EuZ – Zeitschrift für Europarecht – Ausgabe 06 / 2024

Über die EuZ

Die EuZ – Zeitschrift für Europarecht berichtet über die jüngsten Entwicklungen im Recht der EU sowie über die Beziehungen der Schweiz zur EU. Im Rahmen wissenschaftlicher Beiträge analysieren renommierte Experten aktuelle Rechtsfragen in allen wirtschaftsrelevanten Bereichen des EU-Rechts. Daneben informieren kurze Beiträge über neue Gesetzesvorhaben, sonstige Vorstösse der EU-Institutionen sowie Urteile des EuGH.
Die EuZ erscheint zehnmal jährlich als Open Access-eJournal. Die wissenschaftlichen Beiträge werden zudem am Ende jeden Jahres in Gestalt eines Jahrbuchs zusammengefasst und sind in dieser Form als eBook sowie als Print on demand-Publikation erhältlich. 

Leitartikel

Livio Bundi *

Die Regelung der EU-Binnenmarkt verzerrenden drittstaatlichen Subventionen auf dem Prüfstand – Überblick, Praxis und Beurteilung aus Schweizer Perspektive

Mit der Verordnung 2022/2560 hat die EU ein neues Regelwerk eingeführt, um drittstaatliche Subventionen, die den Binnenmarkt verzerren, zu überwachen und zu regulieren. Damit sollen Wettbewerbsverzerrungen durch Subventionen aus Nicht-EU-Staaten verhindert werden, insbesondere in Fällen von Übernahmen, Fusionen oder öffentlichen Vergabeverfahren. Die Verordnung ermöglicht der Kommission, Untersuchungen durchzuführen und erforderliche Massnahmen zu ergreifen, wie z.B. Rückzahlungen von Subventionen oder Untersagungen von Zusammenschlüssen. In der Praxis könnten davon bald schon Schweizer Unternehmen, die auf dem EU-Binnenmarkt tätig sind, betroffen sein. Die EU-Kommission hat bereits erste Prüfungen chinesischer Unternehmen eingeleitet, um die Einhaltung der neuen Regelungen zu gewährleisten. Der vorliegende Beitrag bietet einen Überblick über die EU-Regelung von Drittstaatsubventionen und die aktuelle Kommissionspraxis. Zudem wird die praktische Relevanz der VO 2022/2560 insbesondere für Schweizer Unternehmen beleuchtet und anschliessend bewertet.

* Dr. iur. Livio Bundi ist auf öffentliches Recht spezialisierter Rechtsanwalt und Partner bei der Anwaltskanzlei Bratschi AG in Zürich. Er hat an der Universität Luzern studiert und promoviert.

Aktuelle Entwicklungen im Europarecht

Allgemeines und Institutionelles

Haushaltsplan 2025

Die Europäische Kommission hat für das Jahr 2025 einen EU-Jahreshaushalt in Höhe von 199,7 Mrd. vorgeschlagen. Besondere Bedeutung haben die Förderung des grünen und des digitalen Wandels sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen bei gleichzeitiger Stärkung der strategischen Autonomie und der globalen Rolle Europas. Grösste Posten der vorgeschlagenen Mittelzuweisung sind: 53,8 Mrd. EUR für die Gemeinsame Agrarpolitik, 49,2 Mrd. EUR für regionale Entwicklung und Kohäsion, 16,3 Mrd. EUR zur Förderung der EU-Partner und Interessen weltweit sowie 13,5 Mrd. EUR für Forschung und Innovation.

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Europäisches Semester 2024

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Europäische Kommission am 19. Juni 2024 länderspezifische Leitlinien an die Mitgliedstaaten gerichtet, um angesichts des schwierigen geopolitischen Umfelds eine robuste Wirtschaft zu schaffen, die Wettbewerbsfähigkeit, Resilienz und langfristigen Wohlstand für alle gewährleistet. In den Länderberichten werden die wirtschaftlichen, beschäftigungspolitischen und sozialen Entwicklungen in den einzelnen Mitgliedstaaten analysiert und eine Bestandsaufnahme der Umsetzung der Aufbau- und Resilienzpläne und der kohäsionspolitischen Programme vorgenommen. In den Berichten werden auch die wichtigsten Herausforderungen sowie vorrangige Reformen und Investitionen festgelegt.

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Neue Bürgerinitiativen

Die Europäische Kommission hat zwei neue Europäische Bürgerinitiativen mit den Titeln „Air-Quotas“ und „Stop Destroying Videogames“ zu registriert. Mit der Initiative „Air-Quotas“ wird die Kommission von den Unterzeichnenden aufgefordert, in jedem Land ein CO2-Quotensystem für Bürgerinnen und Bürger einzuführen, das Unternehmen anhand des Verbraucherdrucks zu CO2-Einsparungen veranlasst. Die Organisatoren der Initiative „Stop Destroying Videogames“ fordern die Kommission auf, Herausgeber, die Videospiele in der EU verkaufen oder lizenzieren, dazu zu verpflichten, solche Spiele in einem funktionalen (d.h. spielbaren) Zustand zu belassen. So sollen Herausgeber daran gehindert werden, Videospiele aus der Ferne zu deaktivieren. Beide Europäischen Bürgerinitiativen erfüllen die in den einschlägigen Rechtsvorschriften festgelegten formalen Voraussetzungen. Die Kommission ist daher der Auffassung, dass sie rechtlich zulässig sind. Eine inhaltliche Prüfung der Vorschläge hat die Kommission zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorgenommen.

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Justizbarometer 2024

Die Europäische Kommission hat am 11. Juni 2024 die zwölfte Ausgabe des EU-Justizbarometers veröffentlicht. Das Barometer gibt einen Jahresüberblick über die Effizienz, Qualität und Unabhängigkeit der Justizsysteme in den Mitgliedstaaten. Berücksichtigt werden u.a. folgende Faktoren: Modalitäten der Ernennung und Entlassung von Staatsanwälten und Generalanwälten, Förderung der Digitalisierung der Justizsysteme sowie Förderung der Beteiligung von Menschen mit Behinderungen als Fachkräfte im Justizsystem. Die Resultate des Justizbarometers fliessen in den Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2024 der Kommission ein.

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Handel

Eurobarometer zu internationalem Handel

Laut jüngster Eurobarometer-Umfrage zum internationalen Handel sind die Europäerinnen und Europäern mehrheitlich der Ansicht, dass sie vom internationalen Handel profitieren. Laut der Umfrage schätzen sie insbesondere die grössere Auswahl und erschwinglichere Preise von Produkten. Entsprechend wird die Rolle der EU im Welthandel nachdrücklich unterstützt; auch besteht grosses Interesse daran, die Handelspolitik für breitere gesellschaftliche Ziele zu nutzen.

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Migration und Asyl

Umsetzungsplan für das Migrations- und Asylpaket

Der im Juni 2024 angenommene Umsetzungsplan für das Migrations- und Asylpaket legt die wichtigsten Etappenziele fest, die die Mitgliedstaaten beim Aufbau der rechtlichen und operativen Kapazitäten erreichen müssen. Die erforderlichen Massnahmen sind in zehn Komponenten gegliedert, um die praktische Umsetzung gezielt auszurichten und zu erleichtern. Zu den Komponenten zählen u.a. ein neues System für das Migrationsmanagement an den EU-Aussengrenzen, die Gewährleistung angemessener Aufnahme- und Lebensstandards für Antragsteller, einheitlichere Asylverfahren sowie effiziente Rückkehrverfahren.

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Vereinbarung EU/Serbien zum Grenzmanagement

Die EU und Serbien haben am 25. Juni 2024 eine Vereinbarung über die operative Zusammenarbeit beim Grenzmanagement mit der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) unterzeichnet. Auf Grundlage dieser Vereinbarung kann Frontex künftig überall im Hoheitsgebiet Serbiens gemeinsame Aktionen durchführen und die ständige Reserve der Europäischen Grenz- und Küstenwache einsetzen. Einzelheiten zu Einsätzen, die auf der Grundlage dieser Statusvereinbarung durchgeführt werden, legen Frontex und die nationalen Behörden Serbiens in einem Einsatzplan fest. Entsprechende Vereinbarungen wurden seit März 2022 mit MoldauNordmazedonienMontenegro und Albanien getroffen.

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EuGH: Anerkennung des Flüchtlingsstatus

Mit Urteil vom 18. Juni 2024 hat der EuGH festgestellt, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, die von einem anderen Mitgliedstaat erlassene Entscheidung über die Zuerkennung eines Flüchtlingsstatus automatisch anzuerkennen. Es stehe ihnen allerdings frei, dies zu tun. Im Falle, dass der Status nicht übernommen wird, muss eine neue individuelle und vollständige Prüfung der Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorgenommen werden. Hierbei sind die Erwägungen der vorhergehenden Entscheidung einzubeziehen, weshalb ein Informationsaustausch der betreffenden Behörden erforderlich sei.

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Wirtschafts- und Währungspolitik

Konvergenzbericht 2024

Die Europäische Kommission hat am 26. Juni 2024 ihren Konvergenzbericht 2024 veröffentlicht. Sie bewertet in dem Bericht die Fortschritte, die nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörende Mitgliedstaaten in Richtung Einführung des Euro gemacht haben. Dies sind Bulgarien, Polen, Rumänien, Schweden, Tschechien und Ungarn. In Bezug auf die nominale Konvergenz weisen die im Bericht erfassten Mitgliedstaaten gemischte Ergebnisse auf. Keiner der Staaten erfüllt derzeit alle formalen Kriterien für den Beitritt zum Euro-Währungsgebiet. Am nächsten kommt Bulgarien, das bis auf nur eine Ausnahme sonst alle Kriterien erfüllt.

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Wettbewerb

Revision der Regionalbeihilfe-Leitlinien

Die Leitlinien für Regionalbeihilfen wurden revidiert, um es den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, für Investitionsvorhaben, die in den Anwendungsbereich der Plattform „Strategische Technologien für Europa“ (STEP) fallen, höhere Regionalbeihilfen zu gewähren. Ziel der STEP ist es, die Entwicklung und Herstellung kritischer Technologien, die für den grünen und den digitalen Wandel in der EU relevant sind, sowie die strategische Souveränität der EU zu fördern. Die Leitlinien beinhalten Regeln, nach denen die Mitgliedstaaten Unternehmen staatliche Beihilfen zur Förderung von Investitionen in benachteiligten Gebieten Europas gewähren können. Hiernach müssen die Mitgliedstaaten insbesondere Karten zur Prüfung und Genehmigung anmelden, in denen die Gebiete, die für regionale Investitionsbeihilfen in Betracht kommen, sowie der zulässige Beihilfehöchstbetrag, ausgedrückt als Prozentsatz der beihilfefähigen Investitionskosten, festgelegt sind.

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