Inhalt
- Einleitung
- Das „typische“ schiedsgerichtliche Verfahren der Binnenmarktabkommen
- Variationen des schiedsgerichtlichen Verfahrens in zu den Binnenmarktabkommen gehörenden Abkommen
- Variationen des schiedsgerichtlichen Verfahrens in nicht zu den Binnenmarktabkommen gehörenden Abkommen
- Nichtbinnenmarktabkommen ohne schiedsgerichtliche Streitbeilegung
- Der Sonderfall des Schiedsverfahrens im Kontext der Schutzklausel des FZA
- Schlussbetrachtung
A. Einleitung
Im Juni 2025 hat der Bundesrat die 2024 mit der EU ausgehandelten und im Mai 2025 paraphierten Abkommenstexte des Pakets Schweiz-EU gutgeheissen und die Vernehmlassung eröffnet.[1]Siehe Medienmitteilung des Bundesrats vom 13. Juni 2025, Paket Schweiz-EU: Der Bundesrat heisst die Abkommen gut und eröffnet die Vernehmlassung. Damit wurden unter anderem die Abkommenstexte sowie der Erläuternde Bericht öffentlich zugänglich,[2]Auf sämtliche Texte und Dokumente kann via folgende Website zugegriffen werden: <https://www.europa.eda.admin.ch/de/vernehmlassung-paket-schweiz-eu> (letzter Zugriff am 31. Juli … Continue reading und vertiefte Analysen der einzelnen Abkommen, aber auch horizontaler Themen wie etwa der Regelungen zur Streitbeilegung und Schiedsgerichtsbarkeit möglich.
In der bisherigen Literatur haben sich Autorinnen und Autoren auf verschiedene Weisen mit der (schiedsgerichtlichen) Streitbeilegung im Kontext der Bilateralen Abkommen bzw. der institutionellen Fragen und des Paktes Schweiz-EU befasst. So wurden etwa vergleichende Übersichten über die Streitbeilegung und Schiedsgerichtsbarkeit in verschiedenen Vertragsregimen der EU mit Drittstaaten erstellt;[3]Marco Muser/Christa Tobler, Schiedsgerichte in den Aussenverträgen der EU – Neue Entwicklungen unter Einbezug der institutionellen Verhandlungen Schweiz-EU, Jusletter vom 28. Mai 2019; Christa … Continue reading Verbesserungsvorschläge bezüglich des Mechanismus im Entwurf eines Institutionellen Abkommens[4]Sebastian Heselhaus, Aktuelle Spielräume für ein Institutionelles Rahmenabkommen, EUZ 2022, 1 ff.; Matthias Oesch, Der EuGH und die Schweiz, EIZ Publishing 2023, 161 ff. Der Entwurf des … Continue reading oder des Mechanismus, wie er im „Common Understanding“ als dem Ergebnis der vorangehenden exploratorischen Gespräche und der Grundlage der dann folgenden Verhandlungen des Pakets Schweiz-EU vorgesehen war,[5]Benedict Vischer, Feilen am Streitbeilegungssystem in den bilateralen Beziehungen, Jusletter vom 22. Januar 2024. erarbeitet; oder auch die Bedeutung und Auswirkungen unionsrechtlicher Grundsätze in diesem Kontext wie jenes der Autonomie[6]Benedikt Pirker, Das Schiedsgericht im Institutionellen Abkommen zwischen Eigenständigkeit und Autonomie, ASA Bulletin 2019, 592 ff.; Tobler (Fn. 3). oder des gegenseitigen Vertrauens[7]Siehe anhand des bestehenden Streitbeilegungssystems des Freizügigkeitsabkommens mit zentraler Rolle des gemischten Ausschusses Andreas Glaser/Gabriel Steffen, Gegenseitiges Vertrauen im … Continue reading untersucht.
Vor diesem Hintergrund zielt der vorliegende Beitrag darauf ab, anhand der nun veröffentlichten Vertragstexte die Schiedsgerichtsbarkeit im Paket Schweiz-EU genauer zu analysieren. Teils wurden und werden die institutionellen Regelungen mitsamt der Streitbeilegung mittels Begriffen wie „Rahmenabkommen 2.0“ so dargestellt, als gehe es um ein- und dasselbe, immer unveränderte System an Regelungen seit den frühen Tagen des Entwurfs des Institutionellen Abkommens.[8]Siehe zum im öffentlichen Diskurs verwendeten Vokabular instruktiv Tobias Gafafer, Bilaterale III, Rahmenabkommen 2.0 oder Kolonialvertrag? Wie mit Wörtern Politik gemacht wird, NZZ vom 20. Januar … Continue reading Hingegen zeigt eine nähere Analyse der nun verfügbaren Texte, dass sich verschiedene Versionen der Schiedsgerichtsbarkeit mit jeweils eigenen Eigenschaften unterscheiden lassen.
Allgemein gliedert sich das Paket Schweiz-EU in einen Stabilisierungs- und einen Weiterentwicklungsteil. Der erste umfasst die Verankerung von institutionellen Elementen in den existierenden Binnenmarktabkommen (Personenfreizügigkeitsabkommen, abgekürzt FZA),[9]SR 0.142.112.681 bzw. Änderungsprotokoll sowie Institutionelles Protokoll zum Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren … Continue reading Abkommen über den Abbau technischer Handelshemmnisse (oft als „mutual recognition agreement“ bezeichnet bzw. abgekürzt MRA),[10]SR 0.946.526.81 bzw. Änderungsprotokoll sowie Institutionelles Protokoll zum Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die gegenseitige … Continue reading Landverkehrsabkommen,[11]SR 0.740.72 bzw. Änderungsprotokoll sowie Institutionelles Protokoll zum Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Güter- und … Continue reading Luftverkehrsabkommen[12]SR 0.748.127.192.68 bzw. Änderungsprotokoll sowie Institutionelles Protokoll zum Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Luftverkehr.); die Aufnahme von Bestimmungen über staatliche Beihilfen in das Land- und das Luftverkehrsabkommen;[13]Protokoll über staatliche Beihilfen zum Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse und … Continue reading den Abschluss von Kooperationsabkommen in den Bereichen Forschung, Bildung und Weltraum sowie eine stetige Lösung für den Schweizer Beitrag zur Kohäsion in der EU (ab hier jeweils Programme‑,[14]Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft andererseits über die Teilnahme der Schweizerischen … Continue reading Weltraum‑,[15]Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Union über die Modalitäten und Bedingungen für die Beteiligung der Schweizerischen Eidgenossenschaft an der Agentur … Continue reading und Beitragsabkommen[16]Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Union über den regelmässigen finanziellen Beitrag der Schweiz zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen … Continue reading). Der Weiterentwicklungsteil enthält den Abschluss neuer Binnenmarktabkommen in den Bereichen Strom (ab hier Stromabkommen[17]Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Union über Elektrizität.) und Lebensmittelsicherheit[18]Änderungsprotokoll zum Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen. sowie eines Kooperationsabkommens im Bereich Gesundheit (ab hier Gesundheitsabkommen).[19]Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Union über die Gesundheit. Das Stromabkommen enthält sowohl Beihilfenregelungen als auch institutionelle Elemente, das Protokoll zur Lebensmittelsicherheit „nur“ institutionelle Elemente.[20]Medienmitteilung des Bundesrats vom 13. Juni 2025, Paket Schweiz-EU: Der Bundesrat heisst die Abkommen gut und eröffnet die Vernehmlassung.
Zum besseren Verständnis ist zu ergänzen, dass zu den Binnenmarktabkommen auch das bestehende Landwirtschaftsabkommen[21]SR 0.916.026.81. gehört. Bei diesem wird im Rahmen des Pakets jedoch mittels des zuvor erwähnten Änderungsprotokolls künftig regelungstechnisch zwischen einem Landwirtschaftsteil und einem Lebensmittelsicherheitsteil unterschieden. Für den Landwirtschaftsteil wird nur ein Streitschlichtungsmechanismus mit Schiedsgericht, aber nicht die sonstigen institutionellen Elemente vorgesehen, während Lebensmittelsicherheit als Protokoll zum Landwirtschaftsabkommen mit eigenen institutionellen Elementen geregelt wird.[22]Erläuternder Bericht, 468. Siehe auch noch näher Abschnitt C.I.
Diese Struktur – vor allem die Unterscheidung zwischen Binnenmarkt- und Nichtbinnenmarktabkommen – zeichnet sich auch auf Ebene der Schiedsgerichtsbarkeit ab. So gibt es – gewissermassen als Archetyp –ein „Grundmodell“ der Schiedsgerichtsbarkeit in den Binnenmarktabkommen (B.), darüber hinaus aber auch Variationen dieses Grundmodells in einzelnen Binnenmarktabkommen (C.), Variationen der Schiedsgerichtsbarkeit in Nichtbinnenmarktabkommen (D.) und Nichtbinnenmarktabkommen ohne Schiedsgerichtsbarkeit, aber mit anderen Streitbeilegungselementen (E.). Zuletzt ist als Sonderfall das Verfahren im Rahmen der Schutzklausel im aufdatierten FZA näher zu untersuchen, das als eigenes Verfahren mit Besonderheiten bei den Verfahrensregeln für das Schiedsgericht zu verstehen ist, deren Folgen in der Praxis – so die Klausel angerufen wird – besonders bedeutsam sein könnten (F.).
Insgesamt fallen vor allem zwei Punkte bei der breit angelegten Analyse auf, die sich bei mehreren Schiedsverfahrensvarianten zeigen: Wiederholt zeigt sich einerseits, dass viel Wert auf die Effektivität der geschaffenen Verfahren gelegt wurde, in dem Sinn, dass Verfahren zügig durchgeführt werden können und es auch zu einem Entscheid des Schiedsgerichts mit praktischen Konsequenzen kommen kann. Bezüglich der öffentlich viel diskutierten Rolle des EuGH zeigt sich andererseits wiederholt, dass dessen Anrufung wo möglich rechtlich ausgeschlossen wird und teils durch bestimmte Regelungen rein faktisch wenig wahrscheinlich bis unmöglich gemacht wird.
B. Das „typische“ schiedsgerichtliche Verfahren der Binnenmarktabkommen
Die Texte der institutionellen Bestimmungen in den Binnenmarktabkommen in Bezug auf die Streitbeilegung und die Schiedsgerichtsbarkeit sind – mit gewissen, noch zu besprechenden Variationen – weitgehend einheitlich ausgestaltet. Als Beispiel, um das „Standardverfahren“ darzustellen, wird nachfolgend das Institutionelle Protokoll zum FZA (IP-FZA) herangezogen.
I. Zum Ablauf des Schiedsverfahrens
Tritt eine Schwierigkeit bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens oder eines abkommensbezogenen Rechtsakts auf, befasst sich zunächst der Gemischte Ausschuss als politisch-diplomatisches Gremium auf Ersuchen einer Vertragspartei mit der Thematik.[23]Art. 10 Abs. 1 IP-FZA. Dabei kann es beispielsweise auch um die Frage gehen, ob ein neuer EU-Rechtsakt als Weiterentwicklung im Anwendungsbereich des Abkommens anzusehen ist, mit der Folge der Pflicht zur dynamischen Rechtsübernahme, oder ob er z.B. unter eine Ausnahme fällt, was zum Wegfall ebendieser Pflicht führen würde.[24]Art. 5 Abs. 7 IP-FZA (mit einer Auflistung der Ausnahmen). Siehe hierzu bzw. zur dynamischen Rechtsübernahme der Überblick bei Astrid Epiney, „Bilaterale III“ und das Verhältnis zwischen … Continue reading Erst wenn binnen drei Monaten ab Befassung des Gemischten Ausschusses keine Lösung gefunden wurde, kann jede Vertragspartei einseitig die Anrufung eines Schiedsgerichts verlangen.[25]Art. 10 Abs. 2 IP-FZA.
Wirft die entstandene Streitigkeit Auslegungs- oder Anwendungsfragen auf bezüglich eines EU-Rechtsakts, auf den im Abkommen Bezug genommen wird, oder bezüglich einer Abkommensbestimmung, soweit deren Anwendung unionsrechtliche Begriffe impliziert,[26]Art. 7 Abs. 2 IP-FZA. Umfassend hierzu anhand des Common Understanding Andreas Müller, Was sind „concepts of Union law“?, Schweizerisches Jahrbuch für Europarecht 2023/2024, 2024, 535 ff. hat das Schiedsgericht den EuGH anzurufen. Dieser entscheidet dann verbindlich über die Auslegung der relevanten Bestimmung. Dies gilt allerdings nur für den Fall, dass eine Auslegung der Bestimmung für die Streitbeilegung relevant und für die Entscheidungsfindung des Schiedsgerichts notwendig ist.[27]Art. 10 Abs. 3 UAbs. 1 IP-FZA. Dabei stellen sich noch zusätzliche Fragen bezüglich des Umfangs der eigenständigen Zuständigkeit und der Vorlageverpflichtung des Schiedsgerichts, deren nähere Erörterung vorliegend zu weit führen würde.[28]Etwa inwieweit das Schiedsgericht selbständig entscheiden kann, ob ein neuer EU-Rechtsakt eine Weiterentwicklung eines Abkommens darstellt, dafür etwa mit überzeugenden Argumenten Epiney … Continue reading Jedenfalls besteht keine Pflicht, den EuGH anzurufen, wenn die einschlägige Bestimmung in den Anwendungsbereich einer Ausnahme von der Verpflichtung zur dynamischen Rechtsübernahme fällt und zugleich die Streitigkeit nicht die Auslegung oder Anwendung von unionsrechtlichen Begriffen impliziert.[29]Art. 10 Abs. 3 UAbs. 2 IP-FZA i.V.m. Art. 5 Abs. 7 IP-FZA. Der Wortlaut von Art. 10 Abs. 3 UAbs. 2 IP-FZA („…so entscheidet das Schiedsgericht die Streitigkeit, ohne den EuGH … Continue reading In seiner Notifikation an den EuGH muss das Schiedsgericht den auszulegenden Begriff des Unionsrechts klar spezifizieren.[30]Art. III.9 Abs. 4 lit. c Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA. Legt das Schiedsgericht dem EuGH eine Frage vor, hat die Schweiz „mutatis mutandis“ dieselben Rechte bzw. untersteht denselben Verfahren vor dem EuGH wie die Mitgliedstaaten und Organe der EU.[31]Art. 10 Abs. 4 lit. b IP-FZA. Der Entscheid des EuGH betrifft nur die Auslegung der einschlägigen Bestimmung und bindet das Schiedsgericht nur diesbezüglich. Die darüber hinausgehenden Aspekte des Streitfalls – z.B. der Sachverhalt oder die Anwendung des Verhältnismässigkeitsprinzips, bei dem der EuGH typischerweise in seiner Rechtsprechung die konkrete Anwendung auf Sachverhalte an nationale Gerichte delegiert und dies wohl auch im Falle des Schiedsgerichts tun dürfte – entscheidet das Schiedsgericht selbständig und verbindlich für die Parteien.
Nachdem ein Schiedsspruch ergangen ist, müssen die Parteien nach Treu und Glauben Massnahmen ergreifen, um dem Spruch Folge zu leisten, und die Partei, die gemäss Schiedsspruch gegen das Abkommen verstossen hat, muss der anderen Partei über den Gemischten Austausch die entsprechenden Massnahmen mitteilen.[32]Art. 10 Abs. 5 2 IP-FZA.
II. Schutz- und Ausgleichsmassnahmen, schiedsgerichtliche Überprüfung der Verhältnismässigkeit und vorläufige Massnahmen
Ausgleichsmassnahmen kommen ins Spiel, wenn die Partei, die gemäss Schiedsgericht gegen das Abkommen verstossen hat, der anderen Partei nicht binnen einer angemessenen Frist[33]Gemäss Art. IV.2 Abs. 6 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA. ihre Umsetzungsmassnahmen zum Schiedsspruch mitteilt oder die andere Partei der Ansicht ist, dass die mitgeteilten Umsetzungsmassnahmen nicht genügen, um dem Schiedsspruch Folge zu leisten.[34]Art. 11 Abs. 1 Satz 1 IP-FZA. Die Partei, die solche Massnahmen ergreifen möchte, muss dies drei Monate im Voraus notifizieren.[35]Art. 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 IP-FZA. Der Gemischte Ausschuss kann binnen eines Monats beschliessen, die Ausgleichsmassnahmen auszusetzen, zu ändern oder aufzuheben. Anderenfalls kann jede Partei die Frage der Verhältnismässigkeit der Ausgleichsmassnahmen vor ein Schiedsgericht bringen,[36]Art. 11 Abs. 2 IP-FZA. welches binnen sechs Monaten ab Notifikation entscheiden muss.[37]Art. 11 Abs. 3 IP-FZA i.V.m. Art. III.8 Abs. 4 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA. Zumindest inzident dürfte das Schiedsgericht auch in der Lage sein, sich mit der Frage zu befassen, ob und inwieweit die andere Partei einen Schiedsspruch tatsächlich nicht befolgt hat, um zu beurteilen, ob Ausgleichsmassnahmen im Sinne der Verhältnismässigkeit gerechtfertigt ergriffen worden sind.[38]Epiney (Fn. 24) Rn. 11.
Im Rahmen dieses Verfahrens zur Prüfung der Verhältnismässigkeit kann eine Partei während des gesamten Schiedsverfahrens überdies vorläufige Massnahmen beantragen, was die Aussetzung der Ausgleichsmassnahmen bedeutet.[39]Art. III.10 Abs. 1 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA. Das Schiedsgericht hat innerhalb eines Monats über einen solchen Antrag zu entscheiden.[40]Art. III.10 Abs. 4 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA. Es gibt dem Antrag statt, wenn – als kumulative Bedingungen – der Fall gemäss Antrag prima facie begründet werden konnte, davon auszugehen ist, dass bis zum Schiedsspruch die betroffene Partei durch die Ausgleichsmassnahmen einen „schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden“ erleiden würde, und der Schaden, der der betroffenen Partei durch die (sofortige) Anwendung der Ausgleichsmassnahmen entstünde, schwerer wiegt als das Interesse an einer solchen sofortigen Anwendung von Ausgleichsmassnahmen.[41]Art. III.10 Abs. 4 lit. a bis c Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA. Im Verfahren über vorläufige Massnahmen ist überdies die sonst übliche Aussetzung des Verfahrens zur Anrufung des EuGH ausgeschlossen,[42]Art. III.10 Abs. 5 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA i.V.m. Art. III.9 Abs. 2 UAbs. 2 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA. im Unterschied zum „normalen“ Verfahren zur Prüfung der Verhältnismässigkeit. In letzterem Verfahren ist allerdings bereits von vorneherein eine Anrufung des EuGH wegen der grundsätzlich völkerrechtlich und nicht unionsrechtlich geprägten Frage der Verhältnismässigkeit von Ausgleichsmassnahmen nicht sehr wahrscheinlich.[43]Auch die Regelung zum anwendbaren Recht für das Schiedsgericht weist neben Unionsrecht auf die „Regeln des Völkerrechts“ hin, die für die Anwendung der Abkommen und der Rechtsakte, auf die … Continue reading Im Verfahren über vorläufige Massnahmen dürfte sich die fehlende Verfahrensaussetzung aufgrund der üblichen (langen) Verfahrensdauer vor dem EuGH und der kurzen Entscheidungsfrist des Schiedsgerichts praktisch so auswirken, dass sich der EuGH bei Anrufung durch das Schiedsgericht in einem solchen Verfahren wohl kaum je rechtzeitig äussern kann. Dies wirft die Frage auf, ob dies eine im Sinne der Autonomie des Unionsrechts und der Auslegungshoheit des EuGH über Unionsrecht problematische Regelung darstellt. Aufgrund des zuvor erläuterten, begrenzten Verfahrensgegenstands ist aber wohl davon auszugehen, dass in den meisten Fällen solcher Prüfungen von vorläufigen Massnahmen im Rahmen des übergeordneten Verfahrens der Prüfung der Verhältnismässigkeit ein Schiedsgericht gar nicht über die Auslegung unionsrechtlicher Begriffe zu entscheiden haben wird. Denkbar scheint auch, dass ein Schiedsgericht in einer solchen Situation nach Möglichkeit die definitive Auslegung unionsrechtlicher Begriffe bzw. eine damit allenfalls verbundene Anrufung des EuGH auf das „Hauptverfahren“ verschiebt.
Zeitlich betrachtet könnte eine Partei darauf reagieren, dass die andere Partei Ausgleichsmassnahmen ankündigt, indem sie im ersten Monat während der drei Monate bis zur Anwendung der Massnahmen versucht, via den Gemischten Ausschuss eine Änderung bezüglich der Ausgleichsmassnahmen zu bewirken, danach sofort das Schiedsgericht anruft, um die Verhältnismässigkeit prüfen zu lassen, und in diesem Verfahren vorläufige Massnahmen beantragt, worüber das Schiedsgericht binnen eines Monats zu entscheiden hätte. Selbst mit verfahrensbedingten zeitlichen „Reibungsverlusten“ könnte es im günstigsten Fall dazu kommen, dass somit notifizierte Ausgleichsmassnahmen nicht effektiv angewendet werden, bis das ordentliche Verfahren vor dem Schiedsgericht über deren Verhältnismässigkeit binnen sechs Monaten ab Notifikation abgeschlossen ist. Somit sollte zumindest gemäss diesen Bestimmungen ein effektives System angelegt sein, um die Anwendung nicht verhältnismässiger Ausgleichsmassnahmen von vorneherein zu unterbinden.
Weiter ergibt sich aus den institutionellen Bestimmungen, dass das System der Ausgleichsmassnahmen nicht pönal strukturiert ist. So sollen derartige Massnahmen dazu dienen, „ein mögliches Ungleichgewicht zu beheben“,[44]Art. 11 Abs. 1 IP-FZA. und sie dürfen nicht rückwirkend gelten, was auch die Unberührtheit von vor ihrem Wirksamwerden erworbenen Rechten von Privaten umfasst.[45]Art. 11 Abs. 4 IP-FZA. Dieser Aspekt zusammen mit den allgemeinen Rahmenbedingungen des vorgesehenen Streitbeilegungssystems im Paket Schweiz-EU hat in der Lehre bereits zu Überlegungen geführt, inwieweit das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht im Kontext des Pakets womöglich neu zu evaluieren wäre. Ohne dass dies im vorliegenden Rahmen näher ausgeführt werden kann, stellt sich die Frage, ob nunmehr die Möglichkeit von Ausgleichsmassnahmen bei Nichtbefolgung eines Schiedsspruchs im Rahmen des Streitbeilegungsverfahrens bzw. das Durchlaufen des entsprechenden Verfahrens eine Art Modifikation der Abkommensverpflichtungen mit sich bringt und daher nicht mehr unbedingt von einem Vorrang des Abkommens gegenüber abweichenden Bestimmungen des Schweizer Rechts (die Gegenstand des Verfahrens waren) auszugehen ist.[46]Epiney (Fn. 24), Rn. 24 ff. Siehe für einen anderen Ansatz Matthias Oesch/Alexandru Badea, Haben „menschen- oder freizügigkeitsrechtliche Verpflichtungen der Schweiz“ strikt Vorrang vor … Continue reading
C. Variationen des schiedsgerichtlichen Verfahrens in zu den Binnenmarktabkommen gehörenden Abkommen
Drei Variationen des schiedsgerichtlichen Verfahrens finden sich in Binnenmarktabkommen. Obwohl es sich beim Landwirtschaftsabkommen und beim FZA grundsätzlich um Binnenmarktabkommen handelt, weisen diese wegen neu im Rahmen des Pakets hinzukommender Elemente Besonderheiten auf.
I. Landwirtschaftsabkommen (Agrarteil)
Als Resultat der Verhandlungen sind die Parteien übereingekommen, das Landwirtschaftsabkommen in zwei Teile zu gliedern, einen Lebensmittelsicherheitsteil und einen Agrarteil. Dies hat aus Perspektive der Schiedsgerichtsbarkeit zwei wichtige Folgen. Bezüglich des Agrarteils ist im Rahmen der institutionellen Elemente nicht nur die dynamische Rechtsübernahme nicht anwendbar, sondern bezüglich der Streitbeilegung ist – durchaus als Folge dessen – auch keine Rolle für den EuGH im Schiedsgerichtsverfahren vorgesehen.[47]Art. 7a Abs. 2 Landwirtschaftsabkommen und Schiedsgerichtsprotokoll zum Landwirtschaftsabkommen. Schiedsgerichtsverfahren dürfen zugleich nicht die im Landwirtschaftsabkommen festgelegten Zollkonzessionen[48]Anhänge 1, 2 und 3 Landwirtschaftsabkommen. und deren Verwaltung berühren.[49]Art. 7a Abs. 4 Landwirtschaftsabkommen. Ausgleichsmassnahmen dürfen im Agrarteil des Landwirtschaftsabkommens nur wegen einer Verletzung des Agrarteils oder des Lebensmittelsicherheitsteils des Landwirtschaftsabkommens ergriffen werden, nicht jedoch wegen der Verletzung eines anderen Binnenmarktabkommens.[50]Art. 7b Abs. 1 Landwirtschaftsabkommen.
II. Absicherungen im FZA und das Schiedsverfahren
Als Besonderheit des FZA sind im Institutionellen Protokoll noch Vorgaben zum Umgang mit den im FZA ausgehandelten Absicherungen enthalten. Bei den zwei Absicherungen im FZA handelt es sich erstens um eine Gemeinsame Erklärung dazu, dass im Kontext eines allfälligen Verlusts der für die FZA-Rechte relevanten Erwerbstätigeneigenschaft der Aufnahmestaat Missbrauch vorbeugen darf, indem er im Einzelfall und ohne Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit berücksichtigen kann, ob ein Arbeitssuchender guten Glaubens mit den zuständigen Behörden kooperiert.[51]Gemeinsame Erklärung über die Verweigerung von Sozialhilfe und die Aufenthaltsbeendigung vor Erwerb des Daueraufenthalts zum FZA. Siehe im Detail Erläuternder Bericht, 224 f. Zweitens sieht eine weitere Absicherung in Form einer Gemeinsamen Erklärung vor, dass verhältnismässige und nichtdiskriminierende Meldepflichten für Arbeitgeber bei Stellenantritt wie etwa das schweizerische Meldeverfahren für kurzfristige Erwerbstätigkeit von der dynamischen Rechtsübernahme unberührt bleiben sollen, damit effiziente Arbeitsmarktkontrollen durchgeführt werden können.[52]Gemeinsame Erklärung über die Meldung betreffend Stellenantritt zum FZA. Siehe im Detail Erläuternder Bericht, 226 f. Ohne an dieser Stelle näher auf deren Inhalte eingehen zu können, funktionieren die Absicherungen nicht wie Ausnahmen; sie stehen der dynamischen Rechtsübernahme nicht im Weg und müssen mit neueren EU-Rechtsakten, die in das Abkommen integriert werden, vereinbar sein, anderenfalls gilt der jeweilige Rechtsakt.[53]Art. 10 Abs. 6 UAbs. 2 IP-FZA. Indessen sind sie im Rahmen der Streitbeilegung – d.h. vom Gemischten Ausschuss sowie allenfalls dem Schiedsgericht – „nach Treu und Glauben“ zu berücksichtigen.[54]Art. 10 Abs. 6 UAbs. 1 IP-FZA. Nach Ansicht des Bundesrats kann diese Berücksichtigung zum Beispiel dann erfolgen, wenn es um Streitigkeiten bezüglich der Übernahme eines neuen EU-Rechtsaktes geht, der gegen eine oder mehrere Absicherungen verstösst. Dabei wäre – gewissermassen ex ante – denkbar, dass der Rechtsakt bei der Übernahme in das Abkommen angepasst wird, beispielsweise in Form einer spezifischen Übergangsregelung. Ex post soll gelten, dass, wenn die Schweiz trotz Feststellung einer entsprechenden Verpflichtung durch das Schiedsgericht die Übernahme des Rechtsakts verweigert, die EU weniger einschneidende Ausgleichsmassnahmen als in Abwesenheit einer Absicherung ergreifen müsste und die Verhältnismässigkeit solcher Ausgleichsmassnahmen strenger zu beurteilen sei. Es wird sich noch zeigen müssen, ob einerseits die EU im Rahmen des Gemischten Ausschusses oder andererseits ein künftiges Schiedsgericht in einer entsprechenden Situation die rechtlichen Wirkungen der Absicherungen in ähnlicher Weise beurteilen wird.[55]Siehe die Ausführungen des Bundesrats im Erläuternden Bericht, 234.
III. Zusatzprotokoll zum FZA zu Bewilligungen für Langzeitaufenthalte
Beim Zusatzprotokoll zu Bewilligungen für Langzeitaufenthalte handelt es sich um ein besonderes Protokoll, das zugleich formell dem FZA als Binnenmarktabkommen zugeordnet ist, jedoch materiell Regelungen ausserhalb dessen Geltungsbereich schafft. Entsprechend sieht es auch besondere Regelungen für allfällige Schiedsverfahren vor.
Gemäss Verhandlungsmandat des Bundesrates war die Schweiz bereit, allen Staatsangehörigen der EU-Mitgliedstaaten nach einem Mindestaufenthalt von fünf Jahren ohne Diskriminierung untereinander eine Niederlassungsbewilligung nach schweizerischem Recht (C-Bewilligung) zu erteilen, dies jedoch im Sinne des nationalen Rechts, d.h. dass die Schweiz bspw. die Einhaltung der Integrationskriterien nach AIG verlangen kann, wobei derartige Kriterien gemäss Zusatzprotokoll „vergleichbar“ sein müssen mit jenen der EU bzw. ihrer Mitgliedstaaten.[56]Erläuternder Bericht, 266. Das Zusatzprotokoll verlangt nämlich die Vergleichbarkeit „andere[r] Bedingungen und Voraussetzungen“ in diesem Kontext.[57]Punkt 3. Protokoll über Bewilligungen für Langzeitaufenthalte. Zugleich ist jedoch der Anwendungsbereich des FZA nicht eröffnet, da es um eine separate Konstellation und nicht etwa die Situation des Daueraufenthaltsrechts geht.[58]Punkt 1. und 4. lit. a, Protokoll über Bewilligungen für Langzeitaufenthalte.
Entsprechend findet das Institutionelle Protokoll zum FZA grundsätzlich keine Anwendung auf das Zusatzprotokoll.[59]Punkt 1. Protokoll über Bewilligungen für Langzeitaufenthalte. Im Bereich der Streitbeilegung hingegen kann aufgrund der eigenen Regelungen des Zusatzprotokolls ein Schiedsgericht angerufen werden, soweit es um Streitigkeiten bezüglich der Anwendung der genannten Bestimmungen zur Nichtdiskriminierung bzw. zur Vergleichbarkeit „andere[r] Bedingungen und Voraussetzungen“ geht.[60]Punkt 5. i.V.m. 2. und 3. Protokoll über Bewilligungen für Langzeitaufenthalte. Die einschlägigen Bestimmungen des Institutionellen Protokolls sollen hierbei „mutatis mutandis“ zur Anwendung … Continue reading Allerdings ist eine Anrufung des EuGH im Schiedsverfahren ausgeschlossen.[61]Punkt 5. Protokoll über Bewilligungen für Langzeitaufenthalte. Der abschliessende Satz des Protokolls schliesst ergänzend sämtliche Bestimmungen der Anlage über das Schiedsgericht aus, die sich … Continue reading Dies schliesst nicht aus, dass der EuGH sich auf Seiten der EU im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens zu Bestimmungen des Protokolls äussert. Jedoch wäre eine in diesem Rahmen erfolgte Auslegung dann grundsätzlich für die Schweiz nicht zu befolgen, da sie bezüglich Bestimmungen entwickelt worden wäre, die ausserhalb des Anwendungsbereichs des FZA liegen. Zugleich ist davon auszugehen, dass in vielen Mitgliedstaaten keine separate Umsetzung der Normen dieses Protokolls erfolgen wird, sondern dass einfach entsprechende Normen, die bereits zur Umsetzung der Unionsbürgerrichtlinie dienen (insbesondere bezüglich Daueraufenthaltsrecht nach fünf Jahren), auch auf diesen Fall zur Anwendung gebracht werden. Aus Sicht der Autonomie des Unionsrechts und der Auslegungshoheit des EuGH dürfte der Ausschluss des EuGH und die alleinige Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vor dem Hintergrund zulässig sein, dass es sich eben nicht um klassische „Parallelbestimmungen“ zum EU-Freizügigkeitsrecht handelt, sondern um einen Zusatz zum FZA, welches wiederum aufgrund seiner besonderen Regelungen zum Daueraufenthaltsrecht und dessen grundsätzlicher Beschränkung auf Erwerbstätige bewusst hinter dem EU-Rechtsstand zurückbleibt. Zuletzt dürfen allfällige Ausgleichsmassnahmen aufgrund einer Verletzung des Zusatzprotokolls nur im Rahmen des FZA ergriffen werden.[62]Punkt 5. Protokoll über Bewilligungen für Langzeitaufenthalte.
D. Variationen des schiedsgerichtlichen Verfahrens in nicht zu den Binnenmarktabkommen gehörenden Abkommen
Bei den Nichtbinnenmarktabkommen, die aufgrund ihres Inhalts über einen Streitbeilegungsmechanismus mit Schiedsgerichtsverfahren verfügen, zeigen sich Besonderheiten bei den Möglichkeiten, Ausgleichsmassnahmen zu ergreifen. Hingegen sieht das Gesundheitsabkommen im Gegensatz zum Beitragsabkommen auch die Möglichkeit vor, den EuGH im Rahmen des Schiedsgerichtsverfahrens anzurufen.
I. Gesundheitsabkommen
Beim Gesundheitsabkommen wurden, obwohl es kein Binnenmarktabkommen ist, die institutionellen Elemente ebenfalls verankert, soweit dies für das Funktionieren des Abkommens erforderlich ist.[63]Siehe diesbezüglich auch die an das Gesundheitsabkommen angehängte Erklärung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bezüglich der analogen Aufnahme der institutionellen Elemente in das Abkommen … Continue reading Dies umfasst auch das Streitbeilegungsverfahren mit schiedsgerichtlichem Verfahren mitsamt der Möglichkeit, den EuGH anzurufen.[64]Art. 15 Gesundheitsabkommen. Bei diesem ist als Besonderheit festgehalten, dass Ausgleichsmassnahmen nur innerhalb des Gesundheitsabkommens oder bezüglich des an das Programmeabkommen angehängten Protokolls zur Beteiligung der Schweiz am mehrjährigen Gesundheitsprogramm der EU[65]Siehe Protokoll 3 zur Teilnahme am EU4Health-Programm zum Programmeabkommen. ergriffen werden können und nicht die Binnenmarktabkommen betreffen dürfen.[66]Art. 16 Abs. 1 Gesundheitsabkommen und Art. III.6 Abs. 3 Schiedsgerichtsprotokoll zum Gesundheitsabkommen; siehe zugleich Art. 19 Abs. 1 lit. c und Art. 20 Abs. 4 Programmeabkommen.
II. Beitragsabkommen
Während das Beitragsabkommen grundsätzlich ebenfalls ein Schiedsgerichtsmodell als Teil der Streitbeilegung vorsieht, gibt es hier als zentrale Besonderheit keine Rolle für den EuGH, da es beim Abkommen inhaltlich nicht um eine Teilnahme am EU-Binnenmarkt geht.[67]Siehe zugleich auch zu den anzuwendenden, grundsätzlich völkerrechtlichen Auslegungsregeln Art. IV.3 Abs. 1 Schiedsgerichtsprotokoll zum Beitragsabkommen. Die Parteien müssen wie stets versuchen, den Streitfall einvernehmlich im Gemischten Ausschuss beizulegen. Wenn sich binnen drei Monaten keine Lösung findet, kann jede Partei ein Schiedsverfahren einleiten, in dem das Schiedsgericht das Vorliegen einer Verletzung des Beitragsabkommens prüft.[68]Art. 16 Abs. 2 Beitragsabkommen. Bei der Prüfung von Massnahmen einer Partei kann das Schiedsgericht dabei mit einer Frage zur Auslegung des Rechts einer der Parteien konfrontiert sein, da Bestimmungen des Abkommens auf das Recht einer oder der beiden Parteien verweisen.[69]Z.B. Art. 13 Abs. 6 Beitragsabkommen. Hierfür darf das Schiedsgericht das Recht der jeweiligen Partei als Tatsache berücksichtigen,[70]Art. 16 Abs. 3 Beitragsabkommen. was bereits in früheren Abkommen ähnlich gehandhabt wurde.[71]Vgl. Art. 11 Abs. 5 Abkommen über Solidaritätsmassnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung zwischen der Schweiz, Deutschland und Italien, BBl 2024 2322. Soweit das Unionsrecht betroffen ist, stellt sich einmal mehr die Frage nach der Vereinbarkeit mit der Auslegungshoheit des EuGH und dem Prinzip der Autonomie des Unionsrechts. Hingegen bietet bei derartigen Klauseln zur Berücksichtigung des Rechts einer Partei als Tatsache die Rechtsprechung des EuGH Anhaltspunkte für eine Vereinbarkeit ähnlicher Klauseln mit den genannten Grundsätzen.[72]Vgl. zu einer ähnlichen Klausel grundsätzlich bereits zustimmend EuGH, Gutachten 1/17, ECLI:EU:C:2019:341 (Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen Kanada und der Europäischen Union … Continue reading Ausgenommen von der schiedsgerichtlichen Streitbeilegung sind Fälle, soweit sie die Umsetzung der jeweiligen länderspezifischen Abkommen betreffen.[73]Art. 16 Abs. 4 Beitragsabkommen. Hierfür wird im jeweiligen Abkommen ein Verfahren festgelegt.
Im Falle einer Missachtung eines Schiedsspruchs durch die Schweiz scheinen verhältnismässige Ausgleichsmassnahmen im Rahmen des Beitragsabkommens durch die EU schwer vorstellbar. Wohl insbesondere vor diesem Hintergrund können Ausgleichsmassnahmen auch unter den Binnenmarktabkommen, dem Programmeabkommen, dem Weltraumabkommen und dem Gesundheitsabkommen erfolgen.[74]Art. 17 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Buchstabe a Beitragsabkommen.
E. Nichtbinnenmarktabkommen ohne schiedsgerichtliche Streitbeilegung
Aus dem Abkommensinhalt ergibt sich beim Programme- und beim Weltraumabkommen, dass nur bestimmte Streitigkeiten wahrscheinlich und möglich sind und es daher keiner vergleichbar umfassenden Regelungen zu Streitbeilegung und Schiedsgerichtsbarkeit bedarf wie bei den Binnenmarktabkommen.
I. Programmeabkommen
Im Programmeabkommen ist keine eigene Streitbeilegung in vergleichbarer Form wie bei den Binnenmarktabkommen vorgesehen. Es gibt einen Gemischten Ausschuss mit den üblichen Aufgaben, jedoch keine Schiedsgerichtsbarkeit.[75]Art. 16 Programmeabkommen. Der EuGH kann nur in einer völlig anderen Konstellation eine Rolle spielen, nämlich wenn in einem Vertrag oder einer Vereinbarung über Programme, welche im Rahmen des Programmabkommens abgeschlossen wurden, eine Schiedsklausel eine Zuständigkeit des EuGH schafft.[76]Art. 14 Abs. 2 Programmeabkommen.
Darüber hinaus kann es bei der Teilnahme an Programmen Beschlüsse der Kommission geben, die natürlichen oder juristischen Personen in der Schweiz finanzielle Verpflichtungen in diesem Kontext auferlegen. Hierfür ist (neben Fragen der Vollstreckbarkeit[77]Art. 14 Abs. 1 Programmeabkommen.) geregelt, dass die EU-Gerichtsbarkeit für die Prüfung der Rechtmässigkeit solcher Beschlüsse zuständig ist, während die Prüfung der Ordnungsmässigkeit von Vollstreckungsmassnahmen Schweizer Gerichten obliegt,[78]Art. 14 Abs. 3 Programmeabkommen. dies da letztere nach Schweizer Recht ergehen.
II. Weltraumabkommen
Im Weltraumabkommen ist ausdrücklich festgelegt, dass Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung des Abkommens durch den Gemischten Ausschuss beigelegt werden,[79]Art. 13 Weltraumabkommen. ohne dass eine schiedsgerichtliche Streitbeilegung vorgesehen ist.[80]Art. 12 Weltraumabkommen (zu den Aufgaben des „Ausschusses“).
Bezüglich der im Abkommen geregelten Beteiligung der Schweiz an der Agentur der Europäischen Union für das Weltraumprogramm ist vorgesehen, dass die Haftung der Agentur sich nach der einschlägigen Verordnung bestimmt,[81]Art. 7 Weltraumabkommen. und dass die Schweiz die Zuständigkeit des EuGH für die Agentur anerkennt.[82]Art. 8 Weltraumabkommen. Eine solche Zuständigkeit kann es für Entscheidungen aufgrund einer Schiedsklausel in einem Vertrag, den die Agentur abgeschlossen hat, geben,[83]Art. 97 Abs. 2 Verordnung (EU) 2021/696 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. April 2021 zur Einrichtung des Weltraumprogramms der Union und der Agentur der Europäischen Union für … Continue reading oder bei ausservertraglicher Haftung der Agentur für durch ihre Dienststellen oder Bediensteten in Ausübung der Amtstätigkeit verursachte Schäden.[84]Art. 97 Abs. 4 Verordnung (EU) 2021/696. Es handelt sich daher um einen „sehr begrenzten Bereich“.[85]Erläuternder Bericht, 542.
F. Der Sonderfall des Schiedsverfahrens im Kontext der Schutzklausel des FZA
Die Konkretisierung der Schutzklausel des FZA in Art. 14a FZA war ein zentraler Punkt des Verhandlungsmandats und der Verhandlungen des Pakets Schweiz-EU und wird mit hoher Wahrscheinlichkeit – neben anderen FZA-bezogenen Fragen wie jener der Verfassungskonformität[86]Siehe beispielsweise zur Frage, ob die Aufdatierung des FZA mit Art. 121a Abs. 4 BV vereinbar ist, Astrid Epiney, „Bilaterale III“ und Art. 121a BV – Zur Vereinbarkeit der im Rahmen der … Continue reading – in der öffentlichen Debatte über die Aufdatierung des FZA im Rahmen des Pakets Schweiz-EU eine wichtige Rolle spielen.[87]Siehe für den weiteren Kontext Erläuternder Bericht, 219. Für den vorliegenden Beitrag sind vor allem die schiedsgerichtlichen Regelungen von Interesse, da Art. 14a FZA selbst eigene Verfahrensregeln aufstellt und zugleich gewisse Anpassungen in der Anlage zum Schiedsgericht erfolgt sind.[88]So führt bspw. Art. I.1 Anlage über das Schiedsgericht zum Geltungsbereich der Anlage zusätzlich Fälle nach Art. 14a Abs. 2 oder 4 FZA (ordentliches und dringliches Verfahren im Kontext der … Continue reading
I. Das ordentliche und das dringliche Verfahren im Rahmen der Schutzklausel
Allgemein sieht die konkretisierte Schutzklausel vor, dass bei Vorliegen von schwerwiegenden wirtschaftlichen oder sozialen Problemen, die durch die Anwendung des FZA verursacht werden, eine Partei beantragen kann, dass der Gemischte Ausschuss zusammentritt, um „geeignete Schutzmassnahmen“ zu prüfen.[89]Art. 14a Abs. 1 FZA. Es kann also um sämtliche Themenbereiche gehen, die im FZA geregelt sind. Zugleich bedarf es keines FZA-widrigen Verhaltens einer Partei, sondern es geht rein um die (sozusagen ordnungsgemässe) Anwendung des FZA. Gelingt keine Einigung im Gemischten Ausschuss über derartige Massnahmen oder über die Verlängerung der vorgesehenen 60-Tage-Frist, kann die antragstellende Partei einseitig ein Schiedsgericht anrufen, sofern „schwerwiegende wirtschaftliche Probleme“ vorliegen.[90]Art. 14a Abs. 2 FZA. Dabei wird von Schweizer Seite – wohl nicht unbegründet – davon ausgegangen, dass schwerwiegende soziale Probleme meist auch wirtschaftlichen Niederschlag finden dürften.[91]Erläuternder Bericht, 251. Die praktischen Auswirkungen dieser engeren Formulierung dürften daher begrenzt sein.
Auch im Rahmen eines Verfahrens unter der Schutzklausel besteht die Möglichkeit für das Schiedsgericht, den EuGH beizuziehen. Allerdings entsprechen die Begrifflichkeiten, mit denen die Schutzklausel als Auslösefaktoren operiert, nicht unionsrechtlichen Begriffen.[92]Der Erläuternde Bericht, 252, spricht von einem „gemeinsamen Verständnis der Verhandlungsdelegationen“ diesbezüglich. Es ist daher zwar nicht ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich, dass der EuGH in diesem Kontext vom Schiedsgericht angerufen wird.
Das Schiedsgericht hat binnen sechs Monaten ab seiner Bestellung zu entscheiden, ob die vorgebrachten Probleme tatsächlich durch die Anwendung des FZA verursacht worden sind.[93]Art. 14a Abs. 3 erster Satz FZA. Bejaht es dies, kann die betroffene Partei geeignete Schutzmassnahmen ergreifen,[94]Art. 14a Abs. 3 erster Satz FZA. wobei zumindest gemäss Wortlaut es nicht dem Schiedsgericht, sondern der Partei obliegt, die Schutzmassnahmen zu definieren.[95]So auch Erläuternder Bericht, 251. Entsteht dadurch ein „Ungleichgewicht zwischen den jeweiligen Rechten und Pflichten“, kann die andere Partei „angemessene“ Ausgleichsmassnahmen ergreifen.[96]Art. 14a Abs. 3 zweiter Satz FZA.
Schutz- sowie Ausgleichsmassnahmen können nur im Geltungsbereich des FZA ergriffen werden und sind auf das erforderliche Mindestmass bzw. die erforderliche Mindestdauer zu beschränken sowie so zu wählen, dass das Funktionieren des Abkommens möglichst wenig beeinträchtigt wird.[97]Art. 14a Abs. 6 FZA. Jede Partei kann die Überprüfung von Massnahmen beim Gemischten Ausschuss beantragen, und dieser hat alle drei Monate Konsultationen mit dem Ziel der Aufhebung oder Beschränkung der Massnahmen abzuhalten.[98]Art. 14a Abs. 7 FZA. Dieses Verfahren vor dem Gemischten Ausschuss dürfte aufgrund seiner letztlich politischen Natur die Möglichkeit nicht auschliessen, ein ordentliches … Continue reading Nicht vorgesehen ist ein eigenes Schiedsverfahren zur Prüfung der Verhältnismässigkeit von Schutz- und Ausgleichsmassnahmen. Hierfür müsste ein eigenes, ordentliches Streitbeilegungsverfahren angestrebt werden, wenn eine Partei die Verhältnismässigkeit von Massnahmen bezweifelt.[99]Erläuternder Bericht, 251.
Darüber hinaus besteht neben dem beschriebenen ordentlichen auch ein dringliches Verfahren. In „dringlichen Ausnahmesituationen“, in denen einer Partei durch die Anwendung des FZA ein „sehr schwerer wirtschaftlicher Schaden“ droht, verkürzt sich die Frist für die Beschlussfassung des Gemischten Ausschusses auf 30 Tage.[100]Art. 14a Abs. 4 erster Satz FZA. Danach kann die betroffene Partei direkt das Schiedsgericht anrufen. Stellt dieses binnen sechs Monaten fest, dass die vorgebrachten Probleme prima facie bestehen, kann die eine Partei einstweilige Schutzmassnahmen und die andere gegebenenfalls einstweilige Ausgleichsmassnahmen ergreifen,[101]Art. 14a Abs. 5 erster Satz FZA. was insgesamt eine – zumindest im Vergleich zu sonstiger völkerrechtlicher Streitbeilegung – recht zügige Reaktion auf derartige Situationen in rechtlich zulässiger Form erlauben kann.
II. Anpassungen der Anlage zum Schiedsgericht aufgrund der Schutzklausel
Besonders interessant sind beim Schutzklauselverfahren gewisse Anpassungen, die bei der Anlage zum Schiedsgericht vorgenommen wurden und die einen Einfluss auf den Verfahrensverlauf bezüglich des Prüfauftrags des Schiedsgerichts und eines allfälligen Einbezugs des EuGH im Rahmen des dringlichen Verfahrens haben könnten.
1. Der begrenzte Prüfauftrag des Schiedsgerichts im Rahmen der Schutzklausel
Von praktischer Bedeutung könnte insbesondere der zumindest gemäss Wortlaut begrenzte Auftrag des Schiedsgerichts beim dringlichen Verfahren im Rahmen der Schutzklausel sein. Dieser lautet für das ordentliche und für das dringliche Verfahren, „darüber zu befinden, ob die vorgebrachten Probleme nachgewiesen und auf die Anwendung des Abkommens zurückzuführen sind“.[102]Art. III.6 Abs. 4 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA. Während es sich dabei um die Kriterien handelt, die beim ordentlichen Verfahren durch das Schiedsgericht zu prüfen sind, greift die Bestimmung die Kriterien beim dringlichen Verfahren – das Vorliegen einer „dringlichen Ausnahmesituation“, in der einer Partei durch die Anwendung des FZA ein „sehr schwerer wirtschaftlicher Schaden“ droht – nicht auf.[103]Vgl. Art. 14a Abs. 3 bzw. 4 FZA. Zwei Lesarten scheinen hier denkbar.
Einerseits könnte ein Schiedsgericht die Bestimmung bezüglich seines Auftrags nicht als Einschränkung seiner Zuständigkeit verstehen und entscheiden, dass es im Rahmen eines dringlichen Verfahrens auch das Vorliegen einer dringlichen Ausnahmesituation und die Gefahr eines sehr schweren wirtschaftlichen Schadens zu prüfen hat. Es könnte diesbezüglich mit dem Spielraum argumentieren, der ihm gegeben ist, da die Anlage für Schutzklauselverfahren (wie auch für andere Schiedsverfahren) festhält, dass das Schiedsgericht anhand der jeweils einschlägigen Bestimmungen – wie eben jene der Schutzklausel mitsamt den genannten Kriterien – über seine eigene Zuständigkeit entscheidet.[104]Art. III.6 Abs. 1 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA, mit Bezugnahme auf u.a. Art. 14a Abs. 2 und 4 FZA.
Andererseits sprechen demgegenüber auch gute Gründe für eine zurückhaltende, wortlautbezogene Auslegung. So trifft die Anlage über das Schiedsgericht generell eher ausführliche, präzise Regelungen und eignet sich daher für eine wortlautbezogene Auslegung. Beispielsweise wird als Auftrag des Schiedsgerichts beim allgemeinen Schiedsverfahren festgelegt, dass es über die strittige Frage, wie sie ursprünglich auf die Tagesordnung des Gemischten Ausschusses gesetzt worden ist, zu entscheiden hat.[105]Art. III.6 Abs. 2 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA. Beim Verfahren zur Prüfung der Verhältnismässigkeit von Ausgleichsmassnahmen[106]Gemeint sind hier allgemein Ausgleichsmassnahmen gemäss Art. 11 Abs. 1 IP-FZA, nicht Ausgleichsmassnahmen im Kontext der Schutzklausel. wird ebendieser Prüfungsauftrag insofern näher ausgeführt, als ergänzt wird, dass er auch jene Fälle umfasst, in denen solche Massnahmen im Rahmen eines anderen Binnenmarktabkommens ergriffen worden sind.[107]Art. III.6 Abs. 3 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA. In beiden Fällen sind daher die relevanten Elemente des Prüfauftrags ausdrücklich in der Norm ausgeführt, ohne dass es sonderlich weit über den Wortlaut hinausgehender Auslegungsanstrengungen bedarf.
Darüber hinaus bedeutet es auch nicht, dass ein Kriterium nicht rechtlich verbindlich oder irrelevant ist, nur weil das Schiedsgericht im Rahmen eines bestimmten Verfahrens nicht mit dessen Prüfung beauftragt wird. Wie im Völkerrecht üblich obliegt in derartigen Fällen die Beurteilung, ob ein solches Kriterium eingehalten ist, grundsätzlich der an das Kriterium gebundenen Partei. Im vorliegenden Kontext der Schutzklausel kann – wie beim „fehlenden“ Verfahren zur Prüfung der Verhältnismässigkeit[108]Siehe Abschnitt F.I. – jeweils die andere Partei, wenn sie von einer Fehlbeurteilung der an das Kriterium gebundenen Partei und einer sich daraus ergebenden Abkommensverletzung ausgeht, im Nachhinein gegen zu Unrecht ergriffene einstweilige Schutzmassnahmen oder Ausgleichsmassnahmen auf das ordentliche Streitbeilegungsverfahren zurückgreifen.
Nicht zuletzt erscheint es auch teleologisch stimmig, wenn in einem vor allem auf Effektivität abstellenden Verfahren wie dem dringlichen Verfahren im Rahmen der Schutzklausel der Prüfauftrag des Schiedsgerichts auf wesentliche Punkte beschränkt wird, um eine zügige Beurteilung des Sachverhalts und einen fristgerechten Verfahrensabschluss sicherzustellen. Dies überzeugt auch, da es – angesichts derselben Entscheidungsfrist von sechs Monaten für das Schiedsgericht – die zusätzliche Effektivität des dringlichen gegenüber dem ordentlichen Verfahren im Rahmen der Schutzklausel betonen würde. Letztlich kann aber nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden, welche Auslegung ein künftiges Schiedsgericht bevorzugen wird.
2. Einbezug des EuGH im dringlichen Verfahren im Rahmen der Schutzklausel
Beim dringlichen Verfahren im Rahmen der Schutzklausel legt die Schutzklausel fest, dass die Anlage zum Schiedsgericht mit Modifikationen zur Anwendung kommt.[109]Art. 14a Abs. 5 zweiter Satz FZA. Trotzdem sollen aber grundsätzlich die Bestimmungen zu den vorläufigen Massnahmen[110]Siehe hierzu bereits Abschnitt B.II. – wenngleich „mutatis mutandis“ – gelten.[111]Art. 14a Abs. 5 zweiter Satz FZA. Eine Änderung ist hingegen vorgesehen bezüglich der Bedingungen für einen positiven Entscheid des Schiedsgerichts über einstweilige Schutzmassnahmen.[112]Gemäss Art. III.10 Abs. 4 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA müssen grundsätzlich drei Bedingungen für einen positiven Entscheid erfüllt sein: Das Schiedsgericht erachtet den Fall … Continue reading Von womöglich grösserer Bedeutung ist aber, dass wie beim Verfahren zu vorläufigen Massnahmen im Kontext des ordentlichen Schiedsverfahrens bei Anrufung des EuGH durch das Schiedsgericht keine Verfahrensaussetzung stattfinden soll. Dies macht es – wie bereits beim Verfahren zu vorläufigen Massnahmen erläutert[113]Siehe bereits Abschnitt B.II. – äusserst unwahrscheinlich, dass sich der EuGH in einem solchen Verfahren, so er überhaupt angerufen wird, rechtzeitig äussern könnte.[114]Gemäss Erläuterndem Bericht, 252, sei die Möglichkeit, den EuGH anzurufen, damit „de facto“ ausgeschlossen. Erneut ist vor allem wegen des Verfahrensgegenstands und der Natur des Verfahrens, das in einen prima facie-Entscheid des Schiedsgerichts mündet, unwahrscheinlich, dass sich hieraus ein Problem aus Sicht der Autonomie des Unionsrechts und der Auslegungshoheit des EuGH über Unionsrecht ergibt.[115]Siehe ausführlicher die Argumentation beim Verfahren zu vorläufigen Massnahmen in Abschnitt B.II.
G. Schlussbetrachtung
„Plus c’est la même chose, plus ça change.“ Ein näherer Blick auf die verschiedenen schiedsgerichtlichen Verfahren, die sich im Paket Schweiz-EU finden, zeigt, dass zwar ein Modell der Streitbeilegung im Sinne eines Verfahrens im Gemischten Ausschuss mit der Möglichkeit der schiedsgerichtlichen Streitbeilegung, gegebenenfalls unter Einbezug des EuGH, nach dem Vorbild des Rahmenabkommens zumindest für das „typische“ schiedsgerichtliche Verfahren in den Binnenmarktabkommen Vorbild gestanden hat. Jedoch ist das Verhandlungsergebnis bei näherer Betrachtung komplexer. Je nach Verhandlungsgegenstand sind unterschiedliche, abweichende Modelle entstanden. Diese reichen von völliger Abwesenheit der Schiedsgerichtsbarkeit über den Nichteinbezug des EuGH und Einschränkungen bei der Möglichkeit, Ausgleichsmassnahmen zu ergreifen, bis hin zum besonderen Verfahren im Rahmen der konkretisierten Schutzklausel des FZA.
Festgestellt werden konnte dabei jedenfalls, dass in den unterschiedlichen Verfahrensregelungen wiederholt viel Wert auf die Effektivität der Verfahren gelegt wird[116]Siehe hierzu Abschnitt B.II. zum Verfahren über vorläufige Massnahmen und Abschnitt F.II. zum dringlichen Verfahren im Rahmen der Schutzklausel sowie Abschnitt F.II.1. zum begrenzten … Continue reading und zugleich die Anrufungsmöglichkeiten des EuGH häufig rechtlich,[117]Siehe hierzu Abschnitt C.I. zum Landwirtschaftsabkommen (Agrarteil), Abschnitt C.III. zum Zusatzprotokoll zum FZA zu Bewilligungen für Langzeitaufenthalte, Abschnitt D.II. zum … Continue reading aber wiederholt auch rein faktisch durch die Auswirkungen anderer Regelungen begrenzt werden.[118]Siehe hierzu Abschnitt B.II. zum Verfahren über vorläufige Massnahmen und Abschnitt F.II.2. zum (dringlichen) Verfahren im Rahmen der Schutzklausel.
„The proof of the pudding is in its eating.“ Die offene Frage, die vorliegend (noch) nicht beantwortet werden kann, ist, welche faktischen Auswirkungen die hier diskutierten Unterschiede zwischen den verschiedenen Verfahren in Zukunft haben könnten. Nicht zuletzt ist schwer vorherzusagen, ob und in welchen Bereichen künftig Streitigkeiten zwischen der Schweiz und der EU entstehen könnten und welche Streitigkeiten durch eine Partei zum Anlass der letztlich politischen Entscheidung genommen werden, nicht nur ein Streitbeilegungsverfahren einzuleiten, sondern auch ein Schiedsgericht anzurufen. Die „Verrechtlichung“ durch die systematische Integration solcher Streitbeilegungsmechanismen im Paket Schweiz-EU kann dabei durchaus als wichtiger Fortschritt aus Sicht der politisch und ökonomisch weniger gewichtigen Vertragspartei gewertet werden.[119]Siehe hierzu ausführlich Thomas Cottier, Der Rechtsschutz im Rahmenabkommen Schweiz-EU: Kernstück des Abkommens und Instrument schrittweiser Rechtsentwicklung, in: Astrid Epiney/Petru Emanuel … Continue reading Sollte künftig tatsächlich verstärkt Gebrauch von Schiedsgerichtsverfahren gemacht werden, ist noch nicht garantiert, dass auch die Ergebnisse überzeugend und für die Parteien befriedigend ausfallen. Zumindest das ausdifferenzierte, nach den einzelnen Abkommensthemen klar unterscheidende Verhandlungsergebnis bei der schiedsgerichtlichen Streitbeilegung gibt dafür aber jedenfalls Instrumente an die Hand.
Fussnoten[+]
↑1 | Siehe Medienmitteilung des Bundesrats vom 13. Juni 2025, Paket Schweiz-EU: Der Bundesrat heisst die Abkommen gut und eröffnet die Vernehmlassung. |
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↑2 | Auf sämtliche Texte und Dokumente kann via folgende Website zugegriffen werden: <https://www.europa.eda.admin.ch/de/vernehmlassung-paket-schweiz-eu> (letzter Zugriff am 31. Juli 2025). Bezüglich der Bezugnahme auf Bestimmungen wird vorliegend zu Zwecken der einfacheren Lesbarkeit eine vereinfachende Variante gewählt: Es wird bspw. von „Art. 7a Landwirtschaftsabkommen“ gesprochen, während eigentlich die neue Fassung eines Artikels oder ein neuer Artikel wie Art. 7a streng rechtstechnisch betrachtet durch das Änderungsprotokoll zum Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, genauer gesagt dessen Art. 1, in das bestehende Landwirtschaftsabkommen eingefügt wird. |
↑3 | Marco Muser/Christa Tobler, Schiedsgerichte in den Aussenverträgen der EU – Neue Entwicklungen unter Einbezug der institutionellen Verhandlungen Schweiz-EU, Jusletter vom 28. Mai 2019; Christa Tobler, Tempora mutantur – das bilaterale Recht in einem sich wandelnden institutionellen EU-Umfeld, Schweizerisches Jahrbuch für Europarecht 2022/2023, 2023, 459 ff. |
↑4 | Sebastian Heselhaus, Aktuelle Spielräume für ein Institutionelles Rahmenabkommen, EUZ 2022, 1 ff.; Matthias Oesch, Der EuGH und die Schweiz, EIZ Publishing 2023, 161 ff. Der Entwurf des Institutionellen Abkommens, oft im allgemeinen Diskurs auch als „Rahmenabkommen“ bezeichnet, und begleitende Dokumente können auf folgender Website eingesehen werden: <https://www.europa.eda.admin.ch/de/informationen-und-dokumente-zum-institutionellen-abkommen> (letzter Zugriff am 31. Juli 2025). |
↑5 | Benedict Vischer, Feilen am Streitbeilegungssystem in den bilateralen Beziehungen, Jusletter vom 22. Januar 2024. |
↑6 | Benedikt Pirker, Das Schiedsgericht im Institutionellen Abkommen zwischen Eigenständigkeit und Autonomie, ASA Bulletin 2019, 592 ff.; Tobler (Fn. 3). |
↑7 | Siehe anhand des bestehenden Streitbeilegungssystems des Freizügigkeitsabkommens mit zentraler Rolle des gemischten Ausschusses Andreas Glaser/Gabriel Steffen, Gegenseitiges Vertrauen im Europäischen Verwaltungsverbund und die Schweiz, Schweizerisches Jahrbuch für Europarecht 2019/2020, 571 ff. |
↑8 | Siehe zum im öffentlichen Diskurs verwendeten Vokabular instruktiv Tobias Gafafer, Bilaterale III, Rahmenabkommen 2.0 oder Kolonialvertrag? Wie mit Wörtern Politik gemacht wird, NZZ vom 20. Januar 2025. Für eine umfassende Übersicht der neuen Regelungen siehe Astrid Epiney, „Bilaterale III“: zu den institutionellen Aspekten, Jusletter vom 22. September 2025. |
↑9 | SR 0.142.112.681 bzw. Änderungsprotokoll sowie Institutionelles Protokoll zum Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit. |
↑10 | SR 0.946.526.81 bzw. Änderungsprotokoll sowie Institutionelles Protokoll zum Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen. |
↑11 | SR 0.740.72 bzw. Änderungsprotokoll sowie Institutionelles Protokoll zum Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse. |
↑12 | SR 0.748.127.192.68 bzw. Änderungsprotokoll sowie Institutionelles Protokoll zum Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Luftverkehr. |
↑13 | Protokoll über staatliche Beihilfen zum Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse und Protokoll über staatliche Beihilfen zum Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Luftverkehr. |
↑14 | Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft andererseits über die Teilnahme der Schweizerischen Eidgenossenschaft an Programmen der Union. |
↑15 | Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Union über die Modalitäten und Bedingungen für die Beteiligung der Schweizerischen Eidgenossenschaft an der Agentur der Europäischen Union für das Weltraumprogramm. |
↑16 | Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Union über den regelmässigen finanziellen Beitrag der Schweiz zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der Europäischen Union. |
↑17 | Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Union über Elektrizität. |
↑18 | Änderungsprotokoll zum Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen. |
↑19 | Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Union über die Gesundheit. |
↑20 | Medienmitteilung des Bundesrats vom 13. Juni 2025, Paket Schweiz-EU: Der Bundesrat heisst die Abkommen gut und eröffnet die Vernehmlassung. |
↑21 | SR 0.916.026.81. |
↑22 | Erläuternder Bericht, 468. Siehe auch noch näher Abschnitt C.I. |
↑23 | Art. 10 Abs. 1 IP-FZA. |
↑24 | Art. 5 Abs. 7 IP-FZA (mit einer Auflistung der Ausnahmen). Siehe hierzu bzw. zur dynamischen Rechtsübernahme der Überblick bei Astrid Epiney, „Bilaterale III“ und das Verhältnis zwischen Völker- und Landesrecht, Jusletter vom 10. März 2025, Rn. 8-11. |
↑25 | Art. 10 Abs. 2 IP-FZA. |
↑26 | Art. 7 Abs. 2 IP-FZA. Umfassend hierzu anhand des Common Understanding Andreas Müller, Was sind „concepts of Union law“?, Schweizerisches Jahrbuch für Europarecht 2023/2024, 2024, 535 ff. |
↑27 | Art. 10 Abs. 3 UAbs. 1 IP-FZA. |
↑28 | Etwa inwieweit das Schiedsgericht selbständig entscheiden kann, ob ein neuer EU-Rechtsakt eine Weiterentwicklung eines Abkommens darstellt, dafür etwa mit überzeugenden Argumenten Epiney (Fn. 24), Rn. 11, Fn. 19; oder ob die Entscheidungsbefugnis des Schiedsgerichts über die Anrufungspflicht auch die Frage mitumfasst, ob ein in das Abkommen übernommener unionsrechtlicher Begriff wie im Unionsrecht auszulegen ist, siehe hierzu eher skeptisch Müller (Fn. 26), 547 ff.; befürwortend Epiney (Fn. 24), Rn. 11. |
↑29 | Art. 10 Abs. 3 UAbs. 2 IP-FZA i.V.m. Art. 5 Abs. 7 IP-FZA. Der Wortlaut von Art. 10 Abs. 3 UAbs. 2 IP-FZA („…so entscheidet das Schiedsgericht die Streitigkeit, ohne den EuGH anzurufen“) deutet eher in die Richtung, dass das Schiedsgericht zumindest diese Frage eigenständig beantworten kann. Zugleich kann dies wohl auch als Hinweis gewertet werden, dass dem Schiedsgericht damit auch in den in der vorherigen Fussnote angesprochenen Fragen im Zweifelsfall eigenständige Entscheidungsbefugnisse zustehen sollen. |
↑30 | Art. III.9 Abs. 4 lit. c Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA. |
↑31 | Art. 10 Abs. 4 lit. b IP-FZA. |
↑32 | Art. 10 Abs. 5 2 IP-FZA. |
↑33 | Gemäss Art. IV.2 Abs. 6 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA. |
↑34 | Art. 11 Abs. 1 Satz 1 IP-FZA. |
↑35 | Art. 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 IP-FZA. |
↑36 | Art. 11 Abs. 2 IP-FZA. |
↑37 | Art. 11 Abs. 3 IP-FZA i.V.m. Art. III.8 Abs. 4 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA. |
↑38 | Epiney (Fn. 24) Rn. 11. |
↑39 | Art. III.10 Abs. 1 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA. |
↑40 | Art. III.10 Abs. 4 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA. |
↑41 | Art. III.10 Abs. 4 lit. a bis c Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA. |
↑42 | Art. III.10 Abs. 5 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA i.V.m. Art. III.9 Abs. 2 UAbs. 2 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA. |
↑43 | Auch die Regelung zum anwendbaren Recht für das Schiedsgericht weist neben Unionsrecht auf die „Regeln des Völkerrechts“ hin, die für die Anwendung der Abkommen und der Rechtsakte, auf die darin Bezug genommen wird, „relevant“ sind, was eben auch Normen wie den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismässigkeit im Völkerrecht sowie die Regeln der Staatenverantwortlichkeit umfassen dürfte, siehe Art. IV.3 Abs. 1 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA. Vgl. auch Erläuternder Bericht, 86. |
↑44 | Art. 11 Abs. 1 IP-FZA. |
↑45 | Art. 11 Abs. 4 IP-FZA. |
↑46 | Epiney (Fn. 24), Rn. 24 ff. Siehe für einen anderen Ansatz Matthias Oesch/Alexandru Badea, Haben „menschen- oder freizügigkeitsrechtliche Verpflichtungen der Schweiz“ strikt Vorrang vor Bundesgesetzten?, in Arthur Brunner/Anja Martina Josuran-Binder/Patrice Martin Zumsteg (Hrsg.), Der Mensch als Massstab des Rechts – Liber amicorum für Regina Kiener, Zürich 2024, S. 97 ff. |
↑47 | Art. 7a Abs. 2 Landwirtschaftsabkommen und Schiedsgerichtsprotokoll zum Landwirtschaftsabkommen. |
↑48 | Anhänge 1, 2 und 3 Landwirtschaftsabkommen. |
↑49 | Art. 7a Abs. 4 Landwirtschaftsabkommen. |
↑50 | Art. 7b Abs. 1 Landwirtschaftsabkommen. |
↑51 | Gemeinsame Erklärung über die Verweigerung von Sozialhilfe und die Aufenthaltsbeendigung vor Erwerb des Daueraufenthalts zum FZA. Siehe im Detail Erläuternder Bericht, 224 f. |
↑52 | Gemeinsame Erklärung über die Meldung betreffend Stellenantritt zum FZA. Siehe im Detail Erläuternder Bericht, 226 f. |
↑53 | Art. 10 Abs. 6 UAbs. 2 IP-FZA. |
↑54 | Art. 10 Abs. 6 UAbs. 1 IP-FZA. |
↑55 | Siehe die Ausführungen des Bundesrats im Erläuternden Bericht, 234. |
↑56 | Erläuternder Bericht, 266. |
↑57 | Punkt 3. Protokoll über Bewilligungen für Langzeitaufenthalte. |
↑58 | Punkt 1. und 4. lit. a, Protokoll über Bewilligungen für Langzeitaufenthalte. |
↑59 | Punkt 1. Protokoll über Bewilligungen für Langzeitaufenthalte. |
↑60 | Punkt 5. i.V.m. 2. und 3. Protokoll über Bewilligungen für Langzeitaufenthalte. Die einschlägigen Bestimmungen des Institutionellen Protokolls sollen hierbei „mutatis mutandis“ zur Anwendung kommen. |
↑61 | Punkt 5. Protokoll über Bewilligungen für Langzeitaufenthalte. Der abschliessende Satz des Protokolls schliesst ergänzend sämtliche Bestimmungen der Anlage über das Schiedsgericht aus, die sich auf die Anrufung des EuGH im Schiedsgerichtsverfahren beziehen. |
↑62 | Punkt 5. Protokoll über Bewilligungen für Langzeitaufenthalte. |
↑63 | Siehe diesbezüglich auch die an das Gesundheitsabkommen angehängte Erklärung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bezüglich der analogen Aufnahme der institutionellen Elemente in das Abkommen über die Gesundheit, die einen Präzedenzfall für künftige Abkommen ausschliessen soll. |
↑64 | Art. 15 Gesundheitsabkommen. |
↑65 | Siehe Protokoll 3 zur Teilnahme am EU4Health-Programm zum Programmeabkommen. |
↑66 | Art. 16 Abs. 1 Gesundheitsabkommen und Art. III.6 Abs. 3 Schiedsgerichtsprotokoll zum Gesundheitsabkommen; siehe zugleich Art. 19 Abs. 1 lit. c und Art. 20 Abs. 4 Programmeabkommen. |
↑67 | Siehe zugleich auch zu den anzuwendenden, grundsätzlich völkerrechtlichen Auslegungsregeln Art. IV.3 Abs. 1 Schiedsgerichtsprotokoll zum Beitragsabkommen. |
↑68 | Art. 16 Abs. 2 Beitragsabkommen. |
↑69 | Z.B. Art. 13 Abs. 6 Beitragsabkommen. |
↑70 | Art. 16 Abs. 3 Beitragsabkommen. |
↑71 | Vgl. Art. 11 Abs. 5 Abkommen über Solidaritätsmassnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung zwischen der Schweiz, Deutschland und Italien, BBl 2024 2322. |
↑72 | Vgl. zu einer ähnlichen Klausel grundsätzlich bereits zustimmend EuGH, Gutachten 1/17, ECLI:EU:C:2019:341 (Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen Kanada und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten/CETA), Rn. 130 ff. |
↑73 | Art. 16 Abs. 4 Beitragsabkommen. |
↑74 | Art. 17 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Buchstabe a Beitragsabkommen. |
↑75 | Art. 16 Programmeabkommen. |
↑76 | Art. 14 Abs. 2 Programmeabkommen. |
↑77 | Art. 14 Abs. 1 Programmeabkommen. |
↑78 | Art. 14 Abs. 3 Programmeabkommen. |
↑79 | Art. 13 Weltraumabkommen. |
↑80 | Art. 12 Weltraumabkommen (zu den Aufgaben des „Ausschusses“). |
↑81 | Art. 7 Weltraumabkommen. |
↑82 | Art. 8 Weltraumabkommen. |
↑83 | Art. 97 Abs. 2 Verordnung (EU) 2021/696 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. April 2021 zur Einrichtung des Weltraumprogramms der Union und der Agentur der Europäischen Union für das Weltraumprogramm und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 912/2010, (EU) Nr. 1285/2013 und (EU) Nr. 377/2014 sowie des Beschlusses Nr. 541/2014/EU (ABl. L 170 vom 12.5.2021, S. 69). |
↑84 | Art. 97 Abs. 4 Verordnung (EU) 2021/696. |
↑85 | Erläuternder Bericht, 542. |
↑86 | Siehe beispielsweise zur Frage, ob die Aufdatierung des FZA mit Art. 121a Abs. 4 BV vereinbar ist, Astrid Epiney, „Bilaterale III“ und Art. 121a BV – Zur Vereinbarkeit der im Rahmen der „Bilateralen III“ vorgesehenen Änderungen des Freizügigkeitsabkommens Schweiz – EU mitArt. 121a Abs. 4 BV, Freiburger Schriften 2025, N°39; Astrid Epiney, „Bilaterale III“ und Art. 121a Abs. 4 BV, in: Jusletter 2. Juni 2025. |
↑87 | Siehe für den weiteren Kontext Erläuternder Bericht, 219. |
↑88 | So führt bspw. Art. I.1 Anlage über das Schiedsgericht zum Geltungsbereich der Anlage zusätzlich Fälle nach Art. 14a Abs. 2 oder 4 FZA (ordentliches und dringliches Verfahren im Kontext der konkretisierten Schutzklausel) auf und bestätigt dadurch, dass es sich um separate Verfahren handelt, die jedoch weitgehend den Regeln der Anlage über das Schiedsgericht unterliegen. Zu den Abweichungen siehe sogleich. |
↑89 | Art. 14a Abs. 1 FZA. |
↑90 | Art. 14a Abs. 2 FZA. |
↑91 | Erläuternder Bericht, 251. |
↑92 | Der Erläuternde Bericht, 252, spricht von einem „gemeinsamen Verständnis der Verhandlungsdelegationen“ diesbezüglich. |
↑93 | Art. 14a Abs. 3 erster Satz FZA. |
↑94 | Art. 14a Abs. 3 erster Satz FZA. |
↑95 | So auch Erläuternder Bericht, 251. |
↑96 | Art. 14a Abs. 3 zweiter Satz FZA. |
↑97 | Art. 14a Abs. 6 FZA. |
↑98 | Art. 14a Abs. 7 FZA. Dieses Verfahren vor dem Gemischten Ausschuss dürfte aufgrund seiner letztlich politischen Natur die Möglichkeit nicht auschliessen, ein ordentliches Streitbeilegungsverfahren einzuleiten. |
↑99 | Erläuternder Bericht, 251. |
↑100 | Art. 14a Abs. 4 erster Satz FZA. |
↑101 | Art. 14a Abs. 5 erster Satz FZA. |
↑102 | Art. III.6 Abs. 4 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA. |
↑103 | Vgl. Art. 14a Abs. 3 bzw. 4 FZA. |
↑104 | Art. III.6 Abs. 1 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA, mit Bezugnahme auf u.a. Art. 14a Abs. 2 und 4 FZA. |
↑105 | Art. III.6 Abs. 2 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA. |
↑106 | Gemeint sind hier allgemein Ausgleichsmassnahmen gemäss Art. 11 Abs. 1 IP-FZA, nicht Ausgleichsmassnahmen im Kontext der Schutzklausel. |
↑107 | Art. III.6 Abs. 3 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA. |
↑108 | Siehe Abschnitt F.I. |
↑109 | Art. 14a Abs. 5 zweiter Satz FZA. |
↑110 | Siehe hierzu bereits Abschnitt B.II. |
↑111 | Art. 14a Abs. 5 zweiter Satz FZA. |
↑112 | Gemäss Art. III.10 Abs. 4 Anlage über das Schiedsgericht zum IP-FZA müssen grundsätzlich drei Bedingungen für einen positiven Entscheid erfüllt sein: Das Schiedsgericht erachtet den Fall prima facie als begründet (lit. a); es geht davon aus, dass die beantragende Partei bis zu einem Schiedsspruch einen schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden erleiden würde, wenn die Ausgleichsmassnahmen nicht ausgesetzt würden (lit. b); und der Schaden, der der beantragenden Partei durch die sofortige Anwendung der Ausgleichsmassnahmen entstünde, wiegt schwerer als das Interesse an einer sofortigen und wirksamen Anwendung ebendieser Massnahmen (lit. c). Durch Art. 14a Abs. 5 zweiter Satz FZA wird nun dieses letzte Kriterium (lit. c) ausgeschlossen. |
↑113 | Siehe bereits Abschnitt B.II. |
↑114 | Gemäss Erläuterndem Bericht, 252, sei die Möglichkeit, den EuGH anzurufen, damit „de facto“ ausgeschlossen. |
↑115 | Siehe ausführlicher die Argumentation beim Verfahren zu vorläufigen Massnahmen in Abschnitt B.II. |
↑116 | Siehe hierzu Abschnitt B.II. zum Verfahren über vorläufige Massnahmen und Abschnitt F.II. zum dringlichen Verfahren im Rahmen der Schutzklausel sowie Abschnitt F.II.1. zum begrenzten Prüfungsauftrag des Schiedsgerichts in eben jenem Verfahren. |
↑117 | Siehe hierzu Abschnitt C.I. zum Landwirtschaftsabkommen (Agrarteil), Abschnitt C.III. zum Zusatzprotokoll zum FZA zu Bewilligungen für Langzeitaufenthalte, Abschnitt D.II. zum Beitragsabkommen, Abschnitt E.I. Programmeabkommen und Abschnitt E.II. Weltraumabkommen. |
↑118 | Siehe hierzu Abschnitt B.II. zum Verfahren über vorläufige Massnahmen und Abschnitt F.II.2. zum (dringlichen) Verfahren im Rahmen der Schutzklausel. |
↑119 | Siehe hierzu ausführlich Thomas Cottier, Der Rechtsschutz im Rahmenabkommen Schweiz-EU: Kernstück des Abkommens und Instrument schrittweiser Rechtsentwicklung, in: Astrid Epiney/Petru Emanuel Zlatescu (Hrsg.), Schweizerisches Jahrbuch für Europarecht 2020/2021, Bern/Zürich 2021, 353 ff. |