I. Einleitung
Spätestens seit der #MeToo-Bewegung hat die Thematik „sexuelle Belästigung“ Gesellschaft und Politik sensibilisiert. Dies zu Recht, verzeichnet doch auch die polizeiliche Kriminalstatistik in den letzten Jahren eine Zunahme von sexuellen Belästigungen (Art. 198 StGB).[1]Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937, SR 311.0. Mit Blick auf die niedrige Anzeigebereitschaft in der Bevölkerung weisen Fachpersonen zudem auf ein vermutungsweise noch deutlich höheres Dunkelfeld hin. Sexuelle Belästigung zeigt sich in vielfältigen Erscheinungsformen und an unterschiedlichen Tatörtlichkeiten. Dabei birgt insbesondere die stetig zunehmende Digitalisierung neue Belästigungsmöglichkeiten. Ferner ist in den vergangenen Jahren eine Zunahme von sexuellen Belästigungen im öffentlichen Raum festzustellen. Das 14. Zürcher Präventionsforum, das am 4. April 2024 in Zürich unter der Leitung von Prof. Dr. iur. Christian Schwarzenegger, Professor für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie an der Universität Zürich, Hauptmann Rolf Nägeli, Chef Kommissariat Prävention, Stadtpolizei Zürich, und Dr. iur. Aurelia Gurt, Rechtsanwältin, Associate bei Schellenberg Wittmer AG, Zürich, stattfand, setzte sich zum Ziel, einen fundierten Überblick zur Thematik „sexuelle Belästigung im öffentlichen und virtuellen Raum“ zu vermitteln und damit eine Diskussionsbasis für geeignete Präventionsansätze zu bieten. Nach der Begrüssung durch Prof. Dr. iur. Christian Schwarzenegger eröffnete Kommandant lic. iur. Beat Opplinger, Stadtpolizei Zürich, das Forum, gefolgt vom ersten Vortrag der Tagung.
II. Das Phänomen Sexuelle Belästigung
Dr. iur. Aurelia Gurt gab in ihrem Referat „Sexuelle Belästigung – Tour d’Horizon (kriminologische, juristische & kriminalpolitische Einschätzung)“ einen Überblick über das Phänomen „sexuelle Belästigung“. Sie definierte sexuelle Belästigung im rechtlichen Kontext als niederschwelligen verbalen oder tätlichen Übergriff sexueller Natur. Im sozialwissenschaftlichen Kontext fasse man jedoch alle unerwünschten Verhalten mit sexuellem Bezug oder aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit, welche die Person in ihrer Würde verletzen, unter den Begriff. Diese Belästigung kann dabei verbal durch sexualisierte Witze und Kommentare, anzügliche Bemerkungen oder herablassende Sprüche, physisch durch körperliche Annäherungen und Berührungen oder visuell durch das Beobachten oder zum Zuschauer machen der belästigten Person erfolgen. Die Tatorte sind vielfältig und reichen vom Arbeits- oder Ausbildungsplatz, dem Gesundheitswesen, dem öffentlichen Raum bis hin zur digitalen Welt. Aufgrund fehlender Hell- und Dunkelfelddaten ist eine genaue statistische Erfassung des Phänomens nicht möglich. Vorhandene Erfassungen zeigen jedoch einen klaren Trend auf: Sexuelle Belästigungen nehmen zu und werden grossmehrheitlich von männlichen Personen (98%) zu Lasten von Frauen (90%) begangen. Andere vulnerable Gruppen sind LGBTQ-Personen, insbesondere Transpersonen, sowie beeinträchtigte Personen. Neben der strafrechtlichen Normierung in Art. 198 StGB, der nach der Revision auch ausdrücklich Belästigung in Schrift und Bild umfassen wird, wird die sexuelle Belästigung teils auch privatrechtlich, z.B. im Arbeitsrecht, reguliert. Erfolgreiche Prävention muss an die Allgemeinheit gerichtete Massnahmen (Primärprävention) mit an besonders gefährdete gerichtete (Sekundärprävention) und an spezifische Tatpersonen gerichtete Massnahmen (Tertiärprävention) kombinieren. Im Anschluss hielt Dayana Mordasini, Delegierte Quartiersicherheit, Sicherheitsdepartement, Stadt Zürich, einen Vortrag zu „Sexualdelikte und Prävention – Erkenntnisse aus der Kampagne ‚Zürich schaut hin‘“. Die Kampagne „Zürich schaut hin“ ist ein gemeinsames Projekt des Sicherheits- und Präsidialdepartements, und soll durch das Verhindern von sexuellen Übergriffen für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum sorgen. Dies geschieht, indem das sexueller Belästigung und auch vielen anderen Formen von sexueller und physischer Gewalt zugrundeliegende Problem von Sexismus gezielt angegangen wird. Dabei wurden neben öffentlichen Strassen sukzessive auch andere, durch Umfragen identifizierte, Risiko-Gebiete, beispielsweise Orte des Nachtlebens und der öffentliche Verkehr adressiert und das Projekt entsprechend ausgeweitet. Durch Massnahmen wie der Einführung eines online Meldetools, Kampagne-Postern im Zürcher Verkehrsbund und verschiedenen Schulungen sollte in Zusammenarbeit mit verschiedenen „Allianzpartnern“, z.B. der Polizei, die Botschaft vermittelt werden, dass sich alle im öffentlichen Raum sicher fühlen können sollen und dass sexuelle Belästigung in jedweder Form kein akzeptables Verhalten ist. Zivilcourage solle gefördert werden. Im Zentrum der Bemühungen stand also der Opferschutz, weshalb gerade „ignorante“, aber „aufgeschlossene“ bzw. „woke“ Personen angesprochen werden sollten – dies in Abgrenzung von ignoranten und unaufgeschlossenen Personen, da potenzielle Täter gerade nicht anvisiert werden sollen. Die Umsetzung des Projekts bedurfte der Zusammenarbeit vieler Akteure, wie Polizei und VBZ, aber auch Clubs und Schulen. Die Referentin zog das Fazit, dass ein Wertewandel in der Gesellschaft möglich sei und sich auch positiv auf andere Probleme auswirke. In der anschliessenden Diskussion wurde klar, dass Verbesserungsbedarf insbesondere bei der Aufnahme und Anhandnahme von Fällen sexueller Belästigung durch die Behörden besteht. Ein weiteres Problem wurde in der Bagatellisierung des Phänomens durch den Namen „Belästigung“ selbst identifiziert, da dies der Betroffenheit nicht gerecht werde. Am Ende sei aber nicht das Ziel, möglichst viele Fälle strafrechtlich zu verfolgen, sondern die Begehung der Delikte präventiv zu verhindern.
III. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
Im Anschluss referierte Prof. Dr. Monika Schröttle, Professorin an der Hochschule Ravensburg-Weingarten und Leiterin des Forschungsbereichs „Gender, Behinderung, Menschenrechte und Gewalt“ am Institut für empirische Soziologie (IfeS) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, zum Thema „Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz“. Im Kontext des Arbeitsplatzes findet in der Schweiz Art. 4 des Gleichstellungsgesetzes[2]Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) vom 24. März 1995, SR 151.1. Anwendung. Demnach stellt sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz eine Diskriminierung dar, weshalb Arbeitgebern gegenüber ihren Arbeitnehmern eine konkrete Schutzpflicht zukommt. Eine empirische Studie im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes in Berlin aus Deutschland aus dem Jahr 2019 befasste sich mit dem Umgang mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Im Rahmen der Studie wurden repräsentative Befragungen durchgeführt und Empfehlungen für verschiedene Akteure erarbeitet. Knapp 10% der befragten Erwerbstätigen waren in den letzten drei Jahren von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betroffen. Dabei waren Frauen wesentlich häufiger betroffen als Männer und zumeist handelte es sich um wiederholte Belästigungen. Die Formen und Schweregrade dieser Belästigungen variieren und haben unterschiedliche Auswirkungen auf die betroffenen Personen. Bei den belästigenden Personen handelt es sich mehrheitlich um Männer. Zudem gehen Belästigungen am häufigsten von Kunden, Klienten bzw. Patienten und gleichgestellten Kolleginnen/Kollegen aus. Eine hohe Betroffenheit ist im Dienstleistungsbereich, aber auch in akademischen Berufen zu erkennen. Die Reaktionen auf sexuelle Belästigungen im Betrieb fallen zudem unterschiedlich aus. So haben nur wenige professionelle Hilfe bzw. Unterstützung durch Beratungsstellen oder therapeutische Einrichtungen in Anspruch genommen. Der Rechtsweg wird so gut wie nie bestritten. Der Hintergrund dafür, dass sich viele nicht oder ungenügend wehren, liegt oft darin, dass Ansprechpartner nicht bekannt sind, aber auch die Angst vor negativen Folgen für die betroffene Person. Eine besondere Schwierigkeit stellt dabei die Belästigung durch den Vorgesetzten dar. In einem letzten Teil stellt Schröttle Präventionsstrategien vor. Neben der Sensibilisierung der Mitarbeitenden eines Betriebs kommt den Führungskräften eine zentrale Rolle zu. Die vorgelebte Unternehmenskultur hat massgeblichen Einfluss auf ein belästigungsfreies Arbeitsklima und die Prävention von sexueller Belästigung. Im Vortrag von Claudia Stam, der CEO und Inhaberin der Fachstelle Mobbing und Belästigung in Zürich, lag der Fokus auf Prävention und Intervention bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, wobei praktische Einblicke geboten wurden. In einem ersten Schritt stellte Stam die Fachstelle vor. Es handelt sich dabei um ein Kompetenzzentrum, das aus Fachpersonen mit psychologischer und juristischer Ausbildung besteht, welches in den Bereichen Mobbing, sexuelle Belästigung und Diskriminierung, Betroffene und Arbeitgeber berät, interne Untersuchungen durchführt und Schulungen anbietet. Zum Thema der sexuellen Belästigung im Kontext zum Arbeitsplatz hebt Stam die Präventionsarbeit hervor. Diese besteht aus drei Säulen: Die Bezeichnung von internen oder externen Vertrauenspersonen, der Erlass eines Reglements, welche die Nulltoleranz hinsichtlich sexueller Belästigung zum Ausdruck bringt sowie die Durchführung regelmässiger Schulungen der Mitarbeitenden. Elementar für die Präventionswirkung ist zudem die Vorbildfunktion der Vorgesetzten. In der Praxis ist die Abgrenzung von sexueller Belästigung zu Flirten einerseits und Sexismus andererseits schwierig. Oftmals handelt es sich bei den Belästigten um Frauen, welche in den Kader oder innerhalb des Kaders aufsteigen wollen und Menschen in unterstellten Positionen. Zudem sind auch gleichgeschlechtlich orientierte Menschen und Frauen in traditionell männlich dominierten Berufen bzw. Männer in traditionell weiblich dominierten Berufen betroffen. Hinsichtlich der Prävention bzw. Intervention ist neben der Reaktion des Betroffenen die Rolle von Dritten von zentraler Bedeutung. Dieses kann nämlich belästigendes Verhalten fördern oder aber verhindern.
In der anschliessenden Diskussion wurde darauf hingewiesen, dass sexuelle Belästigungen häufig in Konstellationen auftreten, in denen Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse bestehen. Das trifft insbesondere auf den Arbeitsplatz zu. Die Prävention bzw. die Sensibilisierung innerhalb eines Betriebs stellt eine Herausforderung dar. Zudem sind noch einige Fragen ungelöst. So ist beispielsweise unklar, wie effektiv die Präventionsmassnahmen sind, da es durch die zunehmende Sensibilisierung auch zu mehr Meldungen von Vorfällen kommt. Dies macht eine statistische Erhebung schwierig. Prof. Dr. Schwarzenegger betont abschliessend, dass durch die Struktur der Arbeitswelt, nämlich der Möglichkeit der Sensibilisierung der Mitarbeitenden der Betriebe, ein Wertewandel herbeigeführt werden kann. Es bleibt jedoch die Frage offen, ob sich dieser Wertewandel auch auf den öffentlichen und virtuellen Sektor übertragen lässt.
IV. Weitere Problemfelder
In seinem Referat befasst sich Aner Voloder, stellvertretender Leiter der Fachstelle für Gleichberechtigung der Stadt Zürich, mit dem Problemfeld der sexuellen Belästigung im Gesundheitswesen. Trotz einer geringen Dichte an Forschungsergebnissen in diesem Bereich könne gemäss dem Referenten angesichts der hohen Zahlen von bis zu 95.6% betroffenen Pflegepersonen von einem Tatort Gesundheitswesen gesprochen werden. Dies kann einerseits auf die mit dem Beruf verbundene unvermeidbare körperliche Nähe und Intimität sowie auf die Häufigkeit von Situationen, in denen persönlichen Grenzen überschritten werden, zurückgeführt werden. Andererseits ist neben ausgeprägten Macht- und Abhängigkeitsverhältnissen auch die vermehrte Betroffenheit von Frauen in einem frauendominierten Sektor von Bedeutung. Aufgrund der oftmals mangelnden Handlungsbereitschaft durch Vorgesetzte sowie aus Angst vor Repressalien stehen Arbeitnehmende vor der Herausforderung, in kritischen Situationen angemessen zu reagieren oder zu erkennen, welche Handlungen gesetzeskonform sind. Reflexartig wird deshalb meist auf das Instrument des Strafrechts (Art. 198 StGB) zurückgegriffen, was aber aus beweistechnischer Sicht und aufgrund des Grobheitserfordernisses mit Komplikationen verbunden ist. Ein wirkungsvolleres und weitergehendes Mittel findet sich jedoch in arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie beispielsweise in den Artikeln 4 und 5 des Gleichstellungsgesetzes. Auf der präventiven Ebene befürwortet der Referent neben einer verstärkten Integration der Thematik in der Ausbildung der Mitarbeitenden und Führungskräfte auch eine Null-Toleranz-Strategie von Geschäftsleitungen. Darüber hinaus empfiehlt sich eine kontinuierliche Thematisierung und Errichtung interner oder externer Vertrauensstellen sowie die Schaffung eines betriebsinternen Regelwerks. Eine besondere Aufmerksamkeit soll auch dem Schutz von Jugendlichen als besonders vulnerable Personengruppe gelten. Die Leiterin der Landeskoordinierungsstelle Sicherheit im Nachtleben Baden-Württemberg, Pia Kuchenmüller, widmete sich in ihrem Referat der Thematik von Übergriffen im Nachtleben. Gleich zu Beginn unterstrich die Referentin die Wichtigkeit früher Prävention sexualisierter Gewalt. So wurde als Teil der Umsetzung der Istanbul Konvention mit der Kampagne „Mit Sicherheit besser feiern. nachtsam“ Präventionsmassnahmen im Kampf gegen die sexuelle Belästigung von Frauen im Nachtleben durch das Sozialministerium von Baden-Württemberg ins Leben gerufen. Insbesondere durch die spezifische Schulung auf der Ebene der Veranstalter soll der Umgang mit kritischen Situationen nähergebracht werden. Daneben ermöglicht der breitflächige Rückgriff auf Beratungsstellen als lokale Akteure die Sicherstellung der unmittelbaren Unterstützung von Betroffenen. Hierbei akzentuierte die Referentin wiederholt die Bedeutung der Vernetzung der involvierten lokalen Akteure. Ein Teil der Kampagne widmet sich jedoch auch der Einbindung der Öffentlichkeit, welcher sich durch eine klare Positionierung einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung sowie eine täterzentrierte Ansprache auszeichnet. Dies nimmt vor allem im Hinblick auf die Fussballeuropameisterschaft 2024 in Deutschland eine gewichtige Stellung ein. Die anschliessende Diskussion wird mit der Frage eingeläutet, inwiefern mit Kurzvideos und E-Learning-Tools auch in der Schweiz gearbeitet wird und wie wirksam sie sind. Mordasini weist darauf hin, dass im Gastronomiebereich ähnliche Mittel eingesetzt werden, verneint jedoch deren Anwendung bei Akteuren im Zusammenhang mit dem Nachtleben. Eine bedeutende Rolle nehmen Kurzvideos im Kontext des Gesundheitswesens ein. Gemäss Voloder kann bei ihrer Anwendung eine erhöhte Wirksamkeit angesichts der verstärkten Identifikation der Teilnehmenden im Vergleich zu einem Referat festgestellt werden. Auf die Frage, wieso nicht vermehrt täterzentriert Präventionsarbeit geleistet wird, entgegnet Voloder, dass dies bereits umgesetzt wird, indem Schulungen nicht selektiv durchgeführt werden, sondern eine aktive Integration von Führungskräften in die Weiterbildung gefördert wird. Kuchenmüller führt hingegen primär mangelnde Ressourcen gegen einen zusätzlichen Täterfokus auf, ergänzt jedoch, dass es sich bei der progressiven Schulungsarbeit auch um eine Form von Täterpräventionsarbeit handelt. Die Abschlussfrage, wie mit dem Zusammenhang von Migration und Täterschaft umgegangen wird, beantwortet Voloder mit einem Hinweis auf die konkrete Thematisierung dieses Problemfelds in den Schulungen. Auf der Seite der Betroffenen wird ein besonderes Augenmerk auf Teilnehmende mit Migrationshintergrund gelegt, bei welchen die Normalisierung von sexueller Gewalt prävalent ist.
Die stellvertretende Jugendanwältin und Doktorandin im Bereich Sexting bei Minderjährigen, Rebecca Sigg, wandte sich in ihrem Referat der sexuellen Belästigung im virtuellen Raum mit einem besonderen Fokus auf Jugendliche zu. Die Schutzbedürftigkeit dieser Bevölkerungsgruppe fusst auf dem ubiquitären Besitz von Mobiltelefonen und dem Zugang zum Internet, aber auch auf der pubertätsbedingten Entdeckung der eigenen Sexualität sowie der Konfrontation mit diversen Tätergruppen. Diese Vulnerabilität Minderjähriger im Internet spiegelt sich in der Polizeilichen Kriminalstatistik wider. Angesichts des verhältnismässig grossen Anteils jugendlicher Beschuldigten bei Cyber-Sexualdelikten zum einen, aber auch ihre überproportionale Vertretung auf der Seite der Geschädigten zum anderen, ist ihre zentrale Rolle im Tatort Cyberspace indiziert. Im Kampf gegen Cybergrooming kann in der Regel auf Art. 198 StGB zurückgegriffen werden. Obschon die Bestimmung bis anhin die sexuelle Belästigung durch Schrift oder Bild nicht ausdrücklich inkludiert hat, wird dies durch die Rechtsprechung bereits anerkannt und zukünftig im Rahmen der Revision ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen. Auch das Versenden von „Dickpics“ würde somit vom revidierten Straftatbestand erfasst werden. Unabhängig vom Alter des Empfängers bzw. des Darstellers fällt die Handlung unter den Pornografietatbestand von Art. 197 StGB. Sofern es sich beim Darsteller um eine minderjährige Person handelt, wird von harter Pornografie im Sinne von Absatz 4 ausgegangen. Ein Problemfeld hat sich unter der alten Bestimmung unter anderem auch im Bereich von „Revengeporn“ entwickelt, wo sich unter 16-jährige Opfer paradoxerweise der Herstellung und Verbreitung harter Pornografie strafbar machen können. Von der Revision betroffen sind zudem auch die Absätze 8 und 8bis, die durch die Regelung der Straflosigkeit von Darsteller bzw. Empfänger vor allem für eine Entkräftung der Strafbarkeitsproblematik in Sexting-Fällen mit involvierten Minderjährigen sorgen sollen.
V. Fazit
Im Anschluss an die Tagung fasste Prof. Dr. iur. Christian Schwarzenegger die Erkenntnisse der Tagung noch einmal zusammen und verabschiedete Hauptmann Rolf Nägeli, der seit des ersten Präventionsforums die Tagungen mitgeleitet hatte und nun in den Ruhestand tritt.