Inhalt
- Einleitung
- Entsenderecht in der EU
- Ausgewählte EuGH-Rechtsprechung
- Fazit und Bedeutung der Urteile für die Schweiz
A. Einleitung
Arbeitsrechtliche Schutznormen stehen sowohl auf EU-Ebene als auch in den Mitgliedstaaten im Spannungsfeld zu den wirtschaftlichen Grundfreiheiten. Dies zeigte sich insbesondere in den heftig umstrittenen EuGH-Entscheidungen Viking[1]EuGH, Urteil vom 11. Dezember 2007 in der Rechtssache C-438/05, ECLI:EU:C:2007:772 – Viking., Laval[2]EuGH, Urteil vom 18. Dezember 2007 in der Rechtssache C-341/05, ECLI:EU:C:2007:809 – Laval., Rüffert[3]EuGH, Urteil vom 3. April 2008 in der Rechtssache C-346/06, ECLI:EU:C:2008:189 – Rüffert. und Kommission gegen Luxemburg[4]EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008 in der Rechtssache C-319/06, ECLI:EU:C:2008:350 – Kommission gegen Luxemburg.. Auf welche Seite das Pendel in der EU-Rechtssetzung und in der Rechtsprechung ausschlägt, ist von wirtschaftlichen und politischen Kontextgegebenheiten abhängig. Häufig kritisiert wurden (und werden) EuGH-Entscheide in entsenderechtlichen Konstellationen. Hier musste der EuGH wiederholt das Verhältnis der Dienstleistungsfreiheit zum Arbeitnehmerschutz klären.[5]Alexander Schulz, Der Europäische Gerichtshof und das soziale Europa, in: Friedrich-Ebert-Stiftung, Internationale Politikanalyse, Der EuGH und das soziale Europa, Berlin 2009, 3 ff.
Mit den Entscheiden Regio Post[6]EuGH, Urteil vom 17. November 2015 in der Rechtssache C-115/14, ECLI:EU:C:2015:760 – RegioPost. und Sähköalojen[7]EuGH, Urteil vom 12. Februar 2015 in der Rechtssache C-396/13, ECLI:EU:C:2015:86 – Sähköalojen ammattiliittory. zeigt(e) sich eine verstärkte Bereitschaft des EuGH, die Arbeitnehmerschutzinteressen ernst(er) zu nehmen. Auch der EU-Gesetzgeber hat mit der Durchsetzungs-Richtlinie[8]Richtlinie 2014/67/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von … Continue reading und der Reform der Entsende-Richtlinie[9]Richtlinie (EU) 2018/957 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 zur Änderung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von … Continue reading die Kritik an einer schrankenlosen Dienstleistungsfreiheit aufgenommen und den Schutz vor Sozialdumping punktuell verstärkt.[10]Epiney Astrid/Hehemann Lena, Die Tragweite des institutionellen Abkommens im Bereich der Arbeitnehmerentsendung, Jusletter, 8. April 2019, Rz. 17, schreiben: „Damit dürfte sich der Akzent der … Continue reading In den beiden von Polen und Ungarn eingereichten Nichtigkeitsklagen hat der EuGH entschieden, dass die revidierte Richtlinie nicht gegen das Primärrecht verstösst.[11]EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2020 in der Rechtssache C-620/18, ECLI:EU:C:2020:1001 – Ungarn/Parlament und Rat; EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2020 in der Rechtssache C-626/18, ECLI:EU:C:2020:1000 – … Continue reading Polen und Ungarn rügten namentlich die falschen Rechtsgrundlage für den Erlass der Richtlinie, einen Verstoss gegen Art. 56 AEUV[12]Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), ABl C 326/47 vom 26. Oktober 2012. und eine Verletzung der Rom-I-Verordnung[13]Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABl L 177 vom 4. Juli 2008, 6.. Der Gerichtshof erwog unter anderem, dass der EU-Gesetzgeber bei der Verwirklichung der Dienstleistungsfreiheit auch die in Art. 9 AEUV verankerten Ziele (u.a. Gewährleistung eines angemessenen sozialen Schutzes) zu beachten habe. Es sei deshalb zulässig, die Rechte der in den Aufnahmemitgliedstaat entsandten Arbeitnehmern zu stärken, damit sich der Wettbewerb zwischen den Unternehmen, die Arbeitnehmer in diesen Mitgliedstaat entsenden, und den dort ansässigen Unternehmen unter faireren Bedingungen entwickle.[14]EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2020 in der Rechtssache C-620/18, ECLI:EU:C:2020:1001 – Ungarn/Parlament und Rat, Rz. 46 und 53; EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2020 in der Rechtssache C-626/18, … Continue reading
Die Umsetzung der Sekundarrechtsakte zur Entsendethematik obliegt den Mitgliedstaaten, die bei ihren nationalen Regelungen zum Schutz der entsandten Arbeitnehmenden und Schutz vor Lohn- und Sozialdumping im Inland im Einklang mit den Vorgaben des EU-Rechts zu gestalten haben.[15]Für eine Übersicht siehe „Das Dumping im Rahmen der Umsetzung der EU-Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern bekämpfen. Vorzeigeschülerin Schweiz?“ Bericht des Bundesrates in … Continue reading Dabei müssen Sanktionen wegen Verletzung inländischer Entsendevorschriften verhältnismässig sein. Insbesondere zum österreichischen Entsenderecht musste der EuGH im Rahmen von Vorabentscheidungsverfahren wiederholt Stellung beziehen. Die relevanten Urteile werden im dritten Teil dieses Beitrages (C.I) vorgestellt und kommentiert. Der zweite Fokus liegt auf den EuGH-Urteilen, die sich zur Frage der Anwendung des Entsenderechts bei grenzüberschreitender Mobilität (Catering in Fernzügen und grenzüberschreitender Güterverkehr) äussern (C.II). Punktuell wird bei der Analyse der Urteile auch ein Blick auf das schweizerische Entsenderecht geworfen. Zum besseren Verständnis der genannten Entscheide werden vorab (B) die primär- und sekundärrechtlichen Grundlagen des EU-Entsenderechts dargestellt. Ein Fazit (D) rundet den Beitrag ab.
B. Entsenderecht in der EU
I. Recht auf Entsendung als Teil der primärrechtlichen Dienstleistungsfreiheit
Die Dienstleistungsfreiheit, verankert in Art. 56 bis 62 AEUV[16]Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), ABl C 326/47 vom 26. Oktober 2012., gehört zum Kanon der EU-Grundfreiheiten und stellt ein wichtiges Element der Verwirklichung des Binnenmarkts dar.[17]Müller-Graff, Kurz-Kommentar zum EUV/AEUV, in: Streinz Rudolf (Hrsg.), 3. A., München 2018, Art. 56 AEUV, Rz. 1 (zit. KK EUV/AEUV-Bearbeiter, Art. XX AEUV, Rz. YY). Die Dienstleistungsfreiheit ergänzt die Niederlassungsfreiheit für Selbständigerwerbende und Unternehmen sowie die Arbeitnehmerfreizügigkeit für Unselbständigerwerbende. Im Unterschied zu den beiden genannten Freiheiten will sich der Selbständigerwerbende bzw. das Unternehmen nicht dauerhaft in einem anderen Mitgliedstaat niederlassen, sondern nur vorübergehend und zum Zwecke des Erbringens einer Dienstleistung.[18]Grundlegend dazu EuGH, Urteil vom 30. November 1995 in der Rechtssache C-55/94, EU:C:1995:411 – Gebhard, Rz. 27 f. Als Dienstleistungen gelten nach Art. 57 Abs. 1 AEUV Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer unterliegen“. Die primärrechtliche Dienstleistungsfreiheit beinhaltet nicht nur ein Diskriminierungs- sondern auch ein Beschränkungsverbot.[19]Rebhahn Robert, Kapitel 3 – Dienstleistungen, in: Franzen Martin/Gallner Inken/Oetker Hartmut (Hrsg.), Kommentar zum Europäischen Arbeitsrecht, München 2017, 95 ff., Rz. 11 f.; EuGH, Urteil … Continue reading
Zum Schutzbereich der Dienstleistungsfreiheit gehört nach ständiger Rechtsprechung des EuGH das Recht eines Unternehmers, zur Ausführung einer grenzüberschreitenden Dienstleistung eigene Arbeitnehmer/innen vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat zu entsenden.[20]EuGH, Urteil vom 09. August 1994 in der Rechtssache C-43/93, ECLI:EU:C:1994:310 – Vander Elst / Office des migrations internationales; EuGH, Urteil vom 28. März 1996 in der Rechtssache … Continue reading Dabei sollen Unternehmen aus Niedriglohnländern den Kostenvorteil grundsätzlich nutzen dürfen.[21]So bereits der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen: EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 16. Dezember 1981 in der Rechtssache C-62/81, ECLI:EU:C:1981:305 – SECO, 244. In der Lehre wird diese Position durch Argumente unterstützt, die Entsendung von schlechter bezahlten Arbeitnehmer/innen sei im Grunde mit der Warenverkehrsfreiheit vergleichbar. Auch die Produzenten von Waren aus Niedriglohnländern seien hinsichtlich der Preisgestaltung im Vorteil.[22]Hantel Peter, Europäisches Arbeitsrecht: mit zahlreichen Beispielfällen aus der Rechtsprechung des EuGH, 2. A., Berlin 2019, 197; Riesenhuber Karl, Die Änderung der arbeitsrechtlichen … Continue reading Ein solches Verständnis offenbart den Grundkonflikt zwischen einer Marktkonzeption, die den Arbeitnehmer/innen Warencharakter zuschreibt und dem Credo der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organisation, ILO), wonach Arbeit gerade keine Ware ist.[23]Der Kampf für soziale Gerechtigkeit und für den dauerhaften Frieden und gegen das Sozialdumping sind in der Präambel der ILO-Verfassung niederlegt, siehe dazu Sein Evju, Labour is Not a Commodity: … Continue reading
II. Entsenderechtliche Vorschriften als Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit
Wie alle anderen Grundfreiheiten, gilt auch die Dienstleistungsfreiheit nicht unbeschränkt. Einschränkungen der Grundfreiheiten erfolgen einerseits durch die Union selbst durch Verordnungen und Richtlinien[24]Auch die Entsende-Richtlinie muss vor Art. 56 AEUV standhalten. und andererseits durch die Mitgliedstaaten.[25]Kluth, Winfried, 6. Aufl. 2022, AEUV Art. 56, Rz. 71 (EUV/AEUV Kommentar, in: Callies Christian/Ruffert Matthias (Hrsg.), 6. A., München 2022, Art. 56 AEUV, Rz. 71 (zit. … Continue reading Auch Aktivitäten Privater können die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit EU-ausländischer Anbieter behindern.[26]Siehe z.B. EuGH, Urteil vom 18. Dezember 2007 in der Rechtssache C-341/05, ECLI:EU:C:2007:809 – Laval, Rz. 103. Die Dienstleistungsfreiheit kann durch direkte oder indirekte Diskriminierungen beeinträchtigt werden. Eine direkte Diskriminierung liegt vor, wenn für ausländische Dienstleistungserbringer nachteilige Regelungen gelten.[27]Unmittelbar diskriminierend war bspw. eine Regelung im deutschen Entsendegesetz, die für ausländische Arbeitgeber einen anderen Betriebsbegriff vorsah, siehe EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 in … Continue reading Indirekt (synonym: mittelbar, versteckt) ist die Diskriminierung bei einer Regelung, die auf Kriterien beruht, die von inländischen Unternehmen leichter erfüllt werden können.[28]KK EUV/AEUV-Müller-Graff, Art. 56 AEUV, Rz. 77. Darüber hinaus beinhaltet die Dienstleistungsfreiheit nach der Rechtsprechung des EuGH auch ein Beschränkungsverbot. Alle Massnahmen, die die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit untersagen, behindern oder weniger attraktiv machen, sind als Beschränkungen dieser Freiheit zu verstehen.[29]Siehe EuGH, Urteil vom 4. Mai 2017 in der Rechtssache C-339/15, ECLI:EU:C:2017:335 – Vanderborght, Rz. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung.
Im Zusammenhang mit Entsenderegelungen der EU-Mitgliedstaaten hat der EuGH u.a. folgende nationale Regelungen als Beschränkungen qualifiziert[30]Siehe für eine ausführliche Darstellung der „Beschränkungsfälle“ im entsenderechtlichen Zusammenhang Epiney Astrid, Zur Tragweite des Freizügigkeitsabkommens im Bereich der … Continue reading:
- Verpflichtung zur Bestellung eines im Inland ansässigen Vertreters[31]EuGH, Urteil vom 18. Juni 2008 in der Rechtssache C-319/06, ECLI:EU:C:2008:350 – Kommission / Luxemburg.;
- Verpflichtung zur Einhaltung tarifvertraglicher Löhne bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufträge[32]EuGH, Urteil vom 3. April 2008 in der Rechtssache C-346/06, ECLI:EU:C:2008:189 – Rüffert.;
- Erfordernis einer Arbeitsgenehmigung für entsandte Arbeitnehmer/innen mit Drittstaatenangehörigkeit[33]EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2004, in der Rechtssache C-445/03, ECLI:EU:C:2004:655 – Kommission / Luxemburg. Siehe dazu auch EuGH, Urteil vom 14. November 2018 in der Rechtssache C-18/17, … Continue reading;
- Verpflichtung eines Dienstleistungsempfängers, die Zahlung an seinen Vertragspartner zu stoppen und eine Sicherheitsleistung in Höhe des noch ausstehenden Werklohns zu leisten (nach ständiger Rechtsprechung verleiht Art. 56 AEUV nicht nur dem Erbringer einer Dienstleistung Rechte, sondern auch ihrem Empfänger[34]Siehe dazu im entsenderechtlichen Zusammenhang: EuGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 in der Rechtssache C-498/10, ECLI:EU:C:2012:635 – X, Rz. 23, sowie EuGH, Urteil vom 3. Dezember 2014 in der … Continue reading).[35]EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti, Rz. 38 f.
Alle Beeinträchtigungen der Ausübung der Dienstleistungsleistungsfreiheit sind nur zulässig, wenn sie gerechtfertigt werden können. Dabei gilt es zwischen direkter Diskriminierung einerseits sowie indirekter Diskriminierung andererseits und Beschränkung zu unterschieden. Nach Art. 62 in Verbindung mit Art. 52 AEUV sind Sonderregelungen für Ausländer/innen (und damit direkte Diskriminierungen) zulässig, wenn diese Regelungen Gründen der öffentlichen Sicherheit, Ordnung und Gesundheit dienen und überdies dem Gebot der Verhältnismässigkeit entsprechen. Der EuGH hat es bislang abgelehnt, bei direkten Diskriminierungen andere als die in Art. 52 AEUV genannten Rechtfertigungsgründe zuzulassen.[36]EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2002 in der Rechtssache C-136/00, ECLI:EU:C:2002:558 – Danner, Rz. 56; der Gerichtshof ist dabei einem anderslautenden Vorschlag von Generalanwalt Jacobs nicht … Continue reading Kontrollmassnahmen des Entsenderechts, die sich ausschliesslich an ausländische Arbeitgeber wenden, müssen demnach Art. 52 AEUV standhalten.
Die Notwendigkeit, Vorschriften des Entsendegesetzes zu kontrollieren, kann im Lichte der EuGH-Rechtsprechung unter dem Rechtfertigungsgrund „öffentliche Ordnung“ subsumiert werden.[37]EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008 in der Rechtssache C-319/06, ECLI:EU:C:2008:350 – Kommission / Luxemburg, siehe u.a. Rz. 50; EuGH, Urteil vom 18. Juli 2007 in der Rechtssache C-490/04, … Continue reading Effektive Kontrollmassnahmen entsenderechtlicher Vorschriften dienen der Aufrechterhaltung des sozialen Friedens, was auch zur öffentlichen Ordnung zu zählen ist.[38]So bereits Epiney, Tragweite, 100. Entsenderechtliche Massnahmen, die sich lediglich an ausländische und nicht an inländische Unternehmen richten (als an sich direkte Diskriminierungen), können nach EuGH auch dadurch gerechtfertigt sein, dass diese Differenzierung auf objektiven Unterschieden beruht.[39]EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2010 in der Rechtssache C-577/10, ECLI:EU:C:2012:814 – Kommission / Belgien, Rz. 48; EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2001, in der Rechtssache C-49/98, … Continue reading Wenn aber solche objektiven Unterschiede vorliegen, so muss die fragliche Massnahme dennoch dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit entsprechen.[40]EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2010 in der Rechtssache C-577/10, ECLI:EU:C:2012:814 – Kommission / Belgien, Rz. 49. Bei indirekter Diskriminierung und Beschränkungen anerkennt der EuGH auch zwingende Gründe des Allgemeininteressens als Rechtfertigungsgründe.[41]Ob auch versteckte Diskriminierungen durch zwingende Gründe des Allgemeininteressens gerechtfertigt werden können, ist in der Lehre nicht ganz unumstritten, vgl. zur Kontroverse statt vieler: … Continue reading Dazu zählt nach der Rechtsprechung des EuGH auch der Arbeitnehmerschutz.[42]EuGH, Urteil vom 23. November 1999 in der Rechtssache C-369/96, ECLI:EU:C:1999:575 – Arblade, Rz. 61; EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 in der Rechtssache C-49/98, ECLI:EU:C:2001:564 – … Continue reading Im Zusammenhang mit Entsendungen verstand der EuGH dabei lange Zeit nur den Schutz der entsandten Arbeitnehmer/innen.[43]EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 in der Rechtssache C-49/98, ECLI:EU:C:2001:564 – Finalarte, Rz. 42 f. Siehe dazu: Heuschmid Johannes/Schierle Florian, § 5 Dienstleistungsfreiheit und … Continue reading Erst in jüngerer Zeit finden sich auch Entscheide, in denen der EuGH in Entsendefällen auch einen fairen Wettbewerb zwischen Entsendeunternehmen und ansässigen Unternehmen[44]EuGH, Urteil vom 18. Dezember 2007 in der Rechtssache C-341/05; ECLI:EU:C:2007:809 – Laval, Rz. 74. und den Schutz vor Sozialdumping[45]EuGH, Urteil vom 18. Dezember 2007 in der Rechtssache C-341/05; ECLI:EU:C:2007:809 – Laval, Rz. 113; EuGH, Urteil vom 15. Juni 2006 in der Rechtssache C-255/04, ECLI:EU:C:2006:401 – … Continue reading als Rechtfertigungsgründe anerkennt. Was genau unter „fairer Wettbewerb“ und „Sozialdumping“ zu verstehen ist, hat der EuGH bislang nicht ausgeführt.[46]KommArbeitsrecht-Rebhahn, Art. 56 AEUV, Rz. 14. Besonders wichtig ist bei allen Rechtfertigungsarten die Einhaltung der Verhältnismässigkeit (Eignung und Erforderlichkeit).[47]Siehe EuGH, Urteil vom 18. Mai 2017 in der Rechtssache C‑99/16, ECLI:EU:C:2017:391 – Lahorgue, Rz. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung. Nicht verhältnismässig sind zum einen unklare[48]EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008 in der Rechtssache C-319/06, ECLI:EU:C:2008:350 – Kommission / Luxemburg, Rz. 80 ff.; EuGH, Urteil vom 23. November 1999 in der Rechtssache C-369/96 und … Continue reading und nicht einfach zugängliche Regelungen[49]EuGH, Urteil vom 23. November 1999 in der Rechtssache C-369/96 und C-376/96, ECLI:EU:C:1999:575 – Arblade, Rz. 61., die für das Entsendeunternehmen zu einem grossen Aufwand führen.
III. Entsenderechtliche Regelungen im Sekundarrecht
Die primärrechtliche Dienstleistungsfreiheit wird überdies durch die Dienstleistungs-Richtlinie 2006/123/EG konkretisiert.[50]Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt, ABl L 376 vom 27. Dezember 2006, 36. Gemäss Art. 1 Abs. 6 berührt die Dienstleistungs-Richtlinie weder das Arbeitsrecht noch die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die soziale Sicherheit.[51]Mit dieser Absicherung trägt die Richtlinie den Befürchtungen Rechnung, die Erweiterung der Dienstleistungsfreiheit gehe mit einem generellen Abbau des Niveaus bezüglich Lohn und Sozialschutz … Continue reading Art. 16 Abs. 3 Dienstleistungs-Richtlinie hält zudem fest, dass der Mitgliedstaat ferner nicht daran gehindert ist, im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht (heute: Unionsrecht) „seine Bestimmungen über Beschäftigungsbedingungen, einschließlich derjenigen in Tarifverträgen, anzuwenden“. Somit gelten die zahlreichen Bestimmungen der Dienstleistungs-Richtlinie, die den Mitgliedstaaten untersagen, die grenzüberschreitende Dienstleistungsfreiheit beschränkende nationale Vorschriften aufzustellen oder beizubehalten, gerade nicht für die Entsendung von Arbeitnehmenden.[52]Siehe zur EuGH-Rechtssache C-33/17, EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, EU:C:2018:896 – Čepelnik; Pärli Kurt, Entsendegesetz Kommentar, 2. A., Bern 2021, Art. 9 … Continue reading
Die Entsenderichtlinie 96/71/EG richtet sich an die Mitgliedstaaten und beinhaltet lediglich wenige Artikel. Art. 3 Richtlinie 96/71/EG verankert das Konzept eines „harten Kerns“ an Lohn- und Arbeitsbedingungen, die von den Arbeitgebern bei der Entsendung von Arbeitnehmer/innen nach den Vorschriften des Zielstaates gewährt werden müssen.[53]Art. 3, Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern, ABl L 18 vom 21. Januar 1997, 1 ff. Im Ergebnis handelt es sich bei der Entsenderichtlinie kollisionsrechtlich um Eingriffsnormen im Sinne von Art. 23 der Rom-I Verordnung.[54]Verordnung (EG) 593/2008 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABl L 177 vom 4. Juli 2008, 6 ff. Erfasst sind Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten, bezahlter Mindestjahresurlaub, Mindestlohnsätze einschliesslich der Überstundensätze, Bedingungen für die Überlassung von Arbeitskräften (insbesondere durch Leiharbeitsunternehmen), Sicherheit, Gesundheitsschutz und Hygiene am Arbeitsplatz, Schutzmassnahmen im Zusammenhang mit den Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen von Schwangeren und Wöchnerinnen, Kindern und Jugendlichen, Gleichbehandlung von Männern und Frauen sowie andere Nichtdiskriminierungsbestimmungen.
Der Beitritt neuer Mitglieder zur EU in den Jahren 2004, 2007 und 2013 führte zu grösseren Lohnunterschieden innerhalb des Binnenmarktes, was die Attraktivität von Entsendungen aus Niedriglohn- in Hochlohnländer verstärkte und den Reformdruck erhöhte.[55]Kellerbauer Manuel, Zur Reform der EU-Entsenderichtlinie: Arbeitnehmerschutz durch gleichen Lohn für gleiche Arbeit?, EuZW 2018, 846 ff., 846. Die „Richtlinie 2018/957/EU zur Änderung der Richtlinie 96/71/EG“ wurde 2018 vom Rat und Parlament verabschiedet.[56]Richtlinie (EU) 2018/957. Die Änderungen waren im Gesetzgebungsprozess sehr umstritten, namentlich aus Polen, Ungarn, Lettland, Litauen, aber auch durch Grossbritannien und Kroatien wurden grosse … Continue reading Die Mitgliedstaaten hatte bis Ende 2020 Zeit, die Richtlinie in ihr nationales Recht überzuführen.
Erfolglos versuchten die Mitgliedstaaten Polen und Ungarn die Gültigkeit der revidierten Entsenderichtlinie durch Nichtigkeitsklagen anzufechten. Die beiden Staaten machten geltend, die Richtlinie verstosse gegen die primärrechtlich garantierte Dienstleistungsfreiheit und zudem basiere der Erlass auf falscher Rechtsgrundlage. Der EuGH jedoch entschied, der EU-Gesetzgeber habe die Richtlinie im Interesse gleicher Wettbewerbsbedingungen im freien Dienstleistungsverkehr ändern dürfen (zu dieser Entscheidung siehe ausführlich, unten).[57]EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2020 in der Rechtssache C-620/18, EU:C:2020:1001 – Ungarn / Europäisches Parlament, Rz. 11 ff.; EuGH, Urteil vom 18. Juli 2007 in der Rechtssache C-626/14, … Continue reading
Die wesentlichen Änderungen der revidierten Entsende-Richtlinie lassen sich zusammenfassend wie folgt darstellen:
- In Art. 1 (Unterabsatz 1 und 1a) wird neu der Schutzzweck der Richtlinie hervorgehoben (Schutz der entsandten Arbeitnehmer, das Mittel dazu sind die zwingenden Vorschriften bezüglich Arbeitsbedingungen und Schutz der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz).[58]Man kann sich die Frage stellen, ob der Arbeitnehmerschutz nun der alleinige Zweck der Entsenderichtlinie ist. Das muss wohl verneint werden; ansonsten müsste dies auch in der Nennung der … Continue reading Weiter wird klar hervorgehoben, dass die Richtlinie in keiner Weise die Ausübung der in den Mitgliedstaaten und auf Unionsebene anerkannten Grundrechte berührt. Das Recht auf Streik und zur Durchführung anderer Massnahmen wird explizit genannt, ebenso das Recht, im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten, Tarifverträge auszuhandeln, abzuschliessen und durchzusetzen oder kollektive Massnahmen zu ergreifen;
- Art. 1 Abs. 3 wird mit einer Reihe von Bestimmungen zu Leiharbeitsunternehmen im Entsendekontext ergänzt. Namentlich müssen Leiharbeitsunternehmen ihren entsandten Arbeitnehmern die gleichen Bedingungen garantieren wie sie für Leiharbeitnehmer im Mitgliedstaat, in dem die Arbeit erbracht wird, gelten (Art. 1 Abs. 3 lit. c in Verb. mit Art. 3 Abs. 1b Richtlinie 96/rev.);[59]Siehe dazu ausführlich Riesenhuber Karl, Die Änderung der arbeitsrechtlichen Entsenderichtlinie, NZA 2018 Heft 22, 1433 ff., 1435 f.
- Der Kern bei Entsendungen im Zielland einzuhaltender zwingender Bestimmungen in Art. 3 wird erweitert. Neu gelten sämtliche Bestimmungen zur Entlohnung, die gesetzlich oder in allgemein verbindlichen Tarifverträgen festgelegt sind, auch für entsandte Arbeitnehmende. Die Arbeitgeberin muss überdies für Reise‑, Verpflegungs- und Unterbringungskosten aufkommen; ein Abzug vom Lohn der Arbeitnehmenden ist nicht gestattet.
Da die Durchsetzung der Bestimmungen der Entsende-Richtlinie in der Praxis zu Problemen führte, erliess die EU die Durchsetzungs-Richtlinie 2014/67/EU.[60]Richtlinie 2014/67/EU, 11 ff. Die Richtlinie dient einerseits der Bekämpfung von Umgehungen und Missbrauch und soll andererseits den Schutz der Rechte entsandter Arbeitnehmer und faire Ausgangsbedingungen für die Dienstleistungserbringer gewährleisten.[61]Richtlinie 2014/67/EU, E. 7 und 13. Dazu fördert die Richtlinie die verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten (Art. 6 ff.), stellt in Art. 4 Kriterien für die Beurteilung darüber auf, ob eine tatsächliche Entsendung vorliegt oder ob die Umgehung nationaler Vorschriften bezweckt wird (Briefkastenfirma, Scheinselbständigkeit), verpflichtet die Mitgliedstaaten den Zugang zu Informationen betreffend die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen in ihrem Land zu verbessern (Art. 5) und Möglichkeiten der Überwachung (Art. 9 f.), Durchsetzung (Art. 11 f.) und Sanktionierungen (Art. 20) vorzusehen.
C. Ausgewählte EuGH-Rechtsprechung
I. Sanktionen bei Verletzung nationaler entsenderechtlicher Vorschriften
1. Čepelnik, Rs. C-33/17[62]EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti.
Čepelnik ist eine GmbH mit Sitz in Slowenien. Sie wurde von Herrn Vavti für Bauleistungen an seinem Haus in Österreich beauftragt, welche durch entsandte Arbeitnehmende erbracht wurden. Im März 2016 wurden Čepelnik im Rahmen einer Kontrolle zwei Verwaltungsübertretungen zur Last erlegt. Gleichzeitig erlegte die Finanzpolizei Herrn Vavti einen Zahlungsstopp auf sowie die Bezahlung einer Sicherheitsleistung zur Sicherung einer Geldbusse, die im Verfahren gegen Čepelnik möglicherweise verhängt würde. Gegen Čepelnik wurde eine Geldstrafe in Höhe von insgesamt 9’000 Euro verhängt, gegen welche die GmbH Beschwerde erhob. Nach Beendigung der Arbeiten stellte Čepelnik Herrn Vavti zur Begleichung des ausstehenden Werklohns 5’000 Euro in Rechnung. Herr Vavti verweigerte die Zahlung mit der Begründung, dass seine Schuld gegenüber Čepelnik durch die Leistung der Sicherheit erloschen war. Daraufhin erhob Čepelnik Klage gegen Herrn Vavti, um den ausstehenden Werklohn zu erhalten.
Im Entscheid Čepelnik gegen Vavti musste der EuGH u.a. prüfen, wie weit der Begriff „Arbeitsrecht“ im Sinne von Art. 1 Abs. 6 der Dienstleistungs-Richtlinie zu verstehen ist.[63]EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti, Rz. 29 ff. Darunter würden „gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen über Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, einschließlich des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit am Arbeitsplatz und über die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die von den Mitgliedstaaten gemäß nationalem Recht unter Wahrung des Unionsrechts angewandt werden“ verstanden.[64]EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti, Rz. 30, mit Hinweisen auf den 14. Erwägungsgrund der Dl-Richtlinie. Dabei unterscheidet der EuGH nicht zwischen Vorschriften des materiellen Arbeitsrechts und Vorschriften, welche die Massnahmen zur Durchsetzung des materiellen Arbeitsrechts regeln oder die die Wirksamkeit von Sanktionen im Fall seiner Nichtbeachtung gewährleisten sollen. Weiter wird das anzustrebende Gleichgewicht zwischen der Verwirklichung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit sowie dem Erfordernis der Garantie eines hohen Niveaus an arbeitsrechtlichem Schutz hervorgehoben.[65]EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti, Rz. 33 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 11. Juli 2013 in der Rechtssache C-57/12, … Continue reading Grundsätzlich seien deshalb im nationalen Recht auch abschreckende Massnahmen und wirksame Sanktionen zulässig.[66]EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti, Rz. 33 und 34.
Art. 16 Abs. 3 der Dienstleistungsrichtlinie hält zudem fest, dass der Mitgliedstaat ferner nicht daran gehindert ist, im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht (heute: Unionsrecht) „seine Bestimmungen über Beschäftigungsbedingungen, einschliesslich derjenigen in Tarifverträgen, anzuwenden“. Somit gelten die zahlreichen Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie, die den Mitgliedstaaten untersagen, die grenzüberschreitende Dienstleistungsfreiheit beschränkende nationale Vorschriften aufzustellen oder beizubehalten, gerade nicht für die Entsendung von Arbeitnehmenden.[67]EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti, Rz. 29.
Der EuGH stellte fest, dass die nationale Regelung in den Anwendungsbereich der primärrechtlichen Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV falle und nicht vom zeitlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/67/EU erfasst sei.[68]EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti, Rz. 37-41. Gleich wie der Generalanwalt[69]EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 8. Mai 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:311 – Čepelnik / Vavti. ist auch für den EuGH die primärrechtliche Dienstleistungsfreiheit verletzt. Die österreichische Regelung wirke sowohl für den Dienstleistungserbringer als auch für den -empfänger beschränkend. Die Regelung verfolge zwar durchaus einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses (Überprüfung und Durchsetzung der Einhaltung von nationalem Arbeitsrecht, das zum Schutz der Arbeitnehmer und zur Vermeidung von unlauterem Wettbewerb und Sozialdumping erlassen wurde), sie sei aber nicht verhältnismässig. Besonders problematisch sei der Automatismus der Regelung, die von einem Generalverdacht gegenüber ausländischen Unternehmen ausgeht, dass allfällige Sanktionen nicht befolgt würden bzw. die Sanktion nicht vollstreckt würde.[70]EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti, Rz. 43-49.
Auch wenn Österreich als Folge dieser Entscheidung sein nationales Recht anpassen muss[71]Siehe dazu die „Wirkungsorientiere Folgeabschätzung“ zum Bundesgesetz, mit dem das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz und das … Continue reading, ist festzustellen: Eine Regelung, wonach der Dienstleistungsempfänger verpflichtet werden kann, das Honorar zur Sicherstellung von Sanktionen gegenüber dem Dienstleistungserbringer an eine Behörde auszurichten, ist nicht per se ausgeschlossen. Für den EuGH war lediglich die konkrete Ausgestaltung unzulässig.
2. Maksimovic und andere, Rs.C‑64/18 (und andere)[72]EuGH, Urteil vom 12. September 2019 in der Rechtsache C-64/18, ECLI:EU:C:2019:723 – Maksimovic.
In der Rechtssache Maksimovic ging es um ein Unternehmen (Andritz) das mit Reparaturarbeit in der Steiermark beauftragt wurde und dafür mit einer kroatischen Unternehmung (Bilfinger) einen Vertrag abschloss, die ihrerseits Arbeitnehmende nach Österreich entsandte. Wegen Terminschwierigkeiten wurde eine zusätzliche Firma (Brodmont) beigezogen. Bei Kontrollen der Finanzpolizei zeigte sich, dass auf einer Baustelle die Lohnunterlagen für alle 217 Arbeiter nicht vollständig vorgelegt werden konnten. Daraufhin wurden unter Anwendung des Kumulationsprinzips gegen den Geschäftsführer der betroffenen Firma Brodmont eine Busse in der Höhe von 3,26 Millionen Euro und gegen jeden der vier Vorstandsmitglieder der Andritz Bussen in der Höhe von jeweils 2,4 Millionen und 2,6 Millionen Euro verhängt. Bei Uneinbringlichkeit dieser Geldstrafen drohen mehrjährige Haftstrafen. Der mit der Angelegenheit betraute Verwaltungsgerichtshof Steiermark hatte Zweifel an der Vereinbarkeit der diesen Sanktionen zu Grunde liegenden österreichischen Rechtsvorschriften und legte den Fall dem EuGH vor.
Der EuGH erachtet die Regelung, wonach im Falle der Nichteinhaltung von Verpflichtungen (wie das zur Verfügung stellen von Lohnunterlagen) sowohl gegen den Erbringer von Dienstleistungen als auch gegen ihren Empfänger Sanktionen verhängt werden, als Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit.[73]EuGH, Urteil vom 12. September 2019 in der Rechtsache C-64/18, ECLI:EU:C:2019:723 – Maksimovic, Rz. 31-35. Gemäss EuGH können Eingriffe in die Dienstleistungsfreiheit aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit sowie aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden. Die entsprechenden nationalen Massnahmen sind überdies nur zulässig, wenn sie den Anforderungen des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit genügen.[74]EuGH, Urteil vom 23. November 1999 in der Rechtssache C-369/96 und 376/96, EU:C:1999:575 – Arblade/Fils SARL, Rz. 36. Als zwingende Gründe des Allgemeininteresses anerkannte der EuGH in diesem Fall die Verhinderung eines unlauteren Wettbewerbs durch Unternehmen, die ihren entsandten Arbeitnehmern einen Lohn unterhalb des Mindestlohnes zahlen, wenn dieses Ziel auch dem Schutz der Arbeitnehmer durch Bekämpfung von Sozialdumping dient.[75]EuGH, Urteil vom 12. September 2019 in der Rechtsache C-64/18, C-140/18, C-146/18, C-148/18, ECLI:EU:C:2019:723 – Maksimovic et al., Rz. 36 und 37.
Die vorliegend streitige Regelung bezwecke, so EuGH, die Bekämpfung von Sozialbetrug und Missbrauch sowie den Schutz der Arbeitnehmer/innen und dies wären rechtmässige Ziele.[76]EuGH, Urteil vom 12. September 2019 in der Rechtsache C-64/18, ECLI:EU:C:2019:723 – Maksimovic, Rz. 36 und 37. Grundsätzlich sind im nationalen Recht auch abschreckende Massnahmen und wirksame Sanktionen zulässig.[77]EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti, Rz. 33 und 34. Bei der Verhältnismässigkeitsprüfung anerkennt der EuGH, dass Strafbestimmungen geeignet sind, um die genannten, legitimen Ziele zu erreichen.[78]EuGH, Urteil vom 12. September 2019 in der Rechtsache C-64/18, ECLI:EU:C:2019:723 – Maksimovic, Rz. 38. Auch nicht grundsätzlich unzulässig ist, wenn die Strafhöhe davon abhängt, wie viele Arbeitnehmer/innen von einem Verstoss betroffen sind.[79]EuGH, Urteil vom 12. September 2019 in der Rechtsache C-64/18, ECLI:EU:C:2019:723 – Maksimovic, Rz. 41. Als unverhältnismässig erweisen sich die österreichischen Vorschriften jedoch in ihrer Gesamtheit. Vorgesehen sind Mindeststrafen, eine Kumulierung ohne Höchstgrenze, eine sehr grosse Beteiligung an den Verfahrenskosten und die Androhung langjähriger Haftstrafen. Insgesamt geht also das „Massnahmenpaket“ nach Ansicht des EuGH über das hinaus, was zur Erreichung der verfolgten Ziele erforderlich ist.[80]EuGH, Urteil vom 12. September 2019 in der Rechtsache C-64/18, ECLI:EU:C:2019:723 – Maksimovic, Rz. 50.
Eine Regelung jedoch, die bei Nichteinhaltung arbeitsrechtlicher Vorschriften über die Einholung verwaltungsbehördlicher Genehmigungen sowie die Bereithaltung von Lohnunterlagen Geldstrafen vorsieht, die einen im Vorhinein festgelegten Betrag nicht unterschreiten dürfen, für jeden betreffenden Arbeitnehmer kumulativ und ohne Beschränkung verhängt werden und ggf. zu einem Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe hinzutreten und bei Uneinbringlichkeit in eine Ersatzfreiheitsstrafe umgewandelt werden, erachte der EuGH als nicht mit Art. 56 AEUV vereinbar.[81]EuGH, Urteil vom 12. September 2019 in der Rechtsache C-64/18, C-140/18, C-146/18, C-148/18, ECLI:EU:C:2019:723 – Maksimovic et al., Rz. 50; EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 in der … Continue reading Der EuGH kritisierte insbesondere den im Vorhinein festgelegten Mindestbetrag, da dieser dazu führen könne, dass die entsprechenden Sanktionen verhängt würden, in denen nicht erwiesen sei, dass der beanstandete Sachverhalt von besonderer Schwere sei.[82]EuGH, Urteil vom 12. September 2019 in der Rechtsache C-64/18, C-140/18, C-146/18, C-148/18, ECLI:EU:C:2019:723 – Maksimovic et al., Rz. 43.
Auch im Lichte des vorliegenden EuGH-Urteils dürfen, ja müssen Sanktionen jedoch abschreckende Wirkung haben[83]EuGH, Urteil vom 13.November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti, Rz. 33 und 34., der Bogen darf einfach nicht überspannt und der Boden rechtsstaatlicher Grundsätze nicht verlassen werden. Der österreichische Gesetzgeber ist gefordert, die Sanktionen anzupassen, eine entsprechende Gesetzesvorlage wird vom Parlament 2022 beschlossen werden.[84]Siehe zur Debatte im Sozialausschuss: <https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2021/PK0834/index.shtml#> und zum Stand des Gesetzgebungsprojektes … Continue reading
3. Die (vielen) Hartberg-Fürstenfeld –Entscheide
a. Vorbemerkungen
Gestützt auf das geltende österreichische Recht auflegte die zuständige Behörde, die Bezirksverwaltungsbehörde Hartberg-Fürstenfeld gegenüber verschiedenen Unternehmen, die Arbeitnehmende nach Österreich entsandten, Geldstrafen in beträchtlicher Höhe. Das erste vom Landesverwaltungsgericht Steiermark eingereichte Vorabentscheidungsverfahren wurde vom EuGH unter der Referenz Rs. C-645/18 am 19. Dezember 2019[85]EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 in der Rechtssache C-645/18, ECLI:EU:C:2019:1118 – Hartberg-Fürstenfeld. beurteilt. Am gleichen Tag entschied der EuGH auch die verbundenen Rechtssachen C-140/19, C-141/19 und C-492/19 bis C-494/19[86]EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 in den verbundenen Rechtssachen C-140/19, C-141/19 und C-492/19 bis C-494/19, ECLI:EU:C:2019:1103 – Hartberg-Fürstenfeld.. Die Leitsätze der beiden Urteile sind identisch, aus diesen Gründen wird nachfolgende nur einer dieser Entscheidungen (C-645/18) erläutert. Aus prozessualer Sicht bemerkenswert ist, dass der EuGH die beiden genannten Vorabentscheidungsverfahren nicht mit einem Urteil, sondern lediglich mit einem Beschluss abschloss. Ein solcher Beschluss stützt sich auf Art. 99 der Verfahrensordnung des EuGH.[87]Verfahrensordnung des Gerichtshofs vom 25. September 2012 (ABl. L 265, 1) Celex-Nr. 3 2012 Q 0929 (01) zuletzt geändert durch Art. 1 EuGHVfO-Änd. vom 26. November 2019, ABl. L 316, 103). Die Bestimmung lautet: „Wenn eine zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage mit einer Frage übereinstimmt, über die der Gerichtshof bereits entschieden hat, wenn die Antwort auf eine solche Frage klar aus der Rechtsprechung abgeleitet werden kann oder wenn die Beantwortung der zur Vorabentscheidung vorgelegten Frage keinen Raum für vernünftige Zweifel lässt, kann der Gerichtshof auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts jederzeit die Entscheidung treffen, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden“. Der EuGH nahm u.a. Bezug auf die Entscheidung Maksimovic, C-148/18.
Trotz diesen Entscheiden (Beschlüssen) des EuGH musste sich dieser erneut mit den Sanktionen der Verwaltungsbehörde Hartberg-Fürstenfeld beschäftigten. In der Rechtssache C-205/20 musste entschieden werden, ob das Erfordernis der Verhältnismässigkeit von Sanktionen unmittelbare Wirkung zukommt und welche Auswirkungen dies auf die nationalen Behörden hinsichtlich der Anwendbarkeit des fraglichen nationalen Entsenderechts hat. Diese Fragen wurden erst vom Generalanwalt in seinen Schlussanträgen erörtert.[88]EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 23. September 2021 in der Rechtssache C-205/20, ECLI:EU:C:2021:759 – Hartberg-Fürstenfeld. Am 10. Februar 2022 fällte der EuGH dann sein Urteil.[89]EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 in der Rechtssache C-645/18, ECLI:EU:C:2019:1118 – Hartberg-Fürstenfeld. Dieses wird weiter unten c) besprochen.
b. Urteil C-645/18[90]EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 in der Rechtssache C-645/18, ECLI:EU:C:2019:1118 – Hartberg-Fürstenfeld.
Eine Gesellschaft mit Sitz in der Slowakei (CONVOI) entsandte Arbeitnehmende an ein Unternehmen mit Sitz in Österreich (NE). Im Rahmen von Kontrollen durch die Vollzugsbehörde Österreichs wurden diverse Verstösse gegen das österreichische Recht festgestellt. In der Folge sprach die Bezirksverwaltungsbehörde Hartberg-Fürstenfeld eine Geldstrafe in Höhe von 54‘000 Euro gegen NE als Vertretung der CONVOI mit dem Vorwurf, mehrere Verpflichtungen in Bezug auf u.a. die Erstattung von Meldungen über Entsendungen bei der zuständigen nationalen Behörde und die Bereithaltung von Lohnunterlagen nicht eingehalten zu haben. NE erhob gegen die verhängte Strafe Beschwerde beim zuständigen Gericht. Dieses bezweifelte die Vereinbarkeit von Sanktionen im Sinne der nationalen Regelung aufgrund deren Höhe und der Kumulation je Arbeitnehmer mit dem Unionsrecht und dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit und beschloss das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen.
Der EuGH führte aus, dass eine Regelung, die Geldbussen vorsehe, deren Höhe von der Zahl der betroffenen Arbeitnehmer abhängt, für sich genommen nicht unverhältnismässig sei.[91]EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019, in der Rechtssache C-645/18, ECLI:EU:C:2019:1118 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 35. Der hohe Betrag der vorgesehenen Geldstrafen könne allerdings in Verbindung damit, dass es für sie keine Obergrenze gibt, wenn der Verstoss mehrere Arbeitskräfte betrifft (zumal sie kumulierbar sind), zur Verhängung beträchtlicher Geldstrafen führen.[92]EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019, in der Rechtssache C-645/18, ECLI:EU:C:2019:1118 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 36. Zudem könne der im Vorhinein festgelegte Mindestbetrag dazu führen, dass solche Sanktionen auch bei weniger schweren Verfehlungen verhängt werde.[93]EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019, in der Rechtssache C-645/18, ECLI:EU:C:2019:1118 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 37. Der EuGH fand in diesem Fall, die österreichische Regelung sei mit dem Grundsatz der Dienstleistungsfreiheit nicht vereinbar, denn sie stehe insgesamt nicht im angemessenen Verhältnis zur Schwere der geahndeten Verstösse.[94]EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019, in der Rechtssache C-645/18, ECLI:EU:C:2019:1118 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 39.
c. Rs. C-205/20[95]EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 23. September 2021 in der Rechtssache C-205/20, ECLI:EU:C:2021:759 – Hartberg-Fürstenfeld.
Der Generalanwalt hob in seinen Schlussanträgen hervor, das in Art. 20 Richtlinie 2014/67/EU verankerte Erfordernis der Verhältnismässigkeit von Sanktionen entfalte unmittelbare Wirkung. Art. 20 Richtlinie 2014/67 und würde die Mitgliedsstaaten verpflichten, Sanktionen „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ zu verhängen.[96]EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 23. September 2021 in der Rechtssache C-205/20, ECLI:EU:C:2021:759 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 23-26. Dieser Satz sei inhaltlich hinreichend klar, bestimmt und unbedingt. Die Verhältnismässigkeit der Sanktionen müsse der Schwere des mit ihnen geahndeten Verstosses entsprechen. Dies habe zur Folge, dass die individuellen Umstände des Einzelfalls sowohl bei der Bestimmung der Sanktion als auch bei der Festlegung der Höhe der Geldbusse berücksichtigt werden müssen. Daran würde auch der Wertungsspielraum nichts ändern, der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieser Richtlinie zukomme. Die Sanktionen dürften nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist.[97]EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 23. September 2021 in der Rechtssache C-205/20, ECLI:EU:C:2021:759 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 31-42. Weitere Ausführungen des Generalanwaltes betreffen Art. 49 Abs. 3 der Grundrechte Charta (GRC) handelt von der Verhältnismässigkeit von Straftaten. Würde man die unmittelbare Wirkung von Art. 20 Richtlinie 2014/67/EU verneinen, so wäre noch immer Art. 49 Abs. 3 GRC einschlägig.[98]EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 23. September 2021 in der Rechtssache C-205/20, ECLI:EU:C:2021:759 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 46-48. Im Ergebnis erachtet der Generalanwalt das Erfordernis der Verhältnismässigkeit von Sanktionen als unmittelbar anwendbar.[99]EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 23. September 2021 in der Rechtssache C-205/20, ECLI:EU:C:2021:759 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 142.
Der EuGH führte in seinem Urteil aus, die Abhängigkeit der Höhe der Busse von der Zahl der betroffenen Arbeitnehmenden, sei für sich alleine nicht unverhältnismässig.[100]EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 in der Rechtssache C-645/18, ECLI:EU:C:2019:1118 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 35. Als unzulässig stuft der EuGH indes die fehlende Obergrenze der im Gesetz angedrohten Bussen[101]EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 in der Rechtssache C-645/18, ECLI:EU:C:2019:1118 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 36. und den Mindestbetrag ein. Letzterer könne dazu führen, dass solche Sanktionen auch bei weniger schweren Verfehlungen verhängt würden.[102]EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 in der Rechtssache C-645/18, ECLI:EU:C:2019:1118 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 37. Anders als der Generalanwalt ging der EuGH in seinem Entscheid nicht ausdrücklich auf die Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit des Verhältnismässigkeitsgebotes in Art. 20 Richtlinie 2014/67EU ein. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der EuGH die Frage nicht anders sieht als der Generalanwalt. Das Urteil hat zur Folge, dass Österreich die fragliche Regelung nicht mehr anwenden darf.
II. Grenzüberschreitende Transportfälle
1. Dobersberger, Rs. C-16/18[103]EuGH, Urteil vom 02. Februar 2021 in der Rechtsache C-16/18, ECLI:EU:2019:1110 – Dobersberger.
Die österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) erteilte der D. GmbH (Sitz in Österreich) einen Dienstleistungsauftrag (Bordservice, Zubereitung von Speisen und Getränken in den Zügen der ÖBB, die von Budapest nach Salzburg oder München fahren und am Bahnhof in Wien einen Zwischenstopp einlegen). Die D. GmbH gab diesen Auftrag an eine andere Unternehmung weiter, die ihrerseits „Henry am Zug“, die ungarische Tochterfirma des österreichischen Grosskonzerns DO&CO mit Sitz in Wien beauftragte. Die Firma „Henry am Zug“ erbrachte die Dienstleistungen in den Zügen der ÖBB mit ungarischem Personal, das für eine 40 Stunden-Woche mit rund 400 Euro pro Monat entschädigt wurde. Gemäss dem in Österreich anwendbaren Kollektivvertrag für das Gastgewerbe wären für diese Tätigkeit 1400 Euro Lohn vorgesehen. Das fragliche ungarische Personal wurde im Rahmen eines Personalverleihs eingesetzt.
Im Rahmen einer Kontrolle stellte das zuständige Arbeitsinspektorat am Wiener Hauptbahnhof zahlreiche Verstösse gegen die österreichischen Bundesbahnen fest. Unter anderem, dass der grenzüberschreitende Einsatz des Personals nicht ordnungsgemäss gemeldet wurde und dass Lohnzahlungsnachweise und Unterlagen über die Lohneinstufung nicht in deutscher Sprache vorlagen. Wegen diesen Verstössen wurde der Geschäftsführer der Firma „Henry am Zug“, Michael Dobersberger, zu einer Busse von 1.3 Millionen Euro verurteilt. Gemäss den österreichischen Arbeitsbehörden üben die ungarischen Arbeitnehmer/innen ihre Tätigkeit hauptsächlich in Österreich aus. Sie sind deshalb als Entsandte zur betrachten.[104]Siehe zum Urteil: Pärli, Kurt, Besprechung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19. Dezember 2019, Rs. C-16/18, Dobersberger, ECLI:EU:C:2019:1110, in Wolfgang Portmann/Gabriel … Continue reading
Der EuGH musste klären, ob die Entsenderichtlinie im grenzüberschreitenden Personenverkehr auf das Personal der Bordrestaurants bzw. auf grenzüberschreitende Lastwagenwarenfahrer/innen anwendbar ist und er kommt zum Schluss, Dienstleistungen wie die Verpflegung von Fahrgästen, Bordservice oder Reinigungsleistungen in internationalen Zügen wären von der Richtlinie nicht erfasst, wenn die Arbeitnehmer/innen einen wesentlichen Teil der damit verbundenen Arbeit im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats leisten und ihren Dienst dort antreten bzw. beenden. Es fehle somit an einem hinreichenden Bezug zum Zielstaat und die Vorschriften der Entsenderichtlinie hinsichtlich Mindestlohn und Mindestarbeitsbedingungen würden keine Anwendung finden.[105]EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021, C-16/18, Dobersberger/Magistrat der Stadt Wien, ECLI:EU:2019:1110. Art. 1 Abs. 3 Bst. a der Richtlinie 96/71/EG ist demnach so auszulegen, dass Dienstleistungen wie die Verpflegung von Fahrgästen, Bordservice oder Reinigungsleistungen in internationalen Zügen von der Richtlinie nicht erfasst sind, wenn die Arbeitnehmer/innen einen wesentlichen Teil der damit verbundenen Arbeit im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats leisten und ihren Dienst dort antreten bzw. beenden. Die Vorschriften der Entsenderichtlinie hinsichtlich Mindestlohn und Mindestarbeitsbedingungen finden demnach keine Anwendung.[106]Pärli, Dobersberger (Fn 105), 35.
Die EU-Regelungen zum grenzüberschreitenden Schienenverkehr beinhalten nur wenige Vorschriften zu den Arbeitsbedingungen, insbesondere auch nicht für Personal, das in Zügen (andere) Dienstleistungen erbringt.[107]Siehe die Richtlinie 2005/47/EG des Rates vom 18. Juli 2005 betreffend die Vereinbarung zwischen der Gemeinschaft der Europäischen Bahnen (CER) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation … Continue reading Der EuGH will die Entsenderichtlinie wegen des fehlenden hinreichenden Bezugs zum (anderen) Mitgliedstaat nicht anwenden. Die Entscheidung und Begründung überzeugen nicht. Wenn es zulässig ist, dass in einem Zug der ÖBB ausländische Anbieter die Dienstleistung dank drei Mal tieferer Löhne günstiger anbieten können, erhöht dies den inländischen Lohndruck massiv. Dies läuft dem Schutz eines fairen Wettbewerbs und der Vermeidung von Sozialdumping zuwider. Anders sieht dies der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen zur vorliegenden Rechtssache: „(…) ist der Begriff ‚Sozialdumping‘ mit Vorsicht zu geniessen und eng auszulegen. (…) Das Erfordernis, „Sozialdumping“ zu verhindern, kann jedoch nicht gegen einen Dienstleistungserbringer verwendet werden, der schlicht die durch den Binnenmarkt gebotenen Möglichkeiten zu seinem wirtschaftlichen Vorteil nutzt – und dem seines Kunden, des Dienstleistungsempfängers (…). Schliesslich liegt dem Binnenmarkt der Grundsatz des komparativen Vorteils zugrunde“.[108]EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 19. Dezember 2019 in der Rechtssache C-16/18, ECLI:EU:C:2019:638 – Dobersberger, Rz. 30 und 31.
2. Federatie Nederlandse Vakbewegning (FNV), Rs. C-815/18[109]EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021 in der Rechtsache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:976 – Van den Bosch; Zum Urteil siehe Junker Abbo, Die Rechtsprechung des EuGH zum europäischen Arbeitsrecht im Jahr … Continue reading
In diesem niederländischen Vorabentscheidungsverfahren geht es um die grundsätzliche Frage der Anwendung der Entsenderichtlinie auf Fahrer und Fahrerinnen im internationalen Güterkraftverkehr, welche ihre Tätigkeit in mehr als nur einem Mitgliedstaat verrichten sowie um die Voraussetzungen des Tatbestands der Entsendung in derartigen Konstellationen. Auch war fraglich, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Tarifvertrag anwendbar war.
Der Sachverhalt des Ausgangsfalles präsentiert sich wie folgt: Van den Bosch Transporte hat Schwestergesellschaften in Deutschland und Ungarn, deren Lastkraftwagen auf der Grundlage von Charterverträgen für Van den Bosch Transporte unterwegs sind. Die FNV hat mit einem Arbeitgeberverband, bei welchem Van den Bosch Transporte Mitglied ist, einen Tarifvertrag für den Güterverkehr abgeschlossen. Dieser wurde jedoch auf Fahrer aus Deutschland und Ungarn nicht angewandt. Die FNV erhob gegen Van den Bosch Transporte und die Schwestergesellschaften eine Klage, mit der sie beantragte, diese Gesellschaften zur Einhaltung des Tarifvertrags für den Güterverkehr zu verpflichten. Nach Ansicht der FNV hätte Van den Bosch Transporte gem. Art. 44 des Tarifvertrags bei der Einschaltung von Fahrern aus Deutschland und Ungarn die grundlegenden Arbeitsbedingungen des Tarifvertrags auf sie in ihrer Eigenschaft als entsandte Arbeitnehmer im Sinne der Richtlinie 96/71 anwenden müssen.[110]EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021 in der Rechtsache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:976 – Van den Bosch, Rz. 18.
Der EuGH bejaht vorab grundsätzlich die Anwendung der Entsende-Richtlinie auf den grenzüberschreitenden Gütertransport.[111]EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021 in der Rechtsache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:976 – Van den Bosch, Rz. 30-41. Eine Arbeitnehmerentsendung im Sinne des Art. 1 Abs. 1, 3 und Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 96/71/EG liege vor, wenn die Arbeitsleistung der Fahrer in einer Gesamtwürdigung von Umständen (insbesondere die Art der in den Niederlanden verrichteten Tätigkeiten der Fahrer und der Anteil dieser Tätigkeiten an der gesamten Beförderungsleistung) eine hinreichende Verbindung zum Hoheitsgebiet der Niederlande aufweist.[112]EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021 in der Rechtsache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:976 – Van den Bosch, Rz. 45. Für die Annahme einer Entsendung genügt es jedoch nicht, dass die Fahrer die Fahrten am Sitz des niederländischen Unternehmens beginnen und enden sowie dass sie Anweisungen dort erhalten. Ebenfalls nicht relevant ist, ob ein Konzernverbund zwischen den beteiligten Unternehmen besteht.[113]EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021 in der Rechtsache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:976 – Van den Bosch, Rz. 50, insbes. 53-57. Der Entsendetatbestand ist nicht erfüllt, soweit ein Mitgliedsstaat bloss überquert wird (Transit).[114]EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021 in der Rechtsache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:976 – Van den Bosch, Rz. 49. Anders verhält es sich bei dem innerstaatlichen Verkehr im Aufnahmemitgliedstaat (Kabotage). In einem solchen Fall liegt eine Entsendung vor.[115]EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021 in der Rechtsache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:976 – Van den Bosch, Rz. 51 ff., insbesondere Rz. 58-65. Siehe dazu die Riesenhuber, Karl, Die „ … Continue reading Der EuGH musste weiter klären, ob die Frage, wann ein Tarifvertrag für allgemein verbindlich erklärt worden ist, anhand des anwendbaren nationalen Rechts zu beurteilen ist. Mit Bezug auf die Ausführungen in den Schlussanträgen des Generalanwaltes[116]Schlussanträge des Generalanwaltes vom 30. April 2020 in der Rechtssache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:319, Federatie Nederlandse Vakbeweging. hält der EuGH fest, Art. 3 Abs. 1 Richtlinie 96/71/EG verweise zwar nicht ausdrücklich auf das nationale Recht. Allgemeinverbindlicherklärungen seien jedoch nur nach nationalem Recht möglich.[117]EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021 in der Rechtsache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:976 – Van den Bosch, Rz. 69. Auch Art. 3 Abs. 8 Unterabs. 2 der Richtlinie 96/71/EG verweise auf das nationale System.[118]EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021 in der Rechtsache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:976 – Van den Bosch, Rz. 70. Im Ergebnis ist der im Ausgangssachverhalt streitige Tarifvertrag anwendbar.[119]EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021 in der Rechtsache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:976 – Van den Bosch, Rz. 72.
Die Anwendbarkeit der Richtlinie 96/71/EG hat der EuGH überzeugend bejaht. Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 96/71/EG nimmt lediglich „Schiffsbesatzungen von Unternehmen der Handelsmarine“ von Anwendungsbereich aus, im Umkehrschluss ist der Strassenverkehrssektor eingeschlossen. Dazu kommt, dass nach Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2018/957/EU[120]Es handelt sich hier um die revidierte Entsende-Richtlinie, siehe die detaillierten Angaben oben, Fn 57. „diese Richtlinie“ auch für den Strassenverkehrssektor gilt. Die erforderliche Verabschiedung der Richtlinie 2020/1057/EU[121]Richtlinie (EU) 2020/1057 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2020 zur Festlegung besonderer Regeln im Zusammenhang mit der Richtlinie 96/71/EG und der Richtlinie 2014/67/EU für … Continue reading ist zwischenzeitlich erfolgt. Wie bereits in der Rechtssache Dobersberger war auch vorliegend zu klären, in welchen Konstellationen im grenzüberschreitenden Verkehr tätige Arbeitnehmende als Entsandte gelten. Der EuGH nahm die Gelegenheit war, den (zuvor geöffneten) Anwendungsbereich der Entsendevorschriften sogleich wieder einzuschränken, in dem praktisch nur die Kabotage-Konstellationen das Erfordernis der „hinreichenden Verbindung“ erfüllen. Diese Qualifikation entspricht der Dobersberger-Entscheidung und im Ergebnis auch den Ausnahmebestimmungen der Richtlinie 2020/1057/EU.[122]Dazu ausführlich Riesenhuber (Fn 116), 200 ff.
3. Rapidsped, Rs. C-428/19[123]EuGH, Urteil vom 08. Juli 2021 in der Rechtssache C-428/19, EU:C:2021:548 – Rapidsped.
Einem ungarischen EuGH-Fall lag folgender Ausgangssachverhalt zugrunde: Drei Lastwagenfahrer schlossen mit Rapidsped, einer Gesellschaft mit Sitz in Ungarn, Arbeitsverträge über eine Tätigkeit als Lkw-Fahrer ab. Im Rahmen ihrer Tätigkeit fuhren sie in einem Kleinbus nach Frankreich, um dort ihre Aufgaben zu erledigen, und überquerten dabei mehrfach Grenzen. Ihr Arbeitgeber händigte ihnen vor jeder Fahrt eine vom französischen Staat geforderte Entsendebescheinigung aus, in der – notariell beglaubigt – die Zahlung eines Stundenlohns von 10,40 Euro erklärt wurde. Die Kraftfahrer machten geltend, dass sie laut Arbeitsvertrag 544 Euro monatlich erhielten, was einem Stundenlohn von 3,24 Euro entspreche. Der französische Mindestlohn belief sich dagegen auf 9,76 Euro. Ihr Arbeitgeber argumentierte, dass mit den Taggeldern und der Treibstoffeinsparungszulage der Mindestlohn erreicht werde. In den Arbeitsverträgen war festgelegt, dass neben der grenzüberschreitenden zwar auch die nationale Güterbeförderung zu den Aufgaben der Arbeitnehmer gehört, diese jedoch ihre Arbeit normalerweise an Orten zu verrichten haben, die häufig und hauptsächlich im Ausland liegen, ohne dass indessen die Arbeit dauerhaft im Ausland verrichtet würde. Nach ungarischem Recht hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Taggelder für im Ausland verrichtete Arbeit. Diese Taggelder steigen mit zunehmender Dauer der Entsendung der Arbeitnehmer ins Ausland an.
Der Generalanwalt[124]Schlussanträge des Generalanwaltes vom 6. Mai 2021 in der Rechtsache C-4248, ECLI:EU:C:2021:371 – Rapidsped, Rz. 15-34. und ihm folgend der EuGH[125]EuGH, Urteil vom 08. Juli 2021 in der Rechtssache C-428/19, EU:C:2021:548 – Rapidsped, Rz. 34-36. hielten vorab fest, dass die Entsende-Richtlinie auf die länderübergreifende Erbringung von Dienstleistungen im Strassenverkehrssektor anwendbar ist. Der EuGH stützt sich dabei im Wesentlichen auf seine Ausführungen im Fall „Federatie Nederlandse Vakbewegning“ (siehe oben, 2.). Zur Zuständigkeit hielt der EuGH fest, in einem Verfahren im Entsendestaat könne ein Verstoss gegen Mindestlohnvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats geltend gemacht werden, wenn die Gerichte etwa aufgrund des Sitzes des Arbeitgebers für das Verfahren zuständig seien.[126]EuGH, Urteil vom 08. Juli 2021 in der Rechtssache C-428/19, EU:C:2021:548 – Rapidsped, Rz. 37-45. Ob das Entsendetaggeld für die Berechnung des Mindestlohnes berücksichtigt werden darf, hängt gemäss EuGH davon ab, ob diese Entschädigung als Entgelt für eine erbrachte Leistung (bspw. Mehrstunden), als Entschädigung für Spesen oder als Zulage ausgerichtet werde. Nur im letzten Fall zählt die Entschädigung zum Mindestlohn. Es sei Sache des vorlegenden Gerichts, die hierfür erforderlichen Abklärungen vorzunehmen.[127]EuGH, Urteil vom 08. Juli 2021 in der Rechtssache C-428/19, EU:C:2021:548 – Rapidsped, Rz. 46-54. Streitig war im Verfahren weiter, ob die vom Arbeitgeber in Abhängigkeit zu durch Streckenwahl reduzierten Treibstoffverbrauch ausgerichtete Zulage allenfalls gegen Art. 10 der Verordnung 561/2006/EG[128]Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen … Continue reading verstösst. Eine solche Zulage verstiesse jedoch gegen das in dieser Bestimmung aufgestellte Verbot, wenn sie, anstatt nur an die Treibstoffeinsparung anzuknüpfen, eine solche Einsparung in Relation zu der zurückgelegten Strecke und/oder der Menge der beförderten Güter gemäß Modalitäten honorieren würde, die den Fahrer zu Verhaltensweisen verleiten, die geeignet sind, die Sicherheit im Straßenverkehr zu gefährden und/oder Verstöße gegen die Verordnung Nr. 561/2006 zu begehen.[129]EuGH, Urteil vom 08. Juli 2021 in der Rechtssache C-428/19, EU:C:2021:548 – Rapidsped, Rz. 63.
D. Fazit und Bedeutung der Urteile für die Schweiz
Bereits vor den in diesem Beitrag vorgestellten „Sanktions-Fällen“ musste der EuGH wiederholt nationale Regelungen beurteilen, die durch administrative Massnahmen die Wahrnehmung der Dienstleistungsfreiheit beeinträchtigten.[130]EuGH, Urteil vom 27. März 1990, Rs. C-113/89, ECLI:EU:C:1990:142, (Rush Portugesa / Office national d’immigration); EuGH, Urteil vom 09. August 1994, Rs C-43/93, ECLI: EU:C:1994:310, (Vander … Continue reading Die diesbezügliche Rechtsprechung des EuGH hat in weiten Teilen Eingang in die Durchsetzungsrichtlinie 2014/67/EU gefunden. Dass Mitgliedstaaten Sanktionen ergreifen dürfen, ja ergreifen müssen, ist sekundärrechtlich sowohl in Richtlinie 2014/67/EU als auch in der revidierten Richtlinie 96/71/EG verankert. Bemerkenswert ist am „Entscheidbündel Hartberg-Fürstenfeld“, dass der EuGH die unmittelbare Wirkung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes anerkannt und die nationalen, im konkreten Fall die österreichischen Behörden gehalten sind, das geltende inländische Recht nicht anzuwenden.
Bezüglich der „Transport-Fälle“ bringen die EuGH-Urteile Klarheit in die zuvor nicht abschliessend geklärte Frage, ob die Entsende-Richtlinie auf den grenzüberschreitenden Gütertransport anwendbar ist. Die mit der Dobersberger begründete erforderliche „hinreichende Nähe zum Entsendestaat“ wird zum Teil als „Einladung zu Sozialdumping“ kritisiert. Auch in der Rechtssache Federatie Nederlandse Vakbewegning ist der EuGH eher restriktiv, was die Anerkennung von Konstellationen betrifft, die unter den Anwendungsbereich der Entsenderichtlinie fallen.
Im vorliegenden Beitrag kann nicht die ganze Pandorabüchse der Vereinbarkeit des schweizerischen Entsenderechts mit dem Freizügigkeitsabkommen (FZA[131]Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999, SR … Continue reading) und dem zwischenzeitlich (vorläufig?) beerdigten Institutionellen Rahmenabkommen (InstA)[132]Inoffizielle Übersetzung des französischen Originaltextes, Quelle: <https://www.eda.admin.ch/dam/dea/de/documents/abkommen/Acccord-inst-Projet-de-texte_de.pdf>; Originalversion: … Continue reading zwischen der Schweiz und der EU und ihren Mitgliedstaaten geöffnet werden.[133]Siehe dazu EntsG-Pärli, Einleitung, N 52 – 56; Notter, Markus, nationaler Lohnschutz? Bemerkungen zur Ablehnung des Rahmenabkommens, Zürich 2021, A3 ff. Ein paar grundsätzliche Bemerkungen zur Bedeutung der hier vorgestellten Urteile für das schweizerische Entsenderecht sind dennoch angebracht.
Zur Relevanz der Rechtsprechung des EuGH sind drei Einschränkungen anzubringen.[134]Die folgenden Ausführungen sind weitgehend aus EntsG-Pärli, Einleitung, N 48 ff. entnommen. Die Berücksichtigung von nach dem 21. Juni 1999 ergangener Rechtsprechung durch die Schweiz erfolgt im Sinne eines selbstauferlegten Beachtungsgebots. Es handelt sich nicht um eine Befolgungspflicht.[135]BGE 139 II 393, E. 4.1.1. Ein Abweichen von der EuGH-Rechtsprechung ist somit möglich, wenn auch in Anbetracht der inzwischen konstant verfolgten Rechtsprechung des Bundesgerichts ohne Vorliegen triftiger Gründe wenig wahrscheinlich.[136]Epiney, Astrid/Heinemann, Lena, Die Tragweite des Institutionellen Abkommens im Bereich der Arbeitnehmerentsendung, Jusletter 8. April 2019. Hinzu kommt, dass die Schweiz mit dem Freizügigkeitsabkommen nur einen Teil des unionsrechtlichen acquis communautaire übernommen hat.[137]Botschaft sekt. Abkommen, BBl 1999 6128, 6309. So hält der EuGH fest, dass „die Schweizerische Eidgenossenschaft nicht dem Binnenmarkt der Gemeinschaft beigetreten [ist], mit dem alle Hindernisse beseitigt werden sollen, um einen Raum vollständiger Freizügigkeit entsprechend einem nationalen Markt zu schaffen, der u.a. die Dienstleistungs- und die Niederlassungsfreiheit umfasst. […]. In diesem Zusammenhang kann die den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über den Binnenmarkt gegebene Auslegung nicht automatisch auf die Auslegung des Abkommens übertragen werden, sofern diese nicht im Abkommen selbst ausdrücklich vorgesehen ist“.[138]EuGH, Urteil vom 12. November 2009, Grimme, C-351/08, EU:C:2009:697, Rz. 27 – 29. Unter Bezugnahme auf das Grimme-Urteil hat der EuGH in weiteren Fällen das FZA nach völkerrechtlichen … Continue reading Die Schweiz verfügt damit insbesondere im Bereich der Dienstleistungsfreiheit über einen gewissen Spielraum, da das Freizügigkeitsabkommen hier nur eine Teilliberalisierung vorsieht.[139]Siehe auch BGE 133 V 624, E. 4.3. Schliesslich gilt es bei der Beurteilung der flankierenden Massnahmen und ihrer Vereinbarkeit mit dem FZA auf dem Hintergrund des einschlägigen EU-Rechts zur Dienstleistungsfreiheit das Interesse einer parallelen Rechtsentwicklung sorgfältig gegenüber dem innenpolitischen Wunsch nach einer starken sozialen Flanke gegenüber der Marktöffnung abzuwägen. Als Nicht-Mitgliedstaat der EU hat die Schweiz hier auch den entsprechenden Spielraum.
Die in diesem Beitrag vorgestellten Urteile zu den Schranken zulässiger Sanktionen der Mitgliedstaaten gegen Unternehmen, die gegen das nationale Entsenderecht verstossen (C.I), betreffen spezifisch die österreichische Rechtslage. Mit Blick auf die Schweiz ist festzuhalten, dass die Sanktionen nach schweizerischem Entsenderecht weit ausserhalb dessen liegen, was nach österreichischem Recht möglich ist.[140]Die Art. 9 EntsG, die maximalen Verwaltungsbussen belaufen sich auf 30 000 Franken. Die strafrechtliche Androhung einer Busse von 1 Millionen Franken ist nur für den Fall vorgesehen, dass eine … Continue reading Konstellationen wie sie den „Transportfällen“ (C.II) zu Grunde liegen, mussten bislang von schweizerischen Gerichten nicht beurteilt werden. Es wäre aber durchaus spannend zu erfahren, wie gestützt auf das schweizerische Entsenderecht entschieden würde. Die Gewerkschaftsseite (Schweizerischer Eisenbahnerverband SEV) kritisierten die Dobergsberger-Entscheidung heftig. Die Entsenderichtlinie sei ein gesetzliches von der EU geschaffenes Instrument, um Beschäftigte vor Lohnraub und Ausbeutung zu schützen. Dieses wichtige Schutzinstrument würde nun durch das EuGH-Urteil ausgehebelt, schreibt der SEV.[141]<https://sev-online.ch/de/aktuell/kontakt.sev/2020/skandaloeses-urteil-des-europaeischen-gerichtshofs-zur-entsendung-von-arbeitnehmern-in-der-rechtssache-c-16-18/>.
Fussnoten[+]
↑1 | EuGH, Urteil vom 11. Dezember 2007 in der Rechtssache C-438/05, ECLI:EU:C:2007:772 – Viking. |
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↑2 | EuGH, Urteil vom 18. Dezember 2007 in der Rechtssache C-341/05, ECLI:EU:C:2007:809 – Laval. |
↑3 | EuGH, Urteil vom 3. April 2008 in der Rechtssache C-346/06, ECLI:EU:C:2008:189 – Rüffert. |
↑4 | EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008 in der Rechtssache C-319/06, ECLI:EU:C:2008:350 – Kommission gegen Luxemburg. |
↑5 | Alexander Schulz, Der Europäische Gerichtshof und das soziale Europa, in: Friedrich-Ebert-Stiftung, Internationale Politikanalyse, Der EuGH und das soziale Europa, Berlin 2009, 3 ff. |
↑6 | EuGH, Urteil vom 17. November 2015 in der Rechtssache C-115/14, ECLI:EU:C:2015:760 – RegioPost. |
↑7 | EuGH, Urteil vom 12. Februar 2015 in der Rechtssache C-396/13, ECLI:EU:C:2015:86 – Sähköalojen ammattiliittory. |
↑8 | Richtlinie 2014/67/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems (IMI-Verordnung), ABl L 159 vom 28. Mai 2014, 11 ff. |
↑9 | Richtlinie (EU) 2018/957 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 zur Änderung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, ABl L 173 vom 9. Juli 2018, 16 ff. |
↑10 | Epiney Astrid/Hehemann Lena, Die Tragweite des institutionellen Abkommens im Bereich der Arbeitnehmerentsendung, Jusletter, 8. April 2019, Rz. 17, schreiben: „Damit dürfte sich der Akzent der unionsrechtlichen Entsenderegelungen von der Verwirklichung des freien Dienstleistungsverkehrs auf die Gewährleistung eines kohärenten Arbeitnehmerschutzes verlagert haben. (…) Gesamthaft zeichnet sich die neue Entsenderichtlinie durch einen strengeren Ansatz in Bezug auf Lohn- und Sozialdumping aus (…).“ |
↑11 | EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2020 in der Rechtssache C-620/18, ECLI:EU:C:2020:1001 – Ungarn/Parlament und Rat; EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2020 in der Rechtssache C-626/18, ECLI:EU:C:2020:1000 – Polen/Parlament und Rat. |
↑12 | Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), ABl C 326/47 vom 26. Oktober 2012. |
↑13 | Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABl L 177 vom 4. Juli 2008, 6. |
↑14 | EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2020 in der Rechtssache C-620/18, ECLI:EU:C:2020:1001 – Ungarn/Parlament und Rat, Rz. 46 und 53; EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2020 in der Rechtssache C-626/18, ECLI:EU:C:2020:1000 – Polen/Parlament und Rat, Rz. 51 und 58. |
↑15 | Für eine Übersicht siehe „Das Dumping im Rahmen der Umsetzung der EU-Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern bekämpfen. Vorzeigeschülerin Schweiz?“ Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulates 17.3126 Buttet vom 15. März 2017, 13 ff., abrufbar unter <https://www.parlament.ch/centers/eparl/curia/2017/20173126/Bericht%20BR%20D.pdf>. Eine kritische Analyse der „Macht des EuGH“ über die Mitgliedstaaten zeigt der Beitrag von Blauberger, Michael, Minimalistische Reaktion oder vorauseilende Reform? Der nationale Umgang mit der Rechtsprechung des EuGH, Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft (ÖZP), 42. Jg. (2013) H. 2, 181-196. |
↑16 | Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), ABl C 326/47 vom 26. Oktober 2012. |
↑17 | Müller-Graff, Kurz-Kommentar zum EUV/AEUV, in: Streinz Rudolf (Hrsg.), 3. A., München 2018, Art. 56 AEUV, Rz. 1 (zit. KK EUV/AEUV-Bearbeiter, Art. XX AEUV, Rz. YY). |
↑18 | Grundlegend dazu EuGH, Urteil vom 30. November 1995 in der Rechtssache C-55/94, EU:C:1995:411 – Gebhard, Rz. 27 f. |
↑19 | Rebhahn Robert, Kapitel 3 – Dienstleistungen, in: Franzen Martin/Gallner Inken/Oetker Hartmut (Hrsg.), Kommentar zum Europäischen Arbeitsrecht, München 2017, 95 ff., Rz. 11 f.; EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 in der Rechtssache C-49/98, ECLI:EU:C:2001:564 – Finalarte, Rz. 28 ff.; EuGH, Urteil vom 18. Dezember 2007 in der Rechtssache C-341/05, ECLI:EU:C:2007:809 – Laval, Rz. 99; EuGH, Urteil vom 15. März 2001, in der Rechtssache C-165/98, ECLI:EU:C:2001:162 – Mazzoleni und ISA, Rz. 22 ff. |
↑20 | EuGH, Urteil vom 09. August 1994 in der Rechtssache C-43/93, ECLI:EU:C:1994:310 – Vander Elst / Office des migrations internationales; EuGH, Urteil vom 28. März 1996 in der Rechtssache C-272/94, ECLI:EU:C:1996:147 – Guiot; EuGH, Urteil vom 23. November 1999 in der Rechtssache C-369/96, ECLI:EU:C:1999:575 – Arblade; EuGH, Urteil vom 23. November 1999 in der Rechtssache C-376/96, ECLI:EU:C:1999:575 – Leloup; EuGH, Urteil vom 15. März 2001 in der Rechtssache C-165/98, ECLI:EU:C:2001:162 – Mazzoleni und ISA; EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 in der Rechtssache C-445/03, ECLI:EU:C:2004:655 – Kommission / Luxemburg; EuGH, Urteil vom 19. Januar 2006 in der Rechtssache C-244/04, ECLI:EU:C:2006:49 – Kommission / Deutschland; EuGH, Urteil vom 18. Juli 2007 in der Rechtssache C-490/04, ECLI:EU:C:2007:430 – Kommission / Deutschland; EuGH, Urteil vom 3. April 2008 in der Rechtssache C-346/06, ECLI:EU:C:2008:189 – Rüffert; EuGH, Urteil vom 3. Dezember 2014 in der Rechtssache C-315/13, ECLI:EU:C:2014:2408 – De Clercq u.a.; EuGH, Urteil vom 17. November 2015 in der Rechtssache C-115/14, ECLI:EU:C:2015:760 – RegioPost; EuGH, Urteil vom 12. Februar 2015 in der Rechtssache C-396/13, ECLI:EU:C:2015:86 – Sähköalojen ammattiliitto. |
↑21 | So bereits der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen: EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 16. Dezember 1981 in der Rechtssache C-62/81, ECLI:EU:C:1981:305 – SECO, 244. |
↑22 | Hantel Peter, Europäisches Arbeitsrecht: mit zahlreichen Beispielfällen aus der Rechtsprechung des EuGH, 2. A., Berlin 2019, 197; Riesenhuber Karl, Die Änderung der arbeitsrechtlichen Entsenderichtlinie, NZA 2018 Heft 22, 1433 ff., Rz. 1-6. |
↑23 | Der Kampf für soziale Gerechtigkeit und für den dauerhaften Frieden und gegen das Sozialdumping sind in der Präambel der ILO-Verfassung niederlegt, siehe dazu Sein Evju, Labour is Not a Commodity: Reappraising the Origins ft he Maxim, European Labour Law Journal 4/2013, 222 ff. |
↑24 | Auch die Entsende-Richtlinie muss vor Art. 56 AEUV standhalten. |
↑25 | Kluth, Winfried, 6. Aufl. 2022, AEUV Art. 56, Rz. 71 (EUV/AEUV Kommentar, in: Callies Christian/Ruffert Matthias (Hrsg.), 6. A., München 2022, Art. 56 AEUV, Rz. 71 (zit. KommEUV/AEUV-Bearbeiter, Art. XX, Rz. YY). |
↑26 | Siehe z.B. EuGH, Urteil vom 18. Dezember 2007 in der Rechtssache C-341/05, ECLI:EU:C:2007:809 – Laval, Rz. 103. |
↑27 | Unmittelbar diskriminierend war bspw. eine Regelung im deutschen Entsendegesetz, die für ausländische Arbeitgeber einen anderen Betriebsbegriff vorsah, siehe EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 in der Rechtssache C-49/98, ECLI:EU:C:2001:564 – Finalarte, Rz. 76 ff. |
↑28 | KK EUV/AEUV-Müller-Graff, Art. 56 AEUV, Rz. 77. |
↑29 | Siehe EuGH, Urteil vom 4. Mai 2017 in der Rechtssache C-339/15, ECLI:EU:C:2017:335 – Vanderborght, Rz. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung. |
↑30 | Siehe für eine ausführliche Darstellung der „Beschränkungsfälle“ im entsenderechtlichen Zusammenhang Epiney Astrid, Zur Tragweite des Freizügigkeitsabkommens im Bereich der Arbeitnehmerentsendung, in: Epiney Astrid/Metz Beate/Mosters Robert (Hrsg.), Das Personenfreizügigkeitsabkommen Schweiz/EU, Zürich 2011, 97 f. (zit. Epiney, Tragweite). |
↑31 | EuGH, Urteil vom 18. Juni 2008 in der Rechtssache C-319/06, ECLI:EU:C:2008:350 – Kommission / Luxemburg. |
↑32 | EuGH, Urteil vom 3. April 2008 in der Rechtssache C-346/06, ECLI:EU:C:2008:189 – Rüffert. |
↑33 | EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2004, in der Rechtssache C-445/03, ECLI:EU:C:2004:655 – Kommission / Luxemburg. Siehe dazu auch EuGH, Urteil vom 14. November 2018 in der Rechtssache C-18/17, ECLI:EU:C:2018:904 – Danieli & C. Officine Meccaniche u.a. In dieser Entscheidung hält der EuGH fest, Österreich dürfe während der einschlägigen Übergangsfrist ausländerrechtliche Bewilligungen für entsandte kroatische Arbeitnehmer/innen verlangen, nicht aber Arbeitnehmer/innen aus Drittstaaten, sofern diese rechtmässig in einem EU-Staat angemeldet sind. Das gilt auch im Zusammenhang mit einem Verleih. Ein Beschäftigungsmitgliedstaat, in casu Österreich, darf für die Entsendung von Drittstaatsangehörigen, die einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen von einem ebenfalls in diesem Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen überlassen werden, keine Beschäftigungsbewilligung verlangen (Rz. 48 des Urteils). |
↑34 | Siehe dazu im entsenderechtlichen Zusammenhang: EuGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 in der Rechtssache C-498/10, ECLI:EU:C:2012:635 – X, Rz. 23, sowie EuGH, Urteil vom 3. Dezember 2014 in der Rechtssache C-315/13, ECLI:EU:C:2014:2408 – de Clercq, Rz. 52. |
↑35 | EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti, Rz. 38 f. |
↑36 | EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2002 in der Rechtssache C-136/00, ECLI:EU:C:2002:558 – Danner, Rz. 56; der Gerichtshof ist dabei einem anderslautenden Vorschlag von Generalanwalt Jacobs nicht gefolgt, EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 21. März 2002, in der Rechtssache C-136/00, ECLI:EU:C:2002:198 – Danner, Rz. 40. |
↑37 | EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008 in der Rechtssache C-319/06, ECLI:EU:C:2008:350 – Kommission / Luxemburg, siehe u.a. Rz. 50; EuGH, Urteil vom 18. Juli 2007 in der Rechtssache C-490/04, ECLI:EU:C:2007:430 – Kommission / Deutschland, Rz. 87 f. |
↑38 | So bereits Epiney, Tragweite, 100. |
↑39 | EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2010 in der Rechtssache C-577/10, ECLI:EU:C:2012:814 – Kommission / Belgien, Rz. 48; EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2001, in der Rechtssache C-49/98, ECLI:EU:C:2001:564 – Finalarte, Rz. 63 f. und 74. |
↑40 | EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2010 in der Rechtssache C-577/10, ECLI:EU:C:2012:814 – Kommission / Belgien, Rz. 49. |
↑41 | Ob auch versteckte Diskriminierungen durch zwingende Gründe des Allgemeininteressens gerechtfertigt werden können, ist in der Lehre nicht ganz unumstritten, vgl. zur Kontroverse statt vieler: Kluth, KommEUV/AEUV, Art. 56 AEUV, Rz. 75 ff. |
↑42 | EuGH, Urteil vom 23. November 1999 in der Rechtssache C-369/96, ECLI:EU:C:1999:575 – Arblade, Rz. 61; EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 in der Rechtssache C-49/98, ECLI:EU:C:2001:564 – Finalarte, Rz. 39 ff.; EuGH, Urteil vom 15. März 2001 in der Rechtssache C-165/98, ECLI:EU:C:2001:162 – Mazzoleni und ISA, Rz. 21; EuGH, Urteil vom 24. Januar 2002 in der Rechtssache C-164/99, ECLI:EU:C:2002:40 – Portugaia Construções, Rz. 21. |
↑43 | EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 in der Rechtssache C-49/98, ECLI:EU:C:2001:564 – Finalarte, Rz. 42 f. Siehe dazu: Heuschmid Johannes/Schierle Florian, § 5 Dienstleistungsfreiheit und Arbeitnehmerentsendung, in: Preis Ulrich/Sagan Adam (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht – Grundlagen, Richtlinien, Folgen für das deutsche Recht, Köln 2015. |
↑44 | EuGH, Urteil vom 18. Dezember 2007 in der Rechtssache C-341/05; ECLI:EU:C:2007:809 – Laval, Rz. 74. |
↑45 | EuGH, Urteil vom 18. Dezember 2007 in der Rechtssache C-341/05; ECLI:EU:C:2007:809 – Laval, Rz. 113; EuGH, Urteil vom 15. Juni 2006 in der Rechtssache C-255/04, ECLI:EU:C:2006:401 – Kommission / Frankreich, Rz. 46 und 52; EuGH, Urteil vom 12. Oktober 2004 in der Rechtssache C-60/03, ECLI:EU:C:2004:610 – Wolff und Müller, Rz. 35 und 41; EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2012 in der Rechtssache C-577/10, ECLI:EU:C:2012:814 – Kommission / Belgien, Rz. 45. |
↑46 | KommArbeitsrecht-Rebhahn, Art. 56 AEUV, Rz. 14. |
↑47 | Siehe EuGH, Urteil vom 18. Mai 2017 in der Rechtssache C‑99/16, ECLI:EU:C:2017:391 – Lahorgue, Rz. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung. |
↑48 | EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008 in der Rechtssache C-319/06, ECLI:EU:C:2008:350 – Kommission / Luxemburg, Rz. 80 ff.; EuGH, Urteil vom 23. November 1999 in der Rechtssache C-369/96 und C-376/96, ECLI:EU:C:1999:575 – Arblade, Rz. 61. |
↑49 | EuGH, Urteil vom 23. November 1999 in der Rechtssache C-369/96 und C-376/96, ECLI:EU:C:1999:575 – Arblade, Rz. 61. |
↑50 | Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt, ABl L 376 vom 27. Dezember 2006, 36. |
↑51 | Mit dieser Absicherung trägt die Richtlinie den Befürchtungen Rechnung, die Erweiterung der Dienstleistungsfreiheit gehe mit einem generellen Abbau des Niveaus bezüglich Lohn und Sozialschutz einher. |
↑52 | Siehe zur EuGH-Rechtssache C-33/17, EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, EU:C:2018:896 – Čepelnik; Pärli Kurt, Entsendegesetz Kommentar, 2. A., Bern 2021, Art. 9 EntsG, Rz. 99 ff. (zit. EntsG-Pärli, Art. XX, Rz. YY). |
↑53 | Art. 3, Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern, ABl L 18 vom 21. Januar 1997, 1 ff. |
↑54 | Verordnung (EG) 593/2008 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABl L 177 vom 4. Juli 2008, 6 ff. |
↑55 | Kellerbauer Manuel, Zur Reform der EU-Entsenderichtlinie: Arbeitnehmerschutz durch gleichen Lohn für gleiche Arbeit?, EuZW 2018, 846 ff., 846. |
↑56 | Richtlinie (EU) 2018/957. Die Änderungen waren im Gesetzgebungsprozess sehr umstritten, namentlich aus Polen, Ungarn, Lettland, Litauen, aber auch durch Grossbritannien und Kroatien wurden grosse Vorbehalte angebracht, siehe zur Entstehungsgeschichte illustrativ Franzen Martin, Die geänderte Arbeitnehmer-Entsenderichtlinie, EuZA 1/2019, 4 ff., 5. |
↑57 | EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2020 in der Rechtssache C-620/18, EU:C:2020:1001 – Ungarn / Europäisches Parlament, Rz. 11 ff.; EuGH, Urteil vom 18. Juli 2007 in der Rechtssache C-626/14, EU:C:2020:1000 – Polen / Europäisches Parlament, Rz. 10 ff. |
↑58 | Man kann sich die Frage stellen, ob der Arbeitnehmerschutz nun der alleinige Zweck der Entsenderichtlinie ist. Das muss wohl verneint werden; ansonsten müsste dies auch in der Nennung der Kompetenzgrundlage zum Ausdruck kommen. Diese bleiben aber auch in der geänderten Richtlinie Art. 53 Abs. 1 und Art. 62 AEUV (also Bestimmungen zur Dienstleistungsfreiheit) bestehen. Auch Kellerbauer (847) ist der Auffassung, der Schwerpunkt der Entsenderichtlinie verbleibe trotz der Akzentverschiebung in Richtung Arbeitnehmerschutz noch immer in der Erleichterung der Dienstleistungsfreiheit. |
↑59 | Siehe dazu ausführlich Riesenhuber Karl, Die Änderung der arbeitsrechtlichen Entsenderichtlinie, NZA 2018 Heft 22, 1433 ff., 1435 f. |
↑60 | Richtlinie 2014/67/EU, 11 ff. |
↑61 | Richtlinie 2014/67/EU, E. 7 und 13. |
↑62 | EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti. |
↑63 | EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti, Rz. 29 ff. |
↑64 | EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti, Rz. 30, mit Hinweisen auf den 14. Erwägungsgrund der Dl-Richtlinie. |
↑65 | EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti, Rz. 33 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 11. Juli 2013 in der Rechtssache C-57/12, ECLI:EU:C:2013:517 – Femarbel, Rz. 39. |
↑66 | EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti, Rz. 33 und 34. |
↑67 | EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti, Rz. 29. |
↑68 | EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti, Rz. 37-41. |
↑69 | EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 8. Mai 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:311 – Čepelnik / Vavti. |
↑70 | EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti, Rz. 43-49. |
↑71 | Siehe dazu die „Wirkungsorientiere Folgeabschätzung“ zum Bundesgesetz, mit dem das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden soll, Bundesministerium für Arbeit, 2021, 4, Quelle: <https://www.wko.at/branchen/stmk/industrie/Vorblatt-LSDBG-20.4.2021.pdf>. |
↑72 | EuGH, Urteil vom 12. September 2019 in der Rechtsache C-64/18, ECLI:EU:C:2019:723 – Maksimovic. |
↑73 | EuGH, Urteil vom 12. September 2019 in der Rechtsache C-64/18, ECLI:EU:C:2019:723 – Maksimovic, Rz. 31-35. |
↑74 | EuGH, Urteil vom 23. November 1999 in der Rechtssache C-369/96 und 376/96, EU:C:1999:575 – Arblade/Fils SARL, Rz. 36. |
↑75 | EuGH, Urteil vom 12. September 2019 in der Rechtsache C-64/18, C-140/18, C-146/18, C-148/18, ECLI:EU:C:2019:723 – Maksimovic et al., Rz. 36 und 37. |
↑76 | EuGH, Urteil vom 12. September 2019 in der Rechtsache C-64/18, ECLI:EU:C:2019:723 – Maksimovic, Rz. 36 und 37. |
↑77 | EuGH, Urteil vom 13. November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti, Rz. 33 und 34. |
↑78 | EuGH, Urteil vom 12. September 2019 in der Rechtsache C-64/18, ECLI:EU:C:2019:723 – Maksimovic, Rz. 38. |
↑79 | EuGH, Urteil vom 12. September 2019 in der Rechtsache C-64/18, ECLI:EU:C:2019:723 – Maksimovic, Rz. 41. |
↑80 | EuGH, Urteil vom 12. September 2019 in der Rechtsache C-64/18, ECLI:EU:C:2019:723 – Maksimovic, Rz. 50. |
↑81 | EuGH, Urteil vom 12. September 2019 in der Rechtsache C-64/18, C-140/18, C-146/18, C-148/18, ECLI:EU:C:2019:723 – Maksimovic et al., Rz. 50; EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 in der Rechtsache C-645/18, ECLI:EU:C:2019:1118 – Hartberg-Fürstenfeld Rz. 43. |
↑82 | EuGH, Urteil vom 12. September 2019 in der Rechtsache C-64/18, C-140/18, C-146/18, C-148/18, ECLI:EU:C:2019:723 – Maksimovic et al., Rz. 43. |
↑83 | EuGH, Urteil vom 13.November 2018 in der Rechtssache C-33/17, ECLI:EU:C:2018:896 – Čepelnik / Vavti, Rz. 33 und 34. |
↑84 | Siehe zur Debatte im Sozialausschuss: <https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2021/PK0834/index.shtml#> und zum Stand des Gesetzgebungsprojektes <https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/I/I_00943/index.shtml#tab-Uebersicht>. |
↑85 | EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 in der Rechtssache C-645/18, ECLI:EU:C:2019:1118 – Hartberg-Fürstenfeld. |
↑86 | EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 in den verbundenen Rechtssachen C-140/19, C-141/19 und C-492/19 bis C-494/19, ECLI:EU:C:2019:1103 – Hartberg-Fürstenfeld. |
↑87 | Verfahrensordnung des Gerichtshofs vom 25. September 2012 (ABl. L 265, 1) Celex-Nr. 3 2012 Q 0929 (01) zuletzt geändert durch Art. 1 EuGHVfO-Änd. vom 26. November 2019, ABl. L 316, 103). |
↑88 | EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 23. September 2021 in der Rechtssache C-205/20, ECLI:EU:C:2021:759 – Hartberg-Fürstenfeld. |
↑89 | EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 in der Rechtssache C-645/18, ECLI:EU:C:2019:1118 – Hartberg-Fürstenfeld. |
↑90 | EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 in der Rechtssache C-645/18, ECLI:EU:C:2019:1118 – Hartberg-Fürstenfeld. |
↑91 | EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019, in der Rechtssache C-645/18, ECLI:EU:C:2019:1118 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 35. |
↑92 | EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019, in der Rechtssache C-645/18, ECLI:EU:C:2019:1118 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 36. |
↑93 | EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019, in der Rechtssache C-645/18, ECLI:EU:C:2019:1118 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 37. |
↑94 | EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019, in der Rechtssache C-645/18, ECLI:EU:C:2019:1118 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 39. |
↑95 | EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 23. September 2021 in der Rechtssache C-205/20, ECLI:EU:C:2021:759 – Hartberg-Fürstenfeld. |
↑96 | EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 23. September 2021 in der Rechtssache C-205/20, ECLI:EU:C:2021:759 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 23-26. |
↑97 | EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 23. September 2021 in der Rechtssache C-205/20, ECLI:EU:C:2021:759 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 31-42. |
↑98 | EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 23. September 2021 in der Rechtssache C-205/20, ECLI:EU:C:2021:759 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 46-48. |
↑99 | EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 23. September 2021 in der Rechtssache C-205/20, ECLI:EU:C:2021:759 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 142. |
↑100 | EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 in der Rechtssache C-645/18, ECLI:EU:C:2019:1118 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 35. |
↑101 | EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 in der Rechtssache C-645/18, ECLI:EU:C:2019:1118 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 36. |
↑102 | EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 in der Rechtssache C-645/18, ECLI:EU:C:2019:1118 – Hartberg-Fürstenfeld, Rz. 37. |
↑103 | EuGH, Urteil vom 02. Februar 2021 in der Rechtsache C-16/18, ECLI:EU:2019:1110 – Dobersberger. |
↑104 | Siehe zum Urteil: Pärli, Kurt, Besprechung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19. Dezember 2019, Rs. C-16/18, Dobersberger, ECLI:EU:C:2019:1110, in Wolfgang Portmann/Gabriel Aubert/Jean-Philippe Dunand/Adrian von Kaenel/Roland Müller/Boris Zürcher, ARV 2020, 34 ff., 34 f. |
↑105 | EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021, C-16/18, Dobersberger/Magistrat der Stadt Wien, ECLI:EU:2019:1110. |
↑106 | Pärli, Dobersberger (Fn 105), 35. |
↑107 | Siehe die Richtlinie 2005/47/EG des Rates vom 18. Juli 2005 betreffend die Vereinbarung zwischen der Gemeinschaft der Europäischen Bahnen (CER) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) über bestimmte Aspekte der Einsatzbedingungen des fahrenden Personals im interoperablen grenzüberschreitenden Verkehr im Eisenbahnsektor. Siehe auch den Bericht der EU-Kommission an den Rat zur Richtlinie 2005/47/EG: <https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2012:627:FIN:DE:PDF>. |
↑108 | EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 19. Dezember 2019 in der Rechtssache C-16/18, ECLI:EU:C:2019:638 – Dobersberger, Rz. 30 und 31. |
↑109 | EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021 in der Rechtsache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:976 – Van den Bosch; Zum Urteil siehe Junker Abbo, Die Rechtsprechung des EuGH zum europäischen Arbeitsrecht im Jahr 2021, RIW 2022, 1. |
↑110 | EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021 in der Rechtsache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:976 – Van den Bosch, Rz. 18. |
↑111 | EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021 in der Rechtsache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:976 – Van den Bosch, Rz. 30-41. |
↑112 | EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021 in der Rechtsache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:976 – Van den Bosch, Rz. 45. |
↑113 | EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021 in der Rechtsache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:976 – Van den Bosch, Rz. 50, insbes. 53-57. |
↑114 | EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021 in der Rechtsache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:976 – Van den Bosch, Rz. 49. |
↑115 | EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021 in der Rechtsache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:976 – Van den Bosch, Rz. 51 ff., insbesondere Rz. 58-65. Siehe dazu die Riesenhuber, Karl, Die „ Entsendung“ zum grenzüberschreitenden Gütertransport: Vom Transit bis Kabotage, EuZA 2021, 195 ff. |
↑116 | Schlussanträge des Generalanwaltes vom 30. April 2020 in der Rechtssache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:319, Federatie Nederlandse Vakbeweging. |
↑117 | EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021 in der Rechtsache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:976 – Van den Bosch, Rz. 69. |
↑118 | EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021 in der Rechtsache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:976 – Van den Bosch, Rz. 70. |
↑119 | EuGH, Urteil vom 2. Februar 2021 in der Rechtsache C-815/18, ECLI:EU:C:2020:976 – Van den Bosch, Rz. 72. |
↑120 | Es handelt sich hier um die revidierte Entsende-Richtlinie, siehe die detaillierten Angaben oben, Fn 57. |
↑121 | Richtlinie (EU) 2020/1057 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2020 zur Festlegung besonderer Regeln im Zusammenhang mit der Richtlinie 96/71/EG und der Richtlinie 2014/67/EU für die Entsendung von Kraftfahrern im Straßenverkehrssektor und zur Änderung der Richtlinie 2006/22/EG bezüglich der Durchsetzungsanforderungen und der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012. |
↑122 | Dazu ausführlich Riesenhuber (Fn 116), 200 ff. |
↑123 | EuGH, Urteil vom 08. Juli 2021 in der Rechtssache C-428/19, EU:C:2021:548 – Rapidsped. |
↑124 | Schlussanträge des Generalanwaltes vom 6. Mai 2021 in der Rechtsache C-4248, ECLI:EU:C:2021:371 – Rapidsped, Rz. 15-34. |
↑125 | EuGH, Urteil vom 08. Juli 2021 in der Rechtssache C-428/19, EU:C:2021:548 – Rapidsped, Rz. 34-36. |
↑126 | EuGH, Urteil vom 08. Juli 2021 in der Rechtssache C-428/19, EU:C:2021:548 – Rapidsped, Rz. 37-45. |
↑127 | EuGH, Urteil vom 08. Juli 2021 in der Rechtssache C-428/19, EU:C:2021:548 – Rapidsped, Rz. 46-54. |
↑128 | Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates. |
↑129 | EuGH, Urteil vom 08. Juli 2021 in der Rechtssache C-428/19, EU:C:2021:548 – Rapidsped, Rz. 63. |
↑130 | EuGH, Urteil vom 27. März 1990, Rs. C-113/89, ECLI:EU:C:1990:142, (Rush Portugesa / Office national d’immigration); EuGH, Urteil vom 09. August 1994, Rs C-43/93, ECLI: EU:C:1994:310, (Vander Elst / Office des migrations internationales); EuGH, Urteil vom 23. November 1999, Rs. C-369/96, ECLI:EU:C:1999:575, (Arblade); EuGH, Urteil vom 15. März 2001, Rs. C-165/98, ECLI:EU:C:2001:162, (Mazzoleni und ISA); EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2001, Rs. C-49/98, ECLI:EU:C:2001:564, (Finalarte); EuGH, Urteil vom 24. Januar 2002, Rs. C-164/99, ECLI:EU:C:2002:40, (Portugaia Construções); EuGH, Urteil vom 12. Oktober 2004, Rs. C-60/03, ECLI:EU:C:2004:610, (Wolff und Müller); EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2004, Rs. C-445/03, ECLI:EU:C:2004:655, (Kommission / Luxemburg); EuGH, Urteil vom 19. Januar 2006, Rs. C-244/04, ECLI:EU:C:2006:49, (Kommission / Deutschland); EuGH, Urteil vom 15. Juni 2006, Rs. C-255/04, ECLI:EU:C:2006:401, (Kommission / Frankreich); EuGH, Urteil vom 18. Juli 2007, Rs. C-490/04, ECLI:EU:C:2007:430, (Kommission / Deutschland); EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008, Rs. C-319/06, ECLI:EU:C:2008:350, (Kommission / Luxemburg); EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2012, Rechtssache C-577/10, ECLI:EU:C:2012:814, (Kommission / Belgien); EuGH, Urteil vom 7. Oktober .2010, Rs.C-515/08, ECLI:EU:C:210:589, (dos Santos Palhota u.a.). |
↑131 | Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999, SR 0.142.112.681. Die gleichen Freizügigkeitsvorschriften gelten auch im Verhältnis der Schweiz zu den übrigen EFTA-Staaten, siehe Übereinkommen zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) vom 4. Januar 1960, Anhang K, SR 0.632.31. |
↑132 | Inoffizielle Übersetzung des französischen Originaltextes, Quelle: <https://www.eda.admin.ch/dam/dea/de/documents/abkommen/Acccord-inst-Projet-de-texte_de.pdf>; Originalversion: <https://www.eda.admin.ch/dam/dea/fr/documents/abkommen/Acccord-inst-Projet-de-texte_fr.pdf>. |
↑133 | Siehe dazu EntsG-Pärli, Einleitung, N 52 – 56; Notter, Markus, nationaler Lohnschutz? Bemerkungen zur Ablehnung des Rahmenabkommens, Zürich 2021, A3 ff. |
↑134 | Die folgenden Ausführungen sind weitgehend aus EntsG-Pärli, Einleitung, N 48 ff. entnommen. |
↑135 | BGE 139 II 393, E. 4.1.1. |
↑136 | Epiney, Astrid/Heinemann, Lena, Die Tragweite des Institutionellen Abkommens im Bereich der Arbeitnehmerentsendung, Jusletter 8. April 2019. |
↑137 | Botschaft sekt. Abkommen, BBl 1999 6128, 6309. |
↑138 | EuGH, Urteil vom 12. November 2009, Grimme, C-351/08, EU:C:2009:697, Rz. 27 – 29. Unter Bezugnahme auf das Grimme-Urteil hat der EuGH in weiteren Fällen das FZA nach völkerrechtlichen Grundsätzen ausgelegt, so namentlich in EuGH, Urteil vom 15. Juli 2010, Hengartner und Gasser, C-70/09, EU:C:2010:430, Rz. 40 ff.; EuGH, Urteil vom 6. Oktober 2011, Graf und Engel, C-506/10, EU:C:2011:643, Rz. 22; EuGH, Urteil vom 15.12.2011, Bergström, C-257/10, EU:C:2011:839; EuGH, Urteil vom 28. Februar 2013, Ettwein, C-425/11, EU:C:2013:121, Rz. 41 ff., EuGH, Urteil vom 15. März 2018, Picart, C-355/16, EU:C:2018:184, Rz. 29. |
↑139 | Siehe auch BGE 133 V 624, E. 4.3. |
↑140 | Die Art. 9 EntsG, die maximalen Verwaltungsbussen belaufen sich auf 30 000 Franken. Die strafrechtliche Androhung einer Busse von 1 Millionen Franken ist nur für den Fall vorgesehen, dass eine Person in ihrer Funktion als Arbeitgeber systematisch und in gewinnsüchtiger Absicht gegen Bestimmungen des Mindestlohnes, die in einem Normalarbeitsvertrag im Sinne von Art. 360a OR vorgesehen sind, verstösst (Art. 12 Abs. 3 EntsG). Die dem österreichischen Verfahren zu Grunde liegenden Regelverstösse sind wesentlich banaler. Siehe zum Ganzen EntsG-Pärli, Art. 9. |
↑141 | <https://sev-online.ch/de/aktuell/kontakt.sev/2020/skandaloeses-urteil-des-europaeischen-gerichtshofs-zur-entsendung-von-arbeitnehmern-in-der-rechtssache-c-16-18/>. |