Über die EuZ
Leitartikel
Brigitta Kratz, Ilaria Espa*
Hydrogen: Legal and regulatory challenges for Switzerland in a global context
Hydrogen as an energy carrier, but also as a key feedstock to produce renewable fuels (e.g. synthetic methane and methanol) and platform chemicals (e.g. ammonia) is set to play a major role in decarbonization efforts worldwide.
The European Union is one of the main drivers of the green hydrogen economy. Once more, Switzerland is operating in a regulatory environment in which developments are already taking place and might determine its position as a rule-taker, as shown in the first part of the article.
Switzerland can no longer postpone dealing with the opportunities and risks entailed by these developments. Defining a clear strategy is essential to plan the political and regulatory steps which are necessary to preserve its options for championing the green hydrogen market. The first steps have already been taken, in particular with the soon-to-come-into-force umbrella decree (“Mantelerlass”), as presented in the second part of the article. Further steps will have to follow.
* Dr. Brigitta Kratz, LL.M. is an attorney and partner at Badertscher Rechtsanwälte AG, Zurich, specializing in legal issues and dispute resolution in the field of energy law. From 2007–2018, she served as Vice President of the federal electricity market regulatory authority ElCom. Brigitta Kratz regularly lectures and publishes on energy law topics, including in the Yearbook of Swiss-EU Business Law published by the Europa Institute. Prof. Dr. Ilaria Espa is Associate Professor of International Economic Law at the Law Institute of the Università della Svizzera italiana (USI), Lugano, and Senior Research Fellow at the World Trade Institute of the University of Bern. She is the Secretary of the Swiss Energy Law Association (SELA) and the co-convenor of the Interest Group on Energy and International Law of the European Society of International Law (ESIL). Since 2023, she has been involved as a work package leader in the SWEET-reFuel.ch, an inter- and transdisciplinary research consortium mandated by the Swiss government to develop robust and practical pathways for the introduction of sustainable fuels and platform chemicals in the Swiss energy system. Brigitta Kratz is on the Advisory Board of this project.
Aktuelle Entwicklungen im Europarecht
Allgemeines und Institutionelles
EuGH: Rechtliches Gehör
Mit Urteil vom 26. September 2024 hat der EuGH entschieden, dass ein nationales Gericht nicht verpflichtet ist, eine unionsrechtswidrige Entscheidung des Verfassungsgerichts seines Mitgliedstaats anzuwenden, wenn dadurch das Recht auf rechtliches Gehör unmöglich gemacht wird. Bei einem beruflichen Einsatz wurde ein Elektriker durch einen Stromschlag getötet. Es wurden parallel ein verwaltungs- und ein strafrechtliches Gerichtsverfahren in Gang gesetzt. Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um einen Arbeitsunfall handele. Gemäss den nationalen Rechtsvorschriften in der Auslegung durch den rumänischen Verfassungsgerichtshof darf das anschliessend befasste Strafgericht diesen Umstand nicht erneut prüfen. Der EuGH hält dies für unionsrechtswidrig.
Anhörung der designierten Kommissare
Die Konferenz der Präsidenten des Europäischen Parlaments hat den Zeitplan für die Anhörungen der designierten Kommissare festgelegt. Hiernach werden die Anhörungen vom 4. bis zum 12. November 2024 durchgeführt. Der genaue Zeitplan wird noch festgelegt.
Beziehungen Schweiz – EU
Abkommen Schweiz – UK: Finanzdienstleistungen
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 4. September 2024 die Botschaft zur Genehmigung eines Abkommens zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich (UK) über die gegenseitige Anerkennung im Bereich der Finanzdienstleistungen verabschiedet. Diese gegenseitige Anerkennung wird in den Bereichen Banken, Wertpapierdienstleistungen, Versicherungen, Vermögensverwaltung und Finanzmarktinfrastrukturen für professionelle Kunden im Abkommen festgehalten.
Gleichwertiger Arbeitnehmerschutz
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 4. September 2024 den Bericht in Erfüllung des Postulats „Unterschiede zwischen dem Schweizer und dem EU-Recht im Bereich des Arbeitnehmerschutzes“ angenommen. Er kommt darin zum Schluss, dass das Schweizer und das EU-Recht den Arbeitnehmenden einen gleichwertigen Schutz garantieren. Somit ist keine Anpassung des Schweizer Rechts erforderlich.
Energie
Lage der Energieunion 2024
Die Europäische Kommission hat am 11. September 2024 ihren Bericht zur Lage der Energieunion 2024 veröffentlicht. Darin hebt die Kommission hervor, dass es der EU in den letzten Jahren gelungen ist, kritischen Risiken in Bezug auf ihre Energieversorgungssicherheit standzuhalten, die Kontrolle über den Energiemarkt und die Energiepreise wiederzuerlangen und den Übergang zur Klimaneutralität zu beschleunigen.
Umwelt
Verordnung zur Wiederherstellung der Natur tritt in Kraft
Am 18. August 2024 ist das sog. Gesetz zur Wiederherstellung der Natur in Kraft getreten. Dabei handelt es sich um Verordnung (EU) 2024/1991, die einen Prozess zur kontinuierlichen und nachhaltigen Wiederherstellung der Natur auf dem Land und im Meer der EU in Gang setzen soll. Als Gesamtziel, das auf EU-Ebene erreicht werden soll, sollen die Mitgliedstaaten bis 2030 auf mindestens jeweils 20% der Landflächen und der Meeresgebiete der EU Wiederherstellungsmassnahmen durchführen. Bis 2050 sollen solche Massnahmen für alle Ökosysteme umgesetzt sein, die eine Wiederherstellung benötigen.
Unterstützung für Entwaldungsverordnung
Die Europäische Kommission hat am 2. Oktober 2024 zusätzliche Leitlinien und einen stärkeren Rahmen für die internationale Zusammenarbeit veröffentlicht, um globale Interessenträger, Mitgliedstaaten und Drittländer bei ihren Vorbereitungen auf die Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung zu unterstützen. Angesichts der Rückmeldungen internationaler Partner über ihren Stand der Vorbereitungen hat die Kommission auch einen Vorschlag vorgelegt, wonach den betroffenen Parteien mehr Zeit für die Vorbereitung eingeräumt werden soll. Sollte dies vom Europäischen Parlament und vom Rat gebilligt werden, würde die Verordnung am 30. Dezember 2025 für Grossunternehmen und am 30. Juni 2026 für Kleinst- und Kleinunternehmen gelten.
Gesundheit
EU-Kommission: Empfehlung für mehr Nichtraucherzonen im Freien
Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag (COM (2024) 55 final) vorgelegt, mit welchem die Empfehlung des Rates über rauchfreie Umgebungen aus dem Jahr 2009 angepasst werden soll. Konkret empfiehlt die Kommission den EU-Mitgliedstaaten, Nichtraucherzonen auf bestimmte Aussenbereiche auszudehnen, beispielsweise Spielplätze, Schwimmbäder, öffentliche Gebäude oder Bahnhöfe.
Kommunikation und Medien
EU-Pakt für künstliche Intelligenz
Über einhundert Unternehmen haben den EU-Pakt für künstliche Intelligenz (KI) unterzeichnet und sich freiwillig verpflichtet, die Grundsätze des sog. KI-Gesetzes anzuwenden, bevor diese für sie verpflichtend werden. Das KI-Gesetz (eigentlich Verordnung (EU) 2024/1689) ist am 1. August 2024 in Kraft getreten und wird zwei Jahre nach seinem Inkrafttreten vollständig anwendbar sein.
Wettbewerb
EuGH: Bestpreisklausel von Booking.com rechtswidrig
In seinem Urteil vom 19. September 2024 hat der EuGH festgestellt, dass es gegen das Unionsrecht verstösst, wenn die Vergleichshomepage booking.com den teilnehmenden Hotels untersagt, günstigere Preise als auf dem Buchungsportal anzubieten. Bislang war es gängige Praxis, dass die Hotelbetriebe zwar alternative Vertriebskanäle nutzen durften, es ihnen aber untersagt war, Übernachtungen zu niedrigeren Preisen als auf Booking.com anzubieten. Ursprünglich galt dieses Verbot sowohl für das Angebot auf den eigenen Vertriebskanälen der Hoteliers als auch für das Angebot auf von Dritten betriebenen Vertriebskanälen (sogenannte „weite Bestpreisklausel“). Seit 2015 dürfen nur über eigene Vertriebskanäle keine Übernachtungen zu einem niedrigeren Preis angeboten werden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stellt nun klar, dass grundsätzlich alle Arten von Bestpreisklauseln dem Kartellverbot unterfallen.
EuGH: Google Shopping – 2,4 Mrd. Strafe rechtmässig
Mit Urteil vom 10. September 2024 hat der EuGH entschieden, dass die 2017 durch die Kommission verhängte Geldbusse von 2.4 Mrd. EUR gegen Google rechtmässig ist. Die Kommission hatte die Geldbusse gegen Google verhängt, weil Google den eigenen Preisvergleichsdienst gegenüber denjenigen konkurrierender Preisvergleichsdienste begünstigt habe und so seine beherrschende Stellung missbraucht habe. Google präsentierte die Suchergebnisse seines Preisvergleichsdienstes an oberster Stelle und – mit attraktiven Bild- und Textinformationen versehen – hervorgehoben in „Boxen“. Die Suchergebnisse konkurrierender Preisvergleichsdienste erschienen dagegen nur an nachrangiger Stelle in Form blauer Links und konnten deshalb – anders als die Ergebnisse des eigenen Preisvergleichsdienstes – von Ranking-Algorithmen auf den allgemeinen Suchergebnisseiten von Google herabgestuft werden. Der EuGH stellt fest, dass das Verhalten von Google diskriminierend und missbräuchlich ist und bestätigt damit das zuvor vom EuG in erster Instanz ergangene Urteil vom 10. November 2021.