Inhalt
- Grundlagen
- Begriff der Marktbeherrschung in der digitalen Wirtschaft
- Beurteilungskriterien der Marktbeherrschung
- Kollektive Marktbeherrschung in der digitalen Wirtschaft
- Fazit und Ausblick
A. Grundlagen
Mit dem Aufkommen der digitalen Märkte haben die Behörden vermehrt die Besonderheiten der Plattformen in ihre Analysen aufgenommen. Dabei nehmen die Plattformen eine Vermittlungsfunktion ein und verbinden verschiedene Nutzergruppen miteinander. Sie bieten ihre Dienstleistungen ohne monetäres Entgelt – also scheinbar kostenlos – an, bedienen mehrere Marktseiten gleichzeitig und profitieren von Netzwerkeffekten sowie von Grössenvorteilen; seit der Jahrtausendwende finden sich diese Charakteristika vermehrt in den kartellrechtlichen Entscheiden wieder. Während das kartellrechtliche Denken auf relevanten Märkten basiert und die Literatur sich ausgiebig mit der Marktabgrenzung in der digitalen Wirtschaft auseinandergesetzt hat, erfuhr die Marktbeherrschung bisher nicht dieselbe Aufmerksamkeit. Dieser Aufsatz dient einer detaillierten Untersuchung der Marktbeherrschung, die im Rahmen der Digitalwirtschaft auch in der Schweiz punktuellen Anpassungen bedarf. Die vorliegenden Erkenntnisse sind getrennt vom Mehrwert einer DMA-ähnlichen Regulierung für die Schweiz zu beurteilen.
Nachfolgend wird zunächst Bezug auf den Begriff der Marktbeherrschung genommen (B.), bevor die Beurteilungskriterien der Marktbeherrschung in Faktoren für die Begründung und die Begrenzung der Marktmacht unterteilt werden (C.). Anschliessend sind die Besonderheiten der kollektiven Marktbeherrschung (D.) mit Blick auf die Plattformökonomie zu untersuchen, bevor ein Ausblick die zu erwartenden Entwicklungen darlegt (E.).[1]Der nachfolgende Aufsatz basiert auf Okan Yildiz, Kopplungsgeschäfte in der digitalen Wirtschaft: Marktabgrenzung und Marktmissbrauch in der Plattformökonomie, Zürich 2024, 225 ff. Diese … Continue reading
B. Begriff der Marktbeherrschung in der digitalen Wirtschaft
Der Begriff der Marktbeherrschung bzw. der Marktmacht wird üblicherweise als Preisbestimmungsmacht umschrieben (I.). Neben der Preisbestimmungsmacht spielt in der digitalen Wirtschaft die Qualitätsbestimmungsmacht (II.), die Intermediationsmacht (III.) und die Datenmacht (IV.) eine wichtige Rolle.
I. Preisbestimmungsmacht
Bei der Marktbeherrschung handelt es sich um die Fähigkeit eines Unternehmens, „seine Preise durch eine Einschränkung des Absatzes gewinnmaximierend und langfristig über das kompetitive Niveau (d.h. die Grenzkosten) anzuheben bzw. dort zu halten“.[2]Mani Reinert/Barbara Wälchli, Art. 4 Abs. 2 N 258, in: Marc Amstutz/Mani Reinert (Hrsg.), Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2022; OECD, The Evolving Concept of Market Power in the Digital … Continue reading
Obwohl in der digitalen Wirtschaft die Plattformen eine besondere Preisstruktur aufweisen und ihre Leistungen auf einer Marktseite in der Regel unentgeltlich anbieten,[3]Zur Quersubventionierung auf Plattformmärkten vgl. z.B. Bundeskartellamt, Arbeitspapier – Marktmacht von Plattformen und Netzwerken, Bonn 2016, 40; vgl. im Detail Yildiz (Fn. 1), 24 ff., … Continue reading kann die Preisbestimmungsmacht weiterhin ein angemessenes Kriterium für die Bestimmung der Marktbeherrschung darstellen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere an die Fähigkeit der Plattform zu denken, seine Preise gegenüber einer Marktseite gewinnmaximierend und langfristig über das kompetitive Niveau anzuheben.
Ferner ist es denkbar, eine Kostenbestimmungsmacht als Alternative zur Preisbestimmungsmacht heranzuziehen. Dieser Ansatz lässt sich insbesondere vor dem Hintergrund rechtfertigen, dass in der digitalen Wirtschaft die unentgeltlichen Leistungen oft eine nichtmonetäre Gegenleistung[4]Die nichtmonetären Gegenleistungen werden in diesem Zusammenhang aus der Sicht der Nutzenden als Kosten umschrieben; vgl. ferner John M. Newman, Antitrust in Zero-Price Markets: Applications, Wash. … Continue reading in Form der Daten[5]Beispielsweise über gesammelte Daten mittels Cookies oder Nutzerverhalten. bzw. der Aufmerksamkeit[6]Die Aufmerksamkeit lässt sich zum Beispiel über die Werbung bzw. über die Werbeeinnahmen quantifizieren. der Nutzenden erfordern. Die Fähigkeit eines Unternehmens, diese entstehenden Kosten für die Nutzenden gewinnmaximierend und langfristig über das kompetitive Niveau anzuheben, hat mindestens indirekt ebenfalls Einfluss auf die Preisanhebung bzw. Gewinnmaximierung auf den anderen Marktseiten.[7]Vgl. hierzu im Detail Yildiz (Fn. 1), 228 mit Fn. 977. Folglich ist neben der Preisbestimmungsmacht auch die Kostenbestimmungsmacht zu berücksichtigen.
II. Qualitätsbestimmungsmacht
In der ökonomischen Theorie wird Marktmacht als Preisbestimmungsmacht verstanden, da sie eine leicht messbare Grösse darstellt.[8]Schmidt/Haucap (Fn. 2), 78 ff. Angesichts der unentgeltlichen Leistungen in der digitalen Wirtschaft verschiebt sich der Fokus aber auf andere Wettbewerbsparameter, wie z.B. die Qualität, den Service, die Werbung oder die Innovation.[9]So auch Maximilian Volmar, Digitale Marktmacht, Baden-Baden 2019, 226 ff.; vgl. auch Aleksandra Gebicka/Andreas Heinemann, Social Media & Competition Law, World Competition 2014, 157 f. mit … Continue reading
Dieser Ansatz ist bereits in der Europäischen Union teilweise ersichtlich. In Sachen Google Search (Shopping) lehnte die Europäische Kommission das Argument von Google ab, es könne keine marktbeherrschende Stellung einnehmen, da es seine Leistungen unentgeltlich anbiete. Sie begründet dies mit dem Umstand, dass die Nutzenden zwar keine monetäre Gegenleistung erbringen, aber andersartig zur Monetarisierung des Geschäftsmodells beitragen. Die unentgeltliche Natur der Leistungen ist demnach bloss ein relevanter Faktor für die Bestimmung von Marktmacht. Als weiteres Kriterium zieht die Kommission die Qualität heran und führt aus, dass Google die Fähigkeit besitze, die Qualität seiner Leistungen in einem gewissen Grad zu ändern, ohne dass ein beträchtlicher Teil seiner Nutzenden zu anderen Suchmaschinen wechseln würde.[10]EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 319 ff. m.w.V., insb. 320 f. und 324, Google Search (Shopping). Deshalb ist Google in der Lage, sich seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmenden und letztlich den Verbrauchenden gegenüber in Bezug auf die Qualität in einem nennenswerten Umfang unabhängig zu verhalten.
Ausserdem verweist die Europäische Kommission in ihrer Prioritätenmitteilung mehrfach auf die Qualität als potenziellen Wettbewerbsparameter.[11]EU-Kommission, ABl. C 45 vom 24. Februar 2009, Rz. 5 f., Rz. 11 (betreffend Preise erhöhen) und Rz. 30. Demzufolge tragen neben dem Preis weitere Parameter – u.a. die Qualität – zur Fähigkeit bei, sich gegenüber anderen Marktteilnehmenden in wesentlichem Umfang unabhängig zu verhalten.
Während also in kostenpflichtigen Märkten die Marktmacht über die Preisbestimmungsmacht dargelegt werden kann, ist in Märkten, in welchen der Preis keine bzw. nur eine untergeordnete Rolle spielt, ein anderer Wettbewerbsparameter zu berücksichtigen. Gemäss den vorangehenden Ausführungen berücksichtigen die Behörden – analog zur Preisbestimmungsmacht – auch die Qualitätsbestimmungsmacht als Kriterium. Folglich liegt Qualitätsbestimmungsmacht vor, wenn ein Unternehmen über einen längeren Zeitraum die Qualität seiner Produkte senken kann, ohne ausreichend wirksamem Wettbewerbsdruck ausgesetzt zu sein.
III. Intermediationsmacht
Aufgrund der Mehrseitigkeit und der damit zusammenhängenden Netzwerkeffekte haben die Unternehmen der digitalen Wirtschaft die Möglichkeit, ihre Intermediärstellung zu ihrem Vorteil auszunutzen. Dieser Umstand lässt sich mit den Begriffen der Intermediations- bzw. Plattformmacht umschreiben.[12]OECD (Fn. 2), Evolving, 23 ff.; Heike Schweitzer et al., Modernisierung der Missbrauchsaufsicht für marktmächtige Unternehmen, Endbericht, Projekt im Auftrag des Bundesministeriums für … Continue reading
Mittels dieses Ansatzes lassen sich die ökonomischen Besonderheiten der digitalen Wirtschaft im Rahmen der Marktbeherrschung angemessen erfassen. Diese Mehrseitigkeit erlaubt den Plattformen, den Zugang zur jeweils anderen Seite zu regeln und gewisse Abhängigkeiten zu kreieren, welche einen Eingriff unter der Marktbeherrschungsschwelle rechtfertigen könnten.[13]Schweitzer et al. (Fn. 12), 42 f. In diesem Zusammenhang sind insbesondere Informationsasymmetrien[14]Schweitzer et al. (Fn. 12), 43. und das Single-Homing von bestimmten Plattformseiten zu beachten.
Bei der Intermediationsmacht handelt es sich jedoch nicht um ein neues Konzept der Marktbeherrschung,[15]So auch Michael G. Jacobides, What Drives and Defines Digital Platform Power?, White Paper, London 2021, 10; a.M. Sally Broughton Micova/Sabine Jacques, Platform power in the video advertising … Continue reading sondern um eine Ergänzung zur Preis- und Qualitätsbestimmungsmacht. Die Intermediationsmacht dient insbesondere als Hilfestellung, welche eine Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände vereinfacht und die Marktmacht unter Berücksichtigung aller Marktseiten ermittelt. Die Bedeutung der Intermediationsmacht kommt in der Analyse der Marktbeherrschung – innerhalb der Analyse der einzelnen Beurteilungskriterien[16]Siehe hinten Kapitel C. – zum Ausdruck.
IV. Datenmacht
Bei der Beurteilung der Marktposition eines Unternehmens können ausserdem Daten eine wichtige Rolle spielen. Die Literatur erfasst die Bedeutung der Daten häufig unter dem Begriff der Datenmacht.[17]Vgl. für eine detaillierte Literaturauswahl Yildiz (Fn. 1), 231 mit Fn. 993. Während die Datenmacht in der Digitalökonomie aufgrund der Omnipräsenz der Daten einen hohen Stellenwert einnimmt, ist sie nicht automatisch mit der Marktmacht gleichzusetzen. Es ist bereits fraglich, ob eine Datenmacht überhaupt existiert.[18]Torsten Körber, „Ist Wissen Marktmacht?“ Überlegungen zum Verhältnis von Datenschutz, „Datenmacht“ und Kartellrecht – Teil 1, NZKart 2016, 305.
Da die Geschäftsmodelle der digitalen Wirtschaft oft auf Daten beruhen, haben diese eine besondere Relevanz bei der Beurteilung der Marktbeherrschung. Die Datenmacht ist dabei nicht als eigenständiger Faktor zu beurteilen, sondern vielmehr im Kontext der übrigen Beurteilungskriterien zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang sind die besonderen Eigenschaften der Daten miteinzubeziehen: Zunächst kann nicht bloss anhand der Datenmenge auf die Marktmacht geschlossen werden, da die Datenqualität und deren Verarbeitungsmöglichkeiten eine ebenso grosse Rolle spielen.[19]Nela Grothe, Datenmacht in der kartellrechtlichen Missbrauchskontrolle, Baden-Baden 2019, 137; Körber (Fn. 18), 305. Dies lässt sich am Beispiel von Google+ veranschaulichen, denn Google hatte bei der Markteinführung von Google+ Zugriff auf eine sehr grosse Menge an Daten, aber konnte sich trotzdem nicht als soziales Netzwerk etablieren.
Zudem sind die Daten grundsätzlich weder rivalisierend noch exklusiv; mehrere Unternehmen vermögen also gleichzeitig dieselben Daten zu sammeln, zu kaufen und zu nutzen.[20]Seraina Denoth/Oliver Kaufmann, Kartellrechtliches Erfassen von Wettbewerbswirkungen grosser Datenbestände (Big Data), sic! 2016, 507; Thomas Heymann, Recht an Daten, Warum Daten keiner … Continue reading Trotzdem haben die Unternehmen ein Interesse daran, sich möglichst früh qualitativ hochwertige Datensets anzueignen und so einen Wettbewerbsvorteil bzw. einen Datenvorsprung zu erzielen.[21]Zum Problem des Zugangs zu bereits verarbeiteten Daten vgl. Rolf H. Weber, Disruptive Technologies and Competition Law, in: Klaus Mathis/Avishalom Tor (Hrsg.), New Developments in Competition Law and … Continue reading Dadurch können sie sich einen „first mover advantage“ verschaffen sowie mithilfe der vorhandenen Skalen- und Netzwerkeffekte die Attraktivität der eigenen Plattform steigern; dies führt zu höheren Marktzutrittsschranken.[22]Vgl. Kapitel C.I.4.; vgl. auch Jean Tirole, Competition and the Industrial Challenge for the Digital Age, Annu. Rev. Econ. 2023, 591 f. In diesem Zusammenhang spielt sodann die Datenquantität eine wichtige Rolle, da die Unternehmen mit einer grösseren Anzahl an vorhandenen Daten grundsätzlich das Nutzerverhalten besser abschätzen und vorhersehen können. Die Unternehmen sind also in der Lage, sich gestützt auf ihre eigenen Daten von der Konkurrenz abzusetzen, da sie ihre verarbeiteten und qualitativ hochwertigen bzw. für den untersuchten Markt relevanten Daten verwenden können. Da das Unternehmen dadurch sowohl die Qualität als auch die Quantität der Daten erhöht, fällt es der potenziellen Konkurrenz schwieriger, mit diesem Angebot mithalten und dieselben Netzwerk- und Skaleneffekte erlangen zu können.[23]Mit einer ähnlichen Argumentation auch Urteil des BGH vom 23. Juni 2020, KVR 69/19, Rz. 94, Facebook.
In der Regel dienen nur bestimmte Daten, wie z.B. personenbezogenen Daten, dem verfolgten Zweck des Unternehmens. Es ist indessen nicht möglich, pauschal zu umschreiben, welche Daten in der Digitalökonomie von grosser Bedeutung sind.[24]Vgl. Weber (Fn. 21), 228. Vielmehr ist eine einzelfallbasierte Analyse durchzuführen, da in verschiedenen Märkten unterschiedliche Daten relevant sind.[25]So auch OECD (Fn. 2), Evolving,14 f. Der Wettbewerb wird schliesslich „nicht nur durch den schieren Umfang der jeweiligen Datenbank, sondern auch von den verschiedenen Arten von Daten, auf die die Wettbewerber Zugriff haben, und die Frage, welche dieser Arten sich als die nützlichste für die Zwecke der Internetwerbung erweisen wird“, bestimmt.[26]EU-Kommission vom 11. März 2008, Rz. 273, Google/DoubleClick. Folglich kann sich ein Unternehmen keinen Vorteil erschaffen, wenn es Daten besitzt, die für den abgegrenzten Markt irrelevant sind. Gerade die Individualisierung (z.B. gestützt auf Suchverhalten, Beruf, Alter, Geschlecht oder den Ort) bezogen auf den untersuchten Markt macht die Daten wertvoll und speziell für die Unternehmen.
Im Ergebnis ist es nicht angebracht, die marktbeherrschende Stellung unmittelbar aus der Datenquantität zu ermitteln. Es erweist sich als zweckmässiger, die Quantität sowie die Qualität der Daten im Rahmen der entsprechenden Beurteilungskriterien der Marktbeherrschung zu untersuchen. Die Datenmacht stellt also keine eigene Messgrösse für die Feststellung der Marktbeherrschung dar, sondern die Daten sind vielmehr ein zusätzlicher Faktor, welcher vor dem Hintergrund der besonderen Bedeutung der Daten in der digitalen Wirtschaft ebenfalls zu berücksichtigen ist. Dabei sind Parameter wie die Replizierbarkeit und Exklusivität der Daten, die Skalen- und Netzwerkeffekte, die Verbundvorteile oder das Single- bzw. Multi-Homing in die Untersuchungen miteinzubeziehen. Die Datenmacht ersetzt schliesslich nicht die bisherige Vorgehensweise bei der Ermittlung der marktbeherrschenden Stellung, sondern erlaubt einen neuen Blickwinkel innerhalb der Analyse der marktmachtbegründenden bzw. marktmachtbegrenzenden Faktoren.
C. Beurteilungskriterien der Marktbeherrschung
Die Fähigkeit, sich im Wettbewerb in einem nennenswerten Umfang unabhängig zu verhalten, ergibt sich anhand einer Gesamtbetrachtung der Marktverhältnisse. Da in der digitalen Wirtschaft auf mehrseitigen Märkten verschiedene Faktoren gleichzeitig auf den untersuchten Markt wirken und teilweise marktübergreifende Bedeutung haben, ist eine eindimensionale Betrachtung der Marktgeschehnisse nicht mehr angemessen. Dabei können dieselben Faktoren – z.B. Netzwerkeffekte – unterschiedliche Auswirkungen für die Analyse haben. Folglich ist es sinnvoller, die marktmachtbegründenden Faktoren (I.) den marktmachtbeschränkenden Faktoren (II.) gegenüberzustellen. Mit diesen Kriterien lässt sich ein Gesamturteil über die Marktbeherrschung fällen.
I. Faktoren für die Begründung von Marktmacht
1. Marktanteile
Die Marktanteile bilden grundsätzlich den Ausgangspunkt der Untersuchungen der Marktbeherrschung.[27]RPW 2003/3, 589 Rz. 127, Coop/Waro; BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 270. Gemäss dem Bundesgericht ist ein hoher Marktanteil zwar ein starkes Indiz für eine marktbeherrschende Stellung, bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass kein wirksamer Wettbewerb bzw. keine gleichwertigen Ausweichmöglichkeiten existieren.[28]BGE 130 II 449 ff. E. 5.7.2 m.w.H. Demnach ist ein Marktanteil von 50% ein Indiz bzw. die „kritische Schwelle“ für eine marktbeherrschende Stellung.[29]BGE 139 I 72 ff. E. 9.3.3.2. Gemäss der Terminologie des Bundesverwaltungsgerichts liegt bei Marktanteilen ab 50% eine „Vermutung“ für das Vorliegen der Marktbeherrschung vor; diese Vermutung lässt sich nur bei Vorliegen von entgegenstehenden Faktoren widerlegen.[30]Urteil des BVGer B-831/2011vom 18. Dezember 2018 E. 442 mit Verweis auf BGE 139 I 72 ff. E. 9.3.3.2.
a) Berechnung in der digitalen Wirtschaft
In den letzten Jahren haben sich die Literatur und Praxis bemüht, alternative Methoden zu entwickeln, die als Ersatz für die Marktanteile dienen können.[31]Zur umfangreichen Auseinandersetzung mit der Bedeutung der Marktanteile in der digitalen Wirtschaft vgl. Manuel Bogenreuther, Selbstbevorzugung auf Plattformmärkten, Baden-Baden 2022, 113 ff.; … Continue reading Diese Ansätze stellen grundsätzlich keine Neuheit für das Kartellrecht dar, da es bereits in den traditionellen Märkten möglich war, die Marktanteile auf unterschiedliche Weisen zu berechnen, z.B. über den Umsatz, die Stückzahlen oder die Kundenanzahl.[32]BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 295.
Die Behörden sind in der Lage, sich an die neuen Begebenheiten anzupassen und die Marktanteile über unterschiedliche Kriterien zu berechnen.[33]Vgl. bspw. EU-Kommission vom 18. Juli 2018, Rz. 679 f., Google Android; EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 277 f., Google Search (Shopping); EU-Kommission vom 7. Oktober 2011, Rz. 78, … Continue reading Aufgrund der besonderen Struktur der Märkte der digitalen Wirtschaft können neben den Nutzeranteilen, der Nutzeraktivität[34]Für die Nutzeraktivität ist im Einzelfall das passende Merkmal anzuwenden (z.B. auf der Plattform insgesamt verbrachte Dauer, durchschnittlich auf der Plattform verbrachte Zeit, Anzahl der … Continue reading oder dem Datenbestand auch weitere Parameter herangezogen werden, wie z.B. Werbeeinnahmen, Anzahl des Werbefolgekontakts oder Aufmerksamkeitskosten.
In der Digitalwirtschaft ist die gesonderte, eindimensionale Analyse dieser Parameter nur beschränkt hilfreich, da ihre tatsächlichen Wirkungen nur im Kontext der übrigen Merkmale ersichtlich sind. Die Behörden sind deshalb gehalten, die Nutzeranteile in den Kontext des Multi-Homing[35]EU-Kommission vom 18. Juli 2018, Rz. 465, Google Android. zu setzen und deren Bedeutung im Rahmen der Stellung der Marktgegenseite korrekt auszuwerten.[36]EU-Kommission vom 18. Juli 2018, Rz. 474 ff, Google Android. Hinzu kommen die von den Nutzenden ausgehenden Netzwerkeffekte,[37]EU-Kommission vom 18. Juli 2018, Rz. 464 und 469, Google Android. welche angesichts des konkreten Umstandes zu Skaleneffekten und Lock-in-Effekten[38]EU-Kommission vom 18. Juli 2018, Rz. 470 ff, Google Android. führen können. Zudem ist auch die Mehrseitigkeit der Märkte zu berücksichtigen, die ebenfalls zusätzliche Informationen zu den Nutzeranteilen liefern.[39]Zur Bedeutung der Mehrseitigkeit der Märkte im Rahmen der Untersuchungen zur Marktbeherrschung vgl. OECD (Fn. 2), Evolving, 8 f.; David S. Evans/Richard Schmalensee, The Antitrust Analysis of … Continue reading In Sachen Google Android sind Ansätze einer solchen Gesamtbetrachtung ersichtlich. In der Schweiz hingegen fehlt grundsätzlich noch eine umfassende und verbundene Untersuchung der erwähnten Eigenschaften der digitalen Märkte.
b) Bedeutung in der digitalen Wirtschaft
In der digitalen Wirtschaft gilt es die Bedeutung der Marktanteile zu relativieren, da sich dieses Kriterium als kaum aussagekräftig erweist.[40]A.M. Walesch (Fn. 31), 387 ff., insb. 405 f. Die Marktanteile gewinnen teils wieder an Bedeutung, wenn der untersuchte Markt nicht mehr dynamisch, sondern gefestigt ist. Bei den hier untersuchten Märkten handelt es sich grundsätzlich um einen jungen und dynamischen Sektor, in dem sich die Marktanteile schnell ändern können und folglich die Marktanteile zur Ermittlung der Wettbewerbsstärke kaum von Relevanz sind.[41]So auch EU-Kommission, vom 7. Oktober 2011, Rz. 70, 72 und 78, Microsoft/Skype. Es sind neue und schnell wachsende Märkte, die von Markteintritten und ständiger Entwicklung geprägt sind. Dies führt dazu, dass die Marktanteile vergänglich (engl. „ephemeral“)[42]EuG vom 11. Dezember 2013, Rz. 69, Cisco Systems und Messagenet. sind und deren Bedeutung in den Märkten der digitalen Wirtschaft kleiner ist. In diesen dynamischen Märkten darf den Marktanteilen keine Indizwirkung zukommen.[43]So auch EU-Kommission, vom 3. Oktober 2014, Rz. 99, Facebook/WhatsApp.
Neu sind andere Merkmale, wie z.B. der Datenzugang, die Mehrseitigkeit oder die Netzwerkeffekte, wichtiger als die Marktanteile.[44]So auch EuG vom 14. September 2022, Rz. 115, Google Android. Es liegt in der Natur der Auslegung der Marktanteile, dass ihnen in dynamischen und schnell wachsenden Märkten weniger Bedeutung zukommt. Die Berechnung der Marktanteile stellt eine Momentaufnahme dar, deren Aussagekraft insbesondere in innovationsgetriebenen Märkten zu relativieren ist. Diese hohen, aber volatilen Marktanteile sprechen grundsätzlich nicht für das Bestehen von Marktbeherrschung.[45]Auch in traditionellen Märkten, s. BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 273; RPW 2005/1, 47 Rz. 37, TopCard-Angebot. Daraus leitet sich ausserdem ab, dass niedrige, aber volatile Marktanteile aufgrund der besonderen Struktur der Märkte der digitalen Wirtschaft nicht als Hinweis auf fehlende Marktbeherrschung des untersuchten Unternehmens zu deuten sind. Es ist möglich, dass sich ein Unternehmen in wesentlichem Umfang von den anderen Marktteilnehmenden unabhängig verhalten kann, wenn seine Nutzerbasis beispielsweise Single-Homing betreibt, starke Netzwerkeffekte vorliegen und die Nutzenden mit hohen Wechselkosten konfrontiert sind.[46]Vgl. für die einzelnen Aspekte die nachfolgenden Kapitel.
2. Netzwerkeffekte
Die Netzwerkeffekte sind ein wichtiger Faktor in der digitalen Wirtschaft. Im Rahmen der Ermittlung der beherrschenden Stellung eines Unternehmens nehmen insbesondere die indirekten Netzwerkeffekte eine zentrale Rolle ein. Bei der Untersuchung der Netzwerkeffekte ist naturgemäss auch die Mehrseitigkeit der Plattformen zu beachten. Hat ein Unternehmen auf allen Plattformseiten Zugang zu einer grossen Menge an qualitativen Daten, vermag dies ihre Dienstleistungen zu verbessern und mehr Nutzende anzuziehen. Obwohl es sich bei Vorliegen von Netzwerkeffekten nicht ohne Weiteres um einen Indikator für Marktmacht handelt, vermögen sich die Unternehmen bei entsprechenden Umständen mithilfe der Netzwerkeffekte in eine Lage zu versetzen, welche die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt verhindert, indem sie sich gegenüber anderen Unternehmen im Wettbewerb in einem nennenswerten Umfang unabhängig verhalten können.[47]So auch OECD (Fn. 2), Evolving, 10 ff.; Rhonda L. Smith/Arlen Duke, Platform businesses and market definition, ECJ 2021, 106; vgl. ferner Bogenreuther (Fn. 31), 115 ff.; Walesch (Fn. 31), … Continue reading
a) Wechselseitige Netzwerkeffekte
Die Beurteilung der Netzwerkeffekte ist grundsätzlich Bestandteil der Intermediationsmacht[48]Vgl. vorne Kapitel B.III. und nimmt bei der Ermittlung der Marktbeherrschung mittels der Qualitätsbestimmungsmacht einen besonderen Stellenwert ein. Das Geschäftsmodell der Plattformen beruht grundlegend auf einer grossen Nutzerbasis und auf Netzwerkeffekten. Weder die Anzahl Nutzenden noch die Netzwerkeffekte sind per se ein Indiz für die Marktmacht eines Unternehmens. Wirken allerdings wechselseitige Netzwerkeffekte, sind ebendiese Parameter die Voraussetzung für Selbstverstärkungseffekte. Je höher die Nutzeranzahl auf einer Plattformseite A ist, desto attraktiver ist die Plattform für die andere Plattformseite B. Die Grösse der Plattformseite B wiederum hat denselben Effekt für die Plattformseite A und führt zu Selbstverstärkungseffekten. Aufgrund der nun grösseren Attraktivität der Plattform zieht sie neue Nutzende an. Gleichzeitig verschafft sich die Plattform einen zusätzlichen Vorteil, indem sie nun Zugang zu neuen Daten hat und ihre Dienstleistungen damit verbessern können; verbesserte Dienstleistungen wiederum ziehen mehr Nutzende an. Das Ergebnis sind eine hohe Konzentration an Nutzenden auf dieser Plattform und eine Verfestigung der Marktverhältnisse.[49]Zu den Selbstverstärkungseffekten s. auch Walesch (Fn. 31), 408; Volmar (Fn. 9), 230 f.; zur Verfestigung der Marktverhältnisse bei starken Netzwerkeffekten vgl. EU-Kommission vom 27. Juni 2017, … Continue reading
Gemäss der Kommission sind in der digitalen Wirtschaft die Marktanteile über die Nutzeranteile zu berechnen.[50]Vgl. vorne Kapitel C.I.1.a). Ist der Europäischen Kommission bzgl. der Berechnung der Marktanteile in der Plattformökonomie zu folgen, genügen diese wechselseitigen Netzwerkeffekte und die damit zusammenhängende Vergrösserung der Anzahl Nutzenden als starkes Indiz für die Begründung von Marktbeherrschung. Die Netzwerkeffekte haben aufgrund der Selbstverstärkungseffekte indirekt Einfluss auf die Anzahl der Nutzenden und dienen deshalb als Parameter für die Begründung einer marktbeherrschenden Stellung.
b) Marktübergreifende Bedeutung der Netzwerkeffekte
Die Definition der marktbeherrschenden Stellung verlangt bloss die Verhinderung des wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt, sie beschreibt jedoch nicht, wie diese Verhinderung zu entstehen hat. Es liegt in der Natur der verbundenen, mehrseitigen Plattformen, dass die andere Marktseite bei der Analyse der Marktbeherrschung nicht ignoriert werden kann.
Im Verhältnis der Gruppe der Nutzenden zur Gruppe der Werbenden lässt sich die plattformseitenübergreifende Bedeutung der Netzwerkeffekte im Sinne der Intermediationsmacht verdeutlichen. Von der Seite der Nutzenden entstehen positive (indirekte) Netzwerkeffekte, die in Richtung der Werbenden ausstrahlen. Eine grössere Gruppe der Nutzenden erhöht die Attraktivität der Plattform, da die Werbenden mit jeder Werbung potenziell ein grösseres Publikum erreichen. Diese Netzwerkeffekte haben ihren Ursprung auf dem Nutzermarkt, dienen jedoch zur Stärkung der Marktstellung der Plattform auf dem Werbemarkt.
Bei der Beurteilung der Marktbeherrschung in diesen Märkten ist sowohl die Preisbestimmungs- als auch die Qualitätsbestimmungsmacht zu beachten. Einerseits bietet die Plattform ihre Werbeflächen zu einem bestimmten Preis an und befindet sich auf dieser Seite – weiterhin unter Berücksichtigung der plattformökonomischen Faktoren – in einem „traditionellen“ Wettbewerbsverhältnis, in dem die beherrschende Stellung u.a. über die Fähigkeit eines Unternehmens, seine Preise gewinnmaximierend und langfristig über das kompetitive Niveau anheben zu können, umschrieben wird. Andererseits ist die Plattform gleichzeitig einem Wettbewerbsdruck seitens der Gruppe der Nutzenden ausgesetzt.[51]Im Detail zur Bedeutung der Stellung der Marktgegenseite vgl. hinten Kapitel C.I.4. und C.II.3. Da diese Gruppe die Leistung der Plattform unentgeltlich in Anspruch nimmt, ist hier auf die Qualitätsbestimmungsmacht der Plattform abzustellen, also ob ein Unternehmen die Fähigkeit besitzt, die Qualität seiner Leistungen in einem gewissen Grad zu ändern, ohne dass ein beträchtlicher Teil seiner Nutzenden zur Konkurrenz wechselt. Allerdings ist eine eindimensionale Sicht nicht zielführend. Die Behörden haben die Qualitätsbestimmungsmacht gegenüber den Nutzenden vielmehr unter dem Blickwinkel der Preisbestimmungsmacht gegenüber den Werbenden zu untersuchen. Im Rahmen der Intermediationsmacht eines Unternehmens sind diese beiden Elemente auszuwerten und potenziell als marktmachtbegründend zu qualifizieren.
Die Werbeeinnahmen lassen grundsätzlich bloss Rückschlüsse auf das Marktverhältnis auf einer Seite zu. Dabei bieten die Werbeeinnahmen eine objektiv berechenbare Grösse, welche mit den Werten der traditionellen Märkte vergleichbar ist. Über die Werbeeinnahmen lassen sich mindestens indirekt Informationen über die Netzwerkeffekte und die Parallelnutzung der anderen Marktseite ableiten. Höhere Werbeeinnahmen deuten in der Regel auf eine grössere Gruppe der Nutzenden und eine grössere Attraktivität der Plattform; die Gruppengrösse wiederum hängt eng mit den Netzwerkeffekten zusammen. Falls eine Plattform allerdings in der Lage ist, bei einem vergleichbar kleineren Publikum (Gruppe der Nutzenden) trotzdem verhältnismässig hohe Einnahmen zu erzielen, deutet dies darauf hin, dass dieses Publikum Single-Homing betreibt und die Plattform sich bei der Preisgestaltung unabhängig verhalten kann, da sie den Exklusivzugang zu diesem Publikum verschafft. Angesichts dieses Exklusivzugangs wirken die Netzwerkeffekte auf Seiten der Nutzenden in Richtung der Werbenden stärker, da kein alternativer Zugang zu dieser Gruppe der Nutzenden möglich ist.
Aus diesen Gründen dienen die Werbeeinnahmen[52]Die Werbeeinnahmen selbst sind wiederum ein stellvertretender Wert für die Anzahl an Vermittlungsleistungen. als stellvertretende Grösse für die Berechnung der Stellung auf dem Markt.[53]So bereits RPW 2006/2, E. 9.2, 386, Berner Zeitung AG. Ferner sind die Werbeeinnahmen in Bezug auf die Berechnung der Marktanteile weniger aussagekräftig, da eine Plattform auch ohne Aufschaltung von Werbung den gesamten Markt beherrschen kann (z.B. Nutzeranteile oder Nutzeraktivität aufgrund fehlender Werbung). Deshalb sind die Werbeeinnahmen vielmehr im Rahmen der Netzwerkeffekte und Parallelnutzung als stellvertretendes Merkmal zu beachten.
Die WEKO hat sich bereits in den 2000er Jahren mit Werbemärkten auseinandergesetzt und festgehalten, dass bei „der Prüfung, ob sich Unternehmen auf dem Lesermarkt unabhängig verhalten können, […] die Wirkung des Lesermarktes auf den Werbemarkt zu berücksichtigen“ ist.[54]RPW 2004/2, 503 Rz. 102, NZZ-Espace-Bund; dieselbe Herangehensweise auch in RPW 2006/2, E. 9.2, 386, Berner Zeitung AG und RPW 2000/3, 438 ff. Rz. 120 ff., Berner Oberland Medien. Folglich handelt es sich um keine Neuheit der digitalen Wirtschaft, bei der Ermittlung der marktbeherrschenden Stellung eines Unternehmens alle Marktverhältnisse – auch jene, die auf der anderen Marktseite entstehen – in die Untersuchungen aufzunehmen.
Aus diesen Beispielen ist ersichtlich, dass die Wettbewerbsbehörden bei der Beurteilung der marktmachtbegründenden Faktoren nicht auf den abgegrenzten relevanten Markt beschränkt sind, sondern im Rahmen einer Gesamtbetrachtung alle Faktoren, die zur Verhinderung des wirksamen Wettbewerbs auf diesem Markt führen können, in Betracht ziehen können.
3. Wechselkosten und Lock-in-Effekte
Die Netzwerkeffekte sind isoliert betrachtet nicht aussagekräftig. Neben den Netzwerkeffekten sind weitere Faktoren zu beachten, wie z.B. hohe Wechselkosten und Lock-in-Effekte. Auf Märkten mit Selbstverstärkungseffekten und Konzentrationstendenzen sind auch die hohen Wechselkosten und die Lock-in-Effekte eizubeziehen.[55]So auch EU-Kommission vom 4. März 2024, Rz. 381 ff., Apple; zu den Wechselkosten OECD (Fn. 2), Evolving, 16 f., vgl. ferner Bogenreuther (Fn. 31), 120 ff.; Walesch (Fn. 31), 430 ff.; Volmar … Continue reading Die Wechselkosten und die Lock-in-Effekte können das Single-Homing der Nutzenden bereits ohne Beachtung der Netzwerkeffekte fördern und somit die Stellung des Unternehmens auf dem Markt stärken. Liegen gleichzeitig wechselseitige Netzwerkeffekte vor, erweist sich diese Kombination als besonders anfällig für die Begründung einer beherrschenden Stellung.
Auf sozialen Netzwerken beispielsweise treten regelmässig wechselseitige Netzwerkeffekte auf. Aufgrund dieser Netzwerkeffekte steigt die Attraktivität der Plattform für die Nutzenden mit jedem neuen Kontakt. Diese neuen Kontakte wiederum tragen dazu bei, dass die Wechselkosten zusätzlich steigen. Je grösser das eigene Netzwerk ist, desto höher sind die Wechselkosten. Ein Plattformwechsel kommt grundsätzlich nur in Betracht, falls auf einer anderen Plattform ähnliche Netzwerkeffekte vorliegen und die Nutzenden ihre Profile verhältnismässig einfach auf neue Plattformen übertragen können. Letzteres ist in der Regel nicht der Fall, weshalb hohe Wechselkosten auszumachen sind.
Ein Plattformwechsel macht schliesslich bloss Sinn, wenn das gesamte, persönliche Netzwerk mitwechselt. Aufgrund bereits getätigter Aufwendungen und des aufgebauten Netzwerks gekoppelt mit der fehlenden Möglichkeit der Interoperabilität sind die Nutzenden folglich an die Plattform gebunden; sie sind „locked-in“. In diesen Fällen befindet sich die Plattform in einer Lage, in der sie sich gegenüber den anderen Wettbewerbsteilnehmenden in wesentlichem Umfang unabhängig verhalten kann. Dieses unabhängige Verhalten wirkt sich insbesondere in der Verminderung der Qualität der Plattform aus,[56]Ähnlich bereits EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 268, Google Search (Shopping). z.B. durch die Vergrösserung der Werbeflächen, durch weniger Möglichkeiten der Datenportabilität, durch die Verringerung der Möglichkeiten für das Multi-Homing oder durch Ausschluss der Interoperabilität.[57]Zur fehlenden Interoperabilität als Faktor für die Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs vgl. EuG vom 17. September 2007, Rz. 229, Microsoft/Kommission; vgl. mit ähnlichen Argumenten US … Continue reading
Die Möglichkeit der Datenportabilität bzw. der Interoperabilität hat entscheidenden Einfluss auf die Wechselkosten und Lock-in-Effekte, wie dies das Beispiel der verkaufsseitigen Bewertungssysteme zeigt. Die Reputation und damit einhergehend die Häufigkeit der Transaktionen der Verkaufsseite hängen eng mit der Verkäuferbewertung zusammen. Diese Bewertungen sind allerdings plattformgebunden und nicht interoperabel.[58]Die grossen Plattformen wie Amazon, eBay oder Etsy lassen keine plattformübergreifende Übertragung der Bewertungen zu. Dadurch ist die Plattformseite, welche an die Bewertungen gebunden ist, höheren Wechselkosten ausgesetzt, da sie nach einem Plattformwechsel als unbekannte und nicht mehr gemäss den Bewertungen zuverlässige Partei auftreten muss. In diesen Fällen hat die Plattform – wenngleich das Multi-Homing dieser Plattformseite grundsätzlich möglich wäre[59]Zum Multi-Homing als marktmachtbeschränkender Faktor vgl. Kapitel C.II.3. – eine stärkere Stellung gegenüber dieser Gruppe. Obwohl die Plattform also Multi-Homing zulässt, kann sie sich gegenüber dieser Gruppe unabhängig verhalten. Dieses Beispiel veranschaulicht, dass in der digitalen Wirtschaft einzelne Elemente in der Beurteilung der marktbeherrschenden Stellung eines Unternehmens bloss eine beschränkte Bedeutung haben. Die Behörden haben vielmehr alle plattformökonomischen Merkmale im Rahmen einer Gesamtbetrachtung auszuwerten und die tatsächlichen Wirkungen, die aus der Kombination dieser Merkmale entstehen, zu berücksichtigen.
Starke Netzwerkeffekte zusammen mit hohen Wechselkosten und Lock-in-Effekten führen zu grösseren Selbstverstärkungseffekten. Die Kombination dieser Effekte führt zu einer Eigendynamik, die es der Plattform erlaubt, die kritische Masse der Nutzenden zu erreichen. In dieser Konstellation sind die Märkte dazu geneigt, im Sinne des von diesen Effekten profitierenden Unternehmens zu „kippen“ (engl. „market tipping“).[60]So auch EU-Kommission vom 24. März 2004, Rz. 946, Microsoft („the ‚tipping‘ of the market, that is to say, a technology would gain enough momentum so that the attendant network effects … Continue reading Nach dem Market Tipping wirken die Netzwerkeffekte (u.a. zusammen mit hohen Wechselkosten und Lock-in-Effekten) als zusätzliche Marktzutrittsschranken und als marktmachtbegründender Faktor.[61]EU-Kommission vom 24. März 2004, Rz. 946, Microsoft. Es gilt allerdings anzumerken, dass das Kippen des Marktes nicht per se die Marktbeherrschung darstellt, sondern vielmehr ein Faktor für die … Continue reading Auf das Kippen des Marktes folgen weitere Muster, welche die Begründung der Marktbeherrschung verstärken. Die Plattformen, welche diese kritische Masse nicht erreichen können, sehen sich mit negativen Netzwerkeffekten konfrontiert, da die Nutzenden dazu tendieren, zur Plattform mit der kritischen Masse und den stärkeren Netzwerkeffekten zu wechseln. Die Verkleinerung der Nutzergruppe führt zu weniger starken Netzwerkeffekten und zur Verringerung der Skaleneffekte. Dies wiederum kann dazu führen, dass diese Plattformen vom Markt verdrängt werden. Im Ergebnis ist die „gewinnende“ Plattform in der Lage, sich als Marktführerin zu etablieren, und befindet sich im Extremfall in einem Winner-Takes-All-Markt.[62]Zum Winner-Takes-All-Markt vgl. Michael G. Jacobides, What Drives and Defines Digital Platform Power?, White Paper, London 2021, 9 f. m.w.V.; a.M. Herbert Hovenkamp, Antitrust and Platform … Continue reading
Die Kartellbehörden berücksichtigen zwar in fast allen Fällen der Digitalökonomie die Lock-in-Effekte im Rahmen der Wechselkosten, gehen aber nicht im Detail auf deren Auswirkungen im Wettbewerb ein. In Sachen Google Android verweist die Kommission auf Aussagen, wonach Lock-in-Effekte in den untersuchten Märkten existieren und zu hohen Wechselkosten führen.[63]EU-Kommission vom 18. Juli 2018, Rz. 522 ff. (insb. Rz. 524), Google Android. In Sachen Google Shopping sind die Lock-in-Effekte nicht einmal erwähnt, sondern müssen aus den Wechselkosten abgeleitet werden.[64]EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 270 und 314, Google Search (Shopping). Wie soeben dargelegt, können die Wechselkosten zusammen mit den Lock-in-Effekten zum Ausschluss der Interoperabilität und/oder Datenportabilität, zur Begrenzung des Multi-Homing, zum Market Tipping und schliesslich zu Winner-Takes-All-Märkten führen; insgesamt liegen sodann gleichzeitig höhere Marktzutrittsschranken vor. Zudem sind die gebundenen Konsumierenden die Hauptressource der Plattformen, um einerseits ihre Geschäftsmodelle auszuweiten sowie zu diversifizieren und andererseits um Monetarisierungsmöglichkeiten zu schaffen, die sodann zum Nachteil der Nutzenden die Qualität der Plattformangebote verringern. Die Plattform übt also Intermediationsmacht aus, indem sie die Qualität ihrer Produkte senkt, ohne ausreichend wirksamem Wettbewerbsdruck ausgesetzt zu sein, weil sie auf die gebundenen Konsumierenden zählen kann.[65]Als konkretes Beispiel vgl. US District Court W.D. Wash. Vom 26. September 2023, Case 2:23-cv-01495, Amazon.com Inc („Amazon’s online storefront once prioritized relevant, organic search … Continue reading Diese Aspekte weisen wichtige Informationen zur Marktmacht auf und können die Bedeutung der Lock-in-Effekte eingehender erfassen, wurden aber bisher weder in der Europäischen Union noch in der Schweiz im Detail untersucht.
4. Stellung der Marktgegenseite
Bei der Stellung der Marktgegenseite handelt sich in der Regel um die Nachfragemacht. Dabei ist die tatsächliche Verhandlungsposition der Nachfragenden gegenüber dem potenziell marktbeherrschenden Unternehmen entscheidend. Die Verhandlungsposition wiederum hängt von den Ausweichmöglichkeiten ab. Falls die Marktgegenseite eine schwache Stellung aufweist, liegt ein Indiz für Marktbeherrschung vor.[66]BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 305; ähnlich auch OECD (Fn. 2), Evolving, 18; Im Rahmen der Untersuchungen gegen Google hat die Europäische Kommission dies unter der fehlenden … Continue reading Als Faktoren für die Beurteilung der Stellung der Marktgegenseite sind die Fähigkeit, schnell zu konkurrierenden Unternehmen zu wechseln, die Grösse und die Wichtigkeit der Marktgegenseite für das untersuchte Unternehmen sowie die Sachkunde und Professionalität der Marktgegenseite zu berücksichtigen.[67]BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 308 ff.; vgl. auch EU-Kommission, ABl. C 45 vom 24.02.2009, Rz. 18. In der digitalen Wirtschaft sind in diesem Zusammenhang das Multi- und Single-Homing weitere wichtige Faktoren, die zu beachten sind.[68]Multi-Homing stellt kein neues Merkmal bei der Ermittlung einer marktbeherrschenden Stellung dar, da es bereits in traditionellen Märkten zu berücksichtigen ist. Allerdings gewinnt Multi-Homing im … Continue reading
Die Erkenntnisse aus dem vorangehenden Kapitel werden im Kontext der Stellung der Marktgegenseite zusätzlich verstärkt. Während die Wechselkosten und Lock-in-Effekte die Entstehung der Marktmacht bloss aus Sicht einer Marktseite – genauer aus Sicht der gebundenen Nutzenden – beleuchten, ist dieses Phänomen bei der Behandlung der Competitive Bottlenecks ebenfalls zu erwägen; auf den Märkten der Digitalökonomie treten diese Effekte und Konstellationen gleichzeitig auf.
a) Single-Homing
Auf einer Plattform können alle Plattformseiten Single-Homing betreiben. In diesem Fall liegen grundsätzlich hohe Wechselkosten und Mehrkosten für die Verwendung von unterschiedlichen Plattformen vor. Dabei konkurrieren die Plattformen auf allen Plattformseiten um dieselben, in einer begrenzten Anzahl vorhandenen Personen.[69]Da die Parteien beim Multi-Homing mehrere Plattformen gleichzeitig benutzen, tritt diese Problematik dort nicht auf. Es herrscht demnach zunächst reger Wettbewerb um diese Single-Homing-Seiten; kommt allerdings eine Plattform bei diesem Wettbewerb als Siegerin hervor, ist es das Single-Homing, welches eine zusätzliche Marktzutrittsschranke darstellt und so die Marktbeherrschung verstärkt.
Bei der Ermittlung der Marktbeherrschung gilt es insbesondere zu beachten, ob die Plattform das Multi-Homing für ihre Leistungen absichtlich begrenzt, indem sie beispielsweise die Interoperabilität oder die Datenportabilität beschränkt. Bei der Untersuchung der Interoperabilität ist das zugrunde liegende Verfahren entscheidend; während iPhones, Androids und andere Mobilgeräte in Bezug auf bestimmte Anwendungsprogramme interoperabel sind (z.B. WhatsApp),[70]Hovenkamp, (Fn. 62), 1924. trifft der Umkehrschluss nicht zwingend zu. Die Applikation WhatsApp ist nicht plattformübergreifend interoperabel (z.B. ist die Kommunikation zwischen WhatsApp und Threema nicht möglich).[71]Der DMA greift die Problematik der Interoperabilität auch auf.
Das Merkmal des Single-Homing ist aufgrund der Mehrseitigkeit der Plattformen in Verbindung mit der Intermediationsmacht zu untersuchen. Die Plattform hat gegenüber den Single-Homing-Seiten eine gewisse Vermittlungsmacht (vergleichbar mit „must stock items“, weil die Plattform als unvermeidbare Vermittlungspartnerin auftritt). Jede Seite bedingt die andere Seite und hat aufgrund des Single-Homing keine Ausweichmöglichkeiten. Die Vermittlung kann nur über die untersuchte Plattform geschehen, da beide Seiten nur eine Plattform verwenden.[72]Anders bei Competitive Bottlenecks, vgl. nachfolgendes Kapitel. In dieser Situation hat die Plattform eine starke Stellung gegenüber allen Marktseiten. Ein Single-Homing auf allen Plattformseiten ist als marktmachtbegründender Faktor für alle Marktseiten zu interpretieren, da die Nutzenden aufgrund der hohen Wechselkosten an die Plattform gebunden sind.[73]So auch Hovenkamp, (Fn. 62), 1924. Die untersuchte Plattform hat keinen Plattformwechsel ihrer Nutzenden zu befürchten – und somit auch keinen Rückgang der Nutzungsaktivität auf der Plattform. Folglich kann sie die Netzwerkeffekte gezielter ausnutzen und zur Begründung von Konzentrationstendenzen beitragen. In dieser Konstellation existieren hohe Marktzutrittsschranken und der potenzielle Wettbewerb ist gering.
Ferner wirkt hier die Grösse der Gruppe der Nutzenden nicht als Gegengewicht, da die Nutzenden wegen der hohen Wechselkosten, der Leistungsdifferenzierung, der fehlenden Ausweichmöglichkeiten oder aus anderen Gründen Single-Homing betreiben.[74]Anders sieht es aus, wenn die Nutzenden Multi-Homing betreiben, vgl. Kapitel C.II.3. Die Nutzenden sind in der digitalen Wirtschaft grundsätzlich nicht in der Lage, durch Sachkunde und Professionalität Einfluss auf die untersuchte Plattform zu nehmen. Schliesslich benutzen sie die Plattform nicht selten aus Bequemlichkeit. Dies stellt für den Wettbewerb eine Gefahr dar, da Kopplungsgeschäfte oft darauf abzielen, die Bequemlichkeit der Konsumierenden auszunutzen, weshalb sie in dieser Konstellation erfolgversprechender sind.
b) Competitive Bottlenecks
Auf den Plattformen kann allerdings auch eine andere Konstellation auftreten, und zwar jene der Competitive Bottlenecks. Bei einem Competitive Bottleneck betreibt eine Plattformseite Single-Homing, während die andere Plattformseite verschiedene Plattformen benutzt (sog. Multi-Homing).[75]Vgl. Volmar (Fn. 9), 144 ff.
Bei Competitive Bottlenecks ist die Seite des Single-Homing nur über den Competitive Bottleneck erreichbar. Deshalb muss die Multi-Homing-Seite auf jeden Fall diese Plattform benutzen, um an diese bestimmte Single-Homing-Seite vermittelt werden zu können. Dabei ist die Rede von „monopoly power over providing access to their single-homing customers for the multi-homing side“.[76]Mark Armstrong, Competition in two-sided markets, RAND J. Econ. 2006, 669; vgl. auch EU-Kommission vom 21. August 2007, Rz. 77 ff., Travelport/Worldspan. Die Plattform hat also Intermediationsmacht[77]Armstrong nennt sie in Bezug auf Supermärkte „bargaining power“ (Armstrong [Fn. 76], 684); s. auch Digital Competition Expert Panel, Unlocking digital competition – Report of the Digital … Continue reading gegenüber der Gruppe, die Multi-Homing betreibt, da sie den Exklusivzugang zur Single-Homing-Seite anbietet. Folglich hat die Gruppe des Multi-Homing keine Ausweichmöglichkeiten und muss diese Plattform benutzen, um die Single-Homing-Seite zu erreichen. Die Single-Homing-Seite hingegen übt gegenüber der Plattform eine gewisse Nachfragemacht aus und dient auf dieser Marktseite als marktmachtbeschränkender Faktor.[78]Vgl. Armstrong (Fn. 76), 669 f. und 677 f. Die Seite des Single-Homing erreicht grundsätzlich auf allen Plattformen die Multi-Homing-Seite und kann sich deshalb die Plattform frei aussuchen.
Bei Competitive Bottlenecks liegen somit auf jeder Marktseite unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen vor.[79]Michael L. Katz/Jonathan Sallet, Multisided Platforms and Antitrust Enforcement, Yale L. J. 2018, 2155; so auch EU-Kommission vom 21. August 2007, Rz. 80, Travelport/Worldspan. Aufgrund der Netzwerkeffekte ist die Plattform umso attraktiver, je grösser die Gruppe auf der Single-Homing-Seite ist. Bei Competitive Bottlenecks herrscht somit ein hoher Wettbewerbsdruck, um eine möglichst grosse Gruppe auf der Single-Homing-Seite zu erreichen. Die Plattform hat also eine starke Stellung gegenüber der Multi-Homing-Seite und eine schwächere Stellung gegenüber der Single-Homing-Seite.[80]So bereits Armstrong (Fn. 76), 670 und 680. Gleichzeitig hat die Verhaltensmöglichkeit der Plattform auf einer Plattformseite auch Einfluss auf die andere Seite: Die Plattform steht für die Akquirierung der Nutzenden von Single-Homing in einem starken Wettbewerb. Gewinnt die Plattform den Wettbewerb um diese Nutzenden, stärkt sie gleichzeitig ihre Position gegenüber der Seite des Multi-Homing. Jede zusätzlich geworbene Person, die Single-Homing betreibt, ist somit äusserst wertvoll für die Plattform.
5. Marktzutrittsschranken
Bei der Ermittlung der beherrschenden Stellung sind ferner die Marktzutrittsschranken zu berücksichtigen. Ein Unternehmen kann sich nicht in wesentlichem Umfang unabhängig verhalten, wenn der Markteintritt anderer Unternehmen wahrscheinlich und zu befürchten ist.[81]BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 311.
Netzwerkeffekte können die Marktzutrittsschranken in der digitalen Wirtschaft verstärken.[82]Zu den Netzwerkeffekten als Marktzutrittsschranken bereits RPW 2016/1, 111 f. Rz. 334 und 338, Online-Buchungsplattformen; RPW 2018/3, 659 Rz. 340, Ticketcorner; vgl. auch Hovenkamp, (Fn. 62), 1927. Diese Schranken weisen verschiedene Aspekte auf, denn die Mehrseitigkeit der Plattformen führt dazu, dass ein Marktzutritt für eine andere Plattform nur Sinn ergibt, wenn sie alle Plattformseiten gleichzeitig zur Nutzung der Plattform überzeugen kann. Dabei muss die Plattform auf allen Seiten die kritische Masse erreichen, um wirksam als Konkurrenz auftreten und die Vorteile der Netzwerkeffekte ausnutzen zu können.[83]EU-Kommission vom 6. Dezember 2016, Rz. 346, Microsoft/LinkedIn; Bundeskartellamt (Fn. 3), 56 f. Zudem erschweren die Selbstverstärkungseffekte der bereits vorhandenen Unternehmen den Marktzutritt, da diese Effekte in der Regel mit hohen Wechselkosten[84]Hohe Wechselkosten gelten schon länger als Marktzutrittsschranke, da ein Wechsel zu einem neuen Unternehmen grundsätzlich nicht bevorzugt wird vgl. bereits RPW 2016/1, 111 Rz. 333, … Continue reading, Lock-in-Effekten und dem Single-Homing einhergehen.[85]Vgl. allerdings Jens-Uwe Franck/Martin. Peitz, Market definition and market power in the platform economy, CERRE Report, Brüssel 2019, 77, wonach Etsy trotz bereits verfestigter Marktstruktur in der … Continue reading
In einem engen Zusammenhang zu den Netzwerkeffekten und den Selbstverstärkungseffekten stehen die Skaleneffekte.[86]Ähnlich bereits EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 269 und 285 ff., Google Search (Shopping). Die Skaleneffekte sind vor allem wichtig, wenn hohen Entwicklungs- und Betriebskosten (hohen Fixkosten) mit zunehmender Anzahl Nutzenden und Interaktionen niedrige variable Kosten gegenüberstehen. Grosse Plattformen können von ihrer Unternehmensstruktur profitieren, da mit zunehmender Leistungseinheitenmenge die Durchschnittskosten pro Einheit niedriger sind.[87]Vgl. auch Hovenkamp, (Fn. 62), 1937 f.; Cyriac (Fn. 31), 160 ff. Andere Unternehmen sind zunächst mit hohen Fixkosten konfrontiert, die sich nur auszahlen, wenn die Plattform auf allen Seiten die kritische Masse der Nutzenden erreicht. Die damit zusammenhängenden versunkenen Kosten (engl. „sunk costs“)[88]So auch bereits RPW 2009/3, 297 Rz. 287, Tamedia/PPSR. erschweren insgesamt einen Marktzutritt.
Weitere Marktzutrittsschranken leiten sich aus der Informations- und Datenmacht[89]Vgl. Kapitel B.IV. der potenziell marktbeherrschenden Unternehmen ab.[90]Vgl. Lina M. Khan, Sources of Tech Platform Power, GLTR 2018, 329 ff., wonach die Ausnützung von Informationen eine Art der Marktmacht darstellt. Vgl. ferner Walesch (Fn. 31), 432 ff.; Volmar … Continue reading Die Konkurrenz kann beispielsweise angesichts der mangelnden Datenmenge bzw. des fehlenden Datenzugangs am Markteintritt gehindert werden. Allerdings kann die Datenmacht – selbst bei Erleichterung des Datenzugangs – auch auf andere Weisen als Marktzutrittsschranken wirken: Aufgrund der Netzwerkeffekte und der daraus entstehenden Grösse der Plattform sind die Unternehmen der digitalen Wirtschaft in der Lage, Informationen und Daten der Nutzenden in beträchtlichen Mengen zu sammeln und auszuwerten.[91]Vgl. ferner § 18 Abs. 3a Nr. 4 GWB, wonach der „Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten“ bei der Bewertung der Marktstellung zu berücksichtigen ist. Dies führt grundsätzlich zu einer höheren Markteintrittsschwelle, da die Konkurrenz vom Rückstand und vom Markteintritt abgeschreckt wird bzw. aufgrund der fehlenden Nutzerbasis nicht im gleichen Umfang die erforderlichen Daten sammeln kann.[92]Vgl. auch Hovenkamp, (Fn. 62), 1927. Dieser Vorsprung wird in der Regel durch Kopplungspraktiken der marktbeherrschenden Unternehmen zusätzlich vergrössert und die Märkte entwickeln sich vermehrt zu konzentrierten Märkten, die von denselben Unternehmen beherrscht werden. Die fehlende Rivalität der Daten[93]Vgl. Kapitel B.IV. kann diesem Umstand nur in einem geringen Masse entgegenwirken, da selbst mit der Erwerbsmöglichkeit der Daten hohe Kosten zusammenhängen, welche wiederum als Markteintrittsbarriere fungieren.
Im Rahmen der digitalen Wirtschaft haben die Wechselkosten per se keine Aussagekraft bzgl. der Marktzutrittsschranken. Die Literatur hat in der Vergangenheit festgehalten, dass die Verwendung einer neuen Plattform aufgrund der niedrigen Wechselkosten bloss mittels „a few clicks“ möglich sei.[94]Vgl. z.B. David S. Evans/Richard Schmalensee, Debunking the ‘Network Effects’ Bogeyman, Regulation 2017, 38. Diese schematische Darstellung der Wechselkosten entspricht allerdings nicht der Realität. Einerseits hat die Europäische Kommission in Sachen Google Search (Shopping) festgehalten, dass die Wechselkosten nur einen von vielen Faktoren darstellen. Selbst geringe Wechselkosten waren in diesem Fall nicht ausschlaggebend im Rahmen der Marktbeherrschung.[95]EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 314, Google Search (Shopping). Andererseits gilt es zu berücksichtigen, dass die Nutzenden in der Plattformökonomie eine gewisse Trägheit aufweisen, was zu einer Anpassung bzgl. der Höhe der Wechselkosten führt. Bereits der Umstand, einen neuen Internetbrowser kostenlos aufzusuchen, herunterzuladen und zu installieren, stellt hohe Wechselkosten dar.[96]EU-Kommission vom 16. Dezember 2009, Rz. 46 ff., Microsoft (Tying). Allgemein erweist sich ein Plattformwechsel in der Digitalwirtschaft aufgrund der beschränkten Datenportabilität als viel schwieriger als es sein müsste.
II. Faktoren für die Begrenzung von Marktmacht
1. Negative Netzwerkeffekte und niedrige Wechselkosten
Während die positiven Netzwerkeffekte ein entscheidendes Merkmal im Rahmen der Begründung der Marktbeherrschung darstellen, ist es auch möglich, dass negative Netzwerkeffekte vorliegen.[97]Daniel Mandrescu, Tying and bundling by online platforms – Distinguishing between lawful expansion strategies and anti-competitive practices, CLSR 2021, 5 und 8 f.; Volmar (Fn. 9), 294 ff.; David … Continue reading Negative Netzwerkeffekte haben einen beschränkenden Einfluss auf die marktbeherrschende Stellung eines Unternehmens. Diese negativen Netzwerkeffekte sind von der Congestion-Problematik zu unterscheiden. Bei Letzterem erschöpfen sich die Netzwerkeffekte und neue Nutzende bringen keinen zusätzlichen Mehrwert für die Plattform.[98]David S. Evans, Why the Dynamics of Competition for Online Platforms Leads to Sleepless Nights But Not Sleepy Monopolies, 2017, aufrufbar unter <http://dx.doi.org/10.2139/ssrn.3009438>, 13 f. Bei dieser „Überfüllung“ der Plattform wird der zusätzliche Wert von neuen Nutzenden bloss beschränkt, d.h., die neuen Nutzenden bringen weiterhin einen zusätzlichen Wert und begünstigen die marktbeherrschende Stellung der untersuchten Plattform. Diese Überfüllung hat also keine marktmachtbeschränkende Wirkung, wie dies bei den negativen Netzwerkeffekten der Fall ist.
Negative Netzwerkeffekte bzw. Netzwerkeffekte in umgekehrter Richtung (engl. „reverse network effects“)[99]Mandrescu (Fn. 97), 5 und 8 f.; Evans/Schmalensee (Fn. 94), 38; Evans (Fn. 98), 15. vermögen zu einem schnellen Rückgang der Anzahl Nutzenden und somit zum Rückgang der Attraktivität der Plattform zu führen. Dabei kann die Plattform bei einer Preiserhöhung deutlich mehr Nutzende verlieren als dies auf traditionellen Märkten der Fall ist.[100]David S. Evans/Michael D. Noel, Defining Antitrust Markets When Firms Operate Two-Sided Platforms, CBLR 2005, 129. In diesem Fall begrenzen die Netzwerkeffekte die Fähigkeit der Plattform, sich unabhängig verhalten zu können.[101]Martin Blaschsczok, Kartellrecht in zweiseitigen Wirtschaftszweigen, Eine Untersuchung vor dem Hintergrund der ökonomischen Forschung zu ‚two-sided markets‘, Baden-Baden 2015, 94. Dabei ist u.a. an die besondere Preisstruktur der Plattformen zu denken. Falls die Plattform nicht in der Lage ist, ihre Preisstruktur angesichts der Anzahl Nutzenden zu optimieren, ist ein rascher Rückgang der Nutzenden und somit das Eintreten von negativen Netzwerkeffekten wahrscheinlich.[102]So bereits Evans/Schmalensee (Fn. 94), 165 f.; Armstrong (Fn. 76), 668; vgl. ferner Mandrescu (Fn. 97), 5. Der Rückgang der Nutzenden kann einen Schneeballeffekt auslösen: Der Abwärtstrend auf Seiten der Nutzenden übt einen Preisdruck auf die Plattform aus. Die Nutzenden verschwinden allerdings nicht vom Markt, sondern gehen zur Konkurrenz. Da die Konkurrenz durch diesen Nutzerschwund eine Erhöhung der Anzahl der eigenen Nutzenden aufzuweisen vermag, setzen bei ihr positive Netzwerkeffekte ein. Die Plattform wird mit allen zusätzlichen Nutzenden attraktiver für die andere Plattformseite und kann aufgrund dieser potenziellen Kettenreaktion das Verhalten der potenziell marktbeherrschenden Plattform beschränken.[103]So auch Andrea Lohse, Marktmachtmissbrauch durch Internetplattformen? Das Kartellrecht vor neuen Herausforderungen, ZHR 2018, 344.
Diese negativen Netzwerkeffekte treten verstärkt auf, wenn niedrige Wechselkosten vorliegen. Bei niedrigen Wechselkosten ist der Wechsel von einer Plattform zur anderen Plattform erleichtert und ein potenzieller Markteintritt einer anderen Plattform wahrscheinlicher.[104]Vgl. Kapitel C.I.3. und C.I.4. Darüber hinaus hat die Möglichkeit zum Multi-Homing eine mit den niedrigen Netzwerkeffekten vergleichbare Wirkung. Unterlässt die potenziell marktbeherrschende Plattform Schranken gegen das Multi-Homing aufzustellen, können die negativen Netzwerkeffekte einen grösseren Druck ausüben. Die Plattform hat sich sodann entsprechend zu verhalten und kann sich nicht bzgl. Preis oder Qualität unabhängig verhalten. Die Gefahr der negativen Netzwerkeffekte beschränkt folglich das Handeln der Plattform.
Negative Netzwerkeffekte sind insbesondere in Märkten ohne wechselseitige Netzwerkeffekte anzutreffen, in denen eine Marktseite ein grösseres Interesse hat, an die andere Marktseite vermittelt zu werden, als umgekehrt. In dieser Situation wirken stärkere Netzwerkeffekte in eine Richtung als in die andere Richtung. Dies ist der Grund zur Anfälligkeit für die negativen Netzwerkeffekte. Bei fehlender Wechselseitigkeit strebt grundsätzlich nur eine Marktseite, z.B. die Gruppe der Werbenden, den Kontakt mit der anderen Marktseite an, da die Nutzenden die Plattform grundsätzlich für den Inhalt und nicht die Werbung besuchen. Die Werbung wird in der Regel als störend empfunden; bei übermässiger Aufschaltung von Werbung – und somit bei Minderung der Qualität der Plattform – kann dies im Einzelfall zu negativen Netzwerkeffekten führen. Die Vergrösserung der Gruppe der Werbenden und damit einhergehend die Vergrösserung der Werbeflächen führen zur Verkleinerung der Gruppe der Nutzenden, da diese nicht mehr vom Inhalt der Plattform profitieren können. Aufgrund der Gefahr der negativen Netzwerkeffekte sind die Plattformen in diesen Fällen nicht in der Lage, sich von ihrer Konkurrenz unabhängig zu verhalten. Hier beschränken die Netzwerkeffekte die beherrschende Stellung eines Unternehmens.
2. Abnehmender Grenznutzen
Google argumentiert in Sachen Google Search (Shopping), dass es mit abnehmendem Grenznutzen konfrontiert ist, sobald das Volumen der Anfragen, die ein allgemeiner Suchdienst erhält, eine bestimmte Schwelle überschreitet.[105]EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 289, Google Search (Shopping). Während diese Aussage der Wahrheit entsprechen mag, spielt sie bei der Analyse der Marktbeherrschung und der in diesem Zusammenhang wichtigen Marktzutrittsschranken bloss eine untergeordnete Rolle.[106]EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 289, Google Search (Shopping) mit Bemerkungen zu den Marktzutrittsschranken. Ausserdem sind die Daten und der abnehmende Grenznutzen jeweils in den Kontext der untersuchten Plattform in den Kontext zu setzen; ein allgemeiner Suchdienst hat in der Regel grössere Vorteile mit steigender Anzahl an Daten als eine Auktionsplattform.
Der abnehmende Grenznutzen ist allerdings nicht als marktmachtbeschränkender Faktor zu qualifizieren. Bei diesem Element handelt es sich vielmehr um einen Umstand, bei dem ab einem bestimmten Zeitpunkt der zusätzliche Nutzen abnimmt, allerdings nicht verschwindet oder negative Wirkungen zeigt.[107]Andrei Hagiu/Julian Wright, When Data Creates Competitive Advantage, HBR 2020, 97 („additional customer data no longer enhances the value of an offering“). Bei abnehmendem Grenznutzen wird nur die Begründung der marktbeherrschenden Stellung verlangsamt. Die beherrschende Stellung auf dem Markt wird jedoch nicht wie bei den negativen Netzwerkeffekten, der starken Stellung der Marktgegenseite oder der potenziellen Konkurrenz unmittelbar begrenzt.
In Verbindung mit den Marktzutrittsschranken lässt sich bzgl. des abnehmenden Grenznutzens feststellen, dass höhere Marktzutrittsschranken vorliegen, je langsamer der Grenznutzen sinkt.[108]Hagiu/Wright (Fn. 107), 97. Dies hängt mit dem Umstand zusammen, dass in diesen Konstellationen grundsätzlich eine grosse Menge an Daten oder nicht leicht zugängliche Daten erforderlich sind. Der Zugang von neuen Plattformen zum Markt ist beschränkt, da sie einerseits Schwierigkeiten haben, an die erforderlichen Daten zu kommen, andererseits das Aufholen des marktbeherrschenden Unternehmens aufgrund der lediglich langsam sinkenden Grenznutzen zusätzlich beeinträchtigt ist. Eine neu in den Markt eintretende Plattform ist schliesslich mit demselben abnehmenden Grenznutzen konfrontiert und wird Schwierigkeiten haben, auf die beherrschende Plattform aufzuschliessen.
In diesem Zusammenhang ist auch auf den „first mover advantage“ hinzuweisen. Das als „first mover“ zu qualifizierende Unternehmen kann sich kraft der indirekten Netzwerkeffekte einen erheblichen Vorsprung verschaffen, der zu zusätzlichen Markteintrittsschranken führt.[109]EU-Kommission vom 18. Juli 2018, Rz. 637 f., Google Android. Dieser Vorsprung lässt sich – trotz des abnehmenden Grenznutzens – kaum aufholen.[110]EU-Kommission vom 18. Juli 2018, Rz. 638 f., Google Android.
Falls der Grenznutzen hingegen früh sinkt, ist dies ein Indiz für das Erfordernis eines bloss kleinen Datensatzes, um in diesem Markt auftreten zu können und folglich für die geringe Bedeutung der Daten in diesem Geschäftsmodell. Das frühe Sinken des Grenznutzens wiederum ist ein Anhaltspunkt für niedrige Marktzutrittsschranken, da nur eine geringe Menge an Daten oder leicht zugängliche Daten für potenziell neu in den Markt eintretende Unternehmen erforderlich sind.[111]Cyriac (Fn. 31), 168. Schliesslich wirkt der abnehmende Grenznutzen in diesen Fällen ebenfalls nicht als beschränkender Faktor der Marktbeherrschung, sondern lediglich als Merkmal, welcher die Begründung von Marktbeherrschung beschränkt bzw. verlangsamt.
3. Starke Stellung der Marktgegenseite
Eine starke Stellung der Marktgegenseite ist grundsätzlich als marktmachtbeschränkender Faktor zu berücksichtigen. Die Marktgegenseite kann aufgrund ihrer Grösse und Wichtigkeit für die Plattform sowie ihrer Sachkunde und Professionalität eine starke Stellung aufweisen. Diese Macht der Marktgegenseite leitet sich aus ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für die Plattform und ferner dem Multi-Homing ab;[112]Zum Multi-Homing als potenziell marktmachtbeschränkendes Merkmal vgl. OECD (Fn. 2), Evolving, 13 m.w.V.; vgl. ferner Evans/Schmalensee (Fn. 94), 166. auch die Fähigkeit, schnell zu einem konkurrierenden Unternehmen zu wechseln, ist ein wichtiges Merkmal. Bei ausreichend starker Macht der Marktgegenseite wird das potenziell marktbeherrschende Unternehmen davor abgeschreckt, seine Preise gewinnbringend zu erhöhen.[113]Europäische Kommission, ABl. C 45 vom 24.02.2009, Rz. 18.
Die reine Grösse der Marktgegenseite genügt allerdings nicht, um eine Nachfragemacht im Sinne eines Gegengewichts zu begründen und als marktmachtbegrenzender Faktor wahrgenommen zu werden. Dies lässt sich insbesondere auf die fehlende Professionalität und Sachkunde der Marktgegenseite in Form der Nutzenden zurückführen. Allein aufgrund der reinen Grösse und Verteilung der Nutzenden ist es grundsätzlich nicht möglich, dass sie sich organisieren und gemeinsam koordiniert Nachfragemacht ausüben. Es gilt die Umstände des Einzelfalls zu untersuchen, denn eine hohe Anzahl an Nutzenden kann bei Vorliegen von Single-Homing vielmehr als Faktor für die Begründung von Marktbeherrschung aufgefasst werden.[114]Dies ist insbesondere aufgrund der Intermediationsmacht zu beachten.
Die Marktgegenseite kann aber auch in der digitalen Wirtschaft eine starke Stellung einnehmen. Hierzu ist u.a. erforderlich, dass die Nutzenden schnell zu einem konkurrierenden Unternehmen wechseln können. Dies ist wahrscheinlich, wenn sie Multi-Homing betreiben[115]Google hat dasselbe Argument vorgebracht vgl. EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 233–239, Google Search (Shopping). In diesem konkreten Fall kam die Europäische Kommission zum Schluss, … Continue reading bzw. wenn die untersuchte Plattform das Multi-Homing nicht erschwert oder ausschliesst.[116]Die Plattform kann das Multi-Homing z.B. durch Beschränkung der Interoperabilität oder Datenportabilität stark erschweren. Das beidseitige Multi-Homing beschränkt die Intermediationsmacht der Plattform, da alle Teilnehmenden der Plattform gleichermassen andere Intermediäre benutzen können.[117]Allgemein zum Multi-Homing vgl. Hovenkamp, (Fn. 62), 1925. Sie sind folglich für die Vermittlung nicht an das potenziell marktbeherrschende Unternehmen gebunden und haben Ausweichmöglichkeiten. In dieser Situation ist die untersuchte Plattform nicht in der Lage, sich unabhängig zu verhalten – weder gegenüber anderen Unternehmen noch gegenüber den Nachfragenden der angebotenen Leistung. Beidseitiges Multi-Homing ist somit als marktmachtbeschränkender Faktor zu berücksichtigen. Allerdings bietet Multi-Homing nicht automatisch ein Gegengewicht zur marktbeherrschenden Stellung eines Unternehmens. Es ist vielmehr im Zusammenhang mit den generierten Netzwerkeffekten, den Wechselkosten und der Qualität der Alternativen zu berücksichtigen und entsprechend auszuwerten.
4. Potenzielle Konkurrenz
Auch die potenzielle Konkurrenz kann disziplinierende Wirkung auf das untersuchte Unternehmen haben. Die potenzielle Konkurrenz hat Einfluss auf das Verhalten des mutmasslich marktbeherrschenden Unternehmens, wenn „der Markteintritt eines Wettbewerbers wahrscheinlich, absehbar und ausreichend ist“.[118]Europäische Kommission, ABl. C 45 vom 24.02.2009, Rz. 16; die schweizerische Praxis und Lehre verlangt grundsätzlich dieselben Voraussetzungen vgl. BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 … Continue reading
Von besonderem Interesse ist das Element der Absehbarkeit. In der digitalen Wirtschaft existieren keine allgemein beobachtbaren Tendenzen für einen Markteintritt.[119]Anders hingegen Volmar (Fn. 9), 342 m.w.V. („Die Expansion kann auch sehr kurzfristig und in absehbarer Zeit geschehen, insbesondere durch das temporäre Anmieten zusätzlicher … Continue reading Es gibt in der Plattformökonomie zwar zahlreiche Plattformen, welche bei einer übermässigen Preiserhöhung (oder Qualitätsminderung) des mutmasslich marktbeherrschenden Unternehmens potenziell abwandernde Nutzende aufnehmen würden,[120]Vgl. Volmar (Fn. 9), 342. allerdings ist dies nicht bloss mit „zusätzliche[n] Serverkapazitäten“ zu bewerkstelligen.[121]Das Abstellen auf Serverkapazitäten ist ohnehin ein konstruiertes Argument, das allenfalls im Extremfall nebensächlich zu untersuchen ist; a.M. Volmar (Fn. 9), 342. Der Markteintritt stellt sich grundsätzlich als Herausforderung dar, ist aber nicht ausgeschlossen. Die potenzielle Aufnahme der abwandernden Nutzenden ist vielmehr im Zusammenhang mit den daraus entstehenden Netzwerkeffekten, der Möglichkeit zum Multi-Homing und den damit verbundenen Wechselkosten auszuwerten.
Die Probleme eines Markteintritts lässt sich am Beispiel der Live-Streaming-Plattformen verdeutlichen. Obwohl YouTube im Kern eine Videoplattform ist, welche das nötige Know-how sowie die entsprechenden Netzwerkeffekte, Daten und Informationen besitzt, fiel es der Plattform schwer, in den Markt des Live-Streaming einzutreten. Der Markteintritt von YouTube war mit erheblichem Zeitaufwand und hohen Anfangsinvestitionen verbunden. Aufgrund der Mehrseitigkeit dieser Märkte ist ausserdem der Chicken-Egg-Problematik angemessen Rechnung zu tragen, da die Plattformen ein organisches Wachstum aller Marktseiten erfordert, um die entsprechenden Dynamiken ausnutzen zu können.[122]Zur Chicken-Egg-Problematik vgl. Blaschczok (Fn. 101), 111 ff. Bei Vorliegen von positiven Netzwerkeffekten hat die potenzielle Konkurrenz eine noch geringere Bedeutung, da diese eine koordinierte Umorientierung aller Marktseiten erfordern, damit ein anderes Unternehmen als Konkurrenz betrachtet werden kann.[123]Franck/Peitz (Fn. 85), 79.
In der innovationsgetriebenen digitalen Wirtschaft handelt es sich bei vier Jahren Umstellungszeit um eine beträchtliche Dauer, bei der fraglich ist, ob der Markteintritt absehbar war. Trotz Schwierigkeiten des Markteintritts war YouTube in dieser Zeit als potenzielle Konkurrenz zu qualifizieren, welche den Sinn des potenziellen Wettbewerbs – die Ausübung der disziplinierenden Wirkung gegenüber dem mutmasslich marktbeherrschenden Unternehmen – erfüllte. Schliesslich ist im Einzelfall zu prüfen, ob die potenzielle Konkurrenz in Anbetracht aller möglichen Komplikationen der Plattformökonomie ihren Zweck erfüllt.
5. Leistungsdifferenzierung
Single-Homing zusammen mit fehlender Leistungsdifferenzierung führt grundsätzlich zu marktmachtbegründenden Umständen, da die Nutzenden bei identischen Produkten keinen Anreiz haben, die Plattform zu wechseln.[124]So auch Franck/Peitz (Fn. 85), 73; Crémer/Montjoye/Schweitzer (Fn. 12), 23 m.w.V., wonach sich ohne Leistungsdifferenzierung und ohne Multi-Homing eine hohe Marktkonzentration entwickelt.
In der digitalen Wirtschaft ist häufig beobachtbar, dass neue Plattformen in erster Linie nicht direkt mit den marktbeherrschenden Plattformen konkurrieren. Damit ein Marktzutritt dieser neuen Plattformen möglich ist, bieten sie in der Regel eine Nischendienstleistung bzw. eine Dienstleistung, die auf diese Weise nicht von der marktbeherrschenden Plattform abgedeckt ist, an. Diese Leistungsdifferenzierung führt aufgrund der indirekten Netzwerkeffekte dazu, dass sich die marktmächtige Plattform nicht unabhängig verhalten kann, da die neue Plattform mithilfe der Netzwerkeffekte Wettbewerbsdruck ausübt. Es ist insbesondere möglich, dass die in den Markt eintretende Plattform genug Nutzende akkumulieren kann, um in einem zweiten Schritt die Stellung der marktbeherrschenden Plattform im Markt der ursprünglichen Dienstleistung strittig zu machen.[125]Crémer/Montjoye/Schweitzer (Fn. 12), 37. Allerdings ist in dieser Konstellation entscheidend, dass die marktbeherrschende Plattform das Multi-Homing zulässt. Die Nutzenden sind neuen Plattformen gegenüber grundsätzlich skeptisch und wechseln die Plattform nicht; beim Multi-Homing können sie weiterhin die alte Plattform benutzen, aber gleichzeitig die Qualität der neuen Plattform testen.[126]Crémer/Montjoye/Schweitzer (Fn. 12), 57.
Die Leistungsdifferenzierung kann ausserdem als Gegengewicht beim Market Tipping fungieren. Während beim Kippen des Marktes die Plattformen ohne die kritische Masse der Nutzenden mit negativen Netzwerkeffekten konfrontiert sind und einen Rückgang der Anzahl der Nutzenden zu befürchten haben, kann die Leistungsdifferenzierung diesen Vorgang potenziell entschärfen. Eine hinreichende Leistungsdifferenzierung begünstigt Multi-Homing und es können aufgrund der Nischendienstleistungen trotz Kippen des Marktes Netzwerkeffekte entstehen, die zu hinreichendem Wettbewerbsdruck führen können.
D. Kollektive Marktbeherrschung in der digitalen Wirtschaft
I. Allgemeines
Industrieökonomisch lässt sich die kollektive Marktbeherrschung als kollusives Verhalten mehrerer Unternehmen, welches die Preise über das kompetitive Niveau anhebt, beschreiben.[127]BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 400; R. H. Weber/Stephanie Volz, Fachhandbuch Wettbewerbsrecht – Expertenwissen für die Praxis, 2. Aufl. Zürich/Genf 2023, Rz. 2.505; … Continue reading Die kollektive Marktbeherrschung ist von Wettbewerbsabreden, Konzernsachverhalten und zulässigem Parallelverhalten abzugrenzen, was im Einzelfall schwerfallen kann.[128]Vgl. im Detail zur Abgrenzung der kollektiven Marktbeherrschung von anderen Verhaltensweisen BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 402 ff. m.w.H.; Komm. KG-Stäuble/Schraner … Continue reading
Die WEKO wendet bei der Ermittlung von kollektiver Marktbeherrschung ein zweistufiges Prüfverfahren an: Zunächst prüft sie anhand von statischen Strukturmerkmalen, ob eine hohe Wahrscheinlichkeit für die kollektive Marktbeherrschung besteht. In einem zweiten Schritt prüft die WEKO empirisch, ob sich die Unternehmen tatsächlich kollusiv, also potenziell wettbewerbsbeschränkend, verhalten oder ob noch wirksamer Wettbewerb besteht.[129]Vgl. z.B. RPW 2015/4, 751 Rz. 62 ff., insb. Rz. 63, Saint-Gobain/Sika; RPW 2010/3, 528 ff. Rz. 224 ff., insb. Rz. 233, France Télécom SA/Sunrise Communications AG.
Während in der Lehre zur kollektiven Marktbeherrschung grundsätzlich nur die Anhebung der Preise über das kompetitive Niveau durch kollusives Verhalten diskutiert wird,[130]BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 400; Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 321; Weber/Volz (Fn. 127), Rz. 2.505. gilt es dies im Rahmen der digitalen Wirtschaft neu auf die Kosten, Qualität, Intermediationsstellung und Daten auszudehnen. Eine kollektive Marktbeherrschung kann auch vorliegen, wenn mehrere Unternehmen durch kollusives Verhalten den Preis oder die Kosten für die Nutzenden langfristig über das kompetitive Niveau anheben oder die Qualität ihrer Produkte unter das kompetitive Niveau senken können. Da die Unternehmen mit der Intermediationsmacht die Fähigkeiten haben, mittels Informationsasymmetrien und Single-Homing den Zugang zu bestimmten Marktseiten zu regeln und Abhängigkeiten zu schaffen, ist diese ebenfalls zu berücksichtigen. Schliesslich ist auch die Datenmacht zu beachten, da durch die Konzentration der qualitativ hochwertigen Daten bei mehreren Unternehmen noch höhere Marktzutrittsschranken entstehen.
Die Märkte der digitalen Wirtschaft weisen bestimmte Elemente auf, die eine kollektive Marktbeherrschung erleichtern. Von grundlegender Bedeutung ist dabei das Market Tipping,[131]Vgl. Kapitel C.I.3. da die Marktanteile nach dem Kippen des Marktes von wenigen Unternehmen gehalten werden; diese konzentrierten Märkte weisen oligopolistische Strukturen auf und stellen eine gute Voraussetzung für kollusives Verhalten dar. Zudem führen die Fusionen der grossen Plattformunternehmen zur Zunahme der Marktkonzentration, welche die Dominanz der grossen digitalen Plattformen stärken, indem die potenzielle Konkurrenz präventiv ausgeschaltet wird (sog. „Killer-Aquisition“).[132]Zu den Fusionen der grossen Plattformunternehmen vgl. U.S. Congress/House of Representatives/Committee on the Judiciary, Investigation of Competition in Digital Markets, 11, 149, 174, 261 und 337; zu … Continue reading Gemeinsam mit den besonderen Eigenschaften der digitalen Märkte – insbesondere den Netzwerkeffekte, den Grössenvorteile und den Konzentrationstendenzen – wird dadurch die Bildung von oligopolistischen Strukturen begünstigt. Aufgrund der Verfügbarkeit der Daten und der Tendenz, den Datenaustausch zu vereinfachen sowie die gemeinsame Datennutzung zu ermöglichen,[133]Europäische Kommission, Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates (Daten-Governance-Gesetz), COM(2020) 767 final. sind wichtige Informationen öffentlich zugänglich. Diese Informationen verringern die Undurchsichtigkeit des Marktes und ermöglichen den Plattformen, sich implizit oder explizit zu koordinieren. Die Kollusion in diesem Rahmen kann – mittels der grossen vorhandenen Datenmenge – beispielsweise durch den Einsatz von (Deep-Learning-)Algorithmen verstärkt bzw. vereinfacht werden.
II. Ausgewählte statische Strukturmerkmale
1. Symmetrien
Als Indikator prüft die WEKO das Ausmass der Symmetrien zwischen den Unternehmen des relevanten Marktes.[134]Z.B. RPW 2015/4, 752 Rz. 66, Saint-Gobain/Sika; RPW 2008/4, 633 Rz. 269, Coop/Carrefour. Liegt eine hoher Grad von Symmetrien zwischen den Marktteilnehmenden vor, können diese sich weniger über andere Produktfaktoren (z.B. über die Qualität) differenzieren. Die WEKO unterscheidet hauptsächlich zwischen den Interessens-, den Produkt- und den Kostensymmetrien. In der Praxis werden aber auch unternehmensstrukturelle Merkmale oder andere Faktoren wie technisches Know-how hinzugezogen.[135]Z.B. RPW 2010/3, 538 ff. Rz. 275 ff., France Télécom SA/Sunrise Communications AG; RPW 2008/4, 633 ff. Rz. 310, Coop/Carrefour; RPW, 2008/1, 187 ff. Rz. 480 ff., Migros/Denner.
Interessensasymmetrien liegen vor, wenn die Unternehmen beabsichtigen, langfristig im relevanten Markt zu bleiben. In dieser Konstellation wird das gleichförmige Verhalten grundsätzlich nicht hinterfragt, da die Marktteilnehmenden auch in Zukunft auf das Wohlverhalten der Konkurrenz angewiesen sind.[136]RPW 2003/1, 146 Rz. 220, Kreditkarten-Akzeptanzgeschäft. Zudem haben die Unternehmen gemäss der WEKO dieselben Ziele zu verfolgen und künftige Marktentwicklungen ähnlich vorherzusehen.[137]RPW 2003/1, 147 Rz. 221, Kreditkarten-Akzeptanzgeschäft; BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 442; Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 342; Weber/Volz … Continue reading Pauschale Aussagen zur Interessensasymmetrie sind in der Digitalökonomie nicht möglich. Es lässt sich allerdings feststellen, dass die Unternehmen mit ihrer Kernplattform langfristig im originären Markt verbleiben und mithilfe von Satelliten-Plattformen expandieren. Haben die Unternehmer einmal ihre Marktstellung in einem Markt verfestigt, besteht für sie kein Interesse, diese Marktstellung wieder abzugeben. Ferner kann eine Informationssymmetrie bejaht werden, wenn die potenziell kollektiv marktbeherrschenden Unternehmen gemeinsam ein Interesse haben, dass keine dritte Plattform in den beherrschten Markt eintritt.[138]So auch in Sachen Migros/Denner, wonach sowohl Migros als auch Coop ein Interesse daran hatten, dass der Markteintritt von Lidl in der Schweiz abgewehrt wird, vgl. hierfür RPW, 2008/1, 188 Rz. 493, … Continue reading Diese Situation ist in der Plattformökonomie oft in den Fällen der Kopplungsgeschäfte anzutreffen, da die Unternehmen hier mit der Kopplung den Eintritt für andere Unternehmen erschweren bzw. teilweise verunmöglichen.
Bei der Produktsymmetrie wird geprüft, ob die Produkte im untersuchten Markt homogen oder differenziert sind. Liegt ein starker Grad an Homogenität vor, ist ein Parallelverhalten grundsätzlich erleichtert, da sich die Unternehmen auf wenige Parameter zu beschränken vermögen; weisen die Produkte dagegen einen hohen Grad an Differenzierung auf, ist das gleichförmige Verhalten erschwert.[139]RPW 1998/3, 405 Rz. 48, Bell AG/SEG-Poulets AG; BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 444 f.; Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 344; Weber/Volz (Fn. 127), … Continue reading In der digitalen Wirtschaft versuchen die Unternehmen einerseits, mit leicht differenzierten Dienstleistungen neue Nutzende für die eigene Plattform zu gewinnen. Andererseits können in einem Markt auch homogene Dienstleistungen angeboten werden, wenn die Nutzenden hauptsächlich Single-Homing betreiben und angesichts des gleichen Angebots keinen Anreiz für einen Plattformwechsel haben.
Eine ähnliche Kostenstruktur erhöht die Wahrscheinlichkeit für gleichförmiges Verhalten, weil die Unternehmen keinen Anreiz haben, sich kompetitiv zu verhalten, wenn sie keinen individuellen Kostenvorteil haben.[140]RPW 2004/3, 708 Rz. 95, Markt für Schlachtschweine – Teil A; BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 446 f.; Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 345; Weber/Volz … Continue reading Die Geschäftsmodelle in der Plattformökonomie weisen in der Regel eine ähnliche Kostenstruktur auf, die sich aus hohen Fixkosten und tiefen variablen Kosten zusammensetzt. Folglich ist in Bezug auf die Kostensymmetrie die Wahrscheinlichkeit des Parallelverhaltens und somit der kollektiven Marktbeherrschung grundsätzlich erhöht.
2. Potenzielle Konkurrenz
Die Wahrscheinlichkeit für kollusives Verhalten ist ausserdem erhöht, wenn hohe Marktzutrittsschranken existieren.[141]BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 453a; Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 337. Bei der Beurteilung der Marktzutrittsschranken sind im Kontext der Plattformökonomie insbesondere die Mehrseitigkeit sowie Netzwerk- und die Selbstverstärkungseffekte zu berücksichtigen. Durch die Mehrseitigkeit der Plattformen ergibt ein Marktzutritt oft nur Sinn, wenn das Unternehmen die Nutzenden in alle betroffenen Märkte zur Verwendung der eigenen Plattform überzeugt. Dabei müssen die Plattformen jeweils auf allen Märkten die erforderliche kritische Masse erreichen, um die Vorteile der Netzwerkeffekte ausnutzen zu können. Ein Markteintritt ist aufgrund der besonderen Kostenstrukturen der Plattformökonomie mit hohen Fixkosten und versunkenen Kosten verbunden, welche eine zusätzliche Markteintrittsschranke bilden.[142]Zu den versunkenen Kosten als Marktzutrittsschranke im Rahmen der kollektiven Marktbeherrschung vgl. Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 338 m.w.H.
Der Markteintritt wird ausserdem durch die Selbstverstärkungseffekte der bereits vorhandenen Plattformen erschwert, da diese Effekte zusammen mit Lock-in-Effekten, Single-Homing und hohen Wechselkosten auftreten. Die marktbeherrschenden Plattformen können, sobald sie in einer Nutzergruppe eine grosse Anzahl von Nutzenden erreichen, auf der anderen Marktseite aufgrund der erhöhten Attraktivität schneller und einfacher neue Nutzenden anziehen. Die Konkurrenz kann allerdings vorerst keine Selbstverstärkungseffekte entwickeln, da sie hierfür zunächst die grosse Anzahl von Nutzenden erlangen muss. Die Selbstverstärkungseffekte wirken abschreckend, weil die marktbeherrschenden Plattformen aufgrund der daraus resultierenden Skaleneffekte grössere Vorteile abschöpfen und auf grössere Informations- sowie Datenbestände zurückgreifen können. Die neu in den Markt eintretenden Unternehmen sind mit der Herausforderung konfrontiert, eine Mindestgrösse der Nutzergruppen für alle Marktseiten zu erreichen, um überhaupt Selbstverstärkungseffekte generieren zu können. Angesichts der fehlenden Nutzerbasis können diese Unternehmen auch nicht im gleichen Umfang die erforderlichen Daten sammeln und den Vorsprung der beherrschenden Unternehmen aufholen. Dieser Vorsprung kann zusätzlich vergrössert werden, indem die marktmächtigen Unternehmen mit Kopplungspraktiken den Markteintritt erschweren.
Im Zusammenhang mit der potenziellen Konkurrenz ist ausserdem zu untersuchen, ob bei einer übermässigen Preiserhöhung bzw. Qualitätsminderung des marktbeherrschenden Unternehmens die abwandernden Nutzenden zu einer Plattform der Konkurrenz zu wechseln vermögen. Ist ein solcher Wechsel möglich, können die anderen Unternehmen im relevanten Markt von den neu entstehenden Netzwerkeffekten profitieren; dadurch wird potenziell das Multi-Homing erleichtert und der Markteintritt vereinfacht.
3. Sanktionsmechanismen
Damit gleichförmiges Verhalten stabil bleibt, sind glaubwürdige Sanktionsmechanismen erforderlich; diese können Marktteilnehmende, die zu kompetitiven Verhaltensweisen wechseln, ahnden.[143]BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 454; Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 349; Weber/Volz (Fn. 127), Rz. 2.508. Als Sanktionsmechanismen sind Preissenkungen und Mengenerhöhungen denkbar.[144]RPW 2015/4, 752 Rz. 69, Saint-Gobain/Sika; BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 454; Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 350; Weber/Volz (Fn. 127), Rz. 2.508. Neben den Sanktionsmechanismen müssen auch Anreize bestehen, vom kollusiven Verhalten abzuweichen; die Marktteilnehmenden müssen also gezielt und effektiv sanktioniert werden können.[145]Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 352.
Im Rahmen der Sanktionsmechanismen sind insbesondere die Multimarktbeziehungen zu berücksichtigen. Multimarktbeziehungen liegen vor, wenn sich die Unternehmen auf einem Drittmarkt als Konkurrenz gegenüberstehen.[146]RPW 2010/3, 550 Rz. 342, France Télécom SA/Sunrise Communications AG; RPW 2008/4, 636 Rz. 310, Coop/Carrefour; so auch BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 455; Komm. … Continue reading In dieser Konstellation können die Unternehmen abweichendes Verhalten sowohl auf dem relevanten Markt als auch auf Drittmärkten abstrafen. Folglich haben die Unternehmen mehr Sanktionsmöglichkeit, sich gegenseitig abzustrafen, da die Sanktionen nicht im gleichen Markt zu erfolgen haben.[147]BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 455; Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 348; Weber/Volz (Fn. 127), Rz. 2.508.
In der digitalen Wirtschaft sind Multimarktbeziehungen der Regelfall. Einerseits lassen sich selbst bei Betrachtung von nur einer Plattform separate Märkte abgrenzen. In diesen Fällen tritt diese Plattform zusammen mit allen weiteren vergleichbaren Plattformen bereits in mehreren Märkten auf. Da sich die Unternehmen auf diesen separat abgegrenzten Märkten automatisch auf mehreren Märkten befinden, bestehen mithin angesichts der inhärenten Multimarktbeziehungen mehr Sanktionsmöglichkeiten. Andererseits haben die Unternehmen der Plattformökonomie ohnehin ein Interesse, ihre grosse Nutzerbasis zu hebeln und von Netzwerk- sowie Skaleneffekten zu profitieren. Dadurch können sie Effizienzvorteile ausnutzen und die eigene Plattform in eine vorteilhafte Lage versetzen. Das Beispiel der Kopplungsgeschäfte zeigt die in der Digitalwirtschaft existierende enge Verbindung an benachbarte Märkte. Die Unternehmen der Digitalökonomie haben ein grundsätzliches Interesse an der Präsenz in verschiedenen Märkten, insbesondere wenn sich diese Märkte verbinden lassen. Deshalb tendieren die Unternehmen zur Ausnutzung einer starken Marktstellung, um neue Märkte zu erschliessen. Folglich liegen generell mehr Sanktionsmöglichkeiten vor, mit denen eine Abweichung vom kollusiven Verhalten geahndet werden kann.
E. Fazit und Ausblick
Die Europäische Union hat sich teilweise mit den dargestellten Entwicklungen befasst und die erwähnten Herangehensweisen im Ansatz angewendet. Im Gegensatz dazu haben sich in der Schweiz die hier dargestellten Entwicklungen bzw. Anpassungsmöglichkeiten bei der Feststellung der Marktbeherrschung noch nicht etabliert. Da sich allerdings die schweizerische Praxis oft auf die Rechtsentwicklung in der Europäischen Union stützt, ist zu erwarten, dass dies hier ebenfalls geschieht. Denkbar ist auch eine detailliertere Auseinandersetzung mit den entsprechenden Charakteristika der digitalen Märkte, da diese vermehrt eine wichtige Rolle spielen.
Die Analyse der marktbeherrschenden Stellung in der digitalen Wirtschaft erfordert eine Gesamtbetrachtung aller Umstände. Es gilt die marktmachtbegründenden Faktoren den marktmachtbegrenzenden Merkmalen gegenüberzustellen und anhand dieser Gesamtanalyse ein angemessenes Urteil für den Einzelfall zu fällen. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass sich die Marktmacht nicht bloss als Preisbestimmungsmacht, sondern vielmehr als Qualitätsbestimmungsmacht definieren lässt. In ihrer Auslegung haben die Behörden ausserdem neu die Intermediationsmacht und die Datenmacht zu berücksichtigen.
Da sich in der Plattformökonomie die Berechnung der Marktanteile schwieriger als in traditionellen Märkten erweisen, kommen anderen Faktoren, wie z.B. den Netzwerkeffekten, grössere Bedeutung zu. Wechselseitige Netzwerkeffekte können zu Selbstverstärkungseffekten und letztlich zu Konzentrationstendenzen führen. Sie sind der Ausgangspunkt für hohe Wechselkosten und die Lock-in-Effekte sowie wichtig für potenzielle Grössenvorteile. Dieses Zusammenspiel begünstigt das Kippen des Marktes und ist ein entscheidender Faktor im Rahmen der Begründung der Marktmacht. Andererseits können auch negative Netzwerkeffekte entstehen, die zu negativen Rückkopplungseffekten und zu einem Rückgang der Anzahl Nutzenden der Plattform führen.
In Bezug auf die kollektive Marktbeherrschung ist zurzeit noch keine klare Tendenz ersichtlich. Insbesondere die hohe Interessens- und Kostensymmetrie deuten auf eine erhöhte Wahrscheinlichkeit des kollusiven Verhaltens. Ausserdem wirken Selbstverstärkungseffekte von etablierten Plattformen abschreckend, wodurch hohe Marktzutrittsschranken entstehen. Da diese Plattformen von den Skaleneffekte grosse Vorteile abzuschöpfen und auf grosse Informations- und Datenbestände zurückzugreifen vermögen, wirkt der Markteintritt für die potenzielle Konkurrenz noch schwieriger. Schliesslich stehen den Unternehmen aufgrund der Multimarktbeziehungen mehr Sanktionsmechanismen zur Verfügung. Folglich existiert auf digitalen Märkten ebenfalls eine grundsätzliche Gefahr für kollektive Marktbeherrschung.
Im Ergebnis bedarf es bei der Ermittlung der marktbeherrschenden Stellung bloss punktuellen Anpassungen und keiner fundamentalen Neuerung. Auf gewisse Merkmale, wie z.B. die Marktanteile, haben die Behörden weniger Bedeutung zu legen und die Besonderheiten der Digitalökonomie angemessen auszuwerten. Für die Gegenüberstellung der marktmachtbegründenden und marktmachtbeschränkenden Faktoren stehen den Behörden bereits die notwendigen Hilfsmittel zur Verfügung – dies auch in einer sich rasant entwickelnden digitalen Wirtschaft.
Fussnoten[+]
↑1 | Der nachfolgende Aufsatz basiert auf Okan Yildiz, Kopplungsgeschäfte in der digitalen Wirtschaft: Marktabgrenzung und Marktmissbrauch in der Plattformökonomie, Zürich 2024, 225 ff. Diese Dissertation wird nachfolgend bloss punktuell referenziert. |
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↑2 | Mani Reinert/Barbara Wälchli, Art. 4 Abs. 2 N 258, in: Marc Amstutz/Mani Reinert (Hrsg.), Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2022; OECD, The Evolving Concept of Market Power in the Digital Economy, OECD Competition Policy Roundtable Background Note, Paris 2022, 5 m.w.V.; Ingo Schmidt/Justus Haucap, Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, 10. Aufl., München 2013, 78 f.; Dennis W. Carlton/Michael Waldman, Modern Industrial Organization, 4. Aufl., Boston et al. 2005, 284 ff.; Jean Tirole, The Theory of Industrial Organization, Cambridge/London 1988, 284. |
↑3 | Zur Quersubventionierung auf Plattformmärkten vgl. z.B. Bundeskartellamt, Arbeitspapier – Marktmacht von Plattformen und Netzwerken, Bonn 2016, 40; vgl. im Detail Yildiz (Fn. 1), 24 ff., insb. Fn. 97 und 98. |
↑4 | Die nichtmonetären Gegenleistungen werden in diesem Zusammenhang aus der Sicht der Nutzenden als Kosten umschrieben; vgl. ferner John M. Newman, Antitrust in Zero-Price Markets: Applications, Wash. U. L. Rev. 2016, 72. |
↑5 | Beispielsweise über gesammelte Daten mittels Cookies oder Nutzerverhalten. |
↑6 | Die Aufmerksamkeit lässt sich zum Beispiel über die Werbung bzw. über die Werbeeinnahmen quantifizieren. |
↑7 | Vgl. hierzu im Detail Yildiz (Fn. 1), 228 mit Fn. 977. |
↑8 | Schmidt/Haucap (Fn. 2), 78 ff. |
↑9 | So auch Maximilian Volmar, Digitale Marktmacht, Baden-Baden 2019, 226 ff.; vgl. auch Aleksandra Gebicka/Andreas Heinemann, Social Media & Competition Law, World Competition 2014, 157 f. mit derselben Aussage im Zusammenhang mit dem SSNIP-Test. Den nachfolgenden Anpassungsvorschlägen liegen jeweils dieselben Prinzipien zugrunde. |
↑10 | EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 319 ff. m.w.V., insb. 320 f. und 324, Google Search (Shopping). |
↑11 | EU-Kommission, ABl. C 45 vom 24. Februar 2009, Rz. 5 f., Rz. 11 (betreffend Preise erhöhen) und Rz. 30. |
↑12 | OECD (Fn. 2), Evolving, 23 ff.; Heike Schweitzer et al., Modernisierung der Missbrauchsaufsicht für marktmächtige Unternehmen, Endbericht, Projekt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) Projekt Nr. 66/17, Düsseldorf 2018, 42 f.; Jacques Crémer/Yves-Alexandre de Montjoye/Heike Schweitzer, Competition policy for the digital era, Final report, Luxembourg 2019, 49 f. |
↑13 | Schweitzer et al. (Fn. 12), 42 f. |
↑14 | Schweitzer et al. (Fn. 12), 43. |
↑15 | So auch Michael G. Jacobides, What Drives and Defines Digital Platform Power?, White Paper, London 2021, 10; a.M. Sally Broughton Micova/Sabine Jacques, Platform power in the video advertising ecosystem, Internet Policy Rev. 2020, 3 („The kinds of power we identify are not market power, but instead are infrastructural and strategic, and provide a potential source of dominance.“). |
↑16 | Siehe hinten Kapitel C. |
↑17 | Vgl. für eine detaillierte Literaturauswahl Yildiz (Fn. 1), 231 mit Fn. 993. |
↑18 | Torsten Körber, „Ist Wissen Marktmacht?“ Überlegungen zum Verhältnis von Datenschutz, „Datenmacht“ und Kartellrecht – Teil 1, NZKart 2016, 305. |
↑19 | Nela Grothe, Datenmacht in der kartellrechtlichen Missbrauchskontrolle, Baden-Baden 2019, 137; Körber (Fn. 18), 305. |
↑20 | Seraina Denoth/Oliver Kaufmann, Kartellrechtliches Erfassen von Wettbewerbswirkungen grosser Datenbestände (Big Data), sic! 2016, 507; Thomas Heymann, Recht an Daten, Warum Daten keiner eigentumsrechtlichen Logik folgen, CR 2016, 652 f. |
↑21 | Zum Problem des Zugangs zu bereits verarbeiteten Daten vgl. Rolf H. Weber, Disruptive Technologies and Competition Law, in: Klaus Mathis/Avishalom Tor (Hrsg.), New Developments in Competition Law and Economics, Cham 2019, 228 f. m.w.H.; zur Notwendigkeit von qualitativ hochwertigen Daten vgl. OECD (Fn. 2), Evolving, 15. |
↑22 | Vgl. Kapitel C.I.4.; vgl. auch Jean Tirole, Competition and the Industrial Challenge for the Digital Age, Annu. Rev. Econ. 2023, 591 f. |
↑23 | Mit einer ähnlichen Argumentation auch Urteil des BGH vom 23. Juni 2020, KVR 69/19, Rz. 94, Facebook. |
↑24 | Vgl. Weber (Fn. 21), 228. |
↑25 | So auch OECD (Fn. 2), Evolving,14 f. |
↑26 | EU-Kommission vom 11. März 2008, Rz. 273, Google/DoubleClick. |
↑27 | RPW 2003/3, 589 Rz. 127, Coop/Waro; BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 270. |
↑28 | BGE 130 II 449 ff. E. 5.7.2 m.w.H. |
↑29 | BGE 139 I 72 ff. E. 9.3.3.2. |
↑30 | Urteil des BVGer B-831/2011vom 18. Dezember 2018 E. 442 mit Verweis auf BGE 139 I 72 ff. E. 9.3.3.2. |
↑31 | Zur umfangreichen Auseinandersetzung mit der Bedeutung der Marktanteile in der digitalen Wirtschaft vgl. Manuel Bogenreuther, Selbstbevorzugung auf Plattformmärkten, Baden-Baden 2022, 113 ff.; Noby Thomas Cyriac, Big Data and the Abuse of Dominance by Multi-Sided Platforms, Baden-Baden 2022, 154 ff.; Benedikt Walesch, Marktverhältnisse bei Intermediären im elektronischen Warenvertrieb, Zur Methodik der Ermittlung von Marktmacht auf verbundenen (zwei- und mehrseitigen) Märkten, Tübingen 2020, 391 ff.; Volmar (Fn. 9), 336 ff.; Newman (Fn. 4), 71 ff. |
↑32 | BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 295. |
↑33 | Vgl. bspw. EU-Kommission vom 18. Juli 2018, Rz. 679 f., Google Android; EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 277 f., Google Search (Shopping); EU-Kommission vom 7. Oktober 2011, Rz. 78, Microsoft/Skype. |
↑34 | Für die Nutzeraktivität ist im Einzelfall das passende Merkmal anzuwenden (z.B. auf der Plattform insgesamt verbrachte Dauer, durchschnittlich auf der Plattform verbrachte Zeit, Anzahl der Nutzenden zu einem bestimmten Zeitpunkt, Anzahl der wiederkehrenden Nutzenden, Häufigkeit der wiederkehrenden Nutzenden, Anzahl der Besuche, Anzahl Klicks und die damit zusammenhängenden Werte für die neu aufgeschalteten Werbungen pro Klick, Anzahl der Suchanfragen, Zahl der Downloads, Anzahl abgeschlossener Transaktionen, Anzahl Interaktionen auf der Plattform oder besonderes Nutzerverhalten), s. auch Europäische Kommission, ABl. C, C/2024/1645, Rz. 108. |
↑35 | EU-Kommission vom 18. Juli 2018, Rz. 465, Google Android. |
↑36 | EU-Kommission vom 18. Juli 2018, Rz. 474 ff, Google Android. |
↑37 | EU-Kommission vom 18. Juli 2018, Rz. 464 und 469, Google Android. |
↑38 | EU-Kommission vom 18. Juli 2018, Rz. 470 ff, Google Android. |
↑39 | Zur Bedeutung der Mehrseitigkeit der Märkte im Rahmen der Untersuchungen zur Marktbeherrschung vgl. OECD (Fn. 2), Evolving, 8 f.; David S. Evans/Richard Schmalensee, The Antitrust Analysis of Multi-Sided Platform Businesses, Coase-Sandor Working Paper Series in Law and Economics, Working Paper No. 623, Chicago 2012, 12 f. |
↑40 | A.M. Walesch (Fn. 31), 387 ff., insb. 405 f. Die Marktanteile gewinnen teils wieder an Bedeutung, wenn der untersuchte Markt nicht mehr dynamisch, sondern gefestigt ist. |
↑41 | So auch EU-Kommission, vom 7. Oktober 2011, Rz. 70, 72 und 78, Microsoft/Skype. |
↑42 | EuG vom 11. Dezember 2013, Rz. 69, Cisco Systems und Messagenet. |
↑43 | So auch EU-Kommission, vom 3. Oktober 2014, Rz. 99, Facebook/WhatsApp. |
↑44 | So auch EuG vom 14. September 2022, Rz. 115, Google Android. |
↑45 | Auch in traditionellen Märkten, s. BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 273; RPW 2005/1, 47 Rz. 37, TopCard-Angebot. |
↑46 | Vgl. für die einzelnen Aspekte die nachfolgenden Kapitel. |
↑47 | So auch OECD (Fn. 2), Evolving, 10 ff.; Rhonda L. Smith/Arlen Duke, Platform businesses and market definition, ECJ 2021, 106; vgl. ferner Bogenreuther (Fn. 31), 115 ff.; Walesch (Fn. 31), 406 ff.; auch EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 285–305, Google Search (Shopping). |
↑48 | Vgl. vorne Kapitel B.III. |
↑49 | Zu den Selbstverstärkungseffekten s. auch Walesch (Fn. 31), 408; Volmar (Fn. 9), 230 f.; zur Verfestigung der Marktverhältnisse bei starken Netzwerkeffekten vgl. EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 267–270, Google Search (Shopping); zum „positive feedback loop“ vgl. EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 292–296, Google Search (Shopping). |
↑50 | Vgl. vorne Kapitel C.I.1.a). |
↑51 | Im Detail zur Bedeutung der Stellung der Marktgegenseite vgl. hinten Kapitel C.I.4. und C.II.3. |
↑52 | Die Werbeeinnahmen selbst sind wiederum ein stellvertretender Wert für die Anzahl an Vermittlungsleistungen. |
↑53 | So bereits RPW 2006/2, E. 9.2, 386, Berner Zeitung AG. |
↑54 | RPW 2004/2, 503 Rz. 102, NZZ-Espace-Bund; dieselbe Herangehensweise auch in RPW 2006/2, E. 9.2, 386, Berner Zeitung AG und RPW 2000/3, 438 ff. Rz. 120 ff., Berner Oberland Medien. |
↑55 | So auch EU-Kommission vom 4. März 2024, Rz. 381 ff., Apple; zu den Wechselkosten OECD (Fn. 2), Evolving, 16 f., vgl. ferner Bogenreuther (Fn. 31), 120 ff.; Walesch (Fn. 31), 430 ff.; Volmar (Fn. 9), 232 f. |
↑56 | Ähnlich bereits EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 268, Google Search (Shopping). |
↑57 | Zur fehlenden Interoperabilität als Faktor für die Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs vgl. EuG vom 17. September 2007, Rz. 229, Microsoft/Kommission; vgl. mit ähnlichen Argumenten US District Court D.N.J. vom 21. März 2024, Case 2:24-cv-04055, Rz. 8 und 104 ff., Apple. |
↑58 | Die grossen Plattformen wie Amazon, eBay oder Etsy lassen keine plattformübergreifende Übertragung der Bewertungen zu. |
↑59 | Zum Multi-Homing als marktmachtbeschränkender Faktor vgl. Kapitel C.II.3. |
↑60 | So auch EU-Kommission vom 24. März 2004, Rz. 946, Microsoft („the ‚tipping‘ of the market, that is to say, a technology would gain enough momentum so that the attendant network effects themselves would propel the technology to dominance“); vgl. ferner Fabian Stancke, in: Hermann-Joseph Bunte/Fabian Stancke (Hrsg.), Kartellrecht mit Vergaberecht und Beihilfenrecht, 4. Aufl. München 2022, § 5 Rz. 40. |
↑61 | EU-Kommission vom 24. März 2004, Rz. 946, Microsoft. Es gilt allerdings anzumerken, dass das Kippen des Marktes nicht per se die Marktbeherrschung darstellt, sondern vielmehr ein Faktor für die Begründung von Marktkonzentration ist. |
↑62 | Zum Winner-Takes-All-Markt vgl. Michael G. Jacobides, What Drives and Defines Digital Platform Power?, White Paper, London 2021, 9 f. m.w.V.; a.M. Herbert Hovenkamp, Antitrust and Platform Monopoly, Yale L. J. 2021, 1919 m.w.V.; vgl. allerding auch Hovenkamp, Yale L. J. 2021, 1923, wonach bei Vorliegen von Skaleneffekten, Netzwerkeffekten und fehlender Interoperabilität ein „single winner“ hervorgebracht werden kann. |
↑63 | EU-Kommission vom 18. Juli 2018, Rz. 522 ff. (insb. Rz. 524), Google Android. |
↑64 | EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 270 und 314, Google Search (Shopping). |
↑65 | Als konkretes Beispiel vgl. US District Court W.D. Wash. Vom 26. September 2023, Case 2:23-cv-01495, Amazon.com Inc („Amazon’s online storefront once prioritized relevant, organic search results. […] Amazon shifted gears so that it now litters its storefront with pay-to-play advertisements. […] This practice, too, harms both sellers and shoppers alike. Most sellers must now pay for advertising to reach Amazon’s massive base of online shoppers, while shoppers consequently face less relevant search results and are steered toward more expensive products. Notably, Amazon has increased […] the number of advertisements it shows […].“ [Hervorhebungen durch den Autor]). |
↑66 | BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 305; ähnlich auch OECD (Fn. 2), Evolving, 18; Im Rahmen der Untersuchungen gegen Google hat die Europäische Kommission dies unter der fehlenden Nachfragemacht geprüft vgl. EU-Kommission vom 20. März 2019, Rz. 262 ff., Google Search (AdSense); EU-Kommission vom 18. Juli 2018, Rz. 474 ff., Google Android; vgl. auch EU-Kommission, ABl. C 45 vom 24.02.2009, Rz. 18. |
↑67 | BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 308 ff.; vgl. auch EU-Kommission, ABl. C 45 vom 24.02.2009, Rz. 18. |
↑68 | Multi-Homing stellt kein neues Merkmal bei der Ermittlung einer marktbeherrschenden Stellung dar, da es bereits in traditionellen Märkten zu berücksichtigen ist. Allerdings gewinnt Multi-Homing im Rahmen der digitalen Wirtschaft an Bedeutung und dürfte in Zukunft häufiger analysiert werden (vgl auch OECD [Fn. 2], Evolving, 13). |
↑69 | Da die Parteien beim Multi-Homing mehrere Plattformen gleichzeitig benutzen, tritt diese Problematik dort nicht auf. |
↑70 | Hovenkamp, (Fn. 62), 1924. |
↑71 | Der DMA greift die Problematik der Interoperabilität auch auf. |
↑72 | Anders bei Competitive Bottlenecks, vgl. nachfolgendes Kapitel. |
↑73 | So auch Hovenkamp, (Fn. 62), 1924. |
↑74 | Anders sieht es aus, wenn die Nutzenden Multi-Homing betreiben, vgl. Kapitel C.II.3. |
↑75 | Vgl. Volmar (Fn. 9), 144 ff. |
↑76 | Mark Armstrong, Competition in two-sided markets, RAND J. Econ. 2006, 669; vgl. auch EU-Kommission vom 21. August 2007, Rz. 77 ff., Travelport/Worldspan. |
↑77 | Armstrong nennt sie in Bezug auf Supermärkte „bargaining power“ (Armstrong [Fn. 76], 684); s. auch Digital Competition Expert Panel, Unlocking digital competition – Report of the Digital Competition Expert Panel, London 2019, 36 und 44. |
↑78 | Vgl. Armstrong (Fn. 76), 669 f. und 677 f. |
↑79 | Michael L. Katz/Jonathan Sallet, Multisided Platforms and Antitrust Enforcement, Yale L. J. 2018, 2155; so auch EU-Kommission vom 21. August 2007, Rz. 80, Travelport/Worldspan. |
↑80 | So bereits Armstrong (Fn. 76), 670 und 680. |
↑81 | BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 311. |
↑82 | Zu den Netzwerkeffekten als Marktzutrittsschranken bereits RPW 2016/1, 111 f. Rz. 334 und 338, Online-Buchungsplattformen; RPW 2018/3, 659 Rz. 340, Ticketcorner; vgl. auch Hovenkamp, (Fn. 62), 1927. |
↑83 | EU-Kommission vom 6. Dezember 2016, Rz. 346, Microsoft/LinkedIn; Bundeskartellamt (Fn. 3), 56 f. |
↑84 | Hohe Wechselkosten gelten schon länger als Marktzutrittsschranke, da ein Wechsel zu einem neuen Unternehmen grundsätzlich nicht bevorzugt wird vgl. bereits RPW 2016/1, 111 Rz. 333, Online-Buchungsplattformen; RPW 2018/3, 660 Rz. 341, Ticketcorner; RPW 2002/2, 365 Rz. 35, Ernst & Young/Arthur Andersen. |
↑85 | Vgl. allerdings Jens-Uwe Franck/Martin. Peitz, Market definition and market power in the platform economy, CERRE Report, Brüssel 2019, 77, wonach Etsy trotz bereits verfestigter Marktstruktur in der Lage war, in diesen Mark der Vermittlungsplattformen einzutreten. Obwohl es die Autoren am Rande erwähnen, war wahrscheinlich die Produktdifferenzierung von Etsy (Angebot von „handcraft products“) ausschlaggebend für den Markteintritt und die Marktstruktur selbst. |
↑86 | Ähnlich bereits EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 269 und 285 ff., Google Search (Shopping). |
↑87 | Vgl. auch Hovenkamp, (Fn. 62), 1937 f.; Cyriac (Fn. 31), 160 ff. |
↑88 | So auch bereits RPW 2009/3, 297 Rz. 287, Tamedia/PPSR. |
↑89 | Vgl. Kapitel B.IV. |
↑90 | Vgl. Lina M. Khan, Sources of Tech Platform Power, GLTR 2018, 329 ff., wonach die Ausnützung von Informationen eine Art der Marktmacht darstellt. Vgl. ferner Walesch (Fn. 31), 432 ff.; Volmar (Fn. 9), 234 f. und 250 f. |
↑91 | Vgl. ferner § 18 Abs. 3a Nr. 4 GWB, wonach der „Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten“ bei der Bewertung der Marktstellung zu berücksichtigen ist. |
↑92 | Vgl. auch Hovenkamp, (Fn. 62), 1927. |
↑93 | Vgl. Kapitel B.IV. |
↑94 | Vgl. z.B. David S. Evans/Richard Schmalensee, Debunking the ‘Network Effects’ Bogeyman, Regulation 2017, 38. |
↑95 | EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 314, Google Search (Shopping). |
↑96 | EU-Kommission vom 16. Dezember 2009, Rz. 46 ff., Microsoft (Tying). |
↑97 | Daniel Mandrescu, Tying and bundling by online platforms – Distinguishing between lawful expansion strategies and anti-competitive practices, CLSR 2021, 5 und 8 f.; Volmar (Fn. 9), 294 ff.; David S. Evans/Richard Schmalensee, The industrial organization of markets with two-sided platforms, CPI 2007, 164. |
↑98 | David S. Evans, Why the Dynamics of Competition for Online Platforms Leads to Sleepless Nights But Not Sleepy Monopolies, 2017, aufrufbar unter <http://dx.doi.org/10.2139/ssrn.3009438>, 13 f. |
↑99 | Mandrescu (Fn. 97), 5 und 8 f.; Evans/Schmalensee (Fn. 94), 38; Evans (Fn. 98), 15. |
↑100 | David S. Evans/Michael D. Noel, Defining Antitrust Markets When Firms Operate Two-Sided Platforms, CBLR 2005, 129. |
↑101 | Martin Blaschsczok, Kartellrecht in zweiseitigen Wirtschaftszweigen, Eine Untersuchung vor dem Hintergrund der ökonomischen Forschung zu ‚two-sided markets‘, Baden-Baden 2015, 94. |
↑102 | So bereits Evans/Schmalensee (Fn. 94), 165 f.; Armstrong (Fn. 76), 668; vgl. ferner Mandrescu (Fn. 97), 5. |
↑103 | So auch Andrea Lohse, Marktmachtmissbrauch durch Internetplattformen? Das Kartellrecht vor neuen Herausforderungen, ZHR 2018, 344. |
↑104 | Vgl. Kapitel C.I.3. und C.I.4. |
↑105 | EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 289, Google Search (Shopping). |
↑106 | EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 289, Google Search (Shopping) mit Bemerkungen zu den Marktzutrittsschranken. |
↑107 | Andrei Hagiu/Julian Wright, When Data Creates Competitive Advantage, HBR 2020, 97 („additional customer data no longer enhances the value of an offering“). |
↑108 | Hagiu/Wright (Fn. 107), 97. |
↑109 | EU-Kommission vom 18. Juli 2018, Rz. 637 f., Google Android. |
↑110 | EU-Kommission vom 18. Juli 2018, Rz. 638 f., Google Android. |
↑111 | Cyriac (Fn. 31), 168. |
↑112 | Zum Multi-Homing als potenziell marktmachtbeschränkendes Merkmal vgl. OECD (Fn. 2), Evolving, 13 m.w.V.; vgl. ferner Evans/Schmalensee (Fn. 94), 166. |
↑113 | Europäische Kommission, ABl. C 45 vom 24.02.2009, Rz. 18. |
↑114 | Dies ist insbesondere aufgrund der Intermediationsmacht zu beachten. |
↑115 | Google hat dasselbe Argument vorgebracht vgl. EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 233–239, Google Search (Shopping). In diesem konkreten Fall kam die Europäische Kommission zum Schluss, dass das Multi-Homing weniger präsent sei, als Google behauptet (EU-Kommission vom 27. Juni 2017, Rz. 306–315, Google Search (Shopping)). |
↑116 | Die Plattform kann das Multi-Homing z.B. durch Beschränkung der Interoperabilität oder Datenportabilität stark erschweren. |
↑117 | Allgemein zum Multi-Homing vgl. Hovenkamp, (Fn. 62), 1925. |
↑118 | Europäische Kommission, ABl. C 45 vom 24.02.2009, Rz. 16; die schweizerische Praxis und Lehre verlangt grundsätzlich dieselben Voraussetzungen vgl. BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 342 ff. m.w.V. |
↑119 | Anders hingegen Volmar (Fn. 9), 342 m.w.V. („Die Expansion kann auch sehr kurzfristig und in absehbarer Zeit geschehen, insbesondere durch das temporäre Anmieten zusätzlicher Serverkapazitäten.“). |
↑120 | Vgl. Volmar (Fn. 9), 342. |
↑121 | Das Abstellen auf Serverkapazitäten ist ohnehin ein konstruiertes Argument, das allenfalls im Extremfall nebensächlich zu untersuchen ist; a.M. Volmar (Fn. 9), 342. |
↑122 | Zur Chicken-Egg-Problematik vgl. Blaschczok (Fn. 101), 111 ff. |
↑123 | Franck/Peitz (Fn. 85), 79. |
↑124 | So auch Franck/Peitz (Fn. 85), 73; Crémer/Montjoye/Schweitzer (Fn. 12), 23 m.w.V., wonach sich ohne Leistungsdifferenzierung und ohne Multi-Homing eine hohe Marktkonzentration entwickelt. |
↑125 | Crémer/Montjoye/Schweitzer (Fn. 12), 37. |
↑126 | Crémer/Montjoye/Schweitzer (Fn. 12), 57. |
↑127 | BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 400; R. H. Weber/Stephanie Volz, Fachhandbuch Wettbewerbsrecht – Expertenwissen für die Praxis, 2. Aufl. Zürich/Genf 2023, Rz. 2.505; Roger Zäch/Reto Heizmann, Schweizerisches Kartellrecht, 3. Aufl. Bern 2023, Rz. 765; Luca Stäuble/Felix Schraner, Art. 4 Abs. 2 N 321, in: Roger Zäch et al., (Hrsg.), KG Kommentar – Bundesgesetz über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen, Zürich/St. Gallen 2018. |
↑128 | Vgl. im Detail zur Abgrenzung der kollektiven Marktbeherrschung von anderen Verhaltensweisen BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 402 ff. m.w.H.; Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 323 ff.; Weber/Volz (Fn. 127), Rz. 2.506; Zäch/Heizmann (Fn. 127), 766 f. m.w.H. |
↑129 | Vgl. z.B. RPW 2015/4, 751 Rz. 62 ff., insb. Rz. 63, Saint-Gobain/Sika; RPW 2010/3, 528 ff. Rz. 224 ff., insb. Rz. 233, France Télécom SA/Sunrise Communications AG. |
↑130 | BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 400; Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 321; Weber/Volz (Fn. 127), Rz. 2.505. |
↑131 | Vgl. Kapitel C.I.3. |
↑132 | Zu den Fusionen der grossen Plattformunternehmen vgl. U.S. Congress/House of Representatives/Committee on the Judiciary, Investigation of Competition in Digital Markets, 11, 149, 174, 261 und 337; zu den Killer-Aquisitionen vgl. Colleen Cunningham/Florian Ederer/Song Ma, Killer Acquisitions, JPE 2021, 649 ff. |
↑133 | Europäische Kommission, Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates (Daten-Governance-Gesetz), COM(2020) 767 final. |
↑134 | Z.B. RPW 2015/4, 752 Rz. 66, Saint-Gobain/Sika; RPW 2008/4, 633 Rz. 269, Coop/Carrefour. |
↑135 | Z.B. RPW 2010/3, 538 ff. Rz. 275 ff., France Télécom SA/Sunrise Communications AG; RPW 2008/4, 633 ff. Rz. 310, Coop/Carrefour; RPW, 2008/1, 187 ff. Rz. 480 ff., Migros/Denner. |
↑136 | RPW 2003/1, 146 Rz. 220, Kreditkarten-Akzeptanzgeschäft. |
↑137 | RPW 2003/1, 147 Rz. 221, Kreditkarten-Akzeptanzgeschäft; BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 442; Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 342; Weber/Volz (Fn. 127), Rz. 2.508. |
↑138 | So auch in Sachen Migros/Denner, wonach sowohl Migros als auch Coop ein Interesse daran hatten, dass der Markteintritt von Lidl in der Schweiz abgewehrt wird, vgl. hierfür RPW, 2008/1, 188 Rz. 493, Migros/Denner. |
↑139 | RPW 1998/3, 405 Rz. 48, Bell AG/SEG-Poulets AG; BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 444 f.; Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 344; Weber/Volz (Fn. 127), Rz. 2.508. |
↑140 | RPW 2004/3, 708 Rz. 95, Markt für Schlachtschweine – Teil A; BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 446 f.; Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 345; Weber/Volz (Fn. 127), Rz. 2.508. |
↑141 | BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 453a; Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 337. |
↑142 | Zu den versunkenen Kosten als Marktzutrittsschranke im Rahmen der kollektiven Marktbeherrschung vgl. Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 338 m.w.H. |
↑143 | BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 454; Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 349; Weber/Volz (Fn. 127), Rz. 2.508. |
↑144 | RPW 2015/4, 752 Rz. 69, Saint-Gobain/Sika; BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 454; Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 350; Weber/Volz (Fn. 127), Rz. 2.508. |
↑145 | Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 352. |
↑146 | RPW 2010/3, 550 Rz. 342, France Télécom SA/Sunrise Communications AG; RPW 2008/4, 636 Rz. 310, Coop/Carrefour; so auch BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 455; Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 347; Weber/Volz (Fn. 127), Rz. 2.508. |
↑147 | BSK KG-Reinert/Wälchli (Fn. 2), Art. 4 Abs. 2 N 455; Komm. KG-Stäuble/Schraner (Fn. 127), Art. 4 Abs. 2 N 348; Weber/Volz (Fn. 127), Rz. 2.508. |