. 4.2.4 bezüglich der Abgrenzung von Heilmitteln und Lifestyle-Medikamenten. |
↑43 | <https://www.xn--spezialittenliste-yqb.ch/>; vgl. zum Thema auch BGE 129 V 32 E. 4. |
↑44 | Goldstein, 191: „There is nothing scientific that links oral selective PDE5 inhibitors to ‚lifestyle‘, defined in the dictionary as a way of life. PDE5 inhibitors are ‚quality of life‘ medications. The misrepresentation of ED treatments as ‚lifestyle‘ therapies alters the facts. There are multiple scientific investigations that link oral selective PDE5 inhibitors to ‚quality of life‘…‚Lifestyle‘ implies a choice as to one’s way of life, routine, or standard of living. Patients with ED who require medication in order to reestablish sexual function are simply asking for the opportunity to maintain sexual health“. |
↑45 | Zum Beispiel Laumann/Paik/Rosen, 537 ff.; Blanker et al., 436 ff.; Braun et al., 305 ff.; Koskimäki et al., 367 ff. |
↑46 | Praxiskomm. StGB-Trechsel/Aebersold, Art. 75 Rz. 4; BSK StGB-Brägger, Art. 75 Rz. 6. Abgeleitet ist das Äquivalenzprinzip aus dem Gebot der Rechtsgleichheit (Art. 8 Abs. 1 BV), dem Diskriminierungsverbot (Art. 8 Abs. 2 BV) und dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit (Art. 5 Abs. 2 BV), vgl. Künzli/Weber, 26. |
↑47 | Beispielsweise in Amsterdam wurden im Jahr 2014 ca. 250’000 mg/Woche konsumiert (Venhuis et al.). Konkrete Zahlen zum Konsum in der Schweiz liegen nicht vor. |
↑48 | Anhang 2 zur Verordnung über die Arzneimittel (Arzneimittelverordnung, VAM) vom 21. September 2018 (812.212.21) sowie <Potenzmittel Viagra künftig in der Schweiz ohne Rezept erhältlich – SWI swissinfo.ch>. |
↑49 | <https://compendium.ch/>. |
↑50 | Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts richten sich die Sorgfaltspflichten des Arztes im Allgemeinen nach den Umständen des Einzelfalles, namentlich nach der Art des Eingriffs oder der Behandlung, den damit verbundenen Risiken, dem Beurteilungs- und Bewertungsspielraum, der dem Arzt zusteht, sowie den Mitteln und der Dringlichkeit der medizinischen Massnahme. Der Arzt hat die nach den Umständen gebotene und zumutbare Sorgfalt zu beachten (Urteil des Bundesgerichts 6B_727/2020 vom 28. Oktober 2021 E. 2.3.4). Der Arzt muss die Indikation für eine bestimmte Heilbehandlung oder diagnostische Untersuchung stellen. Er hat die im Einzelfall richtige Therapie zu wählen und darauf zu achten, dass keine Kontraindikation bestehen (BGer, 6B_727/2020E. 2.4.2; Fellmann, 123 ff.; Aebi-Müller, 51). |
↑51 | Webb et al., 21C ff.; Oliver/Kerr/Webb, 403 ff.; Kloner et al., 1855 ff. |
↑52 | Morrisette/Dunn, 555. |
↑53 | Fazel/Seewald, 364. |
↑54 | <https://compendium.ch/>; <www.swissmedicinfo.ch>. |
↑55 | <https://compendium.ch>; <www.swissmedicinfo.ch>. |
↑56 | <https://compendium.ch>; <www.swissmedicinfo.ch>. |
↑57 | <https://ec.europa.eu/health/documents/community-register/2011/20110412101531/anx_101531_de.pdf>. |
↑58 | Als Halbwertszeit wird diejenige Zeitspanne bezeichnet, in welcher die Konzentration eines Arzneimittels im Organismus resp. im Blut auf ihren halben Wert (50%) absinkt. Die Wirkdauer lässt sich ungefähr abschätzen, indem man die Halbwertszeit mit dem Faktor 2 bis 3 multipliziert, <https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Halbwertszeit>. |
↑59 | <https://labeling.pfizer.com/ShowLabeling.aspx?id=2455>. |
↑60 | In der Post-Marketing-Überwachung wurde unter Sildenafil-Behandlung beispielsweise von verlängerten Erektionen und Priapismus (Dauererektion) berichtet. Im Fall einer länger als 4 Stunden andauernden Erektion sollte der Patient sofort medizinische Hilfe aufsuchen. Wenn ein Priapismus nicht sofort behandelt wird, kann dies zu Gewebeschädigung im Penis und dauerhaftem Potenzverlust führen, vgl. <https://labeling.pfizer.com/ShowLabeling.aspx?id=2455>. |
↑61 | BGE 118 Ia 73; 113 Ia 328; 106 Ia 281. |
↑62 | BSK StGB-Brägger, Art. 74 Rz. 9; Baechtold/Weber/Hostettler, II Ziff. 5 – In der vorliegenden Situation kämen im Kanton Zürich als gesetzliche Grundlage beispielsweise § 23a des Straf- und Justizvollzugsgesetzes des Kantons Zürich (StJVG/ZH) vom 19. Juni 2006 (LS 331) i.V.m. § 10 Abs. 6 und § 122 Abs. 3 der Justizvollzugsverordnung des Kantons Zürich (JVV/ZH) vom 6. Dezember 2006 (LS 331.1) in Betracht. Da es in der vorliegenden Diskussion am Erfordernis des öffentlichen Interesses fehlt, wie nachfolgend dargelegt wird (siehe Kap. V.2.a) und b)), wird das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage nicht weiter analysiert. |
↑63 | Campbell et al., 2953 ff. |
↑64 | 20 Minuten vom 14.01.2020: <https://www.20min.ch/story/erektionspillen-kosten-in-der-schweiz-viermal-so-viel-919142251486>. |
↑65 | Li et al.; Kessler et al., 587; für weitere Komorbiditäten von erektiler Dysfunktion: Jackson/Gillies/Osterloh, 683. |
↑66 | Li et al. |
↑67 | Vgl. in anderem Kontext auch Goldstein, 192: „Ironically, to label this a ‚lifestyle‘ issue may also discourage patients from seeking medical care. The decision not to seek medical care is a potentially lethal choice“. |
↑68 | Kinner et al., 460 ff.; Urwyler et al., Rz. 19. |
↑69 | Meier/Bögelein, 236 ff.; Bögelein/Meier/Neubacher, 251 ff.; Köhne, 220 ff. |
↑70 | Rückmeldungen von Yves Jeaunâtre, Leiter Betreuung und Sicherheit der JVA Pöschwies sowie von med. pract. Aldo Fischer, Leitender Arzt der JVA Pöschwies, vom 30. April 2024. |
↑71 | Mit der entsprechenden Halbwertszeit kann berechnet werden, zu welchem Zeitpunkt die Einnahme im Gesundheitsdienst zu erfolgen hätte. Die maximale Plasmakonzentration von Sildenafil ist nach 30 bis 120 Minuten erreicht, die Eliminationshalbwertszeit der aktiven Substanz beträgt drei bis fünf Stunden (<https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Sildenafil_27420#Pharmakokinetik>). Wenn der Inhaftierte im Familienzimmer Besuch empfängt und sexuell aktiv sein möchte, sollte das Medikament mindestens 30 bis 60 Minuten zuvor eingenommen werden. |
↑72 | Vgl. Noll, 1777. |
↑73 | Noll, 1781. |
↑74 | Gratiszeitung 20minuten: <https://www.20min.ch/story/verwahrter-triebtaeter-bekam-viagra-auf-rezept-273754140553>. |
↑75 | Ähnlich Plaut, 1601. |
↑76 | Briken/Turner, 1065. |
↑77 | Philipps et al., 1592; Thibaut et al., 475. |
↑78 | Ly/Federof/Briken, 121; Federoff, 1975, welcher davon ausgeht, dass die Behandlung bei vielen das Risiko senken könnte; Darjee/Quinn, 228: „Erectile dysfunction accompanied by normal sexual drive is frustrating and can increase sexual preoccupation, and facilitating erection using PDE 5 inhibitors can ameliorate this, reducing sexual frustration and preoccupation, and facilitating healthy sexual relationships and masturbation. Prescribing such drugs seems unlikely to increase risk, and may in fact reduce risk“; Philipps et al., 1591 ff.; differenzierend hingegen Briken/Turner, 1065. |
↑79 | Darjee/Quinn, 228; Plaut, 1601: „Until we know more, failure to treat may constitute discrimination rather than ethical behavior, and may not be in the best interests of these patients, their partners, or even potential victims“; tendenziell auch Briken/Turner, 1065; anders Douglas, 156. |
↑80 | Jones et al., 529; Briken/Turner, 1064. |
↑81 | Jones et al., 533: „In only 7 cases (18%) did the erectile impotence lead to failure to achieve vaginal penetration… However, these results demonstrate that impotence does not prevent an assailant from sexually assaulting a victim nor does it prevent a woman from suffering physical injury“. |
↑82 | Philipps et al., 1594 f. |
↑83 | Jones et al., 529. |
↑84 | Lim/Moorthy/Benton, 386; Plötz, 212; <https://www.mdr.de/wissen/erektionskraft-gibt-aufschluss-ueber-herzgesundheit-eines-mannes-100.html>. |
↑85 | Zur Relevanz des Einbindens spezifischer forensischer Expertise auch Philipps et al., 1598; Briken/Turner, 1065. |