Risiko & Recht

Ausgabe 01 / 2024

Kinder und Jugendliche im Umfeld von Gewalt – Aufgaben und Möglichkeit der Jugendstrafrechtspflege

Alexandra Ott Müller / Sven Zimmerlin*

Der Beitrag** analysiert die Aufgaben und Möglichkeiten der Jugendstrafrechtspflege. Ausgehend von statistischen Ausführungen zur Jugendkriminalität im Allgemeinen und zur Jugendgewalt im Besonderen skizzieren die Autoren die Kernelemente des Jugendstrafrechts und -strafverfahrens, um diese hernach auf die Gewaltdelinquenz und das Bedrohungsmanagement bei jugendlichen Tätern, Opfern und Gefährdern anzuwenden. Nachfolgend werden die umfangreichen Möglichkeiten der Jugendstrafrechtspflege im Umgang mit Kindern und Jugendlichen im Umfeld von Gewalt aufgezeigt, und zwar mit Fokus auf den Kanton Zürich. Zwei Praxisbeispiele veranschaulichen den stark spezialpräventiven und interdisziplinären Charakter des Jugendstrafrechts sowie das Zusammenwirken der Jugendanwaltschaften mit den Jugenddiensten der Polizeikorps, der Jugendforensik und den Zivilbehörden zur Bewältigung dieses Phänomens.

* Sven Zimmerlin ist ehem. Oberjugendanwalt des Kantons Zürich, ehem. Hauptabteilungsleiter Ermittlungen und Mitglied der Geschäftsleitung der Stadtpolizei Winterthur und Polizeibeamter BBT. Seit 2015 ist er als Lehrbeauftragter für Strafrecht und Strafprozessrecht an der UZH tätig. Ab Sommer 2024 wird er zudem als Dozent für Strafrecht und Strafprozessrecht an der ZHAW beschäftigt sein. Er hat an der UZH studiert und promoviert sowie einen Executive Master Law & Management an der HSG erworben.
Lic. iur. Alexandra Ott Müller ist Leitende Jugendanwältin der Jugendanwaltschaft Winterthur. Seit dem Jahr 2010 ist sie in der Jugendstrafrechtspflege des Kantons Zürich tätig. Zuvor arbeitete Alexandra Ott Müller ab dem Jahr 1995 in der Erwachsenenstrafverfolgung in den Kantonen Schaffhausen und Thurgau als Untersuchungsrichterin. Sie ist ehem. Dozentin Opferhilfegesetz an der Polizeischule Ostschweiz.

** Derselbe Beitrag erscheint auch im Tagungsband zur Fachtagung Bedrohungsmanagement – Reflexion zum Stand der Entwicklungen beim Bedrohungsmanagement, Zürich 2024 (erscheint demnächst).

Inhalt

  1. Einleitung
  2. Statistiken zur Jugendkriminalität im Hellfeld
    1. Jugendurteile in der Schweiz 2022
    2. Erhebungen im Kanton Zürich 2022
      1. Daten der Jugendstrafrechtspflege
      2. Polizeiliche Kriminalstatistik
  3. Untersuchungen zum Dunkelfeld
    1. Studie „Entwicklung von Gewalterfahrungen Jugendlicher im
      Kanton Zürich 1999–2021“
    2. Studie „International Self-Report Delinquency“
  4. Jugendgewalt im Besonderen
    1. Generelle Entwicklung
    2. Täter- und Tatmerkmale
  5. Reaktion der Jugendanwaltschaften
    1. Grundzüge des Jugendstraf- und -prozessrechts
      1. Jugendstrafrecht
        1. Schutzmassnahmen
        2. Strafen
        3. Zusammentreffen von Schutzmassnahmen und Strafen
      2. Jugendstrafverfahren
        1. Örtliche und sachliche Zuständigkeit
        2. Jugendspezifische Besonderheiten des Strafverfahrens
        3. Vorsorgliche Anordnung von Schutzmassnahmen,
          Untersuchungshaft
        4. Mediation
        5. Vollzug
    2. Anwendung auf die Gewaltdelinquenz und das Bedrohungsmanagement
      1. Gewaltdelinquenz
      2. Die Interprofessionalität in der Fallbearbeitung von Jugenddelikten
      3. Bedrohungsmanagement
      4. Fallbeispiele
  6. Schluss
  7. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Wenn von Kindern und Jugendlichen im Umfeld von Gewalt die Rede ist, denkt man in erster Linie an minderjährige Opfer von Missbrauch und Gewalt im häuslichen Umfeld. Tatsächlich sind erschreckend viele Kinder von körperlicher, sexueller, psychischer und emotionaler Gewalt betroffen, wie der in Kürze erscheinende Aufsatz von Beyli und Habermeyer aufzeigen wird.[1]Ausführlich Beyli/Habermeyer, Tagungsband zur Fachtagung Bedrohungsmanagement – Reflexion zum Stand der Entwicklungen beim Bedrohungsmanagement, Zürich 2024 (erscheint demnächst).

Soll freilich der Beitrag der Jugendstrafrechtspflege bei der Bewältigung von Gewaltphänomenen thematisiert werden, so steht die Rolle von Jugendlichen als beschuldigte Personen im Vordergrund. Auf sie fokussieren die nachfolgenden Ausführungen.

II. Statistiken zur Jugendkriminalität im Hellfeld

1. Jugendurteile in der Schweiz 2022

Im Jahre 2022 wurden in der Schweiz 20797 Jugendliche verurteilt; davon betrafen 8171 Urteile Verstösse gegen das StGB (Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937, SR 311.0), 4995 solche gegen das SVG (Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958, SR 741.01), während 2891 Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz (Bundesgesetz über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe, Betäubungsmittelgesetz vom 3. Oktober 1951, SR 812.121) und 5172 Widerhandlungen gegen das Personenbeförderungsgesetz (Bundesgesetz über die Personenbeförderung vom 20. März 2009, SR 745.1) registriert werden mussten.[2]Abrufbar unter <https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kriminalitaet-strafrecht/strafjustiz/jugendurteile.html>. Delikte gegen Leib und Leben zählte man 1473 (am meisten Einfache Körperverletzungen nach Art. 123 StGB und Tätlichkeiten nach Art. 126 StGB); die Anzahl an Raubstraftaten nach Art. 140 StGB betrug 414, während Straftaten gegen die sexuelle Integrität mit einer Anzahl von 986 (grossmehrheitlich Pornografie nach Art. 197 StGB) zu Buche schlugen.[3]Abrufbar unter <https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kriminalitaet-strafrecht/strafjustiz/verurteilte-jugendliche.assetdetail.25585702.html>.

Die Gesamtbevölkerung in der Schweiz belief sich per Ende 2022 auf ca. 8’718’000 Menschen. Im strafbaren Alter von 10 bis 17 Jahren befanden sich ca. 689’000 Personen.[4]Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS, Neuchâtel), STATPOP 2022 (persönlich beim BFS angefordert); abrufbar unter … Continue reading

2. Erhebungen im Kanton Zürich 2022

Was den Kanton Zürich anbelangt, so betrugen die entsprechenden Zahlen per Ende 2022 für die Gesamtbevölkerung ca. 1’577’000 Menschen. Auch hier machten die Jugendlichen im strafbaren Alter deutlich weniger als einen Zehntel der Bevölkerung aus.

a) Daten der Jugendstrafrechtspflege

Im Kanton Zürich belief sich die Zahl sämtlicher einer Straftat bei den Jugendanwaltschaften beschuldigten Jugendlichen im Jahr 2022 auf 5994. 884 Jugendliche mit gewöhnlichem Aufenthaltsort im Kanton Zürich wurden wegen einer Gewaltstraftat verzeigt, 209 wegen Raubstraftaten und 334 mit Delikten gegen die sexuelle Integrität.[5]Abrufbar unter <https://www.zh.ch/de/news-uebersicht/medienmitteilungen/2023/04/jugendgewalt-leicht-ruecklaeufig.html>.

Sowohl die gesamtschweizerischen als auch die Zürcher Zahlen erhellen, dass eine überwiegende Mehrheit der Jugendlichen nie mit der Jugendstrafrechtspflege in Kontakt kommt. Und von jenen, die es doch einmal so weit bringen, gelingt es den Jugendanwaltschaften erfahrungsgemäss in geschätzten vier Fünfteln der Fälle, dass es beim einmaligen Kontakt bleibt; dieser wiederum beschränkt sich häufig auf schriftliche Verfahren, lassen sich doch gerade Bagatelldelikte – namentlich Übertretungen (Art. 103 StGB) – oft direkt mit Strafbefehl erledigen (zum Strafbefehlsverfahren im Jugendstrafprozess: Art. 32 JStPO; Schweizerische Jugendstrafprozessordnung vom 20. März 2009, SR 312.1).

b) Polizeiliche Kriminalstatistik

Die Anzahl der polizeilich beschuldigten Jugendlichen stieg bis 2021 kontinuierlich an; der Tiefststand war 2016, der Höchststand 2021 zu verzeichnen.[6]Abrufbar unter <https://www.zh.ch/de/sicherheit-justiz/delikte-praevention/kriminalstatistik.html>. Die deutliche Zunahme bei den Delikten gegen die sexuelle Integrität bei Minderjährigen ist auffällig; es handelt sich dabei mehrheitlich um verbotene Pornografie, die oft über Messenger-Apps unter Jugendlichen geteilt wird.[7]Antrag des Regierungsrates vom 28. Juni 2023, Beschluss des Kantonsrates zum Postulat KR-Nr. 143/2021 betreffend Strategien im Umgang mit Jugendgewalt, Kap. B.1.a.

III. Untersuchungen zum Dunkelfeld

1. Studie „Entwicklung von Gewalterfahrungen Jugendlicher im Kanton Zürich 1999–2021“

Im Rahmen der Studie „Entwicklung von Gewalterfahrungen Jugendlicher im Kanton Zürich 1999–2021“[8]Ribeaud/Loher, 1 ff. wurde vor zwei Jahren die Zürcher Jugendbefragung zum vierten Mal seit 1999 durchgeführt. Befragt wurden ungefähr 4500 Jugendliche aus der Regelschule im Kanton Zürich im Alter von 13–19 Jahren zu ihren Erfahrungen als Opfer und Täter von Gewalt.[9]Vgl. dazu und zum Folgenden die Zusammenfassung der Studie mit dem Titel „Zürcher Jugendbefragung 2021: ausgewählte Ergebnisse und Hintergrundinformation“ abrufbar unter … Continue reading

Die Opfererfahrungen der Jugendlichen nahmen zwischen 2014 (16,3% aller Jugendlichen) und 2021 (23,9% aller Jugendlichen) um fast die Hälfte zu, während sich bei den Tätern die Anteile nicht bedeutend veränderten. Bei Raub und Erpressung gab es eine erhebliche Zunahme, von der insbesondere männliche Jugendliche betroffen waren. Bei den weiblichen Jugendlichen zeigte sich ein massiv stärkerer Anstieg der sexuellen Gewalt. Diese Dunkelfeldentwicklungen decken sich seit 2014 mit den Beobachtungen im Hellfeld.

Dass seit 1999 ein stetig wachsender Anteil von delinquenten Kindern, also von Personen jünger als 13 Jahre, festzustellen ist, bereitet Sorge; desgleichen der Umstand, dass sich bei jenen ca. 10% der Jugendlichen, die insgesamt am stärksten risikobelastet sind, die Gewaltbelastung in demselben Zeitraum mehr als verdoppelt hat. Besonders diese kleine Gruppe von stark risikobelasteten Jugendlichen ist es, welche sich für die Zunahme der Jugendgewalt verantwortlich zeichnet. Sie vereinigt etliche Risikofaktoren in sich, darunter allgemeine Gewaltbefürwortung, Legal Cynicism (Rechtszynismus), schulische Demotivation, Konsum harter Drogen und Mitgliedschaft in gewalttätigen Gruppen.

Auf der Seite der Opfer verlagern sich die Gewalterfahrungen zunehmend in den öffentlichen Raum; sie halten solche Vorkommnisse vermehrt für unmotiviert und zufällig und bringen sie mit einer Gruppenzugehörigkeit in Verbindung. Auch bei Schulmobbing und Cybermobbing stellte die erwähnte Studie eine Zunahme fest.[10]Eine konzise Zusammenfassung findet sich neben dem in Fn. 9 erwähnten Factsheet auch im ebenfalls bereits hier vorgetragenen Antrag des Regierungsrates vom 28. Juni 2023, Beschluss des … Continue reading

2. Studie „International Self-Report Delinquency“

Weitere Erkenntnisse zum Dunkelfeld ergeben sich aus der International Self-Report Delinquency Study (ISRD), für die im Jahre 2021 schweizweit rund 11’000 Jugendliche aus der Regelschule im Alter von 14–15 Jahren befragt wurden.[11]Dazu und zum Folgenden ausführlich Manzoni et al. (passim). Es handelt sich um eine Befragung zu selbstberichteter Jugendkriminalität und Viktimisierung.

Im Vergleich zur Vorgänger-Studie aus dem Jahre 2013 haben vor zwei Jahren mehr Jugendliche angegeben, dass sie schon einmal ein Gewaltdelikt verübt hätten und in eine Gruppenschlägerei verwickelt gewesen seien. Zugenommen haben auch die schweren Gewaltdelikte wie Körperverletzungen und Raub. Dem entspricht, dass auch der Anteil von Jugendlichen, die Opfer der erfragten Delikte wurden, in den acht Jahren vor der Erhebung zugenommen hat. Und auch diese Studie stellte fest, dass die Zahlen aus dem Dunkelfeld mit jenen im Hellfeld gemäss der Polizeilichen Kriminalstatistik in der Tendenz gut übereinstimmen. Ferner bestätigte sich die aus der Jugenddelinquenzforschung bekannte Erkenntnis, dass der der Prozentsatz der jugendlichen Intensiv- und Mehrfachtäterschaft gering ist: 5% der Jugendlichen waren für 76% aller begangenen Delikte verantwortlich.[12]Die Studie ist online abrufbar unter <https://digitalcollection.zhaw.ch/handle/11475/25746>; vgl. insbesondere S. 39 ff. für eine Zusammenfassung und Diskussion der vorliegend … Continue reading

Als Risikofaktoren für Jugendkriminalität konnten der Umgang mit delinquenten Gleichaltrigen, die Zugehörigkeit zu einer Bande von jugendlichen Straftätern, ein geringes Mass an Selbstkontrolle, mangelnde Kontrolle und Aufsicht der Eltern, elterliche Gewalt gegen Kinder und Wohnen in problembelasteten Quartieren eruiert werden.[13]Für weitergehende Erläuterungen vgl. die Ausführungen in: Antrag des Regierungsrates vom 28. Juni 2023, Beschluss des Kantonsrates zum Postulat KR-Nr. 143/2021 betreffend Strategien im Umgang … Continue reading

IV. Jugendgewalt im Besonderen

1. Generelle Entwicklung

Die Oberjugendanwaltschaft des Kantons Zürich macht seit längerer Zeit eigene Erhebungen zur Jugendgewalt.[14]Abrufbar unter <https://www.zh.ch/de/news-uebersicht/medienmitteilungen/2023/04/jugendgewalt-leicht-ruecklaeufig.html>; die folgenden statistischen Angaben stammen aus den Analysen der … Continue reading Nachdem die bei den Jugendanwaltschaften hängig gewordenen Gewaltdelikte von 2009 bis 2015 zurückgingen, stiegen sie von 2016 bis 2021 wieder an, und zwar bei allen Arten von Gewaltstraf‌taten. Die grösste Zunahme an verzeigten Jugendlichen erfolgte von 2018 bis 2019 mit einem Anstieg von 36%.[15]Für die in diesem Abschnitt referierten statistischen Angaben sei wiederum integral verwiesen auf den vom Mitverfasser des vorliegenden Beitrages mitentworfenen Antrag des Regierungsrates vom … Continue reading

2. Täter- und Tatmerkmale

Das Durchschnittsalter der jugendlichen Gewaltstraftäter zum Tatzeitpunkt nimmt kontinuierlich ab; befand sich dieses im Jahre 2017 noch bei 15.6 Jahren, so lag es fünf Jahre später bereits bei 15.3 Jahren. Die Erhebungen bestätigen auch, dass die Zahl der 13- bis 15-jährigen beschuldigten Jugendlichen in der jüngeren Vergangenheit überdurchschnittlich stark angestiegen ist. Der Anteil dieser Alterskategorie bei den Gewaltdelikten betrug 2021 fast die Hälfte.

Jugendgewalt ist vorwiegend ein männliches Phänomen, wobei die Quote inzwischen bei ca. 90% liegt. Zu mehr als der Hälfte besuchten die Täter eine reguläre Schule. Der Anteil an verbeiständeten Jugendlichen ist seit Jahren überdurchschnittlich. Dasselbe trifft auf den Anteil an Jugendlichen in diesem Deliktsbereich zu, die über gar keine oder aber über eine professionelle Tagesstruktur verfügen. Schliesslich ist zu konstatieren, dass sich die Jugendgewalt meist gegen andere Jugendliche richtet, wobei es bei den über 16-Jährigen auf Täter- wie Opferseite vermehrt eine Vermischung mit jungen Erwachsenen gibt.

Das Verhältnis von Einzel- zu Gruppendelikten ist volatil. Bis vor zwei Jahren nahmen Einzeltaten laufend ab. Letztes Jahr (2022) stiegen sie prozentual wieder auf nicht ganz die Hälfte an. 2022 war ohnehin ein besonderes Jahr; hier gingen entgegen dem langjährigen Trend nicht nur die Gewaltstraftaten zurück, was sich 2023 nicht wiederholt hat, vielmehr verschob sich auch der Zeitpunkt der Deliktbegehung 2022 im Vergleich zum Vorjahr prozentual wieder mehr in den Tag hinein (45,2%). Der Anteil an nächtlichen Vorfällen lag bei einem Fünftel. Und wenngleich der öffentliche Raum weiterhin der primäre Tatort (35,2%) ist, stieg im Jahr 2022 der Anteil an Gewalttaten an Schulen mit 12,2% zum ersten Mal seit vier Jahren wieder an.

Zusammenfassend ist als besorgniserregender Trend festzuhalten, dass die Jugendkriminalität im Allgemeinen und die Jugendgewalt im Besonderen seit dem Tiefpunkt im Jahre 2015 mit Ausnahme eines geringfügigen Rückganges im Jahre 2022 wieder zunimmt.[16]Ege/Sigg, 25. Nicht minder zu denken gibt, dass die Täter immer jünger zu werden scheinen.

V. Reaktion der Jugendanwaltschaften

1. Grundzüge des Jugendstraf- und -prozessrechts

a) Jugendstrafrecht

Wegleitend für die Anwendung des Jugendstrafgesetzes (Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht vom 20. Juni 2003, JStG, SR 311.1) sind der Schutz und die Erziehung des Jugendlichen. Den Lebens- und Familienverhältnissen des Jugendlichen sowie der Entwicklung seiner Persönlichkeit ist besondere Beachtung zu schenken (Art. 2 JStG).

Straftaten von Jugendlichen sind vor dem Hintergrund ihres Reifezustandes und ihrer bisherigen Entwicklung zu sehen. Jugendliche sind in ihren Einstellungen und ihrem Verhalten nicht gefestigt und deshalb für pädagogische und therapeutische Massnahmen erreichbar.[17]OFK JStG-Riesen-Kupper, Vorbem. Art. 1 ff., N 1. Das täterorientierte Jugendstrafrecht unterscheidet sich insoweit stark vom Erwachsenenstrafrecht. Bei der Beurteilung von Jugendlichen gelten insbesondere, wie noch zu zeigen ist, andere Massstäbe hinsichtlich der Sanktionen (Schutzmassnahmen und Strafen), während die unter Strafe stehenden Taten sowohl im Kernstrafecht (StGB) als auch im Nebenstrafrecht (z.B. SVG) beide Täterschaftsgruppen die gleichen sind (Art. 1 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 lit. m JStG).

Weder bei den Strafen noch bei den Massnahmen steht ein staatlicher Vergeltungsgedanke im Vordergrund.[18]BSK JStG-Hug/Schläfli/Valär, Vor Art. 1, N 9. Vielmehr gilt es, das möglichst Richtige, will heissen: Passgenaue, zu tun, die Jugendlichen also genau dort abzuholen, wo sie aktuell stehen. Jugendliche sind keine „kleinen“ Erwachsenen; sie sind vulnerabel, auch die delinquenten. Die neurobiologische Entwicklung des Menschen dauert bis zur Mitte seiner 20er-Jahre.[19]Abrufbar unter <https://www.spektrum.de/frage/wann-ist-das-gehirn-erwachsen/2201094>. Nach 25 Altersjahren nimmt die Neigung zu strafbaren Handlungen kontinuierlich ab.[20]Riedo, N 223 f.

aa) Schutzmassnahmen

Im Jugendstrafrecht gehen (Schutz-)Massnahmen den Strafen vor (vgl. Art. 10 f. JStG). Alle Massnahmen enden spätestens mit Vollendung des 25. Altersjahres von Gesetzes wegen. Zu einem früheren Zeitpunkt werden Schutzmassnahmen aufgehoben, wenn ihr Zweck erreicht ist oder feststeht, dass sie keine erzieherischen oder therapeutischen Wirkungen mehr entfalten. Es ist jährlich zu prüfen, ob und wann die Massnahme aufgehoben werden kann (Art. 19 Abs. 1 und 2 JStG).

Schutzmassnahmen können nach dem Urteil geändert werden. Auch der Jugendliche und sein gesetzlicher Vertreter dürfen eine solche Änderung beantragen (Art. 18 JStG).

Die Eltern beteiligen sich im Rahmen ihrer zivilrechtlichen Unterhaltspflicht an den Kosten der Schutzmassnahmen (Art. 45 Abs. 5 JStPO). Für den Vollzug von Schutzmassnahmen gibt es staatliche Massnahmezentren, aber auch private Leistungserbringer (Privatpersonen, sozialpädagogische Einrichtungen etc.; vgl. Art. 16 Abs. 4 und Art. 27 Abs. 6 JStG sowie Art. 28 Abs. 3 und Art. 42 Abs. 2 JStPO).[21]Zur Übertragung von Vollzugsaufgaben an Private vgl. für den Kanton Zürich § 17 des Straf- und Justizvollzugsgesetzes des Kantons Zürich vom 19. Juni 2006 (StJVG, LS 331).

Das Gesetz nennt die Aufsicht, die persönliche Betreuung, die ambulante Behandlung und die Unterbringung sowie das Tätigkeits-, Rayon- und Kontaktverbot als Schutzmassnahmen (Art. 12 ff. JStG). Ihre Anordnung setzt keine schuldhafte Tatbegehung voraus, wohl aber, dass der Jugendliche einer besonderen erzieherischen Betreuung oder therapeutischen Behandlung bedarf (Art. 10 Abs. 1 JStG).

Obwohl das Gesetz die Kombination von Schutzmassnahmen nur punktuell regelt, ist eine solche mit Blick auf Art. 1 Abs. 2 lit. c JStG i.V.m. Art. 56a Abs. 2 StGB generell zulässig.[22]Riedo, N 651; a.M. mit Blick auf Art. 13 Abs. 1 JStG und unter Hinweis auf den Grundsatz der Verhältnismässigkeit DPMin-Geiger/Redondo/Tirelli, Art. 10, N 41. Sie können also auf die individuellen Bedürfnisse des Jugendlichen zugeschnitten werden. Jenny nennt acht mögliche Arten von denkbaren Kombinationen.[23]Jenny, 529 ff., 541. Zu beachten ist immerhin, dass die gleichzeitige Anordnung von mehreren Schutzmassnahmen dem Verhältnismässigkeitsprinzip zu entsprechen hat.[24]Aebersold, N 377.

Die Massnahme der Aufsicht sieht vor, dass eine Person oder Stelle bestimmt wird, der die Eltern Einblick und Auskunft über ihre Vorkehrungen zur Erziehung oder therapeutischen Behandlung der oder des Jugendlichen geben müssen (Art. 12 Abs. 1 JStG). Die Aufsicht richtet sich somit eher an die Eltern, als an die Jugendlichen. Bei der persönlichen Betreuung erhält der Jugendliche eine geeignete Person zugewiesen, welche die Eltern in ihren Erziehungsaufgaben unterstützt und den Jugendlichen persönlich betreut (Art. 13 Abs. 1 JStG). Im Rahmen einer persönlichen Betreuung kann auch eine sozialpädagogische Begleitung oder eine Tagesstruktur angeordnet werden. Leidet der Jugendliche unter psychischen Störungen, ist er in seiner Persönlichkeitsentwicklung beeinträchtigt oder ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann eine ambulante Behandlung angeordnet werden (Art. 14 Abs. 1 JStG). Kann die notwendige Erziehung und Behandlung des Jugendlichen nicht anders sichergestellt werden, so wird eine Unterbringung verfügt. Diese erfolgt namentlich bei Privatpersonen oder in Erziehungs- oder Behandlungseinrichtungen, die in der Lage sind, die erforderliche erzieherische oder therapeutische Hilfe zu leisten. Geschlossen erfolgt die Unterbringung, wenn eine solche für den persönlichen Schutz oder für die Behandlung der psychischen Störung des Jugendlichen unumgänglich oder für den Schutz Dritter vor schwer wiegender Gefährdung durch den Jugendlichen notwendig ist (Art. 15 Abs. 1 und 2 JStG).

bb) Strafen

Hat der Jugendliche schuldhaft gehandelt, so wird zusätzlich zu einer Schutzmassnahme oder als einzige Rechtsfolge eine Strafe verhängt (Art. 11 Abs. 1 JStG).[25]Zur Problematik des Verschuldensbegriffs im Jugendstrafrecht: Aebersold, N 384 ff., insb. N 390 ff. (mit Ausführungen zur Schuldfähigkeit). Kommt kein Fall der Strafbefreiung in Frage (vgl. den umfangreichen Katalog an Gründen hierfür in Art. 21 JStG), ist der Jugendliche mit einem Verweis, einer Persönlichen Leistung, einer Busse oder einem Freiheitsentzug zu bestrafen, wobei die letzteren beiden Strafen nur für im Tatzeitpunkt über 15-jährige Jugendliche in Frage kommen (vgl. Art. 22 ff. JStG).

Soweit eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Jugendlichen von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten, ist der Vollzug einer Busse, einer persönlichen Leistung oder eines Freiheitsentzuges von höchstens 30 Monaten ganz oder teilweise aufzuschieben (Art. 35 Abs. 1 JStG). Dem Jugendlichen wird eine Probezeit von mindestens sechs Monaten und höchstens zwei Jahren auferlegt, wobei ihm Weisungen erteilt werden dürfen; diese betreffen insbesondere die Teilnahme an Freizeitveranstaltungen, die Wiedergutmachung des Schadens, den Besuch von Lokalen, das Führen eines Motorfahrzeuges oder die Abstinenz von Stoffen, die das Bewusstsein beeinträchtigen. Die Jugendanwaltschaft bestimmt eine geeignete Person, in der Regel eine bei ihr arbeitenden Sozialarbeiterin, die den Jugendlichen während der Probezeit begleitet und ihr Bericht erstattet (Art. 35 Abs. 2 i.V.m. Art. 29 JStG). Bei Nichtbewährung kann der bedingte Vollzug widerrufen werden; ist trotz Nichtbewährung zu erwarten, dass der Jugendliche keine weiteren Straftaten verüben wird, so ist auf den Widerruf zu verzichten, jedoch kann der Jugendliche verwarnt und die Probezeit um höchstens ein Jahr verlängert werden (Art. 35 Abs. 1 i.V.m. Art. 31 Abs. 1 und 3 JStG).

Das Gesetz erlaubt verschiedene Kombinationen (Art. 33 JStG) und Umwandlungen (Art. 22 Abs. 2, Art. 23 Abs. 6, Art. 24 Abs. 3 und 5 JStG und Art. 26 JStG) von Strafen. Jenny zählt in seiner Abhandlung insgesamt 32 mögliche Arten der Bestrafung auf.[26]Jenny, 529 ff., 541.

Weil Jugendliche ein anderes Zeitgefühl haben als Erwachsene, diese also Monate und Jahre deutlich länger empfinden als jene, kennt das Gesetz für die Strafen sehr kurze Verjährungsfristen (vgl. Art. 36 f. JStG). Die Verfolgungsverjährung auch für sehr schwere Straftaten dauert fünf Jahre (Art. 36 Abs. 1 lit. a JStG), die Vollstreckungsverjährung auch für die schärfste Sanktion vier Jahre (Art. 37 Abs. 1 lit. a JStG).[27]Vgl. PPMin-Queloz, Art. 36, N 417, der auch noch auf die Verjährung bei Delikten von Übergangstätern hinweist. Der Vollzug jeder nach dem Jugendstrafgesetz ausgesprochenen Strafe endet spätestens, wenn der verurteilte Jugendliche das 25. Altersjahr vollendet (Art. 37 Abs. 2 JStG).

Der Verweis bedeutet eine förmliche Missbilligung der Tat (Art. 22 Abs. 1 JStG) und ist vergleichbar mit einer gelben Karte im Fussballspiel.[28]BSK JStG-Hug/Schläfli/Valär, Art. 22, N 6. Bei einer persönlichen Leistung im Sinne von Art. 23 JStG muss der Jugendliche unentgeltlich zugunsten von sozialen Einrichtungen, von Werken im öffentlichen Interesse, von hilfsbedürftigen Personen oder des Geschädigten mit deren Zustimmung tätig werden, wobei die Leistung dem Alter und den Fähigkeiten des Jugendlichen zu entsprechen hat; als persönliche Leistung kann auch die Teilnahme an Kursen oder ähnlichen Veranstaltungen angeordnet werden. Für unter 15-Jährige beträgt die maximale Dauer zehn Tage, für über 15-Jährige drei Monate. Jugendliche, die zur Zeit der Tat das 15. Altersjahr vollendet haben, können mit Busse bestraft werden; diese beträgt höchstens 2000 Franken und ist unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Jugendlichen festzusetzen (Art. 24 Abs. 1 JStG). Begeht ein Jugendlicher nach Vollendung des 15. Altersjahres ein Verbrechen oder ein Vergehen, so kann er mit Freiheitsentzug von einem Tag bis zu einem Jahr bestraft werden (Art. 25 Abs. 1 JStG). Hat er zur Zeit der Tat das 16. Altersjahr vollendet, wird er mit Freiheitsentzug bis zu vier Jahren bestraft, wenn er ein Verbrechen begangen hat, das nach dem für Erwachsene anwendbaren Recht mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bedroht ist oder eine Tat nach den Artikeln 122 StGB (Schwere Körperverletzung), Art. 140 Ziff. 3 StGB (Bandenmässiger oder besonders gefährlicher Raub) oder Artikel 184 StGB (Qualifizierte Freiheitsberaubung und Entführung) begangen und dabei besonders skrupellos gehandelt hat, namentlich wenn der Beweggrund des Jugendlichen, der Zweck der Tat oder die Art ihrer Ausführung eine besonders verwerfliche Gesinnung offenbaren (Art. 25 Abs. 2 JStG).

cc) Zusammentreffen von Schutzmassnahmen und Strafen

Die Unterbringung geht dem Vollzug eines gleichzeitig ausgesprochenen oder eines wegen Widerruf oder Rückversetzung vollziehbaren Freiheitsentzuges vor. Wird der Freiheitsentzug nach der Unterbringung vollzogen, ist die mit der Unterbringung verbundene Freiheitsbeschränkung anzurechnen (Art. 32 Abs. 1 und 3 JStG). Aufgeschoben werden kann ein gleichzeitig ausgesprochener oder ein wegen Widerruf oder Rückversetzung vollziehbarer Freiheitsentzug zu Gunsten der ambulanten Behandlung, der persönlichen Betreuung oder der Aufsicht (Art. 32 Abs. 4 JStG). Im Verhältnis von Unterbringung und unbedingtem Freiheitsentzug gilt also zwingend ein dualistisch-vikariierender Vollzug; im Verhältnis der anderen Schutzmassnahmen zum unbedingten Freiheitsentzug ist dieser vikariierende Dualismus fakultativ.[29]Sehr schön herausgearbeitet und dargestellt von Ege/Sigg, 87.

Multipliziert man die acht denkbaren Massnahmekombinationen mit den 32 möglichen Arten der Bestrafung[30]Vgl. Kap. V.1.a)aa) und Kap. V.1.a)bb) hiervor., dann ergibt dies eine Gesamtzahl von 256 Sanktionsmöglichkeiten im Jugendstrafrecht. Mit Hinblick auf den streng präventiven Charakter dieses Regimes ist das zwar durchaus zu begrüssen, erlaubt es der Praxis doch, auf den Jugendlichen massgeschneiderte Rechtsfolgen anzuordnen. Aus der Optik des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebotes (Art. 1 StGB) ist diese Vielfalt jedoch nicht unproblematisch.[31]Vgl. DPMin-Geiger/Redondo/Tirelli, Art. 10, N 7, welche diesbezüglich zurecht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz hinweisen. „Es verwundert daher nicht“, halten Hug, Schläfli und Valär zutreffend fest, dass die Sanktionspraxis „in den einzelnen Kantonen enorm auseinanderklafft“[32]BSK JStG-Hug/Schläfli/Valär, Vor Art. 1, N 33..

b) Jugendstrafverfahren

aa) Örtliche und sachliche Zuständigkeit

Im Jugendstrafverfahren gilt für den Gerichtsstand die Zuständigkeit des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des tatverdächtigen Jugendlichen (Art. 10 Abs. 1 JStPO), welcher Umstand wiederum der Täterorientierung des Jugendstrafrechts geschuldet ist.[33]PPMin-Stettler, Art. 10, N 40. Die Behörden in der Nähe des Aufenthaltsortes können, wie Jositsch und Riesen-Kupper mit Verweis auf die Botschaft festhalten, die Situation und die persönlichen Verhältnisse des Jugendlichen am besten einschätzen und sind am ehesten in der Lage, die erzieherischen und therapeutischen Massnahmen sinnvoll einzusetzen; auch soll der Jugendliche nach Möglichkeit nicht aus seiner gewohnten Umgebung gerissen werden.[34]Jositsch/Riesen-Kupper, Art. 10, N 4.

Sachlich sind für die Verfolgung und Beurteilung der Straftaten sowie den Vollzug der verhängten Sanktionen nach Jugendstrafgesetz ausschliesslich die Kantone zuständig (Art. 2 JStPO). Demgemäss kennen die Kantone spezialisierte Jugendstrafbehörden, nicht aber der Bund. Das ist bemerkenswert, weil im Erwachsenenstrafprozess gewisse Delikte von Gesetzes wegen in Bundeskompetenz fallen (vgl. Art. 22 ff. StPO), die, wenn sie eben durch Jugendliche verübt werden, nicht von Bundesbehörden verfolgt werden können.[35]Vgl. PPMin-Stettler, Art. 2, N 6. Praktische Bedeutung hat dieser Umstand im Kanton Zürich im Bereich der Terrorismusbekämpfung. Mit solchen Fällen ist seit etlichen Jahren eine seiner Jugendanwaltschaften besonders beschäftigt, nämlich diejenige in Winterthur.[36]Abrufbar unter <https://www.zh.ch/de/direktion-der-justiz-und-des-innern/jugendstrafrechtspflege/jugendanwaltschaft-winterthur.html>.

bb) Jugendspezifische Besonderheiten des Strafverfahrens

Die Strafbehörden achten in allen Verfahrensstadien die Persönlichkeitsrechte der Jugendlichen und ermöglichen ihnen, sich aktiv am Verfahren zu beteiligen, heisst es im Gesetz. Vorbehältlich besonderer Verfahrensvorschriften hören sie die Jugendlichen persönlich an. Sie sorgen dafür, dass das Strafverfahren nicht mehr als nötig in das Privatleben der Jugendlichen und in den Einflussbereich ihrer gesetzlichen Vertretung eingreift (Art. 4 Abs. 2 und 3 JStPO). Die Strafbehörden beziehen, wenn es angezeigt scheint, die gesetzliche Vertretung und die Behörde des Zivilrechts ein. Die gesetzliche Vertretung und die Behörde des Zivilrechts haben im Verfahren mitzuwirken, wenn die Jugendstrafbehörde dies anordnet (Art. 4 Abs. 4 und Art. 12 Abs. 1 JStPO). Bei der Abklärung der persönlichen Verhältnisse des beschuldigten Jugendlichen arbeitet die Untersuchungsbehörde mit allen Instanzen der Straf- und Zivilrechtspflege, mit den Verwaltungsbehörden, mit öffentlichen und privaten Einrichtungen und mit Personen aus dem medizinischen und sozialen Bereich zusammen; sie holt bei ihnen die nötigen Auskünfte ein. Diese Instanzen, Einrichtungen und Personen sind verpflichtet, die verlangten Auskünfte zu erteilen; das Berufsgeheimnis bleibt vorbehalten (Art. 31 JStPO).

Der beschuldigte Jugendliche kann in allen Verfahrensstadien eine Vertrauensperson beiziehen, sofern die Interessen der Untersuchung oder überwiegende private Interessen einem solchen Beizug nicht entgegenstehen (Art. 13 JStPO). Das Strafverfahren findet grundsätzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Untersuchungsbehörde und die Gerichte können die Öffentlichkeit in geeigneter Weise über den Stand des Verfahrens informieren (Art. 14 Abs. 1 JStPO).

Im Kanton Zürich arbeiten die fünf regionalen Jugendanwaltschaften[37]§ 1 Abs. 1 Bst. b Ziff. 3 und Anhang 1 Ziff. 3 der Organisationsverordnung vom 10. März 2023 der Direktion der Justiz und des Innern (JIOV, LS 172.110.1). eng mit den Jugenddiensten der drei grossen Polizeikorps[38]Abrufbar unter <https://www.zh.ch/de/sicherheitsdirektion/kantonspolizei-zuerich/struktur/praeventionsabteilung.html>; … Continue reading zusammen. Die dort tätigen Polizistinnen sind mit der Arbeitsweise der Jugendanwaltschaften bestens vertraut und im Umgang mit Jugendlichen versiert. Sie kennen die Betroffenen teilweise von klein auf und finden fast immer den Draht zu ihnen. In besonders schweren Fällen, etwa bei Sexualdelikten oder Kapitalverbrechen gegen Leib und Leben, sind die entsprechenden Spezialdienste der Kantonspolizei Zürich die Ansprechpartner der Jugendanwaltschaften.

Gerade in derartigen schweren Fällen kann im Kanton Zürich für vertiefte psychologische und psychiatrische Abklärungen auf das Zentrum für Kinder- und Jugendforensik (ZKJF) der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (PUK) als wichtige Partnerorganisation gezählt werden.[39]Abrufbar unter <https://www.pukzh.ch/unsere-angebote/forensische-psychiatrie/kinder-und-jugendliche/>. Dieses steht den Jugendanwaltschaften aber nicht nur für die Begutachtung von Jugendlichen zur Verfügung, sondern auch für therapeutische Massnahmen.

cc) Vorsorgliche Anordnung von Schutzmassnahmen, Untersuchungshaft

Den Jugendanwaltschaften geht es immer darum, das für den konkret beschuldigten Jugendlichen möglichst Angemessene zu tun, ihn in seiner Entwicklung positiv zu beeinflussen, damit sich seine Legalprognose verbessert. Dazu gehört oft auch die Veränderung der Lebenssituation durch behördliche Einflussnahme. Diese kann nahezu homöopathisch, aber eben auch sehr intensiv sein. Jugendanwältinnen und Sozialarbeitende holen die Jugendlichen dort ab, wo sie stehen; sie prüfen den Bedarf an Unterstützung eingehend. Die Lebens- und Familienverhältnisse des Jugendlichen werden von Sozialarbeitenden abgeklärt, und zwar strukturiert, nach einer evidenzbasierten und evaluierten, wissenschaftlich abgestützten Methodik.[40]Zu dieser Methodik hinten Kap. V.2.b). Damit wird der Massnahmebedarf erhoben, um zuhanden der Jugendanwältin Massnahmeempfehlungen abgeben zu können.[41]Vgl. BSK JStG-Hug/Schläfli/Valär, Art. 10, N 4a.

Besondere Erwähnung verdient, dass die Jugendanwaltschaft Schutzmassnahmen gebotenenfalls auch vorsorglich anordnen kann (Art. 5 JStG, Art. 26 Abs. 1 lit. c JStPO). Dies ermöglicht sofortiges Handeln bei entsprechend dringlichem Bedarf. Weder muss zuerst das Vorverfahren abgeschlossen noch zunächst ein Gerichtsentscheid abgewartet werden. Das bedeutet, dass der betroffene Jugendliche im äussersten Falle umgehend aus der elterlichen Obhut genommen werden kann (Art. 15 JStG). Ein solches Vorgehen ist selbstredend an strenge Voraussetzungen geknüpft, kommt aber nicht selten vor.

Die der Jugendanwaltschaft zur Verfügung stehenden strafprozessualen Zwangsmassnahmen unterscheiden sich nicht von jenen des Erwachsenenstrafverfahrens. Einzig die Untersuchungshaft kann von der Jugendanwaltschaft für sieben Tage in eigener Regie angeordnet werden (Art. 27 Abs. 2 JStPO), während die Staatsanwaltschaft deren Anordnung innerhalb von 48 Stunden seit der Festnahme beim Zwangsmassnahmengericht zu beantragen hat (Art. 224 Abs. 2 StPO).[42]Zu dieser Schlechterstellung krit. BSK JStPO-Engel/Bürge, Art. 26, N 4. Im Kanton Zürich wird die Untersuchungshaft bei Jugendlichen in der Jugendabteilung des Gefängnisses Limmattal vollzogen.[43]Abrufbar unter <https://www.zh.ch/de/direktion-der-justiz-und-des-innern/justizvollzug-wiedereingliederung/untersuchungsgefaengnisse-zuerich/gefaengnis-limmattal.html>.

dd) Mediation

Wiederum anders als der Erwachsenenstrafprozess, ermöglicht die Jugendstrafprozessordnung den Parteien ein Mediationsverfahren (Art. 17 JStPO). Dieses wird im Kanton Zürich oft in Anspruch genommen, indem die ordentlichen Jugendanwaltschaften einen Fall der Mediationsstelle vorlegen.[44]Zur disparaten Verbreitung der Mediation im Jugendstrafverfahren in der Schweiz: PPMin-Stettler, Art. 17, N 108 f. Mediationstauglich sind insbesondere Sachverhalte mit geringen oder mittelschweren Straftaten, bei denen sich Täter und Opfer im gleichen sozialen Nahraum bewegen, z.B. in der Schule oder im familiären Kontext.[45]Vgl. BSK JStPO-Eberle et. al., Art. 17 N 13 f.; zu weiteren faktischen Voraussetzungen für eine Mediation vgl. Jositsch/Riesen-Kupper, Art. 17, N 19.

Gelingt die Mediation, wird das Verfahren eingestellt (Art. 17 Abs. 2 JStPO). Die Stelle für Mediation im Jugendstrafverfahren des Kantons Zürich hat im Jahr 2023 über 150 Fälle bearbeitet. Die Erfolgsquote ist hoch.

ee) Vollzug

Die Jugendanwaltschaften führen Strafuntersuchungen, sind aber ebenso zuständig für den Straf- und Massnahmevollzug (Art. 42 Abs. 1 JStPO). Das bedeutet, dass bei den Strafen, die sie per Strafbefehl ausfällt, auch selbst für den Vollzug verantwortlich ist; desgleichen, wenn die Strafe durch ein Jugendgericht ausgefällt wurde. Auch wenn eine Schutzmassnahme angeordnet wurde, obliegt deren Vollzug für die ganze Dauer der Jugendanwaltschaft – dies kann, je nach Fallkonstellation, sehr lange sein.

2. Anwendung auf die Gewaltdelinquenz und das Bedrohungsmanagement

a) Gewaltdelinquenz

Um der steigenden Jugendgewalt beizukommen, bestehen im Kanton Zürich gewisse Richtlinien der Oberjugendanwaltschaft für die Untersuchungsführung bei Gewaltdelikten. Diese sehen neben einer prioritären Behandlung von Gewaltvorfällen beispielsweise auch Strafmassempfehlungen sowie die konsequente Zuführung des Jugendlichen durch die Polizei an die Jugendanwaltschaft vor, sofern Haftgründe vorliegen; letztere wiederum befragt den Jugendlichen umgehend.

b) Die Interprofessionalität in der Fallbearbeitung von Jugenddelikten

Besonders bei der Bearbeitung von Gewaltstraftaten und dem Monitoring potentiell gefährlicher Jugendlicher kommt die für das Jugendstrafrecht charakteristische Interprofessionalität in der Zusammenarbeit mit den Sozialarbeitenden der Jugendanwaltschaften zum Tragen. Die bei der Jugendanwaltschaft tätigen Sozialarbeitenden sind für die umfassenden Abklärungen der persönlichen Verhältnisse der fehlbaren Jugendlichen verantwortlich, zudem für deren Begleitung im Rahmen des Straf- und Massnahmevollzuges. Auch stehen sie den Jugendlichen mit Rat und Tat zur Seite. Wenig erstaunlich, steht dabei meist die Motivierung der Jugendlichen, sich mit ihrem deliktischen Verhalten auseinanderzusetzen, sowie deren Unterstützung bei der Bewältigung von Krisen im Vordergrund. Das verlangt viel Beziehungsarbeit. Jugendstrafrechtliche Schutzmassnahmen sind, um erfolgreich zu sein, auf eine gewisse Dauer angelegt; denn es gilt, den Jugendlichen auch zuweilen mehr als nur eine zweite Chance zu gewähren, um eine langfristige Verhaltensänderung zu erzielen. Das erfordert Training und wird nicht vom einen auf den anderen Tag erreicht.

Die umfassende Abklärung zur Person des Jugendlichen durch die Sozialarbeitenden als Grundlage für die Ermittlung des individuell-konkreten Massnahmebedarfs erfolgt nach der Methodik KORJUS® (Kompetenz- und Risikoorientierung in der Jugendstrafrechtspflege). Diese Methodik wurde in den Jahren 2010 und 2011 von Kompetenzhoch3[46]Abrufbar unter <https://kompetenzhoch3.ch/>. mit der Jugendstrafrechtspflege des Kantons Zürich entwickelt. KORJUS® ist ein theoretisch fundiertes Handlungsmodell für die sozialarbeiterische Abklärung persönlicher Verhältnisse, für die Planung und Führung von jugendstrafrechtlichen Schutzmassnahmen sowie für die Evaluation dieser Massnahmen und interner Arbeitsprozesse. Für die theoretische Fundierung wurde neben der Kompetenzorientierung ein weiterer Ansatz beigezogen, um den Ansprüchen einer professionellen Beurteilung des Delinquenz-Risikos gerecht zu werden: die Risikoorientierung. KORJUS® integriert beide Ansätze.[47]Vgl. zu alledem <https://kompetenzhoch3.ch/methodiken/korjus/>.

Erst recht bei Gewaltdelinquenten und Straftätern, die besonders viele Delikte auf sich vereinigen und unter Umständen gefährlich sind, ist das vom Jugendstrafrecht geforderte „Massschneidern“ der Interventionen von besonderer Bedeutung, für die Strafuntersuchung ebenso wie für das oft parallel dazu verlaufende (weil vorsorglich angeordnete) Massnahmeverfahren. Bereits am Start eines Verfahrens, etwa bei der vorerwähnten polizeilichen Zuführung des Jugendlichen zur Jugendanwältin, setzt die sozialarbeiterische Tätigkeit ein, durch Interviews mit dem sozialen Umfeld des Jugendlichen, allen voran den gesetzlichen Vertretern, Lehrpersonen, allfälligen Therapeuten und anderen. Eine Abklärung in der verlangten Tiefe und mit dem Anspruch, in einer umsetzbaren Massnahmenempfehlung zu münden, verbrieft im sogenannten Indikationsbericht, braucht allerdings Zeit. Ist das Verleiben des Jugendlichen in seinem aktuellen Umfeld während der Abklärungsphase nicht vertretbar, wird eine stationäre Beobachtung angeordnet, und zwar, bei erhöhtem Risiko, in einem geschlossenen Setting.

Zur Prüfung der Gefährlichkeit eines Jugendlichen gehört auch die Risikoeinschätzung und daher fallweise der Einbezug der Forensischen Psychologie und Psychiatrie, falls der Jugendliche bzw. sein Verhalten Auffälligkeiten aufweist. Neben der hiermit angesprochenen Forensik und den bereits erwähnten Partnerbehörden der Jugendanwaltschaften in der Fallarbeit und damit auch im Rahmen des Bedrohungsmanagements, insbesondere den Polizeikorps mit ihren spezialisierten Jugenddiensten,[48]Vorne Kap. V.1.b)bb). sind an dieser Stelle zusätzlich die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) und die Kinder- und Jugendschutzzentren (kjz) zu erwähnen,[49]Abrufbar unter <https://www.zh.ch/de/familie/kindes-und-erwachsenenschutz.html>; <https://www.zh.ch/de/familie/angebote-fuer-familien-mit-kindern/kinder-und-jugendhilfezentren.html>. desgleichen die Fachleute in den Massnahmezentren sowie den sozialpädagogischen Institutionen,[50]Namentlich das Massnahmenzentrum Uitikon (MZU): <https://www.zh.ch/de/direktion-der-justiz-und-des-innern/justizvollzug-wiedereingliederung/massnahmenzentrum-uitikon.html>. und schliesslich erneut das Jugendgefängnis (Limmattal), bei denen die fehlbaren Jugendlichen untergebracht sind. Auch sie veranschaulichen die Interdisziplinarität des Fallmanagements in der Arbeit mit straffällig gewordenen Jugendlichen.

Die Zusammenarbeit zwischen den Jugendanwaltschaften und der KESB wird im Kanton Zürich durch Empfehlungen der Oberjugendanwaltschaft und der KESB-Präsidien-Vereinigung des Kantons Zürich geregelt.[51]Abrufbar unter: <https://kesb-zh.ch/informationen-fuer-fachpersonen/>. Bereits bei der Einleitung einer Strafuntersuchung erkundigt sich daher die Untersuchungsbehörde von Amtes wegen bei den Behörden des zivilrechtlichen Jugendschutzes (KESB, kjz) nach allfällig dort bereits bestehenden Verfahren bzw. Massnahmen und nach Informationen zum familiären Umfeld des Beschuldigten. Dies dient der Vervollständigung der Abklärung zur Person, aber auch der Verhinderung von Doppelspurigkeiten zwischen den Behörden.

Denkbar ist aufgrund der Flexibilität des Jugendstrafrechts etwa auch eine Aufgabenteilung zwischen den zivilen Kindesschutzbehörden und den Strafverfolgungsverfolgungsbehörden, namentlich in Fällen, in denen seitens der Zivilbehörden bereits Massnahmen angeordnet wurden, z.B. eine Heimbeschulung. Diesfalls kann die Jugendstrafbehörde bei Bedarf beispielsweise eine zusätzliche Massnahme sprechen, etwa eine Therapie, oder aber sich ausschliesslich auf das Aufarbeiten des deliktischen Verhaltens beschränken. Es existieren zahlreiche Möglichkeiten.

Schliesslich sind die Erhebungen bei den Zivilbehörden relevant für die sogenannte Ersttriage, welche wiederum nach der Methodik von KORJUS® erfolgt. Dies geschieht bei sämtlichen Verfahren nach Akteneingang und stellt die Weichen zur Frage nach dem Umfang einer Abklärung zur Person durch die Sozialarbeitenden. Nicht jedes Bagatellverfahren mündet in einem sogenannten Vollverfahren bzw. in einem Indikationsbericht. Hingegen ist dies gemäss den Vorgaben der Oberjugendanwaltschaft, insbesondere bei Verbrechen gegen die sexuelle oder physische Integrität der Fall, denn hier stellt sich die Frage nach Schutzmassnahmen vordringlich.

In eben solchen Fällen, also bei nicht mehr leichter Sexual- und Gewaltdelinquenz, ist auch der Bedarf nach einer deliktorientierten Therapie im Rahmen einer ambulanten Behandlung abzuklären. Kommt man zum Schluss, die Straftat und die Disposition des Jugendlichen würden einen entsprechenden Bedarf an Psychoedukation belegen, erachtet man aber eine Therapie als unverhältnismässig, so bietet das Jugendstrafrecht wiederum eine Palette an sogenannten deliktorientierten Trainings, die im Rahmen einer persönlichen Betreuung durch die Sozialarbeitenden der Jugendanwaltschaften vollzogen oder an geeignete Fachleute aus der Sozialpädagogik delegiert werden können.

c) Bedrohungsmanagement

Wie die Ausführungen von Simmler et al. zeigen, sind gemäss einem Forschungsprojekt der Universität St. Gallen zum Einsatz von Algorithmen im kantonalen Bedrohungsmanagement in den Kantonen St.Gallen, Bern und Zürich nur gerade 2.1% der gefährdenden Personen minderjährig. Die entsprechenden Fälle dürften in der Bearbeitung aber verhältnismässig aufwändig sein, zumal sie sich bei der Polizei an der Schnittstelle zwischen sicherheits- und gerichtspolizeilicher Tätigkeit bewegen. Tatsächlich zeigte die Studie auch, dass die Zusammenarbeit zwischen dem kantonalen Bedrohungsmanagement und der Strafverfolgung anhand der analysierten Akten nicht immer schlüssig nachzuvollziehen ist. Auch sind die Auswirkungen laufender Strafverfahren auf (nicht) ergriffene Massnahmen des Bedrohungsmanagements und umgekehrt nur bedingt nachvollziehbar. Und nicht nur bewegt sich das Fallmanagement im Grenzbereich zwischen sicherheits- und gerichtspolizeilichen Tätigkeiten; vielmehr betrifft es auch gleichermassen – wie soeben ausgeführt – die polizeiliche wie die Sozialarbeit.[52]Dazu und für weitere Hinweise sei auf die Zusammenfassung des Studienberichts von Simmler et. al. verwiesen (dort Seiten II ff.).

Damit taucht die Frage auf, welchen Beitrag eine Jugendanwaltschaft im Bedrohungsmanagement leisten kann. Dass sie einen Jugendlichen mit vorsorglicher Anordnung von Schutzmassnahmen rasch seinem gewohnten Umfeld entziehen kann, wurde bereits gesagt.[53]Vorne Kap. V.1.b)cc). Dazu gehört nicht nur die ausserfamiliäre Unterbringung (Art. 15 JStG), sondern beispielsweise auch ein vorsorgliches Tätigkeits-, Kontakt und Rayonverbot (Art. 16a JStG). Überdies sieht das Strafverfahrensrecht auch präventive Haftgründe und Ersatzmassnahmen für Untersuchungshaft vor (Art. 221 Abs. 1 lit. c, Abs. 1bis und Abs 2 StPO, Art. 237 Abs. 2 lit. c, d und g), um Gefährder von Straftaten abzuhalten.

Aus praktischer Sicht ist es keine besonders gewagte Feststellung, dass das Risikoassessement und damit das Bedrohungsmanagement zum permanenten Auftrag einer Jugendanwaltschaft gehört. Gerade bei begangenen oder zu befürchtenden mittelschweren und schweren Delikten im Gewalt- und Sexualbereich ist mit den oft bereits vorsorglich angeordneten Schutzmassnahmen unter Umständen eine intensive sozialarbeiterische sozialpädagogische und therapeutische Begleitung verbunden, und dies nicht selten über Jahre hinweg, womit ein massiver Eingriff in die persönliche Freiheit des Jugendlichen einhergeht. Dabei gehört der Austausch mit den polizeilichen Jugenddiensten auch für das Monitoring des Jugendlichen im Verlauf der Schutzmassnahme zwecks Abschätzung des Gefährlichkeitspotentials zum Alltag der fallführenden Jugendanwältin.

Ergänzend profitieren die Jugendanwaltschaften neben dem bereits erwähnten forensischen Expertenwissen bei der Risikoeinschätzung und allenfalls im Fallmanagement auch von der Unterstützung der Fachstelle Forensic Assessment and Risk Management (FFA) der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich.[54]Abrufbar unter <https://www.pukzh.ch/unsere-angebote/forensische-psychiatrie/erwachsene/praevention-und-bedrohungsmanagement/fachstelle-forensic-assessment-risk-management/>. Sogenannte Konsilien mit Fallverantwortlichen schaffen in diffusen Gefahren- und Bedrohungslagen kurzfristig wichtige Entscheidungsgrundlagen für Polizei und die fallführenden Jugendanwältin, namentlich in Fällen, in denen es um Jugendliche geht, die zum ersten Mal in den Fokus der Strafverfolgungsbehörden geraten.[55]Zum interdisziplinären Zusammenwirken vgl. auch vorne Kap. V.1.b)bb).

d) Fallbeispiele

Sami war im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung 14 Jahre alt. Durch eine Meldung des National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) aus den USA gelangte die Anzeige wegen vielfachen Herunterladens, Konsums und Weiterverbreitung von verbotenen Dateien, die unter den Tatbestand der Gewaltdarstellungen (Art. 135bis StGB) fallen, via Bundesamt für Polizei (fedpol) an die Kantonspolizei Zürich und dort an die Abteilung Jugendintervention (JIV). Die zugeteilte Sachbearbeiterin der JIV nahm gleich zu Beginn Kontakt mit der Jugendanwaltschaft zur Besprechung des weiteren Vorgehens auf, denn der Fall war eher ungewöhnlich. Die Dateien, die Sami heruntergeladen, konsumiert und weitergeleitet hatte, waren ausserordentlich zahlreich und von teilweise unerträglichem Inhalt. Die Jugendanwaltschaft eröffnete in der Folge ein Vorverfahren und klärte bei den Zivilbehörden (KESB, kjz) ab, ob bereits Kindesschutzmassnahmen bestanden oder Abklärungen dazu erfolgt waren. Der Austausch mit der JIV, bei der sich die Schule vor einem halben Jahr bereits einmal gemeldet hatte, ergab, dass Sami wegen vielfachen Umzuges und aufgrund von Schwierigkeiten mit Gleichaltrigen bereits einige Schulwechsel hinter sich hatte. Schon bald nach Schuleintritt zog er sich im Unterricht zurück und blieb diesem schliesslich gänzlich fern. Die Integration in die Klasse wollte nicht gelingen, stattdessen begann das Mobbing; er war Aussenseiter. Die Lehrerschaft war verunsichert, weil er mit zeitweisen Wutausbrüchen mehr und mehr ein auffälliges Verhalten zeigte. Zur Frage der Anordnung von Schutzmassnahmen, die parallel zu den Ermittlungen zu klären war, und weil die Zeit drängte, entschied der Jugendanwalt im Austausch mit der Polizei, dass das ZKJF zwecks Risikoeinschätzung einzubeziehen sei, zumal Sami in einer Turnstunde damit gedroht hatte, ein Wohnhaus oder eine Schule anzuzünden. Die Abklärungen der Sozialarbeiterin der Jugendanwaltschaft im Elternhaus von Sami ergaben, dass der Junge psychisch belastet und auch schon in Therapie war; die alleinerziehende Mutter mit zwei noch jüngeren Kindern war überfordert. Sami zündelte gerne und wies bereits eine entsprechende Vorstrafe auf, da er im Alter von 12 Jahren diverse Abfallkörbe in Brand gesetzt hatte. Sami wurde durch die erfahrene Jugendpolizistin befragt, wobei er die Aussage verweigerte. Schliesslich erfolgte auch eine Einvernahme durch die Jugendanwaltschaft. Ziel war, dass Sami während des Jugendstrafverfahrens weiterhin zur Schule geht, denn daheim ging es laut der Mutter einigermassen gut. In der Folge wurde aufgrund der Empfehlungen aus der Risikoeinschätzung der Jugendforensik eine Monitoring-Gruppe, bestehend aus der Schulleitung, der Schulsozialarbeit (SSA), der JIV, der Psychologin des ZKJF, Samis Beiständin, dem Sozialarbeiter der Jugendanwaltschaft sowie dem fallführenden Jugendanwalt zusammengestellt. Das Verfahren gegen Sami wurde circa ein halbes Jahr nach Verfahrenseinleitung mit Strafbefehl der Jugendanwaltschaft erledigt, in dem er der mehrfachen Gewaltdarstellungen gemäss Art. 135bis StGB sowie Cannabiskonsums gemäss Art. 19a Ziff. 1 BetmG schuldig gesprochen und zu persönlicher Leistung (gemeinnützige Arbeit) verurteilt wurde. Im gleichen Entscheid ordnete der Jugendanwalt eine ambulante Behandlung als Schutzmassnahme an; dies in Form einer forensischen Psychotherapie, die rund 25 Monate lang andauerte, erst im Einzelsetting, dann in einer Gruppe mit anderen Jugendlichen.

Der 16-jährige Levin lebte schon seit seiner Einschulung in einem Sonderschulheim, als er eines Tages dem gleichaltrigen Josua ein Getränk – bestehend aus einer Mischung aus Wasser, Sirup, drei gepressten Vogelbeeren, Desinfektionsmittel sowie flüssigem WC-Reiniger – vorsetzte und ihn dazu zwang, davon zu trinken. Josua nahm einen Schluck, den er aber sofort wieder ausspuckte. Ein Betreuer bekam den Vorfall mit, und Levin wurde, umgehend zur Schulleitung gebracht sowie zur Rede gestellt. Gegenüber der Institutionsleitung machte er geltend, er habe das getan, weil er Josua hasse und ihn auf diese Weise habe vergiften bzw. umbringen wollen; und es sei ganz schlecht, dass es nicht funktioniert habe. Dieser Vorfall führte noch gleichentags zu einem Polizeieinsatz vor Ort, denn er hatte schulintern für grossen Aufruhr gesorgt. Der mit dem Fall beauftragte Polizist der Jugendintervention kontaktierte nach ersten Gesprächen mit der Schulleitung und Auskunftspersonen die Jugendanwaltschaft. Alsdann entschied die fallführende Jugendanwältin, Levin durch die Polizei erstbefragen zu lassen, aber für die folgende Nacht in einer anderen Institution unterzubringen. Sie eröffnete in der Folge eine Strafuntersuchung wegen versuchter einfacher, eventualiter schwerer Körperverletzung sowie Nötigung. Seitens der Schule stand ab dem erstem Tag die Frage im Vordergrund, wie mit diesem Ereignis umzugehen sei und ob Levin überhaupt je würde zurückkehren können. Man befürchtete eine Gefahrenlage für das Umfeld von Levin, denn dass er Josua „so sehr nicht mochte“, war zuvor niemandem aufgefallen. So wurde früh die FFA in die weiterten Abklärungen einbezogen, die eine aktuelle Risikoeinschätzung vornahm. Da Levin Zeit ab der dritten Primarschulklasse sonderbeschult wurde, lagen bereits Expertenberichte zu seiner Entwicklung bzw. Biografie vor, auf die ebenfalls abgestützt werden konnte. Zur Klärung der Strafbarkeit von Levins Verhalten liess die Jugendanwältin das Getränk, das er Josua zu trinken genötigt hatte, analysieren. Laut Bericht es Forensischen Toxikologie des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Zürich (IRM-UZH) war der inkriminierte Trank nicht ausreichend giftig, um das von Levin angestrebte Ziel zu erreichen, sondern allenfalls geeignet, Übelkeit oder Unwohlsein auszulösen. Daher wurde die „Vergiftungsversuch“ zum Nachteil von Josua als sogenannter untauglicher Versuch im Sinne von Art. 22 Abs. 2 StGB zu den in Frage kommenden Delikten gegen Leib und Leben qualifiziert. Hingegen galt die Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB als vollendet. Dank der Abklärungen der FFA war die Schule bereit, sich auf Levin wieder einzulassen, und es wurden diverse innerschulische Massnahmen getroffen, insbesondere die Psychoedukation intensiviert. Die Jugendanwaltschaft verzichtete vor dem Hintergrund der bereits bestehenden zivilrechtlichen Schutzmassnahmen darauf, strafrechtliche zu installieren. Levin wurde daher mit Strafbefehl der Jugendanwaltschaft zu einer persönlichen Leistung verpflichtet, wobei zu bemerken ist, dass er Einsicht in das Unrecht zeigte und etwas Reue, welcher Umstand in die Risikoeinschätzung einbezogen werden konnte.

VI. Schluss

Den Jugendanwaltschaften stehen eine Vielzahl von Möglichkeiten offen, auf jugendliche Gewaltstraftäter oder Gefährder einzuwirken. Sie sind sich interdisziplinäres Arbeiten in mehrfacher Hinsicht gewohnt: Jugendanwältinnen arbeiten stets unkompliziert mit den polizeilichen Jugenddiensten und kriminalpolizeilichen Spezialdiensten zusammen. Desgleichen sind sie eng mit den Psychologen und Psychiaterinnen der Forensik vernetzt, die sie gegebenenfalls auch sehr rasch um Rat und Unterstützung fragen können. Dass die in der Jugendstrafrechtspflege tätigen Juristinnen mit Sozialarbeitenden umgehen können und die Anforderungen an diese Art von Arbeit kennen müssen, ist nachgerade ein Selektionskriterium bei der Stellenbesetzung; Fälle mit Schutzmassnahmen bedingen ein direktes Zusammenwirken eben dieser beiden Berufsgruppen.

Das Jugendstrafrecht bietet unzählige Optionen, massgeschneidert auch auf ganz besondere Fallkonstellationen und, wenn man so will, „schwierige und sehr schwierige“ Jugendliche einzugehen. Die Statistik zeigt mehr und mehr, dass verhältnismässig wenige Jugendliche für eine grosse Vielzahl von teilwiese schweren auch medial prominenten Delikten verantwortlich sind. Es gilt, im Rahmen der Auf- und Bearbeitung dieser Straffälle solchen Jugendlichen besonderes Augenmerk zu schenken, ist doch ihr Verhalten mit einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und mit dem Risiko einer grossen und langfristigen Schädigung von potentiellen Opfern verbunden. Täterarbeit ist vor allem auch Opferschutz. Diese zu schützen ist ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag. Auch im Alltag der Jugendstrafverfolgungsbehörden hat er daher die höchste Priorität.

Literaturverzeichnis

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Simmler Monika et al., Der Umgang mit gefährdenden Personen im Kantonalen Bedrohungsmanagement, St.Gallen 2023.

Fussnoten

Fussnoten
1 Ausführlich Beyli/Habermeyer, Tagungsband zur Fachtagung Bedrohungsmanagement – Reflexion zum Stand der Entwicklungen beim Bedrohungsmanagement, Zürich 2024 (erscheint demnächst).
2 Abrufbar unter <https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kriminalitaet-strafrecht/strafjustiz/jugendurteile.html>.
3 Abrufbar unter <https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kriminalitaet-strafrecht/strafjustiz/verurteilte-jugendliche.assetdetail.25585702.html>.
4 Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS, Neuchâtel), STATPOP 2022 (persönlich beim BFS angefordert); abrufbar unter <https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/bevoelkerung/stand-entwicklung/alter.html>.
5 Abrufbar unter <https://www.zh.ch/de/news-uebersicht/medienmitteilungen/2023/04/jugendgewalt-leicht-ruecklaeufig.html>.
6 Abrufbar unter <https://www.zh.ch/de/sicherheit-justiz/delikte-praevention/kriminalstatistik.html>.
7 Antrag des Regierungsrates vom 28. Juni 2023, Beschluss des Kantonsrates zum Postulat KR-Nr. 143/2021 betreffend Strategien im Umgang mit Jugendgewalt, Kap. B.1.a.
8 Ribeaud/Loher, 1 ff.
9 Vgl. dazu und zum Folgenden die Zusammenfassung der Studie mit dem Titel „Zürcher Jugendbefragung 2021: ausgewählte Ergebnisse und Hintergrundinformation“ abrufbar unter <https://www.zh.ch/content/dam/zhweb/bilder-dokumente/footer/news/2022/09/jugendgewalt/Factsheet ZYS2021_de.pdf>.
10 Eine konzise Zusammenfassung findet sich neben dem in Fn. 9 erwähnten Factsheet auch im ebenfalls bereits hier vorgetragenen Antrag des Regierungsrates vom 28. Juni 2023, Beschluss des Kantonsrates zum Postulat KR-Nr. 143/2021 betreffend Strategien im Umgang mit Jugendgewalt, Kap. B.1.c (vgl. Fn. 7).
11 Dazu und zum Folgenden ausführlich Manzoni et al. (passim).
12 Die Studie ist online abrufbar unter <https://digitalcollection.zhaw.ch/handle/11475/25746>; vgl. insbesondere S. 39 ff. für eine Zusammenfassung und Diskussion der vorliegend wiedergegebenen Ergebnisse.
13 Für weitergehende Erläuterungen vgl. die Ausführungen in: Antrag des Regierungsrates vom 28. Juni 2023, Beschluss des Kantonsrates zum Postulat KR-Nr. 143/2021 betreffend Strategien im Umgang mit Jugendgewalt, Kap. B.1.d (vgl. Fn. 7).
14 Abrufbar unter <https://www.zh.ch/de/news-uebersicht/medienmitteilungen/2023/04/jugendgewalt-leicht-ruecklaeufig.html>; die folgenden statistischen Angaben stammen aus den Analysen der Oberjugendanwaltschaft.
15 Für die in diesem Abschnitt referierten statistischen Angaben sei wiederum integral verwiesen auf den vom Mitverfasser des vorliegenden Beitrages mitentworfenen Antrag des Regierungsrates vom 28. Juni 2023, Beschluss des Kantonsrates zum Postulat KR-Nr. 143/2021 betreffend Strategien im Umgang mit Jugendgewalt, Kap. B.2 (vgl. Fn. 7).
16 Ege/Sigg, 25.
17 OFK JStG-Riesen-Kupper, Vorbem. Art. 1 ff., N 1.
18 BSK JStG-Hug/Schläfli/Valär, Vor Art. 1, N 9.
19 Abrufbar unter <https://www.spektrum.de/frage/wann-ist-das-gehirn-erwachsen/2201094>.
20 Riedo, N 223 f.
21 Zur Übertragung von Vollzugsaufgaben an Private vgl. für den Kanton Zürich § 17 des Straf- und Justizvollzugsgesetzes des Kantons Zürich vom 19. Juni 2006 (StJVG, LS 331).
22 Riedo, N 651; a.M. mit Blick auf Art. 13 Abs. 1 JStG und unter Hinweis auf den Grundsatz der Verhältnismässigkeit DPMin-Geiger/Redondo/Tirelli, Art. 10, N 41.
23 Jenny, 529 ff., 541.
24 Aebersold, N 377.
25 Zur Problematik des Verschuldensbegriffs im Jugendstrafrecht: Aebersold, N 384 ff., insb. N 390 ff. (mit Ausführungen zur Schuldfähigkeit).
26 Jenny, 529 ff., 541.
27 Vgl. PPMin-Queloz, Art. 36, N 417, der auch noch auf die Verjährung bei Delikten von Übergangstätern hinweist.
28 BSK JStG-Hug/Schläfli/Valär, Art. 22, N 6.
29 Sehr schön herausgearbeitet und dargestellt von Ege/Sigg, 87.
30 Vgl. Kap. V.1.a)aa) und Kap. V.1.a)bb) hiervor.
31 Vgl. DPMin-Geiger/Redondo/Tirelli, Art. 10, N 7, welche diesbezüglich zurecht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz hinweisen.
32 BSK JStG-Hug/Schläfli/Valär, Vor Art. 1, N 33.
33 PPMin-Stettler, Art. 10, N 40.
34 Jositsch/Riesen-Kupper, Art. 10, N 4.
35 Vgl. PPMin-Stettler, Art. 2, N 6.
36 Abrufbar unter <https://www.zh.ch/de/direktion-der-justiz-und-des-innern/jugendstrafrechtspflege/jugendanwaltschaft-winterthur.html>.
37 § 1 Abs. 1 Bst. b Ziff. 3 und Anhang 1 Ziff. 3 der Organisationsverordnung vom 10. März 2023 der Direktion der Justiz und des Innern (JIOV, LS 172.110.1).
38 Abrufbar unter <https://www.zh.ch/de/sicherheitsdirektion/kantonspolizei-zuerich/struktur/praeventionsabteilung.html>; <https://www.stadt-zuerich.ch/pd/de/index/stadtpolizei_zuerich/kinder_jugendliche/jugenddienst.html>; <https://stadt.winterthur.ch/gemeinde/verwaltung/sicherheit-und-umwelt/stadtpolizei/unsere-dienste/jugendpolizei>.
39 Abrufbar unter <https://www.pukzh.ch/unsere-angebote/forensische-psychiatrie/kinder-und-jugendliche/>.
40 Zu dieser Methodik hinten Kap. V.2.b).
41 Vgl. BSK JStG-Hug/Schläfli/Valär, Art. 10, N 4a.
42 Zu dieser Schlechterstellung krit. BSK JStPO-Engel/Bürge, Art. 26, N 4.
43 Abrufbar unter <https://www.zh.ch/de/direktion-der-justiz-und-des-innern/justizvollzug-wiedereingliederung/untersuchungsgefaengnisse-zuerich/gefaengnis-limmattal.html>.
44 Zur disparaten Verbreitung der Mediation im Jugendstrafverfahren in der Schweiz: PPMin-Stettler, Art. 17, N 108 f.
45 Vgl. BSK JStPO-Eberle et. al., Art. 17 N 13 f.; zu weiteren faktischen Voraussetzungen für eine Mediation vgl. Jositsch/Riesen-Kupper, Art. 17, N 19.
46 Abrufbar unter <https://kompetenzhoch3.ch/>.
47 Vgl. zu alledem <https://kompetenzhoch3.ch/methodiken/korjus/>.
48 Vorne Kap. V.1.b)bb).
49 Abrufbar unter <https://www.zh.ch/de/familie/kindes-und-erwachsenenschutz.html>; <https://www.zh.ch/de/familie/angebote-fuer-familien-mit-kindern/kinder-und-jugendhilfezentren.html>.
50 Namentlich das Massnahmenzentrum Uitikon (MZU): <https://www.zh.ch/de/direktion-der-justiz-und-des-innern/justizvollzug-wiedereingliederung/massnahmenzentrum-uitikon.html>.
51 Abrufbar unter: <https://kesb-zh.ch/informationen-fuer-fachpersonen/>.
52 Dazu und für weitere Hinweise sei auf die Zusammenfassung des Studienberichts von Simmler et. al. verwiesen (dort Seiten II ff.).
53 Vorne Kap. V.1.b)cc).
54 Abrufbar unter <https://www.pukzh.ch/unsere-angebote/forensische-psychiatrie/erwachsene/praevention-und-bedrohungsmanagement/fachstelle-forensic-assessment-risk-management/>.
55 Zum interdisziplinären Zusammenwirken vgl. auch vorne Kap. V.1.b)bb).