Risiko & Recht
Risiko & Recht macht es sich zur Aufgabe, Rechtsfragen der modernen Risikogesellschaft zu analysieren. Berücksichtigung finden Entwicklungen in verschiedensten Gebieten, von denen Sicherheitsrisiken für Private, die öffentliche Ordnung, staatliche Einrichtungen und kritische Infrastrukturen ausgehen. Zu neuartigen Risiken führt zuvorderst der digitale Transformationsprozess und der damit verbundene Einsatz künstlicher Intelligenz; des Weiteren hat die Covid-Pandemie Risikopotentiale im Gesundheitssektor verdeutlicht und auch der Klimawandel zwingt zu umfassenderen Risikoüberlegungen; schliesslich geben gesellschaftliche Entwicklungen, u.a. Subkulturenbildung mit Gewaltpotential, Anlass zu rechtlichen Überlegungen. Risiko und Recht greift das breite und stets im Wandel befindliche Spektrum neuartiger Risikosituationen auf und beleuchtet mit Expertenbeiträgen die rechtlichen Herausforderungen unserer Zeit.
Abonnement
Print-Abonnement: CHF 200.00 pro Jahr
Bei Fragen: eizpublishing@europa-institut.ch
Editorial
Sehr geehrte Damen und Herren
Die vorliegende Ausgabe 3/2024 der Risiko & Recht deckt ein breites Themenspektrum aktueller Sicherheitsfragen ab. Eingangs thematisieren das Autorenteam Thomas Noll / Andreas Hill / Jérôme Endrass / Astrid Rossegger / Thierry Urwyler die Abgabe von PDE-5-Hemmer im Straf- und Massnahmenvollzug und entkräften verschiedene diesbezügliche Bedenken als rechtlich unbegründet.
Mathias Lanz unterzieht zwischenstaatliche Konsultationen im Vorfeld von Einreisen Drittstaatsangehöriger in den Schengen-Raum einer rechtlichen Analyse. Um Sicherheitslücken bei der Einreise von drittstaatsangehörigen Personen in den Schengen-Raum zu vermeiden, sieht das Schengen-Recht strukturierte, digitale Verfahren für einen Informationsaustausch und eine Koordination unter der Schengen-Mitgliedstaaten vor.
Anlässlich der Totalrevision der Zollgesetzgebung untersucht Patrice Martin Zumsteg die Anforderungen der Rechtsprechung an die automatische Fahrzeugfahndung und Verkehrsüberwachung (AFV) und ob das Recht des Bundes diesen Anforderungen genügt. Der Autor beurteilt die geplante Revision als Fortschritt, identifiziert indes, dass weiterhin Lücken verbleiben.
In seinem Gastbeitrag setzt sich Kristoffer J. M. Hansen mit den Gefahren der digitalen Notenbankwährung (CBDC) auseinander. Er führt aus, dass eine CBDC der Notenbank und dem Staat viel grösseren Einfluss verschaffen, die Freiheit des Einzelnen indes sehr beschränken würde. Die möglichen Vorteile der CBDC seien dagegen sehr gering.
Wir wünschen Ihnen, geschätzte Leserinnen und Leser, eine anregende Lektüre und erlauben uns noch auf die Möglichkeit eines Print-Abonnements hinzuweisen.
Tilmann Altwicker
Dirk Baier
Goran Seferovic
Franziska Sprecher
Stefan Vogel
Sven Zimmerlin
POLIZEI & MILITÄR
Thomas Noll / Andreas Hill / Jérôme Endrass / Astrid Rossegger / Thierry Urwyler*
PDE-5-Hemmer im Straf- und Massnahmenvollzug – Normalisierungs- und Äquivalenzprinzip bei der Anwendung von Substanzen wie Sildenafil bei Straftätern
In der Justizvollzugspraxis wird die Abgabe von PDE-5-Hemmern wie Sildenafil (Viagra® u.a.) kritisch hinterfragt. Dabei werden insbesondere das Risiko eines unerlaubten Handels sowie die Gefahr sexueller Übergriffe hervorgehoben. Die vorliegende Analyse zeigt auf, dass diese Bedenken medizinisch unbegründet sind und Gesundheitsdienste im Justizvollzug bei entsprechender Indikation somit verpflichtet sind, bei sexualmedizinischer Indikation Inhaftierten Sildenafil oder einen analogen PDE-5-Hemmer abzugeben.
* PD Dr. iur. Dr. med. Thomas Noll ist Arzt und Strafrechtler. Er hat als Allgemein- und Gefängnispsychiater gearbeitet, war Chef Vollzug der JVA Pöschwies und Direktor des Schweizerischen Ausbildungszentrums für das Strafvollzugspersonal. Heute ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zürcher Amt Justizvollzug und Wiedereingliederung (JuWe) und Lehrbeauftragter an den Universitäten St. Gallen und Zürich sowie an der ZHAW; PD Dr. med. Andreas Hill (geb. 1962) ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie (tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie), Forensischer Psychiater und Sexualwissenschaftler. Von 2000 bis 2008 war er leitender Oberarzt am Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Seit 2009 ist er in eigener Praxis in Hamburg tätig, daneben seit 2017 in Teilzeit als Leitender Arzt an der Klinik für Forensische Psychiatrie an der Universitätsklinik Zürich, sowie seit 2009 als assoziierter Wissenschaftler am Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Verschiedene Lehrtätigkeiten, u.a. an den Universitäten Hamburg, Zürich, Konstanz, der Staatsanwaltsakademie Luzern, der ZHAW und dem IOT Zürich; Prof. Dr. Jérôme Endrass ist Rechtspsychologe und Psychotherapeut. Er verfügt über langjährige Erfahrung in Klinik, Forschung und Lehre. Er leitet die Abteilung Forschung & Entwicklung im Zürcher Amt Justizvollzug und Wiedereingliederung (JuWe) und ist der stellvertretender Amtsleiter von JuWe. An der Universität Konstanz leitet er die Arbeitsgruppe für Forensische Psychologie. Berufspolitisch engagiert sich Endrass im Vorstand der SGFP und SGRP; PD Dr. Astrid Rossegger ist Rechtspsychologin. Sie verfügt über langjährige Erfahrung in Klinik, Forschung und Lehre. Sie leitet in Co-Funktion die Abteilung Forschung & Entwicklung im Zürcher Amt Justizvollzug und Wiedereingliederung (JuWe) und an der Universität Konstanz die Arbeitsgruppe für Forensische Psychologie. Berufspolitisch engagiert sie sich im Vorstand der SGRP; Dr. iur. Thierry Urwyler, MSc. Forensische Psychologie, ist Strafrechtler. Seine beruflichen Stationen führten über die Swiss Re, die ZHAW und die Universität Luzern. Nach dem Doktorat trat er die Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Forschung & Entwicklung bei Justizvollzug & Wiedereingliederung Zürich an. Zusätzlich ist er Lehrbeauftragter an den Universitäten Zürich und Basel sowie an der ZHAW. Ab 2025 wird er die Assistenzprofessur Straf-/Strafprozessrecht an der Universität Zürich antreten.
Mathias Lanz*
Zwischenstaatliche Konsultationen im Vorfeld von Einreisen Drittstaatsangehöriger in den Schengen-Raum
Informationssysteme nehmen in der Sicherheitsarchitektur des Schengen-Raums einen immer grösseren Stellenwert ein. Sie werden denn auch stetig ausgebaut und weiterentwickelt. Um Sicherheitslücken bei der Einreise von drittstaatsangehörigen Personen in den Schengen-Raum zu vermeiden, sieht das Schengen-Recht strukturierte, digitale Verfahren für einen Informationsaustausch und eine Koordination unter der Schengen-Mitgliedstaaten vor. Mit diesem Beitrag sollen diese Konsultationen über die Informationssysteme und in diesem Rahmen abgegebene Stellungnahmen der Mitgliedstaaten zu sie betreffenden Personeneinreisen einer rechtlichen Analyse unterzogen werden.
* Dr. iur. Mathias Lanz ist derzeit in der Abteilung VI (Ausländer- und Bürgerrecht) des Bundesverwaltungsgerichts als Gerichtsschreiber tätig;
Dank gebührt Julius Longauer, ehemaliger Gerichtsschreiber am Bundesverwaltungsgericht, für die kritische Durchsicht und die wertvollen Hinweise. Die nachfolgenden Ausführungen stellen die persönliche Meinung des Autors dar.
TECHNIK & INFRASTRUKTUR
Patrice Martin Zumsteg*
Automatische Fahrzeugfahndung und Verkehrsüberwachung gestützt auf das Zollrecht – de lege lata und de lege ferenda
Das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) setzt seit 2005 automatische Fahrzeugfahndung und Verkehrsüberwachung (AFV) ein. Anlässlich der Totalrevision der Zollgesetzgebung stellt der vorliegende Beitrag dar, welche Anforderungen die Rechtsprechung an die AFV etabliert hat und ob das Recht des Bundes diesen Anforderungen genügt. Die Untersuchung gelangt zu dem Schluss, dass die geplante Revision einen Fortschritt darstellt, aber weiterhin Lücken bestehen. Diese sollten in den noch laufenden Beratungen berücksichtigt werden.
* Dr. iur. Patrice Martin Zumsteg ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent für Staats- und Verwaltungsrecht an der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Winterthur. Er leitet dort den Kompetenzbereich Sicherheits- und Innovationsrecht. Überdies ist er als Rechtsanwalt bei AAK Anwälte und Konsulenten AG, Zürich, tätig.
Kristoffer J. M. Hansen*
GASTBEITRAG: Die Gefahr der digitalen Notenbankwährung
Eine digitale Notenbankwährung (CBDC) bringt viele Risiken: für das Privatleben, das ökonomische und das politische Leben. Generell gilt, dass eine CBDC der Notenbank und dem Staat viel grösser Einfluss erschaffen und die Freiheit des Einzelnen sehr beschränken würde. Die möglichen Vorteile der CBDC sind dagegen sehr gering: Die Leistung, die eine CBDC bringen könnte, wird bereits von privaten Anbietern dargeboten.
* Dr. Kristoffer J. M. Hansen ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Institutes für Wirtschaftspolitik der Universität Leipzig und Fellow des Mises Institutes in Auburn, Alabama. Er promovierte an der Universität Angers in Frankreich zu Thema Geldpolitik und Landwirtschaft.
BUCHREZENSION
Gian-Flurin Steinegger*
Buchrezension: Gefahr im Verzug bei der vorläufigen Festnahme durch die Polizei (Art. 217 StPO) von Sandra Francesca Lazzarini**
* Gian-Flurin Steinegger, Dr. iur., war von September 2021 bis Juni 2024 Jugendanwalt in der Jugendstrafrechtspflege des Kantons Zürich. Seit Juli 2024 ist er Behördenmitglied im Spruchkörper der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Thun/BE.
** Lazzarini, Sandra Francesca: Gefahr im Verzug bei der vorläufigen Festnahme durch die Polizei (Art. 217 StPO), Schulthess Juristische Medien AG, Zürich/Genf 2023.