EuZ – Zeitschrift für Europarecht – Ausgabe 04 / 2025

Über die EuZ

Die EuZ – Zeitschrift für Europarecht berichtet über die jüngsten Entwicklungen im Recht der EU sowie über die Beziehungen der Schweiz zur EU. Im Rahmen wissenschaftlicher Beiträge analysieren renommierte Experten aktuelle Rechtsfragen in allen wirtschaftsrelevanten Bereichen des EU-Rechts. Daneben informieren kurze Beiträge über neue Gesetzesvorhaben, sonstige Vorstösse der EU-Institutionen sowie Urteile des EuGH.
Die EuZ erscheint zehnmal jährlich als Open Access-eJournal. Die wissenschaftlichen Beiträge werden zudem am Ende jeden Jahres in Gestalt eines Jahrbuchs zusammengefasst und sind in dieser Form als eBook sowie als Print on demand-Publikation erhältlich. 

Leitartikel

Gábor Halmai*

Value conditionality as a new EU mechanism used against autocratizing Hungary

Hungary’s violations of the European rule of law principles in recent years have shown that the corresponding EU protection mechanisms are not effective and have no lasting impact. In order to maintain the vision of Europe as a community of values, however, it is imperative to enforce the rule of law, democracy and fundamental rights in the EU. Against this backdrop, the author analyses new forms of value conditionality in order to be able to cut foundings if a Member State does not comply with certain basic institutional requirements.

* Prof. Dr. Gábor Halmai is professor emeritus of the Eötvös Loránd University, Budapest. Between 2016 and 2022 he was Professor and Chair of Comparative Constitutional Law at the Law Department of the European University Institute. He served as Director of Graduate Studies at the Law Department from 2017 till 2021. His primary research interests are comparative and European constitutional law. He is founder and editor-in-chief of Fundamentum, the Hungarian human right quarterly, and Member of the Scientific Advisory Board of the European Yearbook on Human Rights, and of the Review of Constitutionalism and Constitutional Change (RC3). He is still active as part-time professor at European University Institute, Department of Law, in Florence.

Aktuelle Entwicklungen im Europarecht

Allgemeines und Institutionelles

Modernisierung der Kohäsionspolitik

Am 1. April 2025 hat die Europäische Kommission eine Initiative zur Überarbeitung der Kohäsionspolitik vorgelegt. Ziel dieser Initiative ist es, die Kohäsionspolitik wirksamer zu gestalten, indem die Mitgliedstaaten und Regionen ermutigt werden, in die strategischen Prioritäten der EU zu investieren, während der Schwerpunkt der Kohäsionspolitik auf der Verringerung der wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Ungleichheiten bleibt. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, einen Teil ihrer Kohäsionsfonds für den Zeitraum 2021-2027 im Rahmen der laufenden Halbzeitüberprüfung der Kohäsionspolitik auf neue Investitionen umzuprogrammieren.

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Asyl und Migration

EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten

Die Europäische Kommission hat am 16. April 2025 vorgeschlagen, bestimmte Aspekte des neuen Migrations- und Asylpakts beschleunigt umzusetzen und entsprechend eine erste EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten vorgelegt. Die Kommission schlägt vor, auf einer ersten EU-Liste Kosovo, Bangladesch, Kolumbien, Ägypten, Indien, Marokko und Tunesien zu führen. Sie ist ferner der Auffassung, dass EU-Kandidatenländer grundsätzlich die Kriterien für die Einstufung als sichere Herkunftsstaaten erfüllen, da sie auf ihrem Weg zur EU-Mitgliedschaft darauf hinarbeiten, institutionelle Stabilität als Garantie für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten zu erreichen.

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Aussen- und Sicherheitspolitik

Förderung verteidigungsbezogener Projekte aus dem EU-Haushalt

Neue gezielte Änderungen bestehender EU-Finanzierungsprogramme sollen schnellere, flexiblere und koordinierte Investitionen in die technologische und industrielle Basis der europäischen Verteidigung (EDTIB) unterstützen. Auf der Grundlage einer von der Kommission am 22. April 2025 vorgeschlagenen neuen Verordnung zur Förderung verteidigungsbezogener Investitionen im Rahmen des EU-Haushalts soll die EU ihre Verteidigungsbereitschaft 2030 stärken und den Plan „ReArm Europe“ gemäss dem Weissbuch zur Europäischen Verteidigung umsetzen. Ziel ist es, die Fähigkeiten der EU und der Mitgliedstaaten zur Entwicklung von Verteidigungsgütern, zu ihrer Produktion in grösserem Massstab und zur Innovation bei entscheidenden Verteidigungsfähigkeiten zu fördern; zugleich erhalten verteidigungsbezogene Projekte leichter Zugang zu EU-Mitteln.

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Beziehungen Schweiz/EU

Teilnahme der Schweiz an EU-Programmen

An seiner Sitzung vom 9. April 2025 hat der Bundesrat das EU-Programmabkommen (EUPA) und die dazugehörigen Protokolle in den Bereichen Bildung, Forschung, Innovation und Gesundheit gutgeheissen. Das EU-Programmabkommen (EUPA) regelt die Teilnahme der Schweiz an EU-Programmen, darunter Horizon Europe, Euratom, ITER, Digital Europe, Erasmus+ und EU4Health. Es legt auch den Grundstein für eine mögliche künftige Teilnahme an anderen EU-Programmen. Bundesrat Guy Parmelin wurde ermächtigt, dieses Abkommen zu unterzeichnen. Die Unterzeichnung wird eine rückwirkende Assoziierung per 1. Januar 2025 an Horizon Europe, dem Euratom-Programm und dem Digital Europe Programme ermöglichen. Das Abkommen tritt mit der Ratifizierung des Pakets Schweiz-EU in Kraft.

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Innere Sicherheit

Neue Strategie für die innere Sicherheit

Unter dem Namen „ProtectEU“ hat die Europäische Kommission am 1. April 2025 eine neue Strategie für die innere Sicherheit in der EU vorgestellt. Die Strategie zielt auf einen Kulturwandel beim Thema innere Sicherheit ab, wobei sie einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz verfolgt, an dem Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Forscherinnen und Forscher und die Zivilgesellschaft beteiligt sind. Sicherheitsaspekte werden bei der Entwicklung neuer Initiativen durchgängig berücksichtigt, und ein neuer europäischer Governance-Rahmen für die innere Sicherheit wird die Umsetzung der Strategie unterstützen. Zudem sollen neue Wege für den Austausch nachrichtendienstlicher Erkenntnisse gefunden und wirksamere Instrumente für die Strafverfolgung im einschlägigen Bereich entwickelt werden.

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Kommunikation und Medien

Aktionsplan zur künstlichen Intelligenz

Am 9. April 2025 hat die Europäische Kommission einen „Aktionsplan für den KI-Kontinent“ vorgelegt, dessen Ziel es, dass Europa der führende Kontinent im Bereich KI wird. Vorgesehen sind Strategien und Massnahmen in fünf Schlüsselbereichen: Die Kommission will die europäischen KI- und Hochleistungsrecheninfrastrukturen durch ein Netz von KI-Fabriken stärken. Um den Zugang zu Daten zu verbessern, sollen Datenlabore geschaffen werden, die grosse Mengen hochwertiger Daten aus verschiedenen Quellen in KI-Fabriken zusammenführen und kuratieren. Um die Nutzung von KI im öffentlichen und privaten Sektor zu stärken, wird die Kommission eine entsprechende Strategie auf den Weg bringen. Des Weiteren verfolgt die Kommission eine verstärkte Anwerbung von qualifizierten KI-Forschenden und KI-Talenten, um den steigenden Personalbedarf zu decken. Um dem steigenden Bedarf an KI-Talenten gerecht zu werden, wird die Kommission die internationale Anwerbung von hoch qualifizierten KI-Fachkräften z.B. durch Taletpools fördern.  Schliesslich plant die Kommission die Einrichtung eines Service Desks, der Unternehmen bei der Implementierung der KI-Vorschriften zu Seite stehen wird.

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Personenfreizügigkeit

Statusbericht zum Schengenraum

Mit ihrem vierten Statusbericht informiert die Kommission über die Entwicklungen im Schengenraum in den letzten Jahren und legt zugleich Prioritäten für die nächsten Jahre fest. Der Bericht hebt hervor, dass der vollständige Beitritt Bulgariens und Rumäniens zum Schengen-Raum die Wirtschaft der EU erheblich gestärkt habe. Darüber hinaus seien die Schengen-Anforderungen zu einem entscheidenden Aspekt des EU-Erweiterungsprozesses geworden, da alle Kandidatenländer zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme in die EU über voll funktionsfähige nationale Schengen-Governance-Systeme verfügen müssen. Des Weiteren haben laut Kommission verstärkte Bemühungen der EU zu einem Rückgang der irregulären Grenzübertritte an den Schengen-Aussengrenzen geführt.

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EuGH: Aufenthaltsrecht von Drittstaatsangehörigen

Mit Urteil von 10. April 2025 hat der EuGH klargestellt, dass ein Drittstaatsangehöriger, der Elternteil eines Unionsbürgers ist, im Aufnahmemitgliedstaat ein abgeleitetes Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate hat, sofern er nachweist, dass ihm sowohl in seinem Herkunftsland zu dem Zeitpunkt, als er dieses verlassen hat, als auch zu dem Zeitpunkt der Beantragung der Aufenthaltskarte von diesem Unionsbürger Unterhalt gewährt wird, wenn zwischen diesen beiden Zeitpunkten mehrere Jahre vergangen sind. Das abgeleitete Aufenthaltsrecht darf dem Drittstaatsangehörigen, der diese Voraussetzung erfüllt, nicht mit der Begründung versagt werden, dass er sich zum Zeitpunkt der Beantragung der Aufenthaltskarte nach den nationalen Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats dort illegal aufhält.

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Umwelt

Förderung kreislauforientierter und effizienter Produkte

Die Europäische Kommission hat am 16. April ihren Arbeitsplan 2025-2030 für die Verordnung über Ökodesign für nachhaltige Produkte und die Verordnung über die Energieverbrauchskennzeichnung angenommen. Der Plan enthält eine Liste von Produkten, denen bei der Einführung von Ökodesign-Anforderungen und der Energieverbrauchskennzeichnung in den nächsten fünf Jahren Vorrang eingeräumt werden sollte. Die vorrangigen Produkte für Ökodesign- und Energieverbrauchskennzeichnungsanforderungen sind Stahl und Aluminium, Textilien (mit Schwerpunkt auf Bekleidung), Möbel, Reifen und Matratzen. Diese wurden auf der Grundlage ihres Potenzials für die Kreislaufwirtschaft ausgewählt.

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Leitfäden zur Vereinfachten Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung

Die Kommission hat am 15. April 2025 neue Leitfäden zur Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung erlassen. Ziel ist es, den Verwaltungsaufwand von Unternehmen beim Nachweis darüber, dass ihre Produkte „entwaldungsfrei“ sind, zu minimieren. Neu können etwa grosse Unternehmen bestehende Sorgfaltserklärungen wiederverwenden, wenn Waren, die zuvor auf dem EU-Markt waren, wieder eingeführt werden. Auch dürfen Unternehmen neu statt für jede auf dem EU-Markt in Verkehr gebrachte Sendung oder Charge jährliche Sorgfaltserklärungen vorlegen.

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Verbraucherschutz

Schnellwarnsystem für Produktsicherheit

Die Europäische Kommission hat am 16. April 2025 ihren Jahresbericht über Safety Gate, das europäische Schnellwarnsystem für Produktsicherheit, vorgestellt. Der Bericht gibt einen Überblick über gefährliche Produkte, die vergangenes Jahr im Safety Gate gemeldet wurden. Letztes Jahr gingen 4’137 Warnmeldungen ein – die bisher höchste Zahl seit der Inbetriebnahme des Systems im Jahr 2003. Diese Zunahme der Warnmeldungen zeige die zunehmende Wirksamkeit von Safety Gate und das wachsende Vertrauen in das System, da die Behörden die Plattform häufiger nutzen, um potenzielle Gefahren für die Verbrauchersicherheit zu melden und dagegen vorzugehen.

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Wettbewerb

Digital Markets Act: Bussen gegen Apple und Meta

Die Europäische Kommission hat am 23. April 2025 festgestellt, dass Apple gegen seine Anti-Steering-Verpflichtung gemäss der Verordnung über digitale Märkte (DMA) verstossen hat und dass Meta gegen die DMA-Verpflichtung verstossen hat, den Verbrauchern die Wahl eines Dienstes zu geben, der weniger ihrer personenbezogenen Daten verwendet. Daher hat die Kommission gegen Apple und Meta Geldbussen in Höhe von 500 Mio. EUR bzw. 200 Mio. EUR verhängt. Apple und Meta sind verpflichtet, den Entscheidungen der Kommission innerhalb von 60 Tagen nachzukommen, andernfalls riskieren sie Zwangsgelder.

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