Risiko & Recht

Ausgabe 02 / 2023

Kantonales Bedrohungsmanagement und Terrorismusbekämpfung nach revidiertem BWIS

Patrice Martin Zumsteg*

Prävention ist seit jeher eine zentrale Aufgabe der Sicherheitsbehörden. Zum kantonalen Bedrohungsmanagement kommen seit dem 1. Juni 2022 die neuen Bestimmungen auf Bundesebene zur „Verhinderung terroristischer Aktivitäten“ hinzu. Der vorliegende Aufsatz untersucht, wie diese beiden Ebenen zusammenwirken. Dadurch zeigt sich, dass das Bedrohungsmanagement von Bund und Kantonen noch sehr fragmentarisch geregelt ist. Vorliegend werden Vorschläge gemacht, welche Punkte angegangen werden sollten, damit die präventive Gefahrenabwehr auf einer rechtsstaatlich hinreichenden Grundlage erfolgen kann.

* Dr. iur. Patrice Martin Zumsteg ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent für Staats- und Verwaltungsrecht an der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Winterthur. Er leitet dort den Kompetenzbereich Sicherheits- und Innovationsrecht. Überdies ist er als Rechtsanwalt bei AAK Anwälte und Konsulenten AG, Zürich, tätig. Der Autor dankt den Vertreterinnen und Vertretern der Stadt Winterthur, des Kantons Zürich und des Kantons Bern für die Offenheit und die Gespräche.

Inhalt

  1. Prävention von Gewalttaten auf Ebene der Kantone und des Bundes
  2. Bedrohungsmanagement im Kanton Zürich
    1. Entstehung des KBM
    2. Austausch von Daten
    3. Massnahmen des KBM
    4. Herausforderungen für das KBM
  3. Massnahmen zur Verhinderung terroristischer Aktivitäten
    1. Begriff und Umfang der neuen Massnahmen
    2. Vollzug der Massnahmen durch den Kanton Zürich
  4. Potenzial im Bedrohungsmanagement
  5. Zukunft des Bedrohungsmanagements
  6. Literaturverzeichnis

I. Prävention von Gewalttaten auf Ebene der Kantone und des Bundes

Das Erkennen von Warnsignalen im Vorfeld von Gewalttaten und entsprechendes vorbeugendes Handeln der Behörden wird heute als Bedrohungsmanagement umschrieben.[1]Tiefenthal, § 27 Rz. 1; vgl. für den Kanton Zürich <https://www.kbm.zh.ch/>. Dafür sind primär die Kantone zuständig, welche über die Polizeihoheit verfügen.[2]BGE 140 I 353 E. 5.1 S. 359 f.; OFK BV-Biaggini, Art. 57 Rz. 5; BSK BV-Diggelmann/Altwicker, Art. 57 Rz. 24. Gleichzeitig hat der Bund mit dem Mantelerlass „Polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus“ (PMT) einen neuen Abschnitt zur „Verhinderung terroristischer Aktivitäten“ in das BWIS[3]Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit vom 21. März 1997 (BWIS; SR 120). eingefügt.[4]Vgl. zum PMT etwa Lubishtani/Monod, passim. Die entsprechenden Bestimmungen stehen seit dem 1. Juni 2022 in Kraft.[5]Verordnung vom 4. Mai 2022 über die abschliessende Inkraftsetzung des Bundesgesetzes über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus, AS 2022 300.

Vorliegend soll am Beispiel des Kantons Zürich geklärt werden, wie das kantonale Bedrohungsmanagement mit den neuen Massnahmen des Bundes zusammenwirkt,[6]Allgemein zur Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen statt vieler: Moeckli, Rz. 4 ff. wo allenfalls noch Lücken in der Gesetzgebung vorhanden sind und wie diese geschlossen werden könnten. Nicht behandelt werden die repressiven Möglichkeiten, welche das Straf- und Strafprozessrecht bieten.[7]Einen Überblick gibt Coninx, 186 ff.; mit Fokus auf das Migrationsrecht Giraudel, passim. Ebenfalls ausgeklammert wird die Informationsbeschaffung des Bundes gestützt auf das NDG[8]Bundesgesetz über den Nachrichtendienst vom 25. September 2015 (NDG; SR 121)..

II. Bedrohungsmanagement im Kanton Zürich

1. Entstehung des KBM

Die Aufgabe der Polizei wird traditionellerweise mit der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung und der Beseitigung bereits eingetretener Störungen umschrieben.[9]Reinhard, 7 und 30 ff., m.w.H. auf die ältere Lehre. Aktuell etwa Komm. PolG/GR-Albertini, Art. 2 Rz. 2. Die Prävention ist demnach fester Bestandteil der polizeilichen Arbeit. Dies ergibt sich auch aus den Normen, welche die Zuständigkeit der Polizei im Kanton Zürich umschreiben: § 3 Abs. 1 PolG/ZH[10]Polizeigesetz des Kantons Zürich vom 23. April 2007 (PolG/ZH; LS 550.1). und § 9 POG/ZH[11]Polizeiorganisationsgesetz des Kantons Zürich vom 29. November 2004 (POG/ZH; LS 551.1). nennen die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung als (sicherheits‑)polizeiliche Aufgabe.[12]Vgl. Komm. PolG/ZH-Schindler/Widmer, § 3 Rz. 9 ff. Die Verhinderung von Straftaten, welche § 3 Abs. 2 lit. a PolG/ZH und § 8 Abs. 1 POG/ZH adressieren, weist die letztere Bestimmung zwar gemäss ihrer Marginalie den kriminalpolizeilichen Aufgaben zu.[13]Zur Abgrenzung von Sicherheits- und Kriminalpolizei vgl. Berger, 343 ff. Die Gesetzessystematik ändert aber nichts daran, dass die Tätigkeit des Verhinderns strafbarer Handlungen kriminalpräventiv ist.[14]Komm. PolG/ZH-Schindler/Widmer, § 3 Rz. 14. Ebenso sind der Schutz und die Unterstützung von Personen, die i.S.v. §§ 1 f. GSG/ZH[15]Gewaltschutzgesetz des Kantons Zürich vom 19. Juni 2006 (GSG/ZH; LS 351). von häuslicher Gewalt und Stalking betroffen sind, als präventiv-polizeilich zu charakterisieren.[16]Vgl. Antrag und Weisung des Regierungsrates des Kantons Zürich vom 6. Juli 2005, ABl 2005, 762 ff., 768 f. und 771, wonach das GSG/ZH als Ergänzung zum strafrechtlichen und zivilrechtlichen … Continue reading Dasselbe gilt schliesslich für die Massnahmen zur Verhinderung gewalttätigen Verhaltens anlässlich von Sportveranstaltungen nach dem sogenannten Hooligan-Konkordat.[17]Gesetz über den Beitritt zum Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen des Kantons Zürich vom 18. Mai 2009 (LS 551.19), vgl. die Zweckumschreibung in Art. 1; … Continue reading

Obwohl die Prävention demnach eine klassische polizeiliche Aufgabe und mehrfach gesetzlich verankert ist,[18]Nach hier vertretener Ansicht entsprechend verwirrlich bei Simmler/Markwalder, 18. besteht im Kanton Zürich noch nicht sehr lange ein Bedrohungsmanagement im eingangs erwähnten Sinn. Das Kantonale Bedrohungsmanagement (KBM) wurde durch den Doppelmord in Pfäffikon am 15. August 2011 angestossen.[19]RRB 659/2012; Reinhard Brunner, 17 f. Im Nachgang zu diesem Vorfall wurde eine Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Behörden institutionalisiert mit dem Ziel, durch ein schnelles und situationsgerechtes Handeln eine Eskalation von Gefahrensituationen hin zu Gewaltdelikten möglichst zu verhindern.[20]Brunner, 18 ff.; Tiefenthal, § 27 Rz. 6. Nach der Dienstanweisung für Gefährderansprachen der Kantonspolizei Zürich gilt folgende Definition:[21]Eine verbindliche wissenschaftliche oder rechtliche Definition fehlt zur Zeit, vgl. Guldimann/Brunner/Habermeyer, 231. „Als Gefährderin/Gefährder gilt eine Person, die durch ihr Verhalten und/oder ihre Äusserungen (Warnsignale) begründet Anlass zu ernsthaften Befürchtungen gibt, dass sie in absehbarer Zeit eine Gewalttat gegen die physische, psychische und/oder sexuelle Integrität zum Nachteil von Dritten begehen könnte und diese dadurch in ihrer Handlungsfreiheit beeinträchtigt (Gefährdungssituation)“.[22]Zitiert nach Brunner et al., 7. Die Schwelle der Anwendbarkeit ist entsprechend tief; bereits das Äussern einer Drohung kann genügen.[23]Guldimann/Brunner/Habermeyer, 230; Simmler et al., 5.

Zur besseren Einschätzung möglicher Bedrohungssituationen wurde – unter Einbezug der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich – die Fachstelle Forensic Assessment (FFA) geschaffen, welche die Behörden bei der Einschätzung möglicher Bedrohungssituationen unterstützt.[24]RRB 1005/2015; Guldimann/Brunner/Habermeyer, 231. Zusätzlich gibt die FFA auch Interventionsempfehlungen für das Fallmanagement ab, kann für Einvernahmen beigezogen werden und bietet ein forensisches Coaching in Kliniken an.[25]RRB 328/2021; Guldimann/Brunner/Habermeyer, 231 f. In der Praxis der Schweizer Behörden korrelieren psychische Erkrankungen und Gewaltpotenzial offenbar häufig.[26]RRB 1081/2015, S. 7 f.; RRB 184/2019, S. 16 f.; Simmler et al., 23 f. Für terroristische Gefährder kommt eine internationale Meta-Studie aus dem Jahr 2022 allerdings zum Schluss, dass diese Personen nicht signifikant mehr psychische Problem aufweisen, als dies bei der Allgemeinbevölkerung der Fall ist.[27]Sarma/Carthy/Cox, passim.

Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat die Gewaltprävention in den Jahren 2011 bis 2022 jeweils als Legislaturschwerpunkt definiert und so das KBM stetig weiterentwickelt.[28]RRB 1081/2015; RRB 184/2019. Dieses bildet inzwischen ein weitverzweigtes Netzwerk um die polizeilichen Fachstellen der Kantonspolizei Zürich sowie der Stadtpolizeien Zürich und Winterthur.[29]Vgl. <https://www.kbm.zh.ch/partnerorganisationen>. Für die im Jahr 2023 begonnene Legislatur hat der Regierungsrat einen Schwerpunkt „Gewalt gegen Frauen und Häusliche Gewalt“ gebildet. Die weiteren Projekte des KBM werden „im Regelbetrieb der beteiligten Stellen“ fortgesetzt.[30]RRB 351/2023, 11.

Im Zentrum des KBM nach Zürcher Zuschnitt, wie überhaupt des Bedrohungsmanagements, steht das Zusammenführen von Wissen: Nur wenn Warnsignale von Privaten und Behörden erkannt und den Sicherheitsbehörden zur Kenntnis gebracht werden, können diese präventiv tätig werden.[31]Brunner, 16 f.; Tiefenthal, § 27 Rz. 2. Entsprechend legt auch der Nationale Aktionsplan zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus (NAP) grosses Gewicht auf das Zusammenwirken aller relevanten Akteure.[32]Der NAP 2023 – 2027 ist abrufbar unter <https://www.svs.admin.ch/de/themen-/praevention-radikalisierung/praevention-nap.html>. Das Erkennen von Warnsignalen ist der erste Schritt in der 4E-Strategie des KBM, an welchen sich das Einschätzen der Informationen, das Entschärfen durch ein interdisziplinäres Fallmanagement und schliesslich die Evaluation der getroffenen Massnahmen anschliessen.[33]Vgl. <https://www.kbm.zh.ch/>; Brunner et al., 5.

2. Austausch von Daten

Die erwähnte Vernetzung setzt einen Austausch von Daten voraus. Dabei verlangt jedes Bearbeiten von Daten – das Erheben, Sammeln, Verarbeiten, Aufbewahren und Weitergeben – eine hinreichende gesetzliche Grundlage.[34]Legaldefinitionen der Datenbearbeitung in Art. 3 lit. e Bundesgesetz über den Datenschutz vom 19. Juni 1992 (DSG; SR 235.1); § 3 Abs. 5 Gesetz über die Information und den Datenschutz des … Continue reading Einerseits bereits aufgrund des allgemeinen Legalitätsprinzips (Art. 5 Abs. 1 BV[35]Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV; SR 101).) und andererseits, weil die vom Datenaustausch betroffenen Personen dadurch in ihrem Anspruch auf Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung (Art. 13 BV und Art. 8 EMRK[36]Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK; SR 0.101).) tangiert werden.[37]Grabenwarter/Pabel, § 22 Rz. 9 ff.; Kiener/Kälin/Wyttenbach, § 14 Rz. 55 ff., je m.w.H. Im vorliegend interessierenden Zusammenhang dürften regelmässig Daten über administrative oder strafrechtliche Sanktionen, über die Gesundheit und über die soziale Hilfe bearbeitet werden, welche besondere Persönlichkeitsrelevanz haben.[38]Vgl. Art. 3 lit. c DSG; § 3 Abs. 4 IDG/ZH; Komm. PolG/ZH-Keller, Vorbemerkungen zu §§ 51–54b Rz. 11 f. Die Voraussetzungen, unter welchen die genannten Grundrechte zulässig eingeschränkt werden dürfen, sind deshalb streng zu handhaben.[39]Kiener/Kälin/Wyttenbach, § 14 Rz. 56. Insbesondere ist eine hinreichend bestimmte formell-gesetzliche Grundlage nötig (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BV).[40]OFK BV-Biaggini, Art. 36 Rz. 13 ff.; ebenso verlangt § 8 Abs. 2 IDG/ZH für das Bearbeiten besonderer Personendaten nach „einer hinreichend bestimmten Regelung in einem formellen Gesetz“.

Diese Grundlagen für einen Austausch von Informationen zwischen verschiedenen Behörden sind im Recht des Kantons Zürich verstreut. Die Situation ist sogar derart komplex, dass die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich eine Wegleitung über die rechtlichen „Grundlagen für den Informationsaustausch zwischen Polizei, Staatsanwaltschaften und psychiatrischen Kliniken, insbesondere im Zusammenhang mit der Unterbringung und Behandlung gewaltbereiter Personen“ erarbeitet hat.[41]Abrufbar unter … Continue reading Standardmässige Informationsflüsse sind allerdings nur zwischen der Kantonspolizei und den kommunalen Polizeien vorgesehen (§ 25 POG/ZH und §§ 52 Abs. 3 und 54 PolG/ZH).[42]Vgl. Komm. PolG/ZH-Keller, § 52 Rz. 13 f. und zum gemeinsamen Polizei-Informationssystem POLIS der Zürcher Polizeien § 54 passim; Wegleitung Informationsaustausch, 4. Wo primär das IDG/ZH und die IDV/ZH[43]Verordnung über die Information und den Datenschutz des Kantons Zürich vom 28. Mai 2008 (IDV/ZH; LS 170.41). für die Bekanntgabe von Informationen anwendbar sind, dürfen öffentliche Organe Personendaten nur weitergeben, wenn sie dazu eine besondere gesetzliche Grundlage haben.[44]§ 16 Abs. 1 lit. a und § 17 Abs. 1 lit. a IDG/ZH. Ersatzweise kann die betroffene Person im Einzelfall der Bekanntgabe zustimmen oder diese ist zur Abwendung einer drohenden Gefahr für wesentliche Rechtsgüter „unentbehrlich“.[45]§ 16 Abs. 1 lit. b und c sowie § 17 Abs. 1 lit. b und c IDG/ZH; vgl. Komm. PolG/ZH-Keller, § 52 Rz. 21.

Das Zürcher Polizeigesetz gibt eine solche spezielle Grundlage für zwei hier bedeutende Konstellationen: § 52 Abs. 4 PolG/ZH nennt Dritte als mögliche Empfänger einer Datenweitergabe durch die Polizei, so dass diese im Rahmen des KBM Privaten, etwa einer privatrechtlich geführten Klinik oder einer gefährdeten Person, Informationen weitergeben kann.[46]Komm. PolG/ZH-Keller, § 52 Rz. 19 f. Nach § 52 Abs. 5 PolG/ZH können öffentliche Organe – aber nach dem klaren Wortlaut nicht Private – Personendaten an die Polizei weitergeben, wenn sie zur Leistung von Amts- und Rechtshilfe verpflichtet sind oder die dargestellten Voraussetzungen der §§ 16 und 17 IDG/ZH vorliegen.[47]Komm. PolG/ZH-Keller, § 52 Rz. 21.

Liegt weder eine Mitteilungspflicht noch eine entsprechende Befugnis vor, kann die Bekanntgabe von behördlichen Informationen eine Amtsgeheimnisverletzung i.S.v. Art. 320 StGB[48]Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 (StGB; SR 311.0). darstellen.[49]Vgl. BSK StGB-Oberholzer, Art. 320 Rz. 12 ff. Diese Strafdrohung und die komplexe Gesetzgebung tragen m.E. nicht unwesentlich dazu bei, dass das Teilen von Informationen nach wie vor eine grosse Herausforderung des Zürcher KBM ist.[50]Gespräch vom 24. November mit der Stadtpolizei Winterthur, Thomas Egloff und Oliver Wälchli, Dienstchef Gewaltschutz, Notizen des Gesprächs beim Autor vorhanden (zit.: Gespräch mit der … Continue reading

Demgegenüber hat sich der Kanton Bern für eine einfachere Lösung entschieden, was den Informationsaustausch zwischen Behörden betrifft:[51]Vgl. auch die §§ 61a ff. Gesetz betreffend die Kantonspolizei des Kantons Basel-Stadt vom 13. November 1996 (PolG/BS; SG 510.100). Art. 146 Abs. 1 PolG/BE[52]Polizeigesetz des Kantons Bern vom 10. Februar 2019 (PolG/BE; BSG 551.1). schafft ein allgemeines Melderecht sämtlicher kantonaler und kommunaler Behörden. Personendaten, einschliesslich besonders schützenswerter Personendaten, dürfen der Kantonspolizei und den Polizeiorganen der Gemeinden bekannt gegeben werden, wenn dies zu deren Aufgabenerfüllung notwendig ist. Vorbehalten werden nur besondere Geheimhaltungspflichten, aber nicht das allgemein für Behörden geltende Amtsgeheimnis. Der Vortrag nennt als Beispiele Geheimhaltungspflichten aus der Sozialhilfe- oder Opferhilfegesetzgebung.[53]Antrag und Vortrag des Regierungsrates des Kantons Bern an den Grossen Rat zum Polizeigesetz (PolG) vom 5. Juli 2017, S. 67. Art. 146 Abs. 2 PolG/BE statuiert eine allgemeine Meldepflicht sämtlicher Behörden an die Kantonspolizei „ohne Rücksicht auf Geheimhaltungspflichten“, wenn eine „ernsthafte Gefahr für hochwertige Rechtsgüter wie namentlich Leib und Leben“ besteht oder droht. Damit können sich amts- und berufsgeheimnispflichtige Personen wie etwa Ärztinnen und Pfarrer auf Art. 14 StGB (gesetzlich erlaubte Handlung) berufen und eine mögliche Straftat gegen die Amts- und Berufspflichten rechtfertigen.[54]Vortrag PolG/BE (Fn. 54), S. 67 f., m.w.H. Zentral ist aber auch im Kanton Bern die Kenntnis sämtlicher Behörden über diese Rechtsgrundlagen.[55]Gespräch vom 24. November 2022 mit der Kantonspolizei Bern, Kriminalabteilung, Cédric Meyrat, Notizen des Gesprächs beim Autor vorhanden (zit.: Gespräch mit der Kantonspolizei Bern).

3. Massnahmen des KBM

Die kantonalen Rechtsgrundlagen stellen eine ganze Reihe von polizeilichen Zwangsmassnahmen zur Verfügung.[56]Vgl. die einschlägigen Erlasse vorne II.1. Tatsächlich ist für das KBM aber die sogenannte Gefährderansprache zentral.[57]Guldimann/Brunner/Habermeyer, 232. Diese hat keine besondere gesetzliche Grundlage und ist entsprechend freiwillig.[58]Guldimann/Brunner/Habermeyer, 232, mit dem Hinweis, dass bei einem laufenden Strafverfahren als Ersatzmassnahme eine Auflage zur Zusammenarbeit mit dem Gewaltschutz verfügt werden kann.

Zunächst wird die Gesprächsbereitschaft der gefährdenden Person abgeklärt und diese im positiven Fall zu Hause, am Arbeitsplatz oder an einem öffentlichen Ort besucht. Die Gewaltschützer führen die Ansprachen in der Regel in Zivil und zu zweit durch. Dabei werden im Wesentlichen zwei Ziele verfolgt: Einerseits sollen Informationen für eine besser abgestützte Risikoeinschätzung gewonnen werden. Andererseits soll das Gespräch risikoreduzierend wirken, indem Unterstützungsmassnahmen angeboten sowie rechtliche und gesellschaftliche Verhaltensnormen verdeutlicht werden.[59]Zum Ganzen Guldimann/Brunner/Habermeyer, 232 ff., m.w.H. Die Teilnahme an einer Gefährderansprache ist zwar freiwillig, aber die kontaktierten Personen lassen sich in mehr als 80 % der Fälle auf ein oder mehrere Gespräche mit dem Gewaltschutz und der FFA ein. Teilweise wird der Kontakt mit den Behörden sogar explizit geschätzt, weil den Gefährdern ausführlich Gehör gewährt wird.[60]Guldimann/Brunner/Habermeyer, 236, m.w.H.

In der Lehre wird das Fehlen einer expliziten Rechtsgrundlage kritisiert. Zutreffend wird darauf hingewiesen, dass im Strafprozess die Rechtsstellung der betroffenen Person und die ihr gegenüber bestehenden Informationspflichten stark ausgebaut sind, während entsprechende Regelungen im kantonalen Polizeirecht weitgehend fehlen.[61]Simmler et al., 3 f., m.w.H. Dem wird entgegengehalten, dass die Gefährderansprache offen stattfindet. Die betroffene Person soll gerade wissen, dass ihr problematisches Verhalten erkannt worden ist und sie deswegen von den Behörden kontaktiert wird, worauf sie sich freiwillig entscheiden kann, mit diesen zusammenzuarbeiten.[62]Guldimann/Brunner/Habermeyer, 236.

Nach hier vertretener Auffassung tangiert das KBM die persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) und den Anspruch auf Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung (Art. 13 BV und Art. 8 EMRK) einer betroffenen Person. Wird doch ein problematisches Verhalten mit ihr in Verbindung gebracht, welches so schwerwiegend ist, dass die Behörden weitere Abklärungen treffen möchten. Entsprechend sind die Voraussetzungen von Art. 36 BV für das staatliche Handeln einzuhalten, wozu eine hinreichende gesetzliche Grundlage gehört (Art. 36 Abs. 1 BV).[63]Ausführlich Kiener/Kälin/Wyttenbach, § 9 Rz. 3 ff. Insoweit auf die Offenheit und Freiwilligkeit des KBM verwiesen wird, wird implizit ein Verzicht der Ausübung der genannten Grundrechte im Einzelfall geltend gemacht.[64]Zum Grundrechtsverzicht Kiener/Kälin/Wyttenbach, § 5 Rz. 26 ff.; Belser/Waldmann, Kap. 4 Rz. 9. Dieser Grundrechtsverzicht hängt nach überzeugender Ansicht in der Lehre von zwei Voraussetzungen ab: Erstens dürfen dem Verzicht keine zwingenden Bestimmungen entgegenstehen.[65]Kiener/Kälin/Wyttenbach, § 5 Rz. 32 ff. Zweitens muss der Verzicht freiverantwortlich und ausdrücklich erfolgen. Daraus folgt, dass der betroffene Grundrechtsträger über die Situation informiert sowie urteilsfähig sein muss und nicht unter Druck gesetzt werden darf.[66]Kiener/Kälin/Wyttenbach, § 5 Rz. 36; ähnlich Belser/Waldmann, Kap. 7 Rz. 28, die den Grundrechtsverzicht aber nur für leichte Grundrechtseingriffe zulassen wollen. Ein solcher Ausübungsverzicht scheint für das KBM möglich, wenn von Seiten der Behörden bei jeder Gefährderansprache vollumfänglich und offen informiert wird und für den Fall der Gesprächsverweigerung keinerlei negative Konsequenzen in Aussicht gestellt werden. Trotzdem ist es rechtsstaatlich wenigstens fraglich, dass auf einen regelmässigen Grundrechtsverzicht abgestellt werden muss, anstatt eine saubere gesetzliche Grundlage zu schaffen. Der Kanton Basel-Stadt hat denn auch entsprechende Normen eingeführt (§ 2 Abs. 1 Ziff. 2bis und §§ 61a ff. PolG/BS).[67]Vgl. dazu Bericht der Justiz‑, Sicherheits- und Sportkommission zum Ratschlag Kantonales Bedrohungsmanagement – Teilrevision des Polizeigesetzes (PolG) vom 21. April 2021, 18.1673.02.

4. Herausforderungen für das KBM

Neben dieser nicht restlos geklärten rechtlichen Herausforderung stellen sich auch praktische Probleme für das KBM: Erstens zeigt sich in der Praxis, dass gefährdende Personen regelmässig langfristig begleitet werden müssen, was entsprechende Ressourcen in Anspruch nimmt.[68]Gespräch mit der Stadtpolizei Winterthur; Gespräch mit der Kantonspolizei Bern. Zweitens zeigen nicht alle Betroffenen ein kooperatives Verhalten.[69]Brunner et al., 4. Dann stehen die Behörden vor der Frage, was getan werden kann, wenn das Risiko der Ausübung von Gewalttaten weiterhin als erheblich eingeschätzt wird.[70]Kritisch hinsichtlich der weiteren Verschärfung präventiv-polizeilicher Mittel und dem „Verlangen nach einem starken Staat“ Coninx, 184; vgl. auch Giraudel, Rz. 2 ff.

Soweit es sich um terroristische Gefährder handelt, wurde auf Bundesebene mit dem PMT versucht, diese Lücke zu schliessen. Diese Fokussierung ist mit Blick auf den Extremismus-übergreifenden Ansatz des NAP nicht restlos überzeugend. Präventive Massnahmen sollten „allen Formen von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus“ und ihren Ursachen entgegenwirken.[71]NAP 2023 – 2027, 6. Damit ist nicht gesagt, dass all diesen Formen für die Behörden jederzeit gleich relevant sind.[72]Zum Zeitpunkt der Gespräche steht etwa der Rechtsextremismus im Fokus; Gespräch mit der Stadtpolizei Winterthur.

III. Massnahmen zur Verhinderung terroristischer Aktivitäten

1. Begriff und Umfang der neuen Massnahmen

Als terroristische Gefährderin gilt nach Art. 23e Abs. 1 BWIS eine Person, wenn „aufgrund konkreter und aktueller Anhaltspunkte davon ausgegangen werden muss, dass sie oder er eine terroristische Aktivität ausüben wird“. Als terroristische Aktivität gelten gemäss Legaldefinition „Bestrebungen zur Beeinflussung oder Veränderung der staatlichen Ordnung, die durch die Begehung oder Androhung von schweren Straftaten oder mit der Verbreitung von Furcht und Schrecken verwirklicht oder begünstigt werden sollen“ (Art. 23e Abs. 2 BWIS).

In der Lehre wurde vor der Abstimmung über das PMT-Paket darauf hingewiesen, dass der Wortlaut dieser Bestimmungen sehr unbestimmt ist und deshalb ein erhebliches Missbrauchspotenzial besteht.[73]Coninx, 194 ff.; Mohler, Rz. 34 ff.; Zumsteg, Rz. 6 ff. Die Vorlage wurde in der Volksabstimmung allerdings angenommen.[74]Bundesratsbeschluss über das Ergebnis der Volksabstimmung vom 13. Juni 2021, BBl 2021 2135. Es ist daher nun an der Praxis und der Wissenschaft, diese Begriffe näher einzugrenzen. Da in der Botschaft geltend gemacht wurde, der Begriff der terroristischen Aktivität lehne sich an Art. 19 Abs. 2 NDG[75]Bundesgesetz über den Nachrichtendienst vom 25. September 2015 (NDG; SR 121). an, ist dieser als historisches und systematisches Auslegungselement heranzuziehen.[76]Botschaft vom 22. Mai 2019 zum Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus, BBl 2019 4751, S. 4783. Demnach muss eine konkrete Bedrohung für „ein bedeutendes Rechtsgut wie Leib und Leben oder die Freiheit von Personen“ vorliegen „oder der Bestand und das Funktionieren des Staates“ müssen betroffen sein.[77]Mohler, Rz. 28 ff., meint wohl, dass der Gesetzgeber bewusst vom Wortlaut des NDG abgewichen ist, was ihn gerade zum Schluss führt, dass keine hinreichende Normbestimmtheit vorliegt. Die zu verhindernde Gewalt ist demnach von einer ganz anderen Qualität, als diejenige, welche den Anwendungsbereich des KBM eröffnet.[78]Vgl. oben II.1. Hinzu kommen muss zudem die Absicht, die staatliche Ordnung zu beeinflussen oder zu verändern. Ein solches enges Verständnis rechtfertigt sich auch deshalb, weil das revidierte BWIS schwerwiegende Grundrechtseingriffe möglich macht, welche die Behörden gestützt auf das Polizeirecht des Kantons Zürich bisher nicht anordnen konnten.[79]Gl.M. Coninx, 193 und 197. Die nachfolgende Gegenüberstellung zeigt dies anschaulich:[80]Wie eingangs erwähnt, werden die Massnahmen des Straf- und Strafprozessrechts hier nicht behandelt, vgl. oben I. In der Tabelle jeweils in Klammern sind Normen, welche nicht im kantonalen Recht … Continue reading

BWIS PolG/ZH GSG/ZH Hooligan-Konkordat
Art. 23k Melde- und Gesprächsteilnahmepflicht (‑) (‑) ≈ Art. 6 f. Meldeauflage[81]Wie sich aus dem Wortlaut ergibt, dient diese Massnahme der Verhinderung von Gewalttätigkeiten anlässlich von Sportveranstaltungen und nicht der Durchsetzung einer Gesprächsteilnahmepflicht.
Art. 23l Kontaktverbot (‑) ≈ § 3 Abs. 2 lit. c Polizeiliche Anordnung[82]Schutzmassnahmen nach § 3 GSG/ZH gelten während 14 Tagen ab Mitteilung an die gefährdende Person (§ 3 Abs. 3 GSG/ZH), während das Kontaktverbot nach Art. 23l BWIS bis zu sechs Monate … Continue reading (‑)
Art. 23m Ein- und Ausgrenzung ≈ §§ 33 f. Wegweisung und Fernhaltung[83]In der Regel für 24 Stunden (§ 33 PolG/ZH), ausnahmsweise für höchstens 14 Tage (§ 34 Abs. 2 PolG/ZH), während die Ein- oder Ausgrenzung nach Art. 23m BWIS bis zu sechs Monate verfügt und … Continue reading ≈ 3 Abs. 2 lit. a und b Polizeiliche Anordnung[84]Schutzmassnahmen nach § 3 GSG/ZH gelten während 14 Tagen ab Mitteilung an die gefährdende Person (§ 3 Abs. 3 GSG/ZH), während die Ein- und Ausgrenzung nach Art. 23m BWIS bis zu sechs Monate … Continue reading ≈ Art. 4 f. Rayonverbot[85]Das Rayonverbot nach dem Hooligan-Konkordat kann zwar bis zu drei Jahre angeordnet werden, gilt aber nur während bestimmter Zeiten (an welchen Sportveranstaltungen stattfinden). Zudem bestehen unter … Continue reading
Art.23n Ausreiseverbot (‑) (‑) (≈ 24c BWIS Ausreisebeschränkung[86]Die Kantone können solche Ausreisebeschränkungen zur Verhinderung von Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen beantragen, welche dann durch fedpol verfügt werden (Art. 24c Abs. 5 BWIS).)
Art. 23o f. Eingrenzung auf eine Liegenschaft (‑)[87]Die Eingrenzung auf eine Liegenschaft unterscheidet sich klar vom Polizeigewahrsam i.S.v. §§ 25 ff. PolG/ZH, vgl. Coninx, S. 202. Der Kanton Bern hat hingegen einen Sicherheitsgewahrsam von bis … Continue reading (‑) (‑)[88]Die Eingrenzung auf eine Liegenschaft unterscheidet sich klar vom Polizeigewahrsam i.S.v. Art. 8 f. Hooligan-Konkordat, vgl. Coninx, 205.
Art. 23q Elektronische Überwachung und Mobilfunklokalisierung (‑) (≈ 28c ZGB Elektronische Überwachung[89]Diese Gewaltschutzmassnahme ist im ZGB verankert und wird durch ein Zivilgericht angeordnet, ohne dass die Polizei auf die Anordnung einen Einfluss haben muss. Die Massnahme wird aber durch die … Continue reading) (‑)

2. Vollzug der Massnahmen durch den Kanton Zürich

Diese neuen Massnahmen sind zwar im Bundesrecht verankert, den Kantonen kommt dabei aber eine dreifache Rolle zu: Erstens sind die Massnahmen nach BWIS subsidiär zu Massnahmen der Gefahrenabwehr durch die Kantone (Art. 23f Abs. 1 lit. b BWIS). Zweitens sind es die kantonalen oder kommunalen Behörden, welche beim Bundesamt für Polizei (fedpol) einen Antrag um Erlass einer Massnahme einreichen (Art. 23i Abs. 1 BWIS). Stellt der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) dem fedpol einen entsprechenden Antrag, sind die Kantone vorgängig anzuhören (Art. 23j BWIS). Soll die Massnahme sistiert werden, so muss sich fedpol ebenfalls mit dem betroffenen Kanton oder Gemeinde ins Einvernehmen setzen (Art. 23j Abs. 3 BWIS). Drittens ist der Vollzug der Massnahmen Sache der Kantone (Art. 23r Abs. 1 BWIS).[90]Vgl. EJPD, Erläuternder Bericht zur Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens, Verordnung über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (VPMT), Juni 2021, 28, abrufbar unter … Continue reading

Dieser ganz wesentliche Einfluss der Kantone auf das Verfahren ist folgerichtig, da ihnen die Polizeihoheit zukommt.[91]Vgl. oben I. Überdies sind es die kommunalen und kantonalen Behörden, bei welchen eine Person üblicherweise zuerst „auf dem Radar erscheint“.[92]Gespräch mit der Stadtpolizei Winterthur; Gespräch mit der Kantonspolizei Bern.

Im Kanton Zürich besteht ein Single Point of Contact (SPOC PMT), welcher bei der Kantonspolizei Zürich angesiedelt ist, der den Antrag um Erlass einer Massnahme i.S.v. Art. 23i Abs. 1 BWIS stellt.[93]Gespräch mit der Stadtpolizei Winterthur. Im Antrag „ist darzulegen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind“ und welche konkreten Massnahmen beantragt werden (Art. 23i Abs. 2 BWIS). Grundlage für den Austausch auch von besonders schützenswerten Personendaten zwischen Bund und Kantonen ist Art. 23h BWIS sowie die gestützt darauf angepassten Verordnungen.[94]AS 2022 301; die zentrale Bedeutung des Datenaustauschs wurde auch auf Bundesebene erkannt, vgl. EJPD, Erläuternder Bericht VPMT 2021, 15 f. und 28 f.

Das Gesetz verlangt einerseits, dass es sich bei der betroffenen Person um eine terroristische Gefährderin im erläuterten Sinn handelt.[95]Vgl. oben III.1. Andererseits muss die Massnahme subsidiär zu sozialen, integrativen und therapeutischen Massnahmen sowie Massnahmen des Kinder- und Erwachsenenschutzes sein (Art. 23f Abs. 1 lit. a BWIS). Überhaupt darf keine kantonale Massnahme der allgemeinen Gefahrenabwehr für die konkrete Situation mehr hinreichend sein (Art. 23f Abs. 1 lit. b BWIS). Schliesslich darf auch keine Massnahme nach der StPO angeordnet worden sein, welche dieselbe Wirkung hat, wie die Massnahme gestützt auf das revidierte BWIS (Art. 23f Abs. 1 lit. c BWIS).[96]Zur verfahrensrechtlichen Stellung eines terroristischen Gefährders Zumsteg, Rz. 29 ff. Weder das Gesetz noch die im Zuge der Umsetzung des PMT-Paktes angepassten Verordnungen legen allerdings genauer dar, wie diese Antragsbegründung erfolgen muss.[97]Vgl. AS 2022 301 und dazu EJPD, Erläuternder Bericht VPMT 2021, 1. Immerhin besteht inzwischen ein schweizweit standardisiertes Formular das in Zusammenarbeit mit dem Kanton Zürich entwickelt wurde.[98]Gespräch mit der Stadtpolizei Winterthur.

Hinsichtlich der Begründungsdichte lassen sich Erkenntnisse des Verwaltungsgerichts des Kantons Berns auf die vorliegend interessierende Konstellation übertragen: Das Verwaltungsgericht hatte sich in zwei Urteilen mit Begründungen von Wegweisungsverfügungen zu befassen.[99]Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 2. März 2009, BVR 2009 385; Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 15. Oktober 2013, BVR 2014 5. Diese konnten nach aArt. 29 Abs. 1 lit. b PolG/BE u.a. dann ausgesprochen werden, wenn der begründete Verdacht besteht, dass die betreffende Person oder „andere, die der gleichen Ansammlung zuzurechnen sind, die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden“.[100]Vgl. für den Wortlaut der Norm die Besprechung zu VGer BE, BVR 2009 385, von Jenni, 47. Dazu hielt das Gericht fest, dass sich die Beweisführung über eine Störungs- und insbesondere über eine Gefährdungssituation naturgemäss schwierig gestalte. Insoweit liege eine Beweiserleichterung nahe. Diese dürfte umso näher liegen, „je grösser der mögliche Schaden ist und je hochwertiger die gefährdeten Rechtsgüter sind“.[101]VGer BE, BVR 2009 385, E. 4.3.2. Gleichzeitig seien die Anforderungen an die Begründung umso höher, je intensiver die Wirkungen des polizeilichen Eingriffs für die betroffene Person ausfallen.[102]VGer BE, BVR 2009 385, E. 4.4.1. Auf jeden Fall muss die Dokumentation der Polizei individuell-konkrete Ausführungen zum massgeblichen Sachverhalt enthalten. Es genügt insbesondere nicht, blosse Textbausteine zu verwenden.[103]VGer BE, BVR 2014 5, E. 2.2 und 2.3; VGer BE, BVR 2009 385, E. 4.4.1 und 4.4.2.

Die Berücksichtigung der Schwere der Gefahr und der Schwere des Grundrechtseingriffs bei den gestellten Anforderungen an die Begründungsdichte ist überzeugend.[104]Jenni, 49. Nicht einzubeziehen ist ein unter dem kantonalen Polizeirecht allenfalls bestehendes Bedürfnis nach einer möglichst raschen Gefahrenabwehr, das in einem gewissen Spannungsverhältnis zur rechtsstaatlich hinreichenden Beweissicherung steht.[105]Jenni, 49. Die Massnahmen nach BWIS sind subsidiär und die verfügende Behörde einerseits sowie die antragstellende und vollziehende Behörde andererseits fallen auseinander. Es sollte deshalb regelmässig genügend Zeit bestehen, eine rechtsgenügende Begründung zu erstellen.

Die Massnahmen des BWIS sind auf zwölf (Art. 23g BWIS) respektive die Eingrenzung auf neun Monate (Art. 23o) beschränkt. Damit kann der Herausforderung, dass Personen längerfristig begleitet werden, nicht hinreichend begegnet werden.[106]Vgl. oben II.4. Zudem wird die Reintegration, die Wiederherstellung von sozialer, familiärer und gemeinschaftlicher Bindung sowie die positive Teilnahme an der Gesellschaft, von den einschlägigen Normen überhaupt nicht adressiert.[107]Begriff gemäss NAP 2023 – 2027, 13. Entsprechend schwer tut sich die Praxis damit, zu beurteilen, wann ein Fall abgeschlossen ist.[108]Gespräch mit der Stadtpolizei Winterthur.

IV. Potenzial im Bedrohungsmanagement

Aus der vorstehenden Analyse ergibt sich, dass der Kanton Zürich schon vor Inkrafttreten des PMT systematisch präventiv tätig geworden ist, nämlich im Rahmen des KBM. Dieses geht von einem weiten Begriff der Gewalt aus, die verhindert werden soll, bevor sie sich realisiert.[109]Vgl. oben II.1. Für das KBM und die Massnahme der Gefährderansprache bestehen keine spezifischen gesetzlichen Grundlagen im Zürcher Recht, was mit der Freiwilligkeit der Ansprache gerechtfertigt wird.[110]Vgl. oben II.3. Da Grundrechte der betroffenen Person durch das KBM und die Gefährderansprache tangiert werden, sollte trotz der Freiwilligkeit der Massnahme eine formell-gesetzliche Grundlage im Zürcher Recht geschaffen werden.[111]Vgl. oben II.3. Dies würde es ermöglichen, auch die Informationspflicht gegenüber der gefährdenden Person zu verankern und zu klären, auf welchem Weg Rechtsschutz erlangt werden kann.[112]Vgl. § 61d Abs. 3 PolG/BS und § 61d Abs. 2 und § 61h PolG/BS.

Hingegen bestehen im Kanton Zürich zahlreiche Normen, welche den für das KBM zentralen Datenaustausch ermöglichen. Die gesetzliche Situation ist allerdings derart unübersichtlich, dass sie dem Austausch von Informationen abträglich ist.[113]Vgl. oben II.2. Hier besteht das Potenzial für eine Vereinfachung und Verschlankung der kantonalen Rechtsgrundlagen.

Wiederum nicht adressiert wird auf kantonaler Ebene, ob und welche Massnahmen gegenüber gefährdenden Personen ergriffen werden können, die langfristig begleitet werden sollen und/oder kein kooperatives Verhalten zeigen.[114]Vgl. oben II.4. Da sich diese Herausforderung nicht nur im Kanton Zürich stellt und die betroffenen Personen ihren Wohnsitz auch wechseln können, empfiehlt sich ein interkantonal abgestimmtes Vorgehen. Neue Regelungen können in der Form des Konkordats geschlossen werden, wie dies beim Hooligan-Konkordat gelungen ist. Der Bund ist für präventiv-polizeiliche Massnahmen nämlich grundsätzlich nicht zuständig.[115]Vgl. oben I.

Für den Umgang mit terroristischen Gefährdern wurde auf Bundesebene das PMT-Paket erlassen. Angesichts der schwerwiegenden Grundrechtseinschränkungen, welche dadurch neu im präventiven Bereich ermöglicht werden, ist es zu begrüssen, dass dies durchwegs auf formell-gesetzlicher Stufe geschieht.[116]Vgl. oben III.1. Allerdings haben diese Massnahmen einen weit engeren sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich als das KBM. Das ist zwar angesichts der erwähnten Grundrechtseinschränkungen folgerichtig, steht aber in einem Spannungsfeld zum Extremismus-übergreifenden Ansatz des NAP.[117]Vgl. oben II.4. Schliesslich fehlt in der gesamten PMT-Vorlage (ebenso wie im KBM) eine Regelung hinsichtlich eines geordneten Endes des Bedrohungsmanagements – möglichst durch eine Reintegration der betroffenen Person.[118]Vgl. oben III.2. Wenn diesbezüglich neue Regeln geschaffen werden, sollte dies aufgrund der Zuständigkeitsordnung im Bundesstaat ebenfalls im Rahmen einer interkantonalen Vereinbarung geschehen.[119]So schon Zumsteg, Rz. 46.

Bei der Umsetzung der nach revidiertem BWIS möglichen Massnahmen haben die Kantone eine starke Stellung, insbesondere stellen sie in der Regel dem fedpol einen Antrag auf Verfügung dieser Massnahmen. Den anwendbaren Rechtsgrundlagen lässt sich aber nicht genauer entnehmen, wie ein solcher Antrag begründet werden muss.[120]Vgl. oben III.2. Diesbezüglich kann auf die kantonale Rechtsprechung abgestellt werden, der sich zwei Faustregeln entnehmen lassen: Je grösser die Gefahr und je hochwertiger die gefährdeten Rechtsgüter sind, desto eher darf eine Beweiserleichterung gewährt werden. Hingegen sind die Anforderungen an die Begründung umso höher, je intensiver in die Grundrechte der betroffenen Person eingegriffen werden soll.[121]Vgl. oben III.2. Weitere Grundsätze werden sich voraussichtlich im Lauf der Zeit aus der Praxis zu den neuen Massnahmen ergeben.

V. Zukunft des Bedrohungsmanagements

Zusammenfassend ist das Bedrohungsmanagement in der Schweiz noch sehr fragmentarisch geregelt. Im Kanton Zürich sollten zu folgenden Punkten Norm geschaffen werden:

  • Verankerung des KBM und insbesondere der Gefährderansprache als polizeiliche Massnahme;
  • Informationspflicht gegenüber einer gefährdenden Person und Rechtsschutz;
  • Vereinfachung der anwendbaren Rechtsgrundlagen für den Datenaustausch.

Sinnvollerweise auf interkantonaler Ebene sind folgende Punkte anzugehen:

  • Extremismus-übergreifende Massnahmen;
  • Umgang mit Personen, welche langfristig begleitet werden sollen und/oder kein kooperatives Verhalten zeigen;
  • Reintegration von gefährdenden Personen.

Wenn die Gesetzgeber auf den verschiedenen Ebenen des Bundesstaats sowie die Praxis diese Lücken schliessen, sollten sie sich bewusst sein: Die Prävention ist zwar eine Hauptaufgabe der Sicherheitsbehörden, allerdings kann es über die Zukunft naturgemäss keine Gewissheit geben. „Wie soll man beurteilen, ob eine früher schon einmal gewalttätige Person dies auch an einem bestimmten Tag in der Zukunft sein wird? Wie kann der Fussballfan beweisen, dass er sich beim nächsten Spiel gar nicht an Ausschreitungen beteiligen will?“[122]Zitat und Gedankengang aus Derin/Singelnstein, 22 f. Gleichzeitig hängen von den Prognosen der Behörden mitunter schwerwiegende Eingriffe in die Grundrechte der Einzelnen ab – und damit in einen zentralen Wert unseres Rechtsstaats.

Literaturverzeichnis

Albertini Gianfranco (Hrsg.), Polizeigesetz und Polizeiverordnung des Kantons Graubünden, 2. A., Zürich/Basel/Genf 2022, Art. 2 N 2 (zit.: Komm. PolG/GR-Bearbeiter/in, Art. XX Rz. YY).

Belser Eva Maria/Waldmann Bernhard, Grundrechte I, Allgemeine Grundrechtslehren, 2. A., Zürich/Basel/Genf 2021.

Biaggini Giovanni, BV Kommentar, 2. A., Zürich 2017.

Brunner Reinhard, Bedrohungsmanagement im Kanton Zürich – Praxisbericht zum Stand der Projekte und Entwicklungen, in: Schwarzenegger Christian/Brunner Reinhard (Hrsg.), Bedrohungsmanagement – Gewaltprävention, Zürich/Basel/Genf 2017, 15 ff.

Brunner Reinhard et al., Grundlagenpapier zur Definition von Qualitätsstandards für ein Kantonales Bedrohungsmanagement, 2022, abrufbar unter <https://www.skppsc.ch/de/wp-content/uploads/sites/2/2022/11/220929-16-1-grundlagenpapier-qualitaetsstandards-bedrohungsmanagement-d.pdf>.

Coninx Anna, Neue Terrorismusbekämpfung in der Schweiz – Grundlagen und Kritik, ZStrR 2021, 183 ff.

Derin Benjamin/Singelnstein Tobias, Die Polizei, Helfer, Gegner, Staatsgewalt, Berlin 2022.

Donatsch Andreas/Jaag Tobias/Zimmerlin Sven (Hrsg.), PolG, Kommentar zum Polizeigesetz des Kantons Zürich, Zürich/Basel/Genf 2018 (zit.: Komm. PolG/ZH-Bearbeiter/in, § XX Rz. YY).

Fleischmann Florian Samuel, Polizeirechtliche Massnahmen zur Bekämpfung der Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen, Eine systematische Darstellung der Rechtslage im Kanton Zürich, Zürich/Basel/Genf 2019.

Giraudel Alicia, Im Namen der Sicherheit, Jusletter, 17. April 2023.

Grabenwarter Christoph/Pabel Katharina, Europäische Menschenrechtskonvention, 7. A., Basel und München und Wien 2021.

Guldimann Angela/Brunner Reinhard/Habermeyer Elmar, Bedrohungsmanagement: deeskalieren, bevor etwas passiert, Forens Psychiatr Psychol Kiminol 2021, 229 ff., abrufbar unter <https://doi.org/10.1007/s11757-021-00673-w>.

Jenni Christoph, Beweisrechtliche Anforderungen an Fernhalteverfügungen – Welches Beweismass und welche Begründungsdichte sind bei polizeilichen Fernhaltemassnahmen nach bernischem Recht im Rahmen von Sportveranstaltungen erforderlich?, Sicherheit & Recht 2010, 47 ff.

Kiener Regina/Kälin Walter/Wyttenbach Judith, Grundrechte, 3. A., Bern 2018.

Lubishtani Kastriot/Monod Hadrien, Mesures policières de lutte contre le terrorisme, Analyse critique du projet de loi fédérale, Sicherheit & Recht 2020, 19 ff.

Moeckli Daniel, Sicherheitsverfassung, in: Diggelmann Oliver/Hertig Randall Maya/Schindler Benjamin (Hrsg.), Verfassungsrecht der Schweiz, Band 3, Zürich/Basel/Genf 2020, 2259 ff.

Mohler Markus H. F., PMT-Gesetz: Wichtige Bestimmungen sind weder verfassungs- noch EMRK-konform, sui generis 2021, 135 ff.

Niggli Marcel Alexander/Wiprächtiger Hans (Hrsg.), Strafrecht, Strafgesetzbuch, Jugendstrafgesetz, Basler Kommentar, 4. A., Basel 2019 (zit.: BSK StGB-Bearbeiter/in, Art. XX Rz. YY).

Reinhard Hans, Allgemeines Polizeirecht, Aufgaben, Grundsätze und Handlungen, Bern/Stuttgart/Wien 1993.

Sarma Kiran M./Carthy Sarah L./Cox Katie M., Mental disorder, psychological problems and terrorist behaviour: A systematic review and meta-analysis, Campbell Systematic Reviews 2022, abrufbar unter <https://doi.org/10.1002/cl2.1268>.

Simmler Monika/Markwalder Nora, Lasst uns über Gefährder sprechen, NZZ vom 12. Oktober 2021, 18.

Simmler Monika et al., Der Umgang mit gefährdenden Personen im Kantonalen Bedrohungsmanagement, Studienbericht, St. Gallen 2023, abrufbar unter <https://www.alexandria.unisg.ch/server/api/core/bitstreams/088a8fc4-d2f9-422d-a5b5-06ec7eb3881a/content>.

Tiefenthal Jürg Marcel, Kantonales Polizeirecht der Schweiz, Zürich/Basel/Genf 2018.

Waldmann Bernhard/Belser Eva Maria/Epiney Astrid (Hrsg.), Schweizerische Bundesverfassung (BV), Basler Kommentar, Basel 2015 (zit.: BSK BV-Bearbeiter/in, Art. XX Rz. YY).

Zimmerlin Sven, Das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus, Sicherheit & Recht 2020, 184 ff.

Zumsteg Patrice Martin, Das geplante Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen (PMT) – Verfassungsgrundlage und Verfahrensrecht, sui generis 2021, 125 ff.

Fussnoten

Fussnoten
1 Tiefenthal, § 27 Rz. 1; vgl. für den Kanton Zürich <https://www.kbm.zh.ch/>.
2 BGE 140 I 353 E. 5.1 S. 359 f.; OFK BV-Biaggini, Art. 57 Rz. 5; BSK BV-Diggelmann/Altwicker, Art. 57 Rz. 24.
3 Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit vom 21. März 1997 (BWIS; SR 120).
4 Vgl. zum PMT etwa Lubishtani/Monod, passim.
5 Verordnung vom 4. Mai 2022 über die abschliessende Inkraftsetzung des Bundesgesetzes über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus, AS 2022 300.
6 Allgemein zur Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen statt vieler: Moeckli, Rz. 4 ff.
7 Einen Überblick gibt Coninx, 186 ff.; mit Fokus auf das Migrationsrecht Giraudel, passim.
8 Bundesgesetz über den Nachrichtendienst vom 25. September 2015 (NDG; SR 121).
9 Reinhard, 7 und 30 ff., m.w.H. auf die ältere Lehre. Aktuell etwa Komm. PolG/GR-Albertini, Art. 2 Rz. 2.
10 Polizeigesetz des Kantons Zürich vom 23. April 2007 (PolG/ZH; LS 550.1).
11 Polizeiorganisationsgesetz des Kantons Zürich vom 29. November 2004 (POG/ZH; LS 551.1).
12 Vgl. Komm. PolG/ZH-Schindler/Widmer, § 3 Rz. 9 ff.
13 Zur Abgrenzung von Sicherheits- und Kriminalpolizei vgl. Berger, 343 ff.
14 Komm. PolG/ZH-Schindler/Widmer, § 3 Rz. 14.
15 Gewaltschutzgesetz des Kantons Zürich vom 19. Juni 2006 (GSG/ZH; LS 351).
16 Vgl. Antrag und Weisung des Regierungsrates des Kantons Zürich vom 6. Juli 2005, ABl 2005, 762 ff., 768 f. und 771, wonach das GSG/ZH als Ergänzung zum strafrechtlichen und zivilrechtlichen Schutz gefährdeter Personen dient.
17 Gesetz über den Beitritt zum Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen des Kantons Zürich vom 18. Mai 2009 (LS 551.19), vgl. die Zweckumschreibung in Art. 1; differenzierend Fleischmann, Rz. 813 f.
18 Nach hier vertretener Ansicht entsprechend verwirrlich bei Simmler/Markwalder, 18.
19 RRB 659/2012; Reinhard Brunner, 17 f.
20 Brunner, 18 ff.; Tiefenthal, § 27 Rz. 6.
21 Eine verbindliche wissenschaftliche oder rechtliche Definition fehlt zur Zeit, vgl. Guldimann/Brunner/Habermeyer, 231.
22 Zitiert nach Brunner et al., 7.
23 Guldimann/Brunner/Habermeyer, 230; Simmler et al., 5.
24 RRB 1005/2015; Guldimann/Brunner/Habermeyer, 231.
25 RRB 328/2021; Guldimann/Brunner/Habermeyer, 231 f.
26 RRB 1081/2015, S. 7 f.; RRB 184/2019, S. 16 f.; Simmler et al., 23 f.
27 Sarma/Carthy/Cox, passim.
28 RRB 1081/2015; RRB 184/2019.
29 Vgl. <https://www.kbm.zh.ch/partnerorganisationen>.
30 RRB 351/2023, 11.
31 Brunner, 16 f.; Tiefenthal, § 27 Rz. 2.
32 Der NAP 2023 – 2027 ist abrufbar unter <https://www.svs.admin.ch/de/themen-/praevention-radikalisierung/praevention-nap.html>.
33 Vgl. <https://www.kbm.zh.ch/>; Brunner et al., 5.
34 Legaldefinitionen der Datenbearbeitung in Art. 3 lit. e Bundesgesetz über den Datenschutz vom 19. Juni 1992 (DSG; SR 235.1); § 3 Abs. 5 Gesetz über die Information und den Datenschutz des Kantons Zürich vom 12. Februar 2007 (IDG/ZH; LS 170.4).
35 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV; SR 101).
36 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK; SR 0.101).
37 Grabenwarter/Pabel, § 22 Rz. 9 ff.; Kiener/Kälin/Wyttenbach, § 14 Rz. 55 ff., je m.w.H.
38 Vgl. Art. 3 lit. c DSG; § 3 Abs. 4 IDG/ZH; Komm. PolG/ZH-Keller, Vorbemerkungen zu §§ 51–54b Rz. 11 f.
39 Kiener/Kälin/Wyttenbach, § 14 Rz. 56.
40 OFK BV-Biaggini, Art. 36 Rz. 13 ff.; ebenso verlangt § 8 Abs. 2 IDG/ZH für das Bearbeiten besonderer Personendaten nach „einer hinreichend bestimmten Regelung in einem formellen Gesetz“.
41 Abrufbar unter <https://www.zh.ch/content/dam/zhweb/bilder-dokumente/themen/gesundheit/gesundheitsberufe/arzt_aerztin/fuersorgerische_unterbringung/wegleitung_rechtliche%20grundlagen_informationsaustausch.pdf> (zit.: Wegleitung Informationsaustausch).
42 Vgl. Komm. PolG/ZH-Keller, § 52 Rz. 13 f. und zum gemeinsamen Polizei-Informationssystem POLIS der Zürcher Polizeien § 54 passim; Wegleitung Informationsaustausch, 4.
43 Verordnung über die Information und den Datenschutz des Kantons Zürich vom 28. Mai 2008 (IDV/ZH; LS 170.41).
44 § 16 Abs. 1 lit. a und § 17 Abs. 1 lit. a IDG/ZH.
45 § 16 Abs. 1 lit. b und c sowie § 17 Abs. 1 lit. b und c IDG/ZH; vgl. Komm. PolG/ZH-Keller, § 52 Rz. 21.
46 Komm. PolG/ZH-Keller, § 52 Rz. 19 f.
47 Komm. PolG/ZH-Keller, § 52 Rz. 21.
48 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 (StGB; SR 311.0).
49 Vgl. BSK StGB-Oberholzer, Art. 320 Rz. 12 ff.
50 Gespräch vom 24. November mit der Stadtpolizei Winterthur, Thomas Egloff und Oliver Wälchli, Dienstchef Gewaltschutz, Notizen des Gesprächs beim Autor vorhanden (zit.: Gespräch mit der Stadtpolizei Winterthur); Gespräch vom 9. März 2023 mit der Kantonspolizei Zürich, Präventionsabteilung, Reinhard Brunner und Thomas Gerber, Notizen des Gesprächs beim Autor vorhanden (zit.: Gespräch mit der Kantonspolizei Zürich).
51 Vgl. auch die §§ 61a ff. Gesetz betreffend die Kantonspolizei des Kantons Basel-Stadt vom 13. November 1996 (PolG/BS; SG 510.100).
52 Polizeigesetz des Kantons Bern vom 10. Februar 2019 (PolG/BE; BSG 551.1).
53 Antrag und Vortrag des Regierungsrates des Kantons Bern an den Grossen Rat zum Polizeigesetz (PolG) vom 5. Juli 2017, S. 67.
54 Vortrag PolG/BE (Fn. 54), S. 67 f., m.w.H.
55 Gespräch vom 24. November 2022 mit der Kantonspolizei Bern, Kriminalabteilung, Cédric Meyrat, Notizen des Gesprächs beim Autor vorhanden (zit.: Gespräch mit der Kantonspolizei Bern).
56 Vgl. die einschlägigen Erlasse vorne II.1.
57 Guldimann/Brunner/Habermeyer, 232.
58 Guldimann/Brunner/Habermeyer, 232, mit dem Hinweis, dass bei einem laufenden Strafverfahren als Ersatzmassnahme eine Auflage zur Zusammenarbeit mit dem Gewaltschutz verfügt werden kann.
59 Zum Ganzen Guldimann/Brunner/Habermeyer, 232 ff., m.w.H.
60 Guldimann/Brunner/Habermeyer, 236, m.w.H.
61 Simmler et al., 3 f., m.w.H.
62 Guldimann/Brunner/Habermeyer, 236.
63 Ausführlich Kiener/Kälin/Wyttenbach, § 9 Rz. 3 ff.
64 Zum Grundrechtsverzicht Kiener/Kälin/Wyttenbach, § 5 Rz. 26 ff.; Belser/Waldmann, Kap. 4 Rz. 9.
65 Kiener/Kälin/Wyttenbach, § 5 Rz. 32 ff.
66 Kiener/Kälin/Wyttenbach, § 5 Rz. 36; ähnlich Belser/Waldmann, Kap. 7 Rz. 28, die den Grundrechtsverzicht aber nur für leichte Grundrechtseingriffe zulassen wollen.
67 Vgl. dazu Bericht der Justiz‑, Sicherheits- und Sportkommission zum Ratschlag Kantonales Bedrohungsmanagement – Teilrevision des Polizeigesetzes (PolG) vom 21. April 2021, 18.1673.02.
68 Gespräch mit der Stadtpolizei Winterthur; Gespräch mit der Kantonspolizei Bern.
69 Brunner et al., 4.
70 Kritisch hinsichtlich der weiteren Verschärfung präventiv-polizeilicher Mittel und dem „Verlangen nach einem starken Staat“ Coninx, 184; vgl. auch Giraudel, Rz. 2 ff.
71 NAP 2023 – 2027, 6.
72 Zum Zeitpunkt der Gespräche steht etwa der Rechtsextremismus im Fokus; Gespräch mit der Stadtpolizei Winterthur.
73 Coninx, 194 ff.; Mohler, Rz. 34 ff.; Zumsteg, Rz. 6 ff.
74 Bundesratsbeschluss über das Ergebnis der Volksabstimmung vom 13. Juni 2021, BBl 2021 2135.
75 Bundesgesetz über den Nachrichtendienst vom 25. September 2015 (NDG; SR 121).
76 Botschaft vom 22. Mai 2019 zum Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus, BBl 2019 4751, S. 4783.
77 Mohler, Rz. 28 ff., meint wohl, dass der Gesetzgeber bewusst vom Wortlaut des NDG abgewichen ist, was ihn gerade zum Schluss führt, dass keine hinreichende Normbestimmtheit vorliegt.
78 Vgl. oben II.1.
79 Gl.M. Coninx, 193 und 197.
80 Wie eingangs erwähnt, werden die Massnahmen des Straf- und Strafprozessrechts hier nicht behandelt, vgl. oben I. In der Tabelle jeweils in Klammern sind Normen, welche nicht im kantonalen Recht verankert sind, aber einen engen Bezug dazu aufweisen und ebenfalls präventive Wirkung entfalten sollen.
81 Wie sich aus dem Wortlaut ergibt, dient diese Massnahme der Verhinderung von Gewalttätigkeiten anlässlich von Sportveranstaltungen und nicht der Durchsetzung einer Gesprächsteilnahmepflicht.
82 Schutzmassnahmen nach § 3 GSG/ZH gelten während 14 Tagen ab Mitteilung an die gefährdende Person (§ 3 Abs. 3 GSG/ZH), während das Kontaktverbot nach Art. 23l BWIS bis zu sechs Monate verfügt und einmalig um weitere sechs Monate verlängert werden kann (Art. 23g Abs. 1 BWIS).
83 In der Regel für 24 Stunden (§ 33 PolG/ZH), ausnahmsweise für höchstens 14 Tage (§ 34 Abs. 2 PolG/ZH), während die Ein- oder Ausgrenzung nach Art. 23m BWIS bis zu sechs Monate verfügt und einmalig um weitere sechs Monate verlängert werden kann (Art. 23g Abs. 1 BWIS).
84 Schutzmassnahmen nach § 3 GSG/ZH gelten während 14 Tagen ab Mitteilung an die gefährdende Person (§ 3 Abs. 3 GSG/ZH), während die Ein- und Ausgrenzung nach Art. 23m BWIS bis zu sechs Monate verfügt und einmalig um weitere sechs Monate verlängert werden kann (Art. 23g Abs. 1 BWIS). Zudem bestehen unter dem GSG/ZH strengere Anwendungsvoraussetzungen, vgl. Coninx, 198.
85 Das Rayonverbot nach dem Hooligan-Konkordat kann zwar bis zu drei Jahre angeordnet werden, gilt aber nur während bestimmter Zeiten (an welchen Sportveranstaltungen stattfinden). Zudem bestehen unter dem Hooligan-Konkordat strengere Anwendungsvoraussetzungen, vgl. Coninx, 197 f.
86 Die Kantone können solche Ausreisebeschränkungen zur Verhinderung von Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen beantragen, welche dann durch fedpol verfügt werden (Art. 24c Abs. 5 BWIS).
87 Die Eingrenzung auf eine Liegenschaft unterscheidet sich klar vom Polizeigewahrsam i.S.v. §§ 25 ff. PolG/ZH, vgl. Coninx, S. 202. Der Kanton Bern hat hingegen einen Sicherheitsgewahrsam von bis zu 14 Tagen eingeführt, vgl. Art. 94 PolG/BE.
88 Die Eingrenzung auf eine Liegenschaft unterscheidet sich klar vom Polizeigewahrsam i.S.v. Art. 8 f. Hooligan-Konkordat, vgl. Coninx, 205.
89 Diese Gewaltschutzmassnahme ist im ZGB verankert und wird durch ein Zivilgericht angeordnet, ohne dass die Polizei auf die Anordnung einen Einfluss haben muss. Die Massnahme wird aber durch die Kantone vollzogen (Art. 28c Abs. 3 ZGB).
90 Vgl. EJPD, Erläuternder Bericht zur Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens, Verordnung über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (VPMT), Juni 2021, 28, abrufbar unter <https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/67228.pdf>.
91 Vgl. oben I.
92 Gespräch mit der Stadtpolizei Winterthur; Gespräch mit der Kantonspolizei Bern.
93 Gespräch mit der Stadtpolizei Winterthur.
94 AS 2022 301; die zentrale Bedeutung des Datenaustauschs wurde auch auf Bundesebene erkannt, vgl. EJPD, Erläuternder Bericht VPMT 2021, 15 f. und 28 f.
95 Vgl. oben III.1.
96 Zur verfahrensrechtlichen Stellung eines terroristischen Gefährders Zumsteg, Rz. 29 ff.
97 Vgl. AS 2022 301 und dazu EJPD, Erläuternder Bericht VPMT 2021, 1.
98 Gespräch mit der Stadtpolizei Winterthur.
99 Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 2. März 2009, BVR 2009 385; Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 15. Oktober 2013, BVR 2014 5.
100 Vgl. für den Wortlaut der Norm die Besprechung zu VGer BE, BVR 2009 385, von Jenni, 47.
101 VGer BE, BVR 2009 385, E. 4.3.2.
102 VGer BE, BVR 2009 385, E. 4.4.1.
103 VGer BE, BVR 2014 5, E. 2.2 und 2.3; VGer BE, BVR 2009 385, E. 4.4.1 und 4.4.2.
104 Jenni, 49.
105 Jenni, 49.
106 Vgl. oben II.4.
107 Begriff gemäss NAP 2023 – 2027, 13.
108 Gespräch mit der Stadtpolizei Winterthur.
109 Vgl. oben II.1.
110 Vgl. oben II.3.
111 Vgl. oben II.3.
112 Vgl. § 61d Abs. 3 PolG/BS und § 61d Abs. 2 und § 61h PolG/BS.
113 Vgl. oben II.2.
114 Vgl. oben II.4.
115 Vgl. oben I.
116 Vgl. oben III.1.
117 Vgl. oben II.4.
118 Vgl. oben III.2.
119 So schon Zumsteg, Rz. 46.
120 Vgl. oben III.2.
121 Vgl. oben III.2.
122 Zitat und Gedankengang aus Derin/Singelnstein, 22 f.